Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. IV ZR 133/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4833

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 133/11
vom

11. Juli 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richte-rin [X.]

am 11. Juli 2012

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des [X.] gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 26. Mai 2011 gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Der Kläger begehrt von der [X.] Zahlung einer höheren Betriebsrente für November 2004 bis Dezember 2009.

Er war als Arzt an einem Kreiskrankenhaus tätig und seit 1970 als schwerbehindert anerkannt. Zum 8.
März 2004 wurde er vollständig [X.]. Er war nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ver-sichert, aber Mitglied im Versorgungswerk der Landesärztekammer [X.]

1
2
-
3
-

. Daneben bestand eine Zusatzversicherung bei der [X.].
Bis einschließlich September 2004 erhielt er unstreitig von seiner Arbeitge-berin sein Arbeitsentgelt. Am 1.
November 2004 stellte er bei der [X.] einen Antrag auf Gewährung einer Betriebsrente, die er von da an monatlich in Höhe von 1.318,91

rlich um 1%. Am 17.
Oktober 2008 vollendete der Kläger sein 60. Lebensjahr.

Der Kläger beanstandet die Höhe der Rentenzahlung. Die Satzung sei nicht richtig angewandt und die Rentenbeträge seien unzutreffend berechnet bzw. gekürzt worden. Die Beklagte
habe insbesondere zu be-rücksichtigende Zuschläge nicht in die Rechnung eingestellt.

I[X.] Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen, der Berufung der [X.] hingegen
stattgegeben
und die Klage insge-samt abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger weiter die Verur-teilung der [X.] wie in der Klageschrift beantragt.

II[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO liegen nicht vor und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revision kommt dem Verfahren keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO zu.

1. Diese ist gemäß §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO anzunehmen, wenn eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwar-3
4
5
6
-
4
-

ten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheit-licher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], [X.] vom 8. Februar 2010
[X.], NJW-RR 2010, 978 Rn.
3; vom 27. März 2003
[X.], [X.]Z 154, 288, 291,
jeweils m.w.[X.]). [X.] ist eine Rechtsfrage, wenn sie vom [X.] bisher nicht entschieden ist und von einigen [X.]en unter-schiedlich beantwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen um-stritten ist oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu vertreten werden ([X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 aaO; Senatsbe-schluss vom 10. Dezember 2003
IV ZR 319/02, [X.], 225 unter 2 a und b,
jeweils m.w.[X.]).

2. Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht
gegeben.

a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend für den Beginn der Zurechnungszeit auf den tatsächlichen Rentenbeginn abgestellt. Die Anwendung der §§
31, 33, 35 Abs.
2 [X.] ist nicht zu beanstanden.

Die Höhe der Betriebsrente richtet sich nach § 33 [X.]. Nach dessen Absatz 1 wird die monatliche Betriebsrente aus der Summe der bis zum Beginn der Betriebsrente (§ 31 Satz 4
[X.]) erworbenen Versorgungspunkte errechnet (§§
34, 72 Abs.
1 Satz
2
[X.]). §
35 Abs.
2 Satz
1 [X.] bestimmt, dass für die Berechnung der Zurech-nungszeit "bei Eintritt des Versicherungsfalles"
wegen Erwerbsminde-rung vor Vollendung des 60. Lebensjahres Pflichtversicherten für jeweils zwölf volle, bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres fehlende Kalender-monate so viele Versorgungspunkte hinzugerechnet werden (sogenannte Sozialpunkte), wie dies dem Verhältnis von durchschnittlichem monatli-chen zusatzversorgungspflichtigem Entgelt der letzten drei Kalenderjahre 7
8
9
-
5
-

