Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2012, Az. IV ZR 204/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7936

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV [X.]/10
IV [X.]/11
vom

21. März 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Richter
[X.], Felsch, die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin
Dr. Brockmöller

am 21. März 2012

beschlossen:

1.
Die [X.] [X.]/10 (führend) und IV [X.]/11 werden verbunden.

2.
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der [X.] in den
Urteilen
des 8. Zivilsenats des [X.] vom 19. August 2010 und 5.
Mai 2011 wer-den zurückgewiesen.

3.
Die
Klägerin
trägt die Kosten des [X.] einschließlich der
im Beschwerdeverfahren ent-standenen Kosten der Streithelfer der Beklagten.

Streitwert: bis 10.000.000

-
3
-

Gründe:

[X.] Die Klägerin fordert von der Beklagten als führendem Versiche-rer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von der [X.] mit mehreren Versicherungsunternehmen abgeschlossenen "[X.]", deren Bedingungen auszugsweise im [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 ([X.]/09 -
Geldtransporte [X.], [X.], 918
Rn.
1) und im [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011 ([X.]/09

Geldtransporte II [X.]I, juris Rn.
1) wiedergegeben sind, und aus einer ihr erteilten Versicherungsbestätigung. Sie ist
Versicherte dieses Vertrages. Sie schloss

seinerzeit noch firmierend als B.

AG

am 7.
August 2003 mit der [X.] eine Rahmenvereinbarung "Geld-
und Wertdienste", aufgrund derer die
[X.] für sie den Transport, die Bearbeitung, Lagerung
und Buchung
von Geld und Werten, ferner die Versorgung und Betreuung von Geldautomaten, Selbstbedienungsstellen und Bankcentern über-nahm.

Nach Behauptung der Klägerin hat sie infolge vertragswidrigen Verhaltens der [X.] bei der so genannten Bargeldentsorgung in der [X.] vom 13. bis 20. Februar 2006 Schäden in Höhe von mehr als 16
Mio.

erlitten. Zunächst hat sie deren Erstattung entsprechend der Beteiligungsquote der Beklagten von 62,5% in Höhe von 10.076.334,28

gefordert, den Rechtsstreit sodann nach Erhalt einer Zahlung des
[X.] in Höhe von 148.140,35

seitig) für er-ledigt erklärt und ihre Klagforderung auf 9.983.376,56

diesen Anträgen ist sie in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Be-rufungsgericht hat sein die Berufung der Klägerin zurückweisendes Urteil vom 19.
August 2010 mit Urteil vom 5.
Mai 2011 ergänzt. Mit Nichtzulas-1
2
-
4
-

sungsbeschwerden gegen diese Urteile des Berufungsgerichts verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren
weiter.

I[X.] Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch [X.] die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Eine Zulassung der Revision war schon im [X.]punkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden
nicht geboten, so dass es auf die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Revision im Übrigen nicht ankommt (vgl. dazu [X.]sbeschluss vom 27.
Oktober 2004

[X.]6/02, [X.], 809 unter 2 m.w.N.).

1. Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, weil es angenommen hat, die Beklagte habe den unter der Police
Nr.
7509 ge-führten Versicherungsvertrag mit ihrem an den Insolvenzverwalter der [X.] gerichteten Schreiben vom 8.
Januar 2007 wirksam we-gen arglistiger Täuschung angefochten. Bei diesem mit Wirkung zum 1.
Dezember 2001 geschlossenen Vertrag habe es sich ungeachtet des bereits zuvor unter der Police
Nr.
7265
bestehenden langjährigen Versi-cherungsverhältnisses um einen Neuabschluss gehandelt, bei dem die Verantwortlichen der [X.] der Beklagten das von der
[X.] seit langem praktizierte Schneeballsystem des fortlau-fenden vertragswidrigen Zugriffs auf Kundengelder und die dadurch ver-ursachten Liquiditätslücken (vgl. dazu [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 [X.]O Rn.
5) arglistig verschwiegen hätten.

