Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2011, Az. IV ZR 118/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10550

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]8/10 Verkündet am:

12. Januar 2011

Bott

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2011 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 30. April 2010 wird auf Kos-ten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger erstrebt von der [X.] die Zahlung einer ab-schlagsfreien Betriebsrente. Die Beklagte hat die Aufgabe, den Ange-stellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Al-ters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. [X.] vom 3. Januar 2003, im Folgenden: [X.]) hat die Beklagte ihr Zusatzversor-gungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt. Den [X.] hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 ([X.]) beruhende - endgehaltsbezogene [X.] - 3 -

sorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell be-ruhendes [X.] ersetzt.
Der am 2. Dezember 1948 geborene Kläger war bei der [X.] pflichtversichert. Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 gewährte die [X.] für Angestellte ([X.]) dem Kläger ab dem [X.], zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2006, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wegen vorzeitiger Inanspruchnahme wurde der Zugangsfaktor gemäß § 77 Abs. 2 [X.] um 0,108 von 1,000 auf 0,892 Punkte herabgesetzt. Gemäß Bescheid vom 16. November 2006 erhielt der Kläger diese Rente als unbefristete [X.]rente längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Seit dem 1. Januar 2009 erhält der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Nach dem Inhalt des Bescheides vom 5. November 2008 wurde auch hier der Zugangsfaktor auf 0,892 vermindert, andererseits aber wurde dieser für jeden Kalendermonat, für den die frühere Rente in der [X.] vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 nicht mehr in Anspruch genommen wurde, um 0,003 Punkte erhöht, so dass sich [X.] ein Zugangsfaktor von 1,0 ergab. Da die Altersrente für schwer-behinderte Menschen höher ist als die bisherige Rente wegen Erwerbs-minderung, erhält der Kläger die Altersrente. 2 Von der [X.] erhielt der Kläger seit dem 1. Oktober 2004 ei-ne Betriebsrente, bei der nach § 35 Abs. 3 [X.] Abschläge wegen vor-zeitiger Inanspruchnahme in Höhe von 10,80 v.H. berücksichtigt wurden. Nach Vorlage des Bescheides der [X.] vom 5. November 2008 berechnete die Beklagte die Betriebsrente des [X.] am 4. Dezember 2008 auf 361,74 • monatlich. Auch bei dieser neu berechneten Betriebsrente minderte die Beklagte die [X.] - 4 -

punkte wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 10,80 v.H. auf 10,63 Versorgungspunkte.
Die [X.] enthält für die Berechnung folgende Regelungen: 4 "§ 33 Der Versicherungsfall tritt am [X.] ein, von dem an der Anspruch auf gesetzliche Rente wegen Alters als Vollrente bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbs-minderung besteht. – § 35 – (3) Die Betriebsrente mindert sich für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 [X.] herabgesetzt ist, um 0,3 Prozent, höchstens jedoch um 10,8 Prozent. § 40 (1) Die Betriebsrente ist neu zu berechnen, wenn bei einer/ einem Betriebsrentenberechtigten ein neuer Versicherungs-fall eintritt und seit dem Beginn der Betriebsrente aufgrund des früheren Versicherungsfalls zusätzliche Versorgungs-punkte zu berücksichtigen sind. (2) Durch die Neuberechnung wird die bisherige [X.] um den Betrag erhöht, der sich als Betriebsrente auf-grund der neu zu berücksichtigenden Versorgungspunkte ergibt; für diese zusätzlichen Versorgungspunkte wird der [X.] nach § 35 Abs. 3 gesondert festgestellt. –" Der Kläger hält die unveränderte Kürzung seiner Betriebsrente um den Abschlag in Höhe von 10,80 v.H. nach § 35 Abs. 3 [X.] seit dem 1. Januar 2009 für unzulässig, da er in der gesetzlichen Rentenversiche-rung seit diesem [X.]punkt eine Altersrente ohne Abschlag erhalte. Seine auf Zahlung einer abschlagsfreien Betriebsrente ab dem 1. Januar 2009 nebst Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. [X.] wendet er sich mit seiner Revision. 5 - 5 -

