Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2016, Az. 4 StR 362/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 8193

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:140716B4STR362.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 362/15

vom
14. Juli 2016

[X.]St:
nein
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

-

StGB § 263 Abs.
1

1.
Die Abgabe eines Gebots im Zwangsversteigerungsverfahren enthält keine Erklärung des [X.] gegenüber den Mitbietern.

2.
Der die Zwangsversteigerung leitende Rechtspfleger unterliegt regelmäßig keiner Fehlvorstellung über die [X.] und Zahlungsfähigkeit des Bieters.

[X.], Beschluss vom 14. Juli 2016

4 StR 362/15

LG Detmold

in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
zu 1.: Betruges

zu 2.: Beihilfe zum Betrug

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 14.
Juli 2016 gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13.
April 2015 mit den Feststellungen auf-gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als [X.] zuständige [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die
Angeklagte [X.]

wegen Betruges in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren
Voll-streckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten [X.]

hat es wegen
Beihilfe zum Betrug zu einer Geldstrafe von 60
Tagessätzen zu je 10

ver-urteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen diese die Verletzung formel-len und materiellen Rechts rügen, haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
1
-
3
-
A.
Verurteilung der Angeklagten [X.]

und [X.]

im Fall
II.
1 der Urteils-
gründe
I.
Insoweit hat das [X.] folgende Feststellungen und Wertungen ge-troffen:
1.
Die Angeklagten gründeten im Jahr 2003 die H.

GmbH (im Folgenden: H.

GmbH) zum Zweck der Errichtung
und des Betriebs einer Biogasanlage in E.

; Geschäftsführerin war die An-
geklagte [X.]

. Standort der Anlage war ein Teil des Hofgrundstücks des
Angeklagten [X.]

, das seit 2005 gesondert unter Blatt

im Grundbuch des
[X.] von E.

eingetragen war und die H.

GmbH als
Eigentümerin auswies. Zahlreiche Verzögerungen bei der Realisierung dieses Projekts brachten den Angeklagten [X.]

, der persönlich mit Darlehensverbind-
lichkeiten in Höhe von mindestens einer Million Euro gegenüber der Sparkasse B.

belastet war, in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten, da die
erwarteten Einspeisevergütungen ausblieben. Im [X.] 2007 betrieb die An-geklagte als Geschäftsführerin der H.

GmbH daher eine Umschuldung
mit dem Ziel, die Verbindlichkeiten des Angeklagten [X.]

gegenüber der Spar-
kasse B.

durch die H.

GmbH zu erwerben. Die Sparkasse hatte
ihre Zustimmung hierzu für den Fall signalisiert, dass sie

die Bank

einen Betrag in Höhe von zumindest noch einem Drittel ihrer Forderung erhalten wür-de. Zur Finanzierung des Forderungskaufs seitens der H.

GmbH trat
die Angeklagte an die Volksbank S.

-

2
3
4
-
4
-
mit der H.

GmbH angesichts der kritischen wirtschaftlichen Lage der
GmbH an eine umfassende Prüfung und Bewertung der unübersichtlichen tat-sächlichen und rechtlichen Verhältnisse durch einen unabhängigen Rechtsan-walt, den Zeugen [X.]

. Diesen beauftragte die Angeklagte [X.]

für
die GmbH mit der Prüfung. Auf der Grundlage von durch die Angeklagte [X.]

zur Verfügung gestellten Unterlagen fertigte der Zeuge [X.]

,
der für seine Tätigkeit von der H.

GmbH vergütet wurde, seinen zu-
sammenfassenden Bericht und übersandte ihn im März 2008 der Volksbank. Dem Bericht beigefügt war eine von beiden Angeklagten unterschriebene

e-stätigung gegenüber der Volksbank in S.

-

des
Zeugen [X.]

vom 7.
März 2008
dargestellten tatsächlichen und rechtlichen Ver-
hältnisse seien
vollständig und richtig. Man werde sich gegenüber der [X.] auf keinerlei weitere Verträge berufen; solche existierten nicht.
Vor dem Hintergrund des Berichts und der von den Angeklagten abge-gebenen Erklärung schätzte die Volksbank die
zur Absicherung des Darlehens
zur Verfügung stehenden Sicherheiten als werthaltig ein und bewilligte das [X.]. Als Sicherheiten ließ sie sich insbesondere Forderungen aus [X.] gegenüber der [X.].