vor Eintritt des Versicherungsfalles zum Referenzgehalt entspricht. Unter Versicherungsfall versteht man allgemein das Ereignis, das einen Scha-den zu verursachen imstande ist und das objektiv unter die Haftung des Versicherers fällt. Der Versicherungsfall wird für die einzelnen Versiche-rungszweige in den Versicherungsbedingungen festgelegt ([X.]/[X.], [X.] des öffentlichen Dienstes, Stand: September 2011 §
33 VBLS Rn.
3). §
31 Abs.
1 Satz
1 [X.] regelt, wann der Versicherungsfall eintritt, nämlich: "am Ersten des [X.] Erwerbsminderung besteht"
und Satz
4 lautet: "Die Betriebsrente be-ginnt

vorbehaltlich des § 39

mit dem Beginn der Rente aus der [X.]". Bereits aus dem Wortlaut dieser Rege-lungen ergibt sich, dass der "Eintritt des Versicherungsfalles"
gleichbe-deutend ist mit dem tatsächlichen Beginn der Rentenzahlung, denn der Anspruch auf Zahlung von Betriebsrente besteht mit Beginn der [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Zwar werden nach §
35 Abs.
2 [X.] die [X.] wegen Erwerbsminderung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles
be-rechnet und nicht bis zum Rentenbeginn (§
31 Satz
4 [X.]) (Spo-ner/Steinherr, [X.]/VKA
52.
Aufl. Online Kommentar
§
9 ATV Rn.
10). Vom rechtlichen Beginn der Rente ist grundsätzlich der Beginn der Ren-tenzahlung zu unterscheiden. Dieser hängt im Einzelfall von [X.] Umständen ab (wie Arbeitsanfall bei der Zusatzversorgungseinrich-tung) (vgl. Kiefer/Langenbrinck/Kulok, Betriebliche Altersversorgung im Öffentlichen Dienst,
Stand: April 2012,
§
5 ATV Nr.
2). Bei Versicherten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versichert sind oder die

trotz Versicherung

die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente (z.B. wegen Nichterfüllung der Wartezeit) nicht erfüllen, setzt der [X.]
-
6
-

cherungsfall nach §
31 Satz
3 [X.] grundsätzlich einen Antrag bei der [X.] und eines der tatsächlichen Ereignis-se voraus, die in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Versiche-rungsfall auslösen würden (vgl. Kiefer/Langenbrinck/Kulok aaO Nr.
1). Dass der Antrag mit zur Begründung des Versicherungsfalles gehört, ist dem Wortlaut zu entnehmen, wonach der Versicherungsfall am [X.] eintritt, von dem an der Anspruch auf gesetzliche Rente be-steht. Es heißt dort nicht "Eintritt des rentenberechtigenden Ereignisses". Dem Regelungswerk ist mit §
43 [X.] auch zu entnehmen, dass Be-sonderheiten für Beschäftigte gelten, die in der gesetzlichen Rentenver-sicherung nicht versichert sind, und zwar

entgegen der Ansicht der Re-vision

auch ohne Hinzuziehung des [X.] (§
99 Abs.
1 Satz
2
[X.]). Der Antrag ist [X.] für den Eintritt des Versicherungs-falles und die Zahlung der Betriebsrente. Auch hier kommt es auf den Zeitpunkt der Rentenberechtigung als solche an, d.h. das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs auf die Rente (vgl. Senatsbeschluss vom 18. November 2009

IV [X.], [X.], 240 Rn.
7), die einen Antrag [X.]. Es ist schließlich auch nichts dafür ersichtlich, dass sich aus dem [X.] ein früherer Zeitpunkt entnehmen ließe, zu dem die Anspruchsvorausset-zungen erfüllt waren. Der Antrag des [X.] lag jedoch erst zum [X.] vor, so dass lediglich drei volle Kalenderjahre zur [X.] kamen.