Entscheidungsgründe: 6 Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte sei auch ab dem 1. Januar 2009 berechtigt gewesen, von der Betriebsrente des [X.] gemäß § 35 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 77 [X.] einen Abschlag wegen vorzeitiger Inanspruchnahme vorzunehmen. Hiernach könne der Zu-gangsfaktor für Entgeltpunkte bei Renten wegen verminderter Erwerbs-fähigkeit, die vorzeitig in Anspruch genommen würden, um 0,003 Punkte niedriger als 1,0 für jeden Monat festgesetzt werden. Diese so ermittel-ten Abschläge beanspruchten Geltung für die gesamte Dauer des unun-terbrochenen Rentenbezugs. Da die Erwerbsminderungsrente des [X.] durch die gesetzliche Rentenversicherung um 0,108 Punkte herab-gesetzt worden sei, mindere sich entsprechend auch die von der [X.] zu zahlende Betriebsrente um insgesamt 10,8%. Der Umstand, dass der Kläger bei der Altersrente keinen Abzug wegen vorzeitiger Inan-spruchnahme hinnehmen müsse, sei demgegenüber unerheblich. § 35 Abs. 3 [X.] enthalte keine Regelung, dass für die Zahlung jeweils die höchste Rente anzusetzen sei. Maßgebend sei allein, dass für die ge-setzliche Rente des [X.] wegen voller Erwerbsminderung der Zu-gangsfaktor auch weiterhin herabzusetzen sei. Auch aus § 40 Abs. 2 Halbs. 2 [X.] ergebe sich, dass die Minderung dauerhaft sein solle. 7 Eine andere Auslegung des § 35 Abs. 3 [X.] sei auch nicht aus Gründen höherrangigen Rechts geboten. Die Gerichte seien befugt, die Satzung der [X.] unter Berücksichtigung der Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien jedenfalls auf einen Verstoß gegen Grundrechte zu 8 - 6 -

prüfen. Eine Verletzung von Art. 14 GG liege nicht vor, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistungshöhe oder -art habe und die Kürzung auf 10,8% begrenzt sei. Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes seien ebenfalls nicht verletzt. Die abwei-chende Handhabung gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung rechtfertige sich daraus, dass bei der versicherungsmathematischen Kal-kulation der Altersfaktoren die Häufigkeit vorzeitiger Renteninanspruch- nahmen und das Eingreifen von Rentenabschlägen mitentscheidende [X.] seien. Wenn eine Rente früher in Anspruch ge-nommen werde, könne die Beklagte nur einen kürzeren [X.]raum mit dem eingebrachten Kapital Zinsen erwirtschaften.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. 9 1. § 35 Abs. 3 [X.] bestimmt, dass die Betriebsrente sich für je-den Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 [X.] herabgesetzt ist, um 0,3%, höchstens jedoch um insgesamt 10,8% mindert. Mit dieser satzungsrechtlichen Regelung hat die Beklagte wortgleich die Bestim-mung in § 7 Abs. 3 [X.] übernommen. 10 a) Die Satzungsbestimmungen der [X.] finden als Allgemei-ne Versicherungsbedingungen ([X.]) auf die [X.], die von den beteiligten Arbeitgebern als Versiche-rungsnehmer mit der [X.] als Versicherer zugunsten der [X.] Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (Se-natsurteile vom 23. Juni 1999 - [X.], [X.], 103, 105 ff.; vom 29. September 2010 - [X.], juris Rn. 13; vom 24. März 2010 - [X.], [X.], 656 Rn. 15; vom 14. Juni 2006 - [X.] - 7 -

55/05, [X.], 1248 Rn. 8). Für die Auslegung der Satzungsbe-stimmungen kommt es auf das Verständnis und Interesse des durch-schnittlichen Versicherten an (Senatsurteile vom 29. September 2010 und vom 24. März 2010, jeweils [X.]O; vom 3. Dezember 2008 - [X.], [X.], 201 Rn. 13; vom 14. Mai 2003 - [X.], [X.], 895 unter II 1 a). b) Nach diesem Maßstab ist zunächst vom Wortlaut der Satzung auszugehen. Der Versicherte kann diesem entnehmen, dass seine Be-triebsrente für jeden Monat der Herabsetzung des Zugangsfaktors nach § 77 [X.] um 0,3%, höchstens jedoch um 10,8%, herabgesetzt wird. Zum weiteren Verständnis wird der Versicherte daher § 77 [X.] in den Blick zu nehmen haben. Dieser regelt den so genannten Zugangsfaktor, der ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte ist. Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter des Versicherten bei [X.] oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des [X.] als persönliche Ent-geltpunkte zu berücksichtigen sind (§ 77 Abs. 1 [X.]). § 77 Abs. 2 [X.] regelt sodann die Berechnung des Zugangsfaktors im Einzelnen, wobei Ausgangspunkt ein Zugangsfaktor von 1,0 bei Altersrenten ist, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden. Es folgen weitere Vorschriften, die die Herabsetzung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente zum Gegenstand haben. Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] ist der Zugangsfaktor bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in [X.] genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 [X.] in der für den Kläger gemäß § 264c [X.] maßgebenden Fassung). Beginnt 12 - 8 -

eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres, so ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Be-stimmung des Zugangsfaktors maßgebend (§ 77 Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 264c [X.]). Die [X.] des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als [X.] einer vorzeiti-gen Inanspruchnahme (§ 77 Abs. 2 Satz 3 [X.]). Weiter bestimmt § 77 Abs. 3 Satz 1 [X.], dass für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, der frühere Zugangsfaktor maßgebend bleibt. Das Gesetz bringt damit auch für den Versicherten ersichtlich zum Ausdruck, dass der [X.] und somit auch die nach § 77 Abs. 2 und 3 [X.] zu ermittelnden Abschläge oder Zuschläge für die gesamte Dauer des ununterbrochenen Rentenbezugs maßgeblich sein sollen ([X.], [X.], 329, 330).
Auch dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 [X.] lässt sich nicht entneh-men, dass eine zulässige Minderung des Zugangsfaktors nachträglich wieder wegfallen kann. Daran hat sich hier auch nichts durch die dem Kläger seit dem 1. Januar 2009 von der gesetzlichen Rentenversiche-rung gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen geändert. Aus dem Bescheid der [X.] vom 5. Novem-ber 2008 ergibt sich, dass für die Berechnung der Altersrente zunächst die Entgeltpunkte der bisherigen Rente wegen Erwerbsminderung mit 0,892 als Zugangsfaktor zugrunde gelegt wurden. Dies beruhte auf der zuvor erfolgten Minderung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.]. Lediglich für den [X.]raum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011, in dem diese frühere Rente wegen Erwerbsminde-rung nicht mehr in Anspruch genommen wird, erhöhe sich der [X.] gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 [X.] um 0,108 Punkte, so dass sich insgesamt für die Altersrente ein Zugangsfaktor von 1,00 ergebe 13 - 9 -

(Anlage 6 S. 1 zum Bescheid vom 5. November 2008). Neben dieser [X.] stand dem Kläger aber auch weiterhin die Rente wegen Er-werbsminderung zu, bei der wegen ihrer vorzeitigen Inanspruchnahme eine Herabsetzung des Zugangsfaktors auf 0,892 Punkte verblieb. Diese dem Grunde nach fortbestehende Rente wegen Erwerbsminderung ge-langte nur deshalb nicht mehr zur Auszahlung, weil nach § 89 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur die höchste Rente geleistet wird, wenn für denselben [X.]raum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung be-stehen. Die höhere Rente beim Kläger ist die Altersrente für schwerbe-hinderte Menschen (S. 2 des Rentenbescheids vom 5. November 2008).
Eine dem § 89 Abs. 1 [X.] vergleichbare Regelung enthält § 35 Abs. 3 [X.] nicht. Hiernach ist allein der [X.]raum maßgeblich, in dem der Zugangsfaktor nach § 77 [X.] herabgesetzt ist. Eine Differenzie-rung zwischen den verschiedenen Rentenarten der gesetzlichen Renten-versicherung ist der Betriebsrente nach der [X.] fremd. Gemäß § 33 Satz 1 [X.] tritt der Versicherungsfall vielmehr am [X.] ein, von dem an der Anspruch auf gesetzliche Rente wegen Alters als Vollrente bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung be-steht. Dies war hier der [X.]punkt, als der Kläger erstmals Rente wegen Erwerbsminderung erhielt. Diese Rente wegen Erwerbsminderung mit ih-rem herabgesetzten Zugangsfaktor bestand auch über die [X.] des 1. Januar 2009 hinaus fort. Lediglich infolge des Umstandes, dass die ab diesem [X.]punkt ebenfalls eingreifende Altersrente höher ausfiel, wurde die Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 89 Abs. 1 [X.] nicht mehr ausgezahlt. Am Fortbestehen der einmal gegebenen Vorausset-zungen für die Minderung nach § 35 Abs. 3 [X.] ändert das nichts. 14 - 10 -