, am 27.05.2009
Forderungen auf Betriebsprämien gegenüber der [X.] N.

sowie die Grundschulden lastend auf dem Grundbesitz Grund-
buch von E.

Blatt

und Blatt

von der H.

, vertreten durch die
Angeklagte [X.]

,
vorausabtreten

8). Am 8.
August 2008 schloss die
H.

GmbH mit der Sparkasse B.

sodann einen Kaufvertrag, wo-
nach die Sparkasse ihre Darlehensforderung gegen den Angeklagten
[X.]

in
Höhe von 1.011.392,40

.

GmbH
veräußerte. In der (irrigen) Annahme, die Vollständigkeitserklärung sei [X.]
-
5
-
fend und das Sicherheitenpaket daher rechtlich abgesichert und werthaltig, schloss die Volksbank sodann am
28.
August 2008 mit der H.

GmbH
einen Darlehensvertrag über insgesamt 420.000

l-gung der Schuld aus dem Forderungskauf gegenüber der Sparkasse B.

bestimmt waren. Die Darlehensvaluta wurde am 1. bzw. 3.
September 2008 ausgezahlt.
Tatsächlich war die von den Angeklagten abgegebene Vollständigkeits-erklärung unzutreffend. Denn die H.

GmbH, vertreten durch die Ange-
klagte [X.]

,

-

gegenüber dem Angeklagten [X.]

aus dem beabsichtig-
ten ([X.] mit der Sparkasse B.

zusammen mit den
insoweit bestehenden dinglichen Sicherungsrechten

u.a. Grundschulden las-tend auf den
Grundstücken
Blatt

und

und möglichen Rück-
gewähransprüchen an den [X.] der Angeklagten [X.]

,

P.

Ebenfalls
an den [X.] der Angeklagten
abgetreten waren
der Anspruch auf Herausgabe der

n-bekannt, aus dem gleichen Rechtsgrund betreffend den Forderungskauf

[X.]

Sparkasse B.

.

hatte dieser -
balen Vorausabtretung

am 3.
November 2007 schriftlich zugestimmt. Die [X.] verschwiegen dies
dem Zeugen [X.]

bewusst, da ihnen klar
war, dass die Volksbank den Darlehensvertrag in Kenntnis der zuvor erfolgten Abtretung

r-langten Abtretung der Grundschulden und anderer Sicherheiten
nicht abge-schlossen hätte. Beide wollten jedoch die Auszahlung der Darlehensvaluta un-bedingt erreichen. Die Angeklagte [X.]

wollte zudem verhindern, dass die
Volksbank bei Eintritt des Sicherungsfalles ihre Sicherheiten würde verwerten 6
-
6
-
können, dem Angeklagten [X.]

ging es auch um die Erhaltung des von seinen
Eltern ererbten landwirtschaftlichen Betriebes. Beiden Angeklagten war es [X.] gleichgültig, ob das Darlehen jemals zurückgeführt werden würde.
Die H.

GmbH war nur kurze [X.] zu einer vollständigen und
rechtzeitigen Rückzahlung der Darlehensraten in der Lage. Als die Volksbank nach fristloser Kündigung des Darlehensvertrages am 9.
August 2010 wegen Zahlungsverzugs ihre (dinglichen) Sicherheiten verwerten wollte, hielten ihr die Angeklagten, wie von Anfang an geplant, u.a. die verheimlichte Abtretungsver-einbarung von November 2007 mit

P.

entgegen, wodurch es ihnen

2012 mit der vollständigen Befriedigung der Volksbank
aus der Zwangsvollstre-ckung in das Grundstück Blatt

abgeschlossen.
2.
Die insoweit gegenüber der Volksbank offenbarungspflichtige Ange-klagte [X.]

habe, so die
[X.] in ihrer rechtlichen Würdigung, die

globale Vorausabtretung

der u.a. auf dem Grundbesitz Blatt

lastenden
Grundschulden sowie anderer Forderungen an den Zeugen P.

in der Voll-
ständigkeitserklärung bewusst verschwiegen, der Angeklagte [X.]

habe sie
dabei durch Unterzeichnung der Vollständigkeitserklärung als Gehilfe unter-stützt. Auf Grund des insoweit bei den Entscheidungsträgern der Volksbank entstandenen Irrtums hinsichtlich der Werthaltigkeit der von der H.