Zwar muss der Sinn und Zweck der Regelung über die [X.] in §
35 Abs.
2 [X.] einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer im Einzelnen nicht bekannt sein, er wird jedoch aus der Regelung selbst gleichwohl erkennen, dass es um einen Ausgleich der Einbuße geht, die dadurch entsteht, dass aufgrund vorzeitiger Erwerbsminderung keine 11
-
7
-

Versorgungspunkte durch das zusatzversorgungspflichtige Entgelt mehr erzielt werden (§§
34, 62 [X.]). Solange das Entgelt aber gezahlt und dadurch reguläre Versorgungspunkte erzielt werden, bedarf es [X.].

b) Hinsichtlich der Höhe der Rente des [X.] ist §
33 Abs.
3
[X.] anwendbar. Danach mindert sich die Betriebsrente für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach §
77 [X.] herabgesetzt ist, um 0,3 v.[X.], höchstens jedoch um insgesamt 10,8
v.[X.] Die Regelung ist in-soweit eindeutig. Aus §
43 Satz
1 [X.] ergibt sich, dass die §§
16 bis 42 [X.] auf die Beschäftigten, die in der gesetzlichen Rentenversi-cherung nicht versichert sind, entsprechend anzuwenden sind. Im fol-genden Satz 2 ist unmissverständlich klarstellend ausgeführt: "Soweit auf Regelungen des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen wird, ist die jeweilige Regelung so entsprechend anzuwen-den, wie dies bei unterstellter Versicherung in der gesetzlichen Renten-versicherung der Fall wäre."
Das heißt hier aber, dass auf den Kläger §
77 [X.] analog so anzuwenden ist, als wäre er nicht im [X.] der Landesärztekammer [X.]

, sondern gesetzlich renten-versichert, wie auch die Revisionserwiderung zutreffend unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 12.
Januar 2011 ([X.]/10,
VersR 2011, 611
ff.) ausführt. Die Regelungen in Versorgungswerken außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung sollten nach dem Willen der Tarifver-tragsparteien gerade keine Rolle spielen. Wäre der Kläger gesetzlich rentenversichert gewesen, ist es unstreitig, dass die Rente, wie von der [X.] vorgenommen, zu mindern gewesen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des [X.] (vom 5. Oktober 2005 5 U 24/05), wonach der Kläger mit dem Bezug der [X.] auch die volle Betriebsrente beanspruchen könne, weil diese 12
-
8
-

der gesetzlichen folge. Denn die Besonderheit dieses Falles war, dass der Kläger aus der gesetzlichen Versicherung die volle ungekürzte [X.] erhielt. Das gleiche gilt für die von der Revision angeführte Entscheidung des [X.]s Dortmund (vom 26. November 2009 2 S 30/08). Die dort dem schwerbehinderten Kläger gewährte Altersrente sei-tens der gesetzlichen Rentenversicherung beruhte wegen des [X.] Vertrauensschutzes auf einem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0 und der Kläger war der Ansicht, dass dies damit auch für die Zusatz-versorgung der [X.] zu gelten habe. §
236a Abs.
4
[X.] ist hier nicht einschlägig, weil die Norm die Altersrente für schwerbehinderte Menschen betrifft, nicht aber die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

-
9
-

c) Ein Verstoß gegen Grundrechte aus Art.
14 Abs.
1 GG und Art.
3 Abs.
3 GG ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich, vielmehr ist auch für die vorliegende Fallkonstellation auf den Beschluss des [X.] des [X.] vom 11.
Januar 2011 ([X.] 128, 138
ff.) zu verweisen.

[X.] [X.]

[X.]

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.10.2010 -
20 O 49/10 -

O[X.], Entscheidung vom 26.05.2011 -
7 [X.] -

13

Meta

IV ZR 133/11

11.07.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. IV ZR 133/11 (REWIS RS 2012, 4833)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4833

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 118/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 118/10 (Bundesgerichtshof)

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes: Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der Versorgung infolge Senkung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger …


IV ZR 55/05 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 54/05 (Bundesgerichtshof)


20 U 135/14 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 156/09

IV ZR 118/10

5 U 24/05

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.