15 c) Dieses Verständnis erschließt sich dem Versicherten auch aus dem systematischen Zusammenhang von § 35 Abs. 3 [X.] mit § 40 Abs. 1 und 2 [X.], der inhaltlich § 11 Abs. 2 [X.] entspricht. Hiernach ist die Betriebsrente nur dann neu zu berechnen, wenn ein neuer Versi-cherungsfall eintritt und seit dem Beginn der Betriebsrente aufgrund des Versicherungsfalles zusätzliche Versorgungspunkte zu berücksichtigen sind. Ein derartiger Fall lag hier beim Kläger vor, weil durch die Gewäh-rung der Altersrente ein neuer Versicherungsfall eingetreten war und der Kläger für November 2004 noch zusätzliche Versorgungspunkte von 0,12 erworben hatte (Anlage 3 Bl. 1 des Bescheids der [X.] vom 4. Dezember 2008). Diese zusätzlichen Versorgungspunkte führten [X.] wegen bereits zuvor gewährter höherer Versorgungspunkte als [X.] Komponente nach § 37 Abs. 2 [X.] insgesamt zu keiner höheren Betriebsrente.
Soweit eine Erhöhung in Betracht kommt, bemisst diese sich nach § 40 Abs. 2 [X.]. Hiernach wird die bisherige Betriebsrente um den Be-trag erhöht, der sich als Betriebsrente aufgrund der neu zu [X.] ergibt. Für diese zusätzlichen Versorgungs-punkte wird der [X.] nach § 35 Abs. 3 [X.] gesondert fest-gestellt. Aus dieser Bestimmung kann der Versicherte entnehmen, dass beim Eintritt eines neuen Versicherungsfalles lediglich für die neu hinzu erworbenen Versorgungspunkte der [X.] nach § 35 Abs. 3 [X.] neu festgestellt wird, während es für die bereits zuvor erworbenen Versorgungspunkte bei der Berechnung der Minderung nach § 35 Abs. 3 [X.] verbleibt (so auch Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Altersversor-gung im öffentlichen Dienst, [X.]. 4 zu § 11 [X.] (Stand 9/2006); [X.]/[X.]/[X.]/Wiese, [X.], [X.]. 11.2.1 zu § 11 [X.] (Stand Mai 2005)). Hieran ändert auch die Regelung in § 40 Abs. 3 16 - 11 -

[X.] nichts, die lediglich den hier nicht einschlägigen Sonderfall des Übergangs von einer Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung in eine Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen Alters betrifft. d) Dieses Verständnis des § 35 Abs. 3 [X.] entspricht auch sei-nem erkennbaren Sinn und Zweck. Durch die vorzeitige [X.] einer Rente kommt es zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der [X.], weil sie einerseits für eine längere [X.] Renten zu gewäh-ren hat und ihr andererseits für diesen [X.]raum keine Umlagen und [X.] des Arbeitgebers mehr zufließen. Aus versicherungsmathemati-schen Überlegungen ist daher die Einführung einer Abschlagsregelung erfolgt, wobei die Tarifvertragsparteien sich ausdrücklich an der Rege-lung in der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert haben, ohne diese aber in allen Einzelheiten zu übernehmen (Kiefer/Langenbrinck, [X.]. 5 zu § 7 [X.] (Stand 1/2004)). 17 2. § 35 Abs. 3 [X.] hält mit dem durch diese Auslegung ermittel-ten Inhalt auch einer Rechtsprüfung stand. 18 a) Als Allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegen die [X.] der [X.] grundsätzlich der richterlichen In-haltskontrolle nach den §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB ([X.] vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 30; vom 23. Juni 1999 - [X.], [X.], 103, 109 f.; vom [X.] 2010 - [X.], juris Rn. 23; vom 14. Januar 2004 - [X.], [X.], 453 unter [X.]). Gleichwohl kommt hier nur eine beschränk-te Überprüfbarkeit in Betracht, da die §§ 35 Abs. 3 sowie 40 Abs. 1 und 2 [X.] auf den inhaltsgleichen Regelungen in §§ 7 Abs. 3 und 11 Abs. 2 19 - 12 -