Insoweit deckt die Beschwerdeführerin keine Rechtsfehler auf, die die Zulassung der Revision erfordern.
3
4
5
-
5
-

a) Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf, inwieweit die Arglistan-fechtung in Ziffer 13.4 der Versicherungsbedingungen wirksam ausge-schlossen werden konnte. Der [X.] hat einen vergleichba-ren vertraglichen Anfechtungsausschluss bereits mit Urteil vom 17.
Janu-ar 2007 ([X.], [X.], 1084 Rn.
17
ff.) für unwirksam er-achtet. Dem hat sich der erkennende [X.] angeschlossen. Ergänzend wird dazu auf den [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011 ([X.]O Rn.
27-33) verwiesen. Da ein Ausschluss der [X.] nicht wirksam vereinbart werden konnte, kommt es auf die von der [X.] erörterte Frage, ob das Berufungsgericht die genannte Klausel unzu-treffend ausgelegt, dabei Vortrag der Klägerin
übergangen und abwei-chend von Urteilen der Oberlandesgerichte
Hamm (vom 18.
Dezember 2009

20 U 137/08, juris Rn.
100
ff.; vgl. dazu [X.]surteil
vom 9.
No-vember 2011

[X.], juris Rn.
45, 46) und [X.] (vom 5.
No-vember 2008

18 U 188/07, juris Rn.
139
ff.; vgl. dazu [X.]surteil vom 9.
November 2011

IV ZR 251/08, juris Rn.
60
ff.) entschieden hat, nicht an.

Mit ihrer Versicherungsbestätigung hat die Beklagte auch nicht der Klägerin gegenüber wirksam auf die Geltendmachung der Arglistanfech-tung verzichtet. Ein solcher Verzicht setzt

ähnlich wie die Bestätigung anfechtbarer Rechtsgeschäfte gemäß §
144 BGB

in der Regel die Kenntnis vom Anfechtungsgrund voraus (vgl. [X.]/[X.], BGB 71.
Aufl. §
144 Rn.
2). Diese Kenntnis hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Ein ausnahmsweise möglicher konkludenter Verzicht ist der Versicherungsbestätigung nicht zu entnehmen. Ein Motiv der [X.] für einen solchen Verzicht ist ohnehin nicht ersichtlich.

6
7
-
6
-

b) §
334 BGB steht der Geltendmachung der Anfechtungsfolgen gegenüber der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Als Versicherte des zwischen der [X.] und den beteiligten Versicherern [X.] kann sie Rechte nur so erwerben, wie die Versiche-rungsnehmerin sie gestaltet hat (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Januar 1967

II ZR 37/64, VersR
1967, 343 unter
IV; [X.], [X.] §
75 Rn.
4). Der Klägerin stehen nach §
334 BGB mithin alle Einwendungen entge-gen, die dem Versicherer aus dem Vertrag oder auch dessen Nichtigkeit erwachsen. Dazu zählt die Anfechtung (vgl. nur [X.], [X.] §
74 Rn.
27). Diese konnte die Beklagte deshalb auch mit Wirkung für die Versicherten gegenüber der Versicherungsnehmerin erklären.

c) Die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die

für die Anwendbarkeit des §
123 Abs.
1 BGB entscheidende

Feststellung des Berufungsgerichts, es sei mit Wirkung ab dem 1.
Dezember 2001 zum Neuabschluss des Versicherungsvertrages (Police Nr.
7509) und nicht
lediglich zu einer Änderung des seinerzeit schon bestehenden Vertrages (Police Nr.
7265) gekommen, erfordern ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Der [X.] hat die damit in Zusammenhang stehenden [X.] der Verletzung von [X.] (Art.
103 Abs.
1, Art.
3 Abs.
1 GG) geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
Dazu weist er ergänzend auf folgendes hin:

[X.]) Ein neuer Vertrag liegt vor, wenn der aus den gesamten [X.] zu ermittelnde [X.]e der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbständige neue [X.] zu stellen und nicht
lediglich
einzelne Regelungen des bestehenden Vertrages zu modifizieren. Der maßgebliche [X.]e der Vertragsparteien muss dabei seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Ver-8
9
10
-
7
-

tragserklärungen finden. Für einen neuen Vertrag spricht die Verände-rung wesentlicher Vertragsinhalte, etwa des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien und der Gesamtversicherungssumme (vgl. [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011

[X.]/09 [X.]O Rn.
21; [X.]surteil vom 19.
Oktober 1988

[X.], r+s 1989, 22, 23; OLG S[X.]rbrücken [X.], 1681, 1682; [X.] VersR 2002, 1225; [X.], [X.] §
38 Rn.
9; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
37 Rn.
5; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2.
Aufl. §
38 Rn.
6).

[X.]) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das Berufungsgericht ohne durchgreifenden Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die Police Nr.
7509 sei als neuer, zum 1.
Dezember 2001 in [X.] getretener [X.] anzusehen. Entscheidungserheblichen Vortrag oder relevante Be-weisangebote der Klägerin hat es

entgegen dem Vorwurf der Be-schwerde

nicht übergangen. Vielmehr hat es sich mit den Tatsachen, die als Indizien gegen einen
Neuabschluss des Versicherungsvertrages vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sind, im Rahmen seiner Abwägung der Fallumstände befasst, ohne jedoch daraus die von der Klägerin
gewünschten Schlüsse zu ziehen. Die dagegen gerichteten An-griffe der Beschwerdeführerin
erschöpfen sich im Wesentlichen in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die Beweiswürdigung des Be-rufungsgerichts unter abweichender Bewertung einzelner Indizien durch eine vermeintlich bessere eigene Würdigung zu ersetzen. Zum einen war das Berufungsgericht nicht gehalten, sämtliche in seine Gesamtbetrach-tung einbezogenen Gesichtspunkte ungeachtet ihres Gewichts ausdrück-lich in den Urteilsgründen zu erörtern; die Beschwerdeführerin verkennt aber vor allem, dass ihr Einwand, zahlreiche vom Berufungsgericht als Indiz für den Neuabschluss herangezogene Änderungen des Vertrags-11
-
8
-

werkes seien ihrer Art nach auch schon bei anderer Gelegenheit im Rahmen des laufenden Vertrages vorgekommen, eine indizielle Wirkung dieser Umstände für einen Neuabschluss im Rahmen der gebotenen Ge-samtbetrachtung nicht entfallen lässt.

cc) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen Gesamtschau der entscheidungserheblichen Umstände, die sich insbe-sondere nicht als willkürlich i.S. von Art.
3 Abs.
1 GG erweist, schließt der [X.] weiter aus, dass einzelne von der Beschwerde [X.] Aspekte das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung [X.] hätten, mögen sie auch
für sich betrachtet

auf eine Verlängerung der früheren Police hindeuten.

d) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, die [X.] habe der Beklagten bei Abschluss der Police Nr. 7509 ihr bis da-hin praktiziertes Schneeballsystem offenbaren müssen (vgl. dazu Se-natsbeschluss vom 21.
September 2011

[X.]/09 [X.]O Rn.
35-40).

e) Die Erörterungen des Berufungsgerichts zum arglistigen
Verhal-ten des [X.]-Geschäftsführers W.

, seinem Wissen um die [X.]sverhandlungen im Jahre 2001 und dazu, dass es nach §
166 Abs.
2 BGB für die [X.] nicht auf eine etwaige Unkenntnis der [X.] der Versicherungsmaklerin vom Schneeballsystem ankommt, setzen sich mit dem dazu gehaltenen Vortrag der Klägerin
auseinander.