GmbH abgetretenen Sicherheiten, insbesondere der uneingeschränkten [X.] der Grundschulden
auf dem Blatt

im [X.], sei es
zum Abschluss des Darlehensvertrages und zur Auszahlung der Darlehens-valuta gekommen. Der dadurch eingetretene Vermögensschaden bestehe in einer schadensgleichen Vermögensgefährdung. Wegen der schlechten wirt-schaftlichen Lage der H.

GmbH und der Angeklagten sowie der unzu-
7
8
-
7
-
reichenden Sicherheiten habe, so das [X.], schon zum [X.]punkt der Vermögensverfügung ein gesteigertes Ausfallrisiko für einen erheblichen Teil der ausgereichten Darlehenssumme bestanden. Dies habe eine objektive Ver-mögensminderung auf Seiten der Volksbank bewirkt.
II.
Die Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten [X.]

wegen Betruges
und des Angeklagten [X.]

wegen Beihilfe hierzu
nicht, weil
die Urteilsgründe nicht ergeben, dass bei der Volksbank ein Vermögensscha-den im Sinne von §
263 Abs.
1 StGB eingetreten ist.
1.
Der Betrug ist eine Vermögensstraftat. Nicht die Täuschung an und für sich, sondern die vermögensschädigende Täuschung ist strafbar. Ein [X.] tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des [X.] zu einer nicht durch einen Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirt-schaftlichen [X.] seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldie-rung). Maßgeblich ist dafür der Vergleich des Vermögenswertes unmittelbar vor und nach der Verfügung.
Ob die Hingabe eines Darlehens
in Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
einen
Vermögensschaden bewirkt, ist nach ständiger Rechtspre-chung des [X.] daher durch einen für den [X.]punkt der [X.] mit dem Rückzahlungsanspruch des [X.] zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des [X.] wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der be-stellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vor-gespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene [X.] wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder 9
10
11
-
8
-
fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige
Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des [X.] und ohne Gefährdung durch ihn,
sofort nach Fälligkeit, realisierbar sind
(st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 20.
Mai 2014

4
StR
143/14, [X.], 349, 350; Beschluss vom 4.
Juni 2013

2
StR 59/13, [X.], 13, jeweils mwN;
vgl. auch [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
263 Rn.
250).
Ein eventueller Minderwert des im [X.] ist im Ver-fügungszeitpunkt nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen. Dabei ist der Vermögensschaden unter Berücksichtigung banküblicher Bewertungs-ansätze konkret festzustellen und zu beziffern ([X.], Beschluss vom 23.
Juni 2010

2
BvR
2559/08 u.a., [X.]E 126, 170, 229 zu §
266 StGB; Beschluss
vom 7.
Dezember 2011

2
BvR
2500/09 u.a., [X.]E 130, 1, 47 zu §
263 StGB; vgl. dazu Senatsbeschluss vom 20.
Mai 2014 aaO mwN; zur Schadens-berechnung bei Übersicherung vgl. [X.], Beschluss vom 1.
September 1994

1
StR
468/94, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermögensschaden
43).
2.
Gemessen daran ist das [X.] im Ansatz zwar zutreffend davon ausgegangen, dass
es
für die Bestimmung eines betrugsrelevanten Schadens auf den [X.]punkt der Vermögensverfügung, hier also der Auszahlung der [X.]svaluta ankommt. Die Urteilsgründe lassen aber nicht erkennen, ob die Volksbank zu diesem [X.]punkt tatsächlich einen Vermögensschaden erlitten hat.
Zwar kann den Feststellungen noch entnommen werden, dass die [X.] Leistungsfähigkeit der H.

GmbH im [X.]punkt des Abschlusses des
Darlehensvertrages am 28.
August 2008 und der [X.] zumindest erheblich eingeschränkt war. Über welche Sicherheiten die ge-12
13
-
9
-
täuschte Volksbank zu diesem [X.]punkt tatsächlich verfügte und welchen Wert diese hatten, ist aber nicht ausreichend festgestellt.
So ist es bereits unklar, welche Grundschulden zu welchem [X.]punkt von der H.

GmbH an die Volksbank zur Sicherung ihrer Ansprüche ab-
getreten
wurden. Sollte die Volksbank

was nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe naheliegt

bereits am 28.
August 2008 im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags Gläubigerin der Grundschulden, die im Grundbuch von E.

auf Blatt

und Blatt

eingetragen waren,
gewesen oder geworden sein, hätte sie erhebliche Sicherheiten erlangt, die der Annahme eines Vermögensschadens entgegenstehen könnten.
Die Urteilsfest-stellungen (UA
8 oben) lassen den [X.]punkt der Abtretungen dieser [X.] an die Volksbank
indes
nicht klar erkennen. Dass auch die
auf dem Grundstück E.

