Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2012, Az. V ZR 268/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4941

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V [X.]
Verkündet am:

6. Juli 2012

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 823 Abs. 2
Bf, 858, 859
Der Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Abschleppkosten richtet sich auch dann gegen den gestörten Grundstücksbesitzer, wenn dieser seinen Schadensersatzan-spruch gegen den Störer an das Abschleppunternehmen abgetreten hat.
[X.], Urteil vom 6.
Juli 2012 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6.
Juli
2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr.
Lemke
und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann
und den Richter Dr.
Czub

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der [X.] des [X.] vom 25. Oktober 2011 aufge-hoben und das Urteil des [X.] vom 16. März 2011 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger stellte sein Fahrzeug am 3. August 2010 auf einem [X.] im Bereich einer gekennzeichneten Feuerwehranfahrtszone
ab. Die Beklagte ist aufgrund eines mit der Besitzerin des [X.] verpflichtet, unbefugt abgestellte Fahrzeuge von dem [X.] zu entfernen. Ihr sind von der Grundstücksbesitzerin deren Ansprüche auf Ersatz der Abschleppkosten gegen
unberechtigt Parkende abgetreten.

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Die Beklagte setzte das Fahrzeug um. Dessen
Standort teilte sie dem
Kläger erst nach Zahlung der Abschleppkosten von 261,21

(brutto) mit. Der Kläger, der diese Kosten für überhöht hält, verlangt mit der Klage die Rückzah--
und [X.] haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stehe ein Bereicherungsan-spruch gemäß §
812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil der von ihm gezahlte Betrag die ortsüblichen Abschleppkosten übersteige und zudem Vergütungen für Dienstleistungen enthalte, für die er keinen Ersatz leisten müsse. Die Beklagte sei passivlegitimiert. Nach zutreffender, wenn auch umstrittener Ansicht richte sich der Bereicherungsanspruch des Schuldners, der auf eine nicht bestehende Forderung an den Zessionar geleistet habe, gegen diesen. Zu demselben Er-gebnis gelange die Auffassung, die grundsätzlich den Zedenten als Bereiche-rungsschuldner
ansehe. Ausnahmsweise
hielten
nämlich auch deren Vertreter einen Anspruch gegen den Zessionar für gegeben. Ein Ausnahmefall liege hier vor; denn die Beklagte habe durch
die Ausübung ihres Zurückbehaltungsrechts an dem Fahrzeug des [X.] Druck auf diesen ausgeübt, unmittelbar und un-verzüglich an sie zu leisten, ohne dass die Grundstücksbesitzerin dazu beige-tragen habe.
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II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass dem Kläger ein Bereicherungsanspruch nach §
812 Abs.
1 Satz 1 Alt.
1 BGB zu-steht, soweit der
von ihm geleistete Betrag den ersatzfähigen [X.], den die Grundstücksbesitzerin durch das unberechtigte Abstellen seines Fahrzeugs erlitten hat (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juni 2009

[X.], [X.]Z 181, 233, 236 Rn. 11).
2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme, dieser Anspruch richte sich gegen die Beklagte. Der gestörte Grundstücksbesitzer ist nicht nur dann
Bereicherungsschuldner, wenn das Abschlepp-
bzw. Inkassounternehmen [X.] Zahlstelle für die Abschleppkosten ist
(Senat, aaO), sondern grundsätzlich auch in den Fällen, in denen er -
wie hier -
seinen Schadensersatzanspruch gegen den Fahrzeugführer (§
823 Abs. 2
i.[X.]. §
858 Abs.
1 BGB) an das Ab-schlepp-
bzw. Inkassounternehmen abgetreten hat.
a) Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des [X.] findet, wenn der Schuldner nach Abtretung des Anspruchs an den Zessionar (Abtretungsempfänger) geleistet hat, die bereicherungsrechtliche Rückabwick-lung grundsätzlich nicht direkt in dem Verhältnis dieser Personen statt, sondern zum einen zwischen dem Zessionar und dem Zedenten (Abtretender) und zum anderen zwischen diesem und dem Schuldner (vgl. [X.], Urteil vom [X.]