[X.]) Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht bei Prüfung des Vorsatzes der [X.] annimmt, dem [X.]-Ge-schäftsführer W.

sei im Jahre 2001 bewusst gewesen, dass ein neuer Versicherungsvertrag abgeschlossen werden sollte.
12
13
14
15
-
9
-

Ergänzenden Beweis darüber, ob der Geschäftsführer der [X.] nicht den [X.]en zu einem solchen Neuabschluss hatte, brauchte das Berufungsgericht mangels konkreterer Tatsachenbehauptungen der Klägerin nicht zu erheben. Es war insbesondere nicht gehalten, den Ge-schäftsführer W.

dazu als Zeugen zu hören,
denn maßgeblich war dessen
[X.]e nur insoweit, wie er auch in den Vertragserklärungen und Versicherungsbedingungen seinen Niederschlag gefunden hat. Ein ledig-lich innerer Vorbehalt des Zeugen dergestalt, dass er die [X.] nicht als auf einen Neuabschluss gerichtet ansah, könnte den Vorwurf, der Zeuge habe jedenfalls in Kauf genom-men, dass es sich angesichts zahlreicher dafür sprechender Umstände rechtlich dennoch um den Neuabschluss des Vertrages handelte, nicht entkräften.

[X.]) Ebenso
wenig musste das Berufungsgericht
den Mitarbeiter H.

der Maklerin M.

GmbH dazu vernehmen, wie dieser die vor-vertragliche Korrespondenz rechtlich eingeordnet hat.

f) Im Ergebnis ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Beschwerde gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Ende 2001 von dem Schneeballsystem der [X.] nichts gewusst und ihre Vertragserklärung sei durch diesen Irrtum verursacht.
Ein Revi-sionszulassungsgrund ist damit nicht dargetan.

[X.]) Allerdings durfte das
Berufungsgericht den Irrtum der [X.], das heißt ihre Unkenntnis vom Schneeballsystem der [X.]-Grup-pe,
nicht im Wege des Anscheinsbeweises feststellen, weil der dafür vo-rausgesetzte typische Geschehensablauf hier nicht vorliegt, vielmehr die 16
17
18
19
-
10
-

in Rede
stehenden außergewöhnlichen Vorgänge einer Typisierung nicht zugänglich sind (vgl. [X.], Urteil vom 20.
November 1995

[X.], NJW 1996, 1051 unter 2 m.w.N.).

[X.]) Im Ergebnis hat sich dieser Rechtsfehler des Berufungsge-richts aber nicht ausgewirkt; das Berufungsurteil beruht darauf nicht.

(1)
Es ist tatrichterliche Aufgabe festzustellen, ob die Beklagte [X.] 2001 wusste, dass sie mit dem Abschluss der Police ein Geldtrans-portunternehmen versicherte, das schon seit Jahren systematisch auf Kundengelder zugriff und hierdurch eine ungedeckte Finanzlücke in dreistelliger Millionenhöhe verursacht hatte. Insoweit obliegt der [X.], wie das Berufungsgericht im Ansatz noch zutreffend angenommen hat, der Beweis für ihren behaupteten Irrtum.

[X.] seine Täuschung durch Verschwei-gen, besteht der Irrtum des Erklärenden in einem Nichtwissen. [X.] er sich auf die Unkenntnis der verschwiegenen Umstände berufen, muss er mithin darlegen und unter Beweis stellen, er habe diese Umstände nicht gekannt. Hierfür gelten die Regeln über Darlegung und Beweis von [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Oktober 2000
[X.], NJW 2001, 64 unter III; [X.]/[X.], BGB 71.
Aufl. §
123 Rn.
30). Dabei genügt der Anfechtende seiner Darlegungslast zunächst mit der Behauptung, die betreffenden Umstände seien ihm vom [X.] verschwiegen worden und auch nicht auf andere Weise zur Kenntnis gelangt. Sodann ist es Aufgabe des Gegners, Umstände darzu-legen, aus denen sich das Wissen des [X.] um die verschwie-genen Tatsachen ergibt. Diese in erster Linie den [X.], mithin die Versicherungsnehmerin ([X.]), treffende sekundäre Darle-20
21
22
-
11
-

gungslast trifft auch denjenigen Versicherten, der

wie die Klägerin

an Stelle der
Versicherungsnehmerin Rechte aus dem angefochtenen [X.] herleiten will.