Blatt

lastende Grundschuld Gegenstand der Voraus-
abtretung an den Zeugen P.

war, ergeben die Feststellungen gerade nicht
(UA
8). Auch zur Werthaltigkeit der
gegebenenfalls schon im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags
an die Volksbank abgetretenen Grundschulden verhält sich das Urteil nicht.
Dass die Volksbank Anfang September 2008
über ausreichende [X.] verfügte, erscheint
auch
unter Berücksichtigung der zu ihren Gunsten erfolgten Abtretung von Forderungen aus [X.] der H.

GmbH gegen die [X.].

am 30.
Mai 2008 zumindest möglich.
Da das [X.] selbst davon ausgeht (UA
16 oben), dass die Ansprüche der H.

GmbH
gegen die [X.].

sicherheitshalber
wirksam
an die Volksbank abgetreten werden konnten, hätte Anlass bestanden, die Werthaltigkeit dieser Forderungen bei der Schadensbestimmung zu [X.]. Das ist nicht geschehen; die Urteilsgründe verhalten sich dazu
nicht. Dass 14
15
-
10
-
die Forderungen insgesamt wertlos waren, ist dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen.
3.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Fol-gendes hin:
a)
Der neue Tatrichter wird zur Frage eines den Angeklagten zuzurech-nenden täuschungsbedingten Irrtums und einer darauf beruhenden Vermö-gensverfügung eingehendere Feststellungen treffen müssen. Dies gilt insbe-sondere für Inhalt und Umfang der bei den Entscheidungsträgern der Volksbank zum [X.]punkt des Abschlusses des Darlehensvertrages möglicherweise beste-henden Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der vorhandenen Sicherheiten.
b)
Im Hinblick auf die sicherungshalber abgetretenen Forderungen aus [X.] gegen die [X.].

wird genauer als bisher
geschehen zu prüfen und in den Urteilsgründen darzulegen sein, wem diese Forderungen zustanden. Das angefochtene Urteil lässt diese Frage offen (UA
16 oben).
B.
Verurteilung der Angeklagten [X.]

im Fall
II.
2 der Urteilsgründe
I.
1.
Nach den Feststellungen des [X.] im
Fall
II.
2 der Urteils-gründe war die H.

GmbH u.a. auch Eigentümerin des [X.]

.

.

,
Blatt

. Nach fristloser Kündigung des mit der GmbH am 28.
August 2008
16
17
18
19
20
-
11
-
abgeschlossenen Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs am 9.
August 2010 durch die Volksbank (s.o. Fall
II.
1) wurde auf deren Antrag vom Amtsge-richt [X.] die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks angeordnet, das mit
einer Grundschuld über 100.000

Volksbank belastet war. Am 12.
Dezember 2012 beteiligte sich die Angeklagte [X.]

, die zuvor die erfor-
derliche Sicherheitsleistung in Höhe von 18.223

Zwangsversteigerung und gab Gebote ab, mit denen sie die anderen Bieter um jeweils 5.000 oder 10.000

dem Doppelten des Verkehrswertes, erhielt die Angeklagte letztlich den [X.]. Weder für den Rechtspfleger, der die Versteigerung durchführte, noch für die anderen Bieter war in irgendeiner Weise erkennbar, dass die Angeklagte ihre Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft nur vortäuschte.
Tatsächlich verfügte diese aber weder über die finanziellen Mittel zur Begleichung des [X.] noch hatte sie überhaupt die Absicht, diesen Betrag zu zahlen. Daher entrichtete sie den restlichen Kaufpreis in Höhe von 351.777

an beabsichtigt, bis zum Verteilungstermin am 8.
Februar 2013 nicht. Dass die der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende titulierte Forderung der Volksbank in Höhe von 100.000

werden würde, war ihr gleichgültig. Sie wollte lediglich erreichen, dass das
Eigentum an dem zu versteigenden Grundstück weiterhin ihrem Zugriff unter-lag.
Erst in der Wiederversteigerung am 7.
November 2013 gelang es, den Grundbesitz zu veräußern. Das Zuschlagsgebot belief sich auf 380.000

