Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2024, Az. 4 StR 232/23

4. Strafsenat | REWIS RS 2024, 739

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] ([X.]) vom 5. April 2023 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt worden ist.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 65 Euro verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon 30 Tagessätze als vollstreckt gelten. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat (vorläufig) Erfolg.

2

Das Urteil war – soweit der Angeklagte verurteilt worden ist – auf die Sachrüge aufzuheben, denn das zu den Akten gelangte Urteil ist weder vom Vorsitzenden [X.] des [X.]s noch vom Beisitzer unterschrieben und trägt auch keinen Verhinderungsvermerk.

3

1. Gemäß § 275 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist das Urteil von den [X.]n, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Satz 2 sieht vor, dass für den Fall, in dem ein [X.] verhindert ist, seine Unterschrift beizufügen, dies unter der Angabe des [X.] von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden [X.] unter dem Urteil vermerkt wird. Bei diesen Normen des Verfahrensrechts müssen Rechtsfehler mit der Verfahrensbeschwerde geltend gemacht werden; auf Sachrüge darf ein solcher Mangel nur beachtet werden, wenn das Urteil überhaupt keine Unterschriften trägt (vgl. [X.], Beschluss vom 21. November 2000 – 4 StR 354/00 Rn. 5). Anders als beim Fehlen einzelner Unterschriften, bei denen dem [X.] nicht aus sich heraus jegliche Legitimation abgesprochen werden kann und sich ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen nicht beurteilen lässt, ob es sich tatsächlich nur um einen Entwurf handelt, liegt bei einem vollständigen Fehlen der Unterschriften nur ein [X.] vor, dessen Unvollständigkeit sich wie beim völligen Fehlen von Urteilsgründen allein aus der [X.] ergibt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 2015 – 1 [X.] Rn. 5 ff.; [X.], Beschluss vom 30. April 2018 – 3 Ss OWi 602/18; [X.], Beschluss vom 10. Januar 2013 – [X.] [X.], 3 [X.] Rn. 3; [X.], Beschluss vom 26. Juni 2018 – 5 [X.] 15 Ss 89/18 Rn. 7 ff.; [X.] in [X.], 9. Aufl., § 275 Rn. 68; [X.] in [X.], 9. Aufl., § 338 Rn. 97 [X.]; [X.] in [X.], 2. Aufl., § 275 Rn. 51; [X.] in [X.], [X.]., § 275 Rn. 25; [X.] in [X.], [X.], 27. Aufl., § 275 Rn. 70).

4

2. So liegt der Fall hier. Ohne die Unterschriften der beiden Berufsrichter fehlt das Zeugnis, dass es sich bei den schriftlich niedergelegten Gründen um die Gründe des Gerichts handelt, die als Ergebnis der Hauptverhandlung in der Beratung gewonnen wurden. Dem [X.] ist damit eine Entscheidung, ob das [X.] das sachliche Recht zutreffend angewandt hat, nicht möglich.

5

3. Der Mangel wird weder durch den maschinenschriftlich abgedruckten Namen der beiden Berufsrichter noch durch die Bestätigung der Geschäftsstelle „[X.] Urteil zu den Akten gelangt am 27.04.23“ ausgeglichen, denn diese Zusätze vermögen die vom Gesetz geforderte Unterzeichnung nach § 275 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht zu ersetzen. Dasselbe gilt für die Unterschrift des Vorsitzenden [X.]s unter der Zustellungsverfügung, da er dadurch nicht zweifelsfrei die Verantwortung für den Inhalt des in der Akte befindlichen, an der vorgesehenen Stelle aber nicht von ihm unterschriebenen Urteils übernimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 1. April 2010 – 3 StR 30/10 Rn. 2).

[X.]     

      

Bartel     

      

Rommel

      

Maatsch     

      

Marks     

      

Meta

4 StR 232/23

14.02.2024

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankenthal, 5. April 2023, Az: 3 KLs 5221 Js 40316/18

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2024, Az. 4 StR 232/23 (REWIS RS 2024, 739)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 739

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3 StR 30/10

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