(2) Das Berufungsgericht hätte, nachdem sich die Beklagte auf ei-nen durch Verschweigen des Schneeballsystems hervorgerufenen Irrtum berufen hatte, prüfen müssen, ob der Klagvortrag insoweit geeignet war, substantiiert und schlüssig darzulegen, dass die Beklagte entgegen ihrer Behauptung Wesen und Ausmaß des von [X.] im Jahre 2001 unter-haltenen Schneeballsystems kannte.

(3) Das Berufungsgericht hat bei seiner rechtsirrtümlichen Prüfung, ob der von ihm herangezogene Anscheinsbeweis erschüttert sei, den Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Indizien als wahr unterstellt und anschließend unter Abwägung der Gesamtumstände zugrunde
gelegt, dass selbst dann, wenn sich alle Behauptungen der Klägerin beweisen ließen, daraus nicht folge, dass die Beklagte Ende 2001 vom Schnee-ballsystem der [X.] in seiner tatsächlichen Dimension [X.]. Es hat damit im Ergebnis festgestellt, der Vor-trag der Klägerin reiche letztlich nicht aus, um die Irrtumsbehauptung der Beklagten ernstlich zu erschüttern. Der [X.] schließt aus, dass es

hätte es erkannt, dass die Klägerin nicht lediglich einen Anscheinsbe-weis erschüttern, sondern eine sekundäre Darlegungslast erfüllen muss-te

zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Eine Verletzung von [X.] der Klägerin liegt darin nicht. Misst der Tatrichter dem Parteivortrag nach Würdigung aller Umstände keine ausreichende Indizwirkung für das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Tatsache bei, ist der Vortrag damit nicht unter Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG übergangen, er kann vielmehr
analog §
244 Abs.
3 StPO davon absehen, 23
24
-
12
-

Beweis über die dann bedeutungslosen Indiztatsachen zu erheben (vgl. [X.], Urteil vom
10.
Februar 1993

XII ZR 241/91, [X.]Z 121, 266, 270
ff.).

cc) Soweit die Klägerin beanstandet, das Berufungsgericht habe ihr Recht auf rechtliches Gehör durch die Weigerung verletzt, den Rechtsstreit bis zum Abschluss der gegen die beiden Zeugen bei
der St[X.]tsanwaltschaft [X.] geführten Ermittlungsverfahren nach §
149
Abs.
1
ZPO auszusetzen, fehlt es bereits an einer in zulässiger Form (§§
544 Abs.
2 Satz
3, 551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2b ZPO)
erhobenen Verfah-rensrüge.

(1) Nach §
544 Abs.
2 Satz
3
ZPO sind in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassungsgründe darzulegen. [X.] sich der Beschwerdeführer darauf stützen, das Gericht habe bei Erlass der angefochtenen Entscheidung mittels eines Verfahrensfehlers das Recht auf rechtliches
Gehör verletzt, so müssen für die Darlegung die gleichen Anforderungen gelten, wie sie die ständige höchstrichterliche Rechtspre-chung für eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge nach §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2b ZPO aufgestellt hat (vgl. dazu [X.]sbeschluss vom
18.
Ja-nuar 2012