2.
Die Angeklagte habe, so das [X.] im Rahmen der rechtlichen Würdigung, bei der Abgabe des [X.] den Rechtspfleger über ihre Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft ge-täuscht, indem sie mitgeboten und fortlaufend höhere Gebote abgegeben habe. Jedenfalls im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins mache sich der 21
-
12
-
Rechtspfleger bei der Zwangsversteigerung Gedanken über die Zahlungs-bereitschaft und die Zahlungsfähigkeit der Bieter. Denn im Falle einer ihm be-kannten Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit oder bei für ihn erkennbar nicht ernst gemeinten Geboten müsse der Rechtspfleger das betreffende Gebot als rechtsmissbräuchlich zurückweisen. Die aufgrund dieser Fehlvorstellung vorge-nommene Vermögensverfügung durch den Rechtspfleger bestehe in der Über-tragung des [X.] auf die Angeklagte durch Hoheitsakt. Damit sei der Volksbank als Gläubigerin in diesem [X.]punkt auch ein Vermögensschaden entstanden. Sie habe ihre Sicherungsrechte an dem Grundstück durch den [X.]sbeschluss verloren; dem habe kein gleichwertiger Vermögenswert ge-genübergestanden. Die Volksbank als Gläubigerin habe sich nicht ohne weite-ren finanziellen und zeitlichen Aufwand aus dem Grundstück befriedigen [X.], sondern habe das Grundstück mit allen damit verbundenen Unsicherhei-ten, Kosten und zeitlichen Verzögerungen in die Wiederversteigerung bringen müssen.
Auch die übrigen Bieter seien von der Angeklagten über ihre ernsthafte Erwerbsabsicht und
ihre Zahlungsfähigkeit getäuscht worden und einem ent-sprechenden Irrtum unterlegen.
II.
Die
Annahme des [X.], die Angeklagte [X.]

habe sich in-
soweit des Betrugs schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1.
Im Hinblick auf die anderen Bieter hat die Angeklagte durch ihre Teil-nahme an der Versteigerung schon keine
Erklärung abgegeben.
22
23
24
-
13
-
Gemäß §
66 Abs.
2 [X.] sind die Gebote gegenüber dem [X.] abzugeben; insoweit ist der Rechtspfleger als gemäß §
3
Abs.
1 Buchst.
i RPflG funktionell zuständiges Vollstreckungsorgan ausschließlicher Adressat der mit dem jeweiligen Gebot verbundenen Erklärung.
Der einzelne Bieter ist als solcher nicht Beteiligter des
Vollstreckungsverfahrens (arg.
e §
9 [X.]; vgl. [X.], [X.], 21.
Aufl., §
67 Rn.
2.2) und daher auch nicht berechtigt, von einem Mitbieter nach Abgabe des Gebots gemäß §
67 [X.] eine Sicher-heitsleistung zu verlangen. Kommt sein Gebot wegen des Übergebotes eines anderen Bieters nicht zum Zuge, erlischt seines nach Maßgabe von §
72 Abs.
1 bis
3 [X.] ohne nachteilige Folgen.
2.
Die Erwägungen, auf die das [X.] seine Annahme gestützt hat, der die Versteigerung leitende Rechtspfleger habe sich im Versteigerungster-min

zumindest in Form eines sachgedanklichen Mitbewusstseins

Vorstel-lungen über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft der Angeklagten [X.]

als Bieterin gemacht, begegnen ebenfalls durchgreifenden rechtlichen
Bedenken.
a)
[X.] im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des [X.]) und der Wirklichkeit ([X.], Urteil vom 22.
November 2013

3
StR
162/13, [X.], 215). Dabei kommt es grundsätzlich zwar nicht darauf an, was der Getäuschte hätte [X.] müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat ([X.], Urteil vom 5.
März 2014

2
StR
616/12, NJW 2014, 2595, 2598). [X.] kann aber auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstel-lung in der Abweichung eines sachgedanklichen Mitbewusstseins

von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleich-förmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständ-25
26
27
-
14
-
lich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall [X.] aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hin-reichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen ([X.], Urteil vom 22.
November 2013

3
StR
162/13, [X.], 215, 216).
In solchen Fällen bedarf es auch nicht stets der Feststellung
der tatsächlichen individuellen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
September 2014