[X.] beruhen. Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung maß-geblicher Grundentscheidungen der Tarifvertragsparteien genießt der [X.] eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben (Senatsurteile vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 101 Rn. 26; vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 32). Insoweit wirkt der Schutz der Ta-rifautonomie fort, die den Tarifvertragsparteien für ihre maßgeblichen Grundentscheidungen besondere Beurteilungs-, Bewertungs- und Ges-taltungsspielräume eröffnet. Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerech-teste Lösung zu wählen (Senatsurteil vom 24. September 2008 [X.]O).
Allerdings dürfen auch Satzungsänderungen, die auf einer solchen Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien beruhen, nicht gegen die Grundrechte und grundgesetzliche Wertentscheidungen verstoßen. Da die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 [X.]) eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, ist die gerichtliche Kontrolle ihrer [X.] nach ständiger Rechtsprechung neben der Prüfung, ob die Rechtsvorschriften der [X.] beachtet sind (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 2005 - [X.], [X.], 1228 unter [X.]), jedenfalls darauf zu erstrecken, ob ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt (Senatsurteile vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 101 Rn. 26; vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 33). Insbesondere ist zu prüfen, ob die aus dem Rechtsst[X.]tsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Grundsätze des [X.] und der Verhältnismäßigkeit (Senatsurteil vom 14. No-vember 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 53 ff.), Art. 3 Abs. 1 GG (Senat [X.]O Rn. 58 ff.) oder Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sind. 20 - 13 -

21 b) Nach diesen Kriterien ist die Regelung in § 35 Abs. 3 [X.] nicht zu beanstanden. [X.]) Zunächst liegt kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG vor. In eine bestehende Versorgungsrente des [X.] wurde nicht eingegriffen, da dieser von Anfang an nur die gekürzte Be-triebsrente durch die Beklagte erhalten hat. Ob eine zuvor bestehende [X.] des öffentlichen Dienstes in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fällt, kann offen bleiben (ver-neinend Senatsurteile vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 51 f.; vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 101 Rn. 26; offen gelassen von [X.] 98, 365, 401). Jedenfalls liegt keine Verletzung der Eigentumsgarantie vor, weil § 35 Abs. 3 [X.] eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt. Beruht eine Rechtsposition auf privatrechtlichen Vereinbarungen, ist deren Inhalt entscheidend. Weitergehende Ansprüche schafft Art. 14 Abs. 1 GG nicht (Senatsurteil vom 14. November 2007 [X.]O Rn. 41). Hier rechtfertigt sich die Minderung der Betriebsrente infolge der Herabsetzung des [X.]s nach § 77 [X.] daraus, dass die Beklagte wegen der vorzeiti-gen Inanspruchnahme der Rente wegen Erwerbsminderung für eine län-gere [X.] Leistungen erbringen muss, als das bei der Gewährung von [X.] mit Erreichen der Regelaltersgrenze der Fall ist. Diesen erhöh-ten Aufwendungen der [X.] stehen entsprechend geringere Umla-gen gegenüber. Die zusätzliche finanzielle Belastung der [X.] durch die regelmäßig längere Rentendauer soll daher durch den [X.] neutralisiert werden (vgl. [X.], [X.], 329, 330 zu § 77 Abs. 2 [X.]; ferner Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Altersver-sorgung im öffentlichen Dienst [X.]. 5 zu § 7 [X.] (Stand 1/2004)). Die Regelung dient mithin der Sicherung der Leistungsfähigkeit des [X.] - 14 -