IV ZR 41/11, juris Rn.
10
f.; [X.], Urteil vom 8.
Juli 1954
[X.], [X.]Z 14, 205, 209
f.; [X.], Beschlüsse vom 19.
Dezember 2002
VII ZR 101/02, NJW 2003, 831
f. unter [X.] b [X.]; vom 11.
Februar 2003
[X.], NJW-RR 2003, 1003
f. unter
1; vom 2.
Dezember 2004
IX ZR 56/04, juris unter 1
f., jeweils m.w.N.). Demzufolge sind in der Beschwerdebegründung die Tatsachen anzugeben, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergibt. Bei einer Beschwerde, das [X.] habe einen
Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach §
149 Abs.
1 ZPO zu Unrecht abgelehnt, ist es geboten, die Umstände genau 25
26
-
13
-

zu bezeichnen, aus denen sich die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift ergeben sollen. Schon daran fehlt es, weil die Beschwerde nicht im Einzelnen darlegt, welche Vorwürfe den beiden Zeugen in den genannten Ermittlungsverfahren im Einzelnen gemacht wurden und in-wieweit mit einem Abschluss dieser Verfahren in absehbarer [X.] zu rechnen war. Weiter fehlt jede Darstellung dazu, mit
welcher Begründung das Berufungsgericht die Aussetzungsanträge in seinen Beschlüssen vom 17.
Dezember 2009 und 14.
Juni 2010 abgelehnt hat.

§
551 Abs.
3 Nr.
2b ZPO dient der Entlastung des Revisionsge-richts, indem letzteres davor geschützt werden soll, den gesamten [X.] selbst daraufhin zu erforschen, welche Tatsachen, insbesondere auch Anträge und deren Bescheidung, den Gegenstand einer Verfahrens-rüge bilden sollen ([X.]Z [X.]O S.
210).

(2) Es tritt hinzu, dass die Beschwerde auch inhaltlich
nicht auf-zeigt, dass das Berufungsgericht bei Ausübung seines nach §
149 Abs.
1 ZPO eröffneten Ermessens zu einer schlechthin unvertretbaren Entschei-dung gelangt wäre, die im Prozessrecht keine Stütze findet.

dd) Keine Bedenken bestehen dagegen, dass
das Berufungsge-richt die Kausalität des Irrtums der Beklagten für ihre Vertragserklärung als im Wege des Anscheinsbeweises erwiesen angesehen hat.

(1) Zwar hat der I[X.]
Zivilsenat im Urteil vom 20.
November 1995
([X.], NJW 1996, 1051 unter 2)
darauf hingewiesen, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Täuschung und Vertragsabschluss meist nicht mittels Anscheinsbeweises festgestellt werden könne (vgl. dazu auch [X.], Urteile vom 10.
April 1958
[X.], [X.], 27
28
29
30
-
14
-

991, 992; vom 20.
September 1968
[X.], NJW 1968, 2139). Dies hat seinen Grund darin, dass diese Beweisführung einen typischen Geschehensablauf voraussetzt, während die einem Vertragsschluss zu-grunde
liegende [X.]ensentschließung in der Regel von individuellen Umständen des Einzelfalles abhängt. Der I[X.] Zivilsenat hat aber nicht in Abrede gestellt, dass bei bestimmten Rechtsgeschäften und unter be-sonderen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung den-noch eine ausreichende Typizität gegeben sein kann.

(2) So liegt der Fall hier. Es versteht sich, dass der Versicherer [X.] nicht bereit ist, Versicherungsschutz zu gewäh-ren, der unter anderem auch die Unterschlagung von Kundengeldern durch die Versicherungsnehmerin umfassen soll, wenn er weiß,
dass diese Versicherungsnehmerin bereits seit Jahren durch systematischen rechtswidrigen Zugriff auf Kundengelder Millionenschäden verursacht hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, hier sei nach der [X.] die Täuschung geeignet gewesen, die Vertragserklärung der [X.] zu beeinflussen, ist deshalb nicht zu beanstanden und steht mit der Rechtsprechung des [X.] im Einklang (vgl. dazu [X.], Urteile vom 12.
November 1957
VIII ZR 311/56, NJW 1958, 177; vom 5.
Dezember 1975
[X.], [X.], 111; vom 12.
Mai 1995

[X.], NJW 1995, 2361).

g) [X.], das Berufungsgericht habe die Indizien für eine Kenntnis der Beklagten vom Anfechtungsgrund bei der Prüfung des Be-ginns der Anfechtungsfrist nach §
124 Abs.
1 BGB unzureichend gewür-digt,
zeigt
keinen [X.], insbesondere keinen [X.] gegen Verfahrensgrundrechte auf.