1
StR
314/14, [X.], 98, 100; Urteil vom 12.
Februar 2015

2
StR
109/14,
NStZ 2015, 341, 342). Vielmehr kann das Tatgericht bereits aus den Indizien des äußeren Ab-laufs darauf schließen, dass der Betreffende aufgrund seines normativ [X.]

wie alle in seiner Situation

ein entsprechendes sachgedankliches Mitbewusstsein

hatte und daher irrte
([X.], Urteil vom 12.
Februar 2015

2
StR
109/14, aaO). Findet die Kommunikation

wie im vorliegenden Fall

im Rahmen eines geregelten Verfahrens statt, wird der In-halt einer in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärung und die auf ihr möglicherweise beruhende (Fehl-)Vorstellung beim Adressaten daher maßgeb-lich durch die diesem Verfahren zu Grunde liegenden Vorschriften geprägt ([X.], Beschluss vom 19.
November 2013

4
StR
292/13, [X.]St 59, 68, 71). Dies sind hier die Bestimmungen des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und
die
Zwangsverwaltung ([X.]).
b)
Aus diesen Regelungen lässt
sich ein normativ geprägtes [X.] des eine Zwangsversteigerung leitenden [X.] in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit und [X.] eines Bieters indes nicht
herleiten.
aa)
Den
Regelungen des [X.]
liegt die Erwägung zugrunde,
dass das zu versteigernde Grundstück in einem geregelten Verfahren zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird ([X.], Beschluss vom 28
29
-
15
-
10.
Mai 2007

V
ZB
83/06, [X.]Z 172, 218, Rn.
21 mwN). Da mithin das [X.] schon als solches grundsätzlich dazu geeignet ist, seinen Zweck zu erreichen, sofern das im [X.] geregelte Verfahren gewahrt wird, be-schränkt sich die vom
Rechtspfleger von Amts wegen vorzunehmende Prüfung im Versteigerungstermin im Wesentlichen auf die Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften (zum Prüfungsumfang bei Abgabe der Gebote vgl. etwa Hk-ZV/[X.], 3.
Aufl., §
71 [X.] Rn.
9
ff.). Schon deshalb liegt es nicht nahe, dass sich der im Zwangsvollstreckungsverfahren tätige Rechtspfleger etwa im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins Vorstellungen zur Zahlungs-fähigkeit und [X.] eines Bieters macht.
bb)
Die
Vorschriften
des
[X.]
bieten
auch für sich betrachtet keinen An-halt für die vom [X.] angenommene auf einem sachgedanklichen Mit-bewusstsein beruhende Fehlvorstellung des [X.].
(1)
Dies gilt zunächst für die Vorschriften über die im Fall der Abgabe von Geboten vorgesehene Möglichkeit einer Sicherheitsleistung (§§
67
ff. [X.]).
Das Verlangen nach Leistung einer Sicherheit durch einen Bieter steht gemäß
§
67 Abs.
1 [X.] ausschließlich einem Beteiligten im Sinne des §
9 [X.]
zu, mithin
dem Gläubiger, dem Schuldner
oder anderen im Einzelnen
auf-geführten
Rechtsinhabern. Der Rechtspfleger hat über ein solches Verlangen eines Beteiligten sofort zu entscheiden (§
70 Abs.
1 [X.]).
Die Voraussetzun-gen für die Anordnung der Sicherheitsleistung
sind
in §
67 [X.] abschließend geregelt. Liegen diese vor, ist die Sicherheitsleistung anzuordnen; ein Ermes-sen ist dem Rechtspfleger insoweit nicht eröffnet ([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2006

V
ZB
147/05, Rpfleger 2006, 211, 212). Ohne Belang für diese
Entscheidung ist die Bonität eines Bieters
(vgl. [X.], [X.], 6.
Aufl., §§
67-70 Rn.
20; [X.], [X.], 21.
Aufl., §
70 Rn.
2.1; [X.] in [X.],
30
31
32
-
16
-
Zivilprozess-, Vollstreckungs-
und Zwangsversteigerungsrecht, 2014, §
70 [X.] Rn.
4), so dass sich aus dieser Entscheidungsbefugnis ein diesbezügliches sachgedankliches Begleitwissen des
[X.] nicht herleiten lässt.
(2)
Auch der Umstand, dass der Rechtspfleger nach §
71 Abs.
1 [X.] verpflichtet ist, ein unwirksames Gebot zurückzuweisen, vermag die Schlussfol-gerung der [X.] nicht zu tragen.
(2.1)
Das Recht zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin soll jedem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§
81 Abs.
1, 90 Abs.
1 [X.]). In der Rechtsprechung des [X.] ist [X.] anerkannt, dass die Zurückweisung eines Gebots im [X.] wegen Unwirksamkeit (§
71 Abs.
1 [X.]) in Gestalt [X.] Rechtsausübung dann in Betracht kommt, wenn es in der Absicht abge-geben worden ist, Vorschriften des [X.] über den Schuldnerschutz zu unterlau-fen, beispielsweise entgegen Sinn und Zweck von §
85a Abs.
1 und 2 [X.]
einen neuen Versteigerungstermin ohne Bindung
an die Voraussetzungen des §
74a Abs.
1 [X.] herbeizuführen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 17.
Juli 2008