[X.] für die Zukunft. Einer Bedrohung der Existenzsiche-rung der Versicherten im Alter wird dadurch begegnet, dass der [X.] unabhängig von dem [X.]punkt, ab dem der Versicherte eine Ren-te wegen Erwerbsminderung erhalten hat, auf 10,8% begrenzt wird. [X.]) § 35 Abs. 3 [X.] verstößt ferner nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Daran fehlt es hier, da die Absenkung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 [X.] mit der Folge der Minderung der Betriebsrente nach § 35 Abs. 3 [X.] gerade nicht an eine Behinderung des Renten-empfängers anknüpft. Vielmehr kommt es zu einer Herabsetzung des Zugangsfaktors bei allen Rentenarten, wenn die jeweilige Rente vor der im Gesetz normierten Altersgrenze in Anspruch genommen wird (vgl. [X.] [X.], 329, 331 f.). Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-4 [X.] kommt eine Herabsetzung des Zugangsfaktors in Betracht bei vorzeitig in Anspruch genommenen Renten wegen Alters, Renten wegen verminder-ter Erwerbsfähigkeit sowie Hinterbliebenenrenten. Durch die [X.] sollen Vor- und Nachteile einer unterschiedli-chen Rentenbezugsdauer ausgeglichen werden (vgl. § 63 Abs. 5 [X.]). Es handelt sich um eine sachgerechte Regelung, die an die voraus-sichtlich längere Bezugsdauer der vorzeitig in Anspruch genommenen Rente anknüpft und einen Ausgleich zu Renten erwirken soll, die erst mit Eintritt der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden. Es steht auch nicht fest, dass Begünstigte einer Rente wegen verminderter Er-werbsfähigkeit generell eine deutlich niedrigere Lebenserwartung als sonstige Altersrentner hätten mit der Folge, dass es faktisch überhaupt nicht zu unterschiedlich langen Rentenbezugszeiten kommt. 23 - 15 -

24 Aus diesem Grund liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, da für die unterschiedliche Be-handlung von Personen, die eine Rente erst mit Erreichen der [X.] in Anspruch nehmen, sowie solchen, die bereits vorzeitig eine Rente beziehen, ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht. 3. Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, § 35 Abs. 3 [X.] finde bereits deshalb keine Anwendung, weil bei dem Kläger bei der erstmaligen Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung durch die [X.] sowie der Betriebsrente durch die Beklagte keine Herab-setzung des Zugangsfaktors habe erfolgen dürfen. Entsprechend komme auch eine Fortgeltung der Herabsetzung des Zugangsfaktors für die hier geltend gemachte Betriebsrente ab dem 1. Januar 2009 nicht in Betracht. Diese Rechtsauffassung des [X.] beruht auf einem Urteil des 4. Se-nats des [X.] vom 16. Mai 2006 ([X.]E 96, 209), in dem entschieden wurde, § 77 [X.] müsse in verfassungskonformer Auslegung so verstanden werden, dass die Abschläge auf Erwerbsmin-derungsrenten erst ab Erreichen des 60. Lebensjahres angewendet wer-den dürften, während die Renten für [X.] davor ungekürzt zu leisten seien. Der nunmehr zuständige 5. Senat des Bundessozialge-richts hat mit vier Urteilen vom 14. August 2008 demgegenüber ent-schieden, dass [X.] eine Absenkung des [X.] auch dann hinnehmen müssen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten ([X.], [X.], 329; 877; [X.] 4-2600 § 77 Nr. 6, [X.] 2008, 591). 25 Der Senat hat sich dieser Auffassung bereits in einer Reihe von Verfahren angeschlossen (vgl. zuletzt Beschlüsse gemäß § 552a ZPO vom 22. Juli 2009 in den Verfahren [X.], [X.] und IV 26 - 16 -

ZR 55/09). Hieran ist auch weiterhin festzuhalten. Das Bundessozialge-richt hat in seinen neueren Entscheidungen zutreffend darauf abgestellt, dass nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte von § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 3 Nr. 2 [X.] eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann in Betracht kommt, wenn die Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, wobei lediglich für die Berechnung unterstellt wird, dass ein Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres (in der seinerzeit geltenden Fassung) nicht erfolgt war. - 17 -

27 Ein Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO bis zur Entscheidung über eingelegte Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des [X.] vom 14. August 2008 kommt nicht in Betracht, da die ge-setzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
[X.] [X.] [X.] [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.07.2009 - 2 C 162/09 - [X.], Entscheidung vom 30.04.2010 - 6 S 20/09 -

Meta

IV ZR 118/10

12.01.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2011, Az. IV ZR 118/10 (REWIS RS 2011, 10550)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10550

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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