[X.], [X.]Z 105, 365, 368 ff.; Urteil vom 10. März 1993

[X.], [X.]Z 122, 46, 50
f.; Urteil vom 24. Februar 2003

[X.], [X.]Z 154, 88, 91; Urteil vom 19. Januar 2005

[X.], NJW 2005, 1369). Maßgeblicher Grund hierfür ist
die sachgerechte Verteilung der Insolvenzrisiken, die nur gewährleistet ist, wenn die Rückabwicklung innerhalb 4
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der jeweiligen Kausalverhältnisse erfolgt (vgl. [X.], Urteil vom 19. Januar 2005

[X.], aaO). Dieser Gesichtspunkt hat auch bei einem gesetzlichen Schuldverhältnis, wie es infolge unberechtigten Parkens zwischen dem be-troffenen Grundstücksbesitzer und dem Fahrzeugführer entsteht, seine Berech-tigung. Auch wenn dem Fahrzeugführer der Grundstücksbesitzer in aller Regel unbekannt sein wird, ist es ihm eher zuzumuten, dessen Insolvenzrisiko zu tra-gen als dasjenige des von diesem beauftragten [X.]. [X.] ihm nämlich das Parken auf dem fremden Grundstück unmittelbar zuzu-rechnen ist, hat er auf die Auswahl des [X.] durch den Gestörten keinerlei Einfluss. Gleichzeitig erscheint es billig, das Insolvenzrisiko des Abschlepp-
oder Inkassounternehmens dem Geschädigten als dessen Auf-traggeber aufzuerlegen.
b) Außergewöhnliche
Umstände, die eine Ausnahme von dem Grundsatz der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zedenten -
hier also zwischen dem Kläger und der [X.]sbesitzerin

rechtfertigten, liegen nicht vor.
Zwar hat der [X.] in einem Fall, in dem der Zessionar
den Schuldner
-
trotz lediglich vorläufiger Berechnung der ([X.] -
mit großer Intensität zu einer (Zuviel-)Zahlung gedrängt hatte, eine Direktkon-diktion gegen den Zessionar zugelassen (Urteil vom 8. Juni 1988

[X.], NJW 1989, 161, 162). Maßgeblich dafür war
aber nicht allein das Verhal-ten des Zessionars, sondern die Erwägung, dass dieses aufgrund der tatsächli-chen Umstände nicht der Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten zugerechnet werden konnte und folglich auch die darauf beruhende Zuvielzahlung ihre Ursache außerhalb des Verhältnisses von Schuldner und Zedenten hatte (vgl. [X.], aaO; Urteil vom 25. September 1996

[X.], 8
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-
NJW 1997, 461, 464
sowie Urteil vom 26. Januar 2006

[X.], [X.], 1731, 1732).
Demgegenüber ist in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt das Verhal-ten des
beklagten [X.] der Grundstücksbesitzerin
ohne weiteres zuzurechnen. Indem die Beklagte
die Bekanntgabe des Standorts des abgeschleppten Fahrzeugs von der vorherigen Bezahlung der Abschleppkosten abhängig machte, hat sie der Sache nach ein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug des [X.] ausgeübt. Das ist eine im Grundsatz zulässige und bei Abschleppvorgängen nicht unübliche Rechtsausübung (vgl. Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2011

[X.], [X.], 528, 529 Rn. 17
f.), mit der die Grundstücksbesitzerin als Auftraggeberin des Abschleppvorgangs rechnen musste. Auch waren ihr aus dem Rahmenvertrag die Kosten bekannt, die die Beklagte für das Umsetzen
von Fahrzeugen berechnete. Soweit
diese Kosten den erstattungsfähigen Schaden der Grundstücksbesitzerin übersteigen, war
eine unter dem Druck des Zurückbehaltungsrechts erfolgte Zuvielzahlung des [X.] somit vorhersehbare Folge des [X.]; sie ist deshalb
der Rechtsbeziehung zwischen diesem und ihr als Geschädigter zuzurechnen. Eine andere Beurteilung käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die Bekanntgabe des [X.] von einer zusätzlichen, hinter dem Rücken der [X.]sbesitzerin vereinnahmten Zahlung durch den Kläger abhängig gemacht hätte. So liegt es hier jedoch nicht.
3. Der Abweisung der Klage steht nicht entgegen, dass der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, in erster Linie an einer Entscheidung über die [X.] in Rech-nung gestellten Kosten interessiert zu sein. Da es sich bei dem Anspruch aus §
812 BGB um einen gesetzlichen und damit nicht der Disposition der Parteien
unterliegenden Anspruch handelt, kann
die Beklagte ihre fehlende Passivlegiti-10
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mation nicht für unerheblich erklären. Hieran änderte auch ein Einverständnis des [X.] nichts.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
91 Abs. 1
ZPO.

Krüger

Lemke

Schmidt-Räntsch

Stresemann

Czub

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.03.2011 -
19 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 25.10.2011 -
85 S 77/11 -

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Meta

V ZR 268/11

06.07.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2012, Az. V ZR 268/11 (REWIS RS 2012, 4941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4941

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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