31
32
-
15
-

h) Im Beschluss vom 21.
September 2011 ([X.]O Rn.
53-59) hat der [X.] allerdings im Rahmen eines rechtlichen Hinweises die Begründung beanstandet, mit der das Berufungsgericht es
wie auch im vorliegenden Rechtsstreit

verneint hat, dass die [X.] über den [X.] des Versicherungsvertrages Nr.
7509 hinaus auch die zeitgleiche einvernehmliche Aufhebung der [X.] Nr.
7265 erfasst und im Ergebnis zu deren Wiederaufleben führt. Soweit dem Berufungsge-richt bei der Prüfung der Voraussetzungen des §
139 BGB ein Rechts-fehler unterlaufen ist, gebietet dies nicht die Zulassung der Revision.

An einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. von §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO fehlt es schon deshalb, weil die allein auf Umständen des [X.] beruhende Entscheidung nur für die beiden zwischen der
[X.] und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungspoli-cen und die dazu erklärte [X.] bedeutsam ist. Zwar ist
mit-telbar eine Reihe Versicherter dieser beiden Verträge nach ihrer Behaup-tung mit erheblichen Schäden betroffen, doch handelt es sich insoweit sämtlich um ehemalige Auftraggeber der Versicherungsnehmerin
([X.]) und damit um einen abgeschlossenen Kreis von Ge-schädigten, weshalb sich die vom Berufungsgericht entschiedene Rechtsfrage nicht in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1.
Oktober 2002

XI ZR 71/02, [X.]Z 152, 182, 191; vom 4.
Juli 2002

V ZB 16/02, [X.]Z 151, 221, 223). Einen verallgemeinerungsfähigen unrichtigen Rechtssatz hat das Berufungsge-richt bei Prüfung der Voraussetzungen des §
139 BGB nicht aufgestellt. Seine Entscheidung steht deshalb nicht in Divergenz zum Urteil des Oberlandesgerichts S[X.]rbrücken vom 16.
Mai 2007 ([X.], 1681), so dass die Zulassung der Revision auch nicht zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung erfolgen muss (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 33
34
-
16
-

Alt.
2 ZPO). Dass das Berufungsgericht Verfahrensgrundrechte der Klä-gerin bei der Prüfung des §
139 BGB verletzt hätte, ist nicht ersichtlich.

2. Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin
gegen die Beklagte sowohl aus dem angefochtenen Vertrag als auch aus der Versicherungsbestätigung verneint hat, zeigt die Be-schwerde keinen Rechtsfehler auf, der die Zulassung der Revision erfor-dert. Ergänzend verweist der [X.] auf das [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 ([X.]/09 [X.]O Rn.
68).

3. Die [X.] der Verletzung von [X.] hat der [X.] auch im Übrigen geprüft, sie greifen nicht durch. Von einer weite-ren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abge-sehen.
35
36
-
17
-

4. Hält nach allem die Abweisung der Klage infolge der [X.] im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stand, kommt es auf Fragen des Versicherungsfalles hier nicht an.

[X.] Felsch [X.]

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 23.01.2009 -
13 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.08.2010 -
8 U 21/09 -

37

Meta

IV ZR 204/10

21.03.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2012, Az. IV ZR 204/10 (REWIS RS 2012, 7936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7936

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 203/08

I ZR 133/09

IV ZR 117/09

IV ZR 38/09

IV ZR 16/10

IV ZR 251/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.