V
ZB
1/08, [X.]Z 177, 334, Rn.
8). Die Ausübung des
Rechts, im Verfahren Gebote abzugeben, ist aber auch dann rechtsmissbräuchlich, wenn ein weder zahlungsfähiger noch zahlungswilliger Bieter andere, ebenfalls [X.] Zwecke verfolgt, etwa wenn er durch sein Gebot die Verwertung des Grund-stücks manipulieren oder hintertreiben will ([X.], Beschluss vom 10. Mai 2007 aaO, Rn.
14 mwN; vgl. auch [X.], Beschluss vom 24.
Februar 2013

V
ZB 18/12, [X.]Z 196, 243, Rn.
25 mwN; zur Vermutung der Rechtsmissbräuchlich-keit eines Eigengebots des Gläubigers [X.], Beschluss vom 24.
November 2005

V
ZB
98/05, [X.], 1355
f.).
33
34
-
17
-
(2.2)
Gleichwohl hat der Rechtspfleger über die insoweit gebotene, an die engen Voraussetzungen von §
71 [X.] gebundene Prüfung hinaus keinen Anlass, der Abgabe eines Gebots

und sei es auch nur in Gestalt eines sach-gedanklichen Mitbewusstseins

die Erklärung des [X.] zu entnehmen, er werde die erforderliche Summe aufbringen können und wollen. Denn er muss den Eigengesetzlichkeiten der Zwangsversteigerung Rechnung tragen und [X.] jedes Gebot sofort auf seine Wirksamkeit überprüfen, da es durch ein dar-auffolgendes Übergebot unmittelbar erlöschen kann. Zur Prüfung eines
mög-lichen Missbrauchs steht ihm keine Möglichkeit einer Beweisaufnahme offen. Auch ist der Bieter seinerseits nicht verpflichtet, seine mit dem Gebot verfolgte Absicht zu offenbaren ([X.], Beschluss vom 10.
Mai 2007 aaO, Rn.
35). Eine Zurückweisung wegen Rechtsmissbrauchs ist daher auf Ausnahmefälle be-schränkt. Ein eine Zurückweisung von Geboten rechtfertigendes rechtsmiss-bräuchliches Verhalten muss durch offenkundige Umstände, die an konkrete, sogleich erkennbare Tatsachen anknüpfen, eindeutig ausgewiesen
sein ([X.], Beschluss vom 10.
Mai 2007 aaO; ebenso [X.], Rpfleger 1999,
87; [X.], [X.], 21.
Aufl., §
71 Rn.
2.10).
(2.3)
Danach fehlt es im vorliegenden Fall für eine diesbezügliche Fehl-vorstellung auch in Gestalt des vom [X.] angenommenen sachgedank-lichen Mitbewusstseins des [X.] bei Entgegennahme der Gebote der Angeklagten an einer ausreichenden Grundlage. Für eine ohne weiteres vom Rechtspfleger erkennbare Offenkundigkeit des rechtsmissbräuchlichen Zwecks des von der Angeklagten abgegebenen Höchstgebots fehlt nach den [X.] ebenfalls jeglicher Anhalt.
3.
Die Sache bedarf daher auch im Hinblick auf den Fall
II.
2 der Urteils-gründe neuer Verhandlung und Entscheidung. Der dazu berufene Tatrichter 35
36
37
-
18
-
wird prüfen müssen, ob die Angeklagte [X.]

nach ihrer Vorstellung zur
Täuschung des [X.] unmittelbar angesetzt (§
22 StGB) und damit den Tatbestand des (untauglichen) versuchten Betruges verwirklicht hat.
Sost-Scheible
Franke
Mutzbauer
Ri[X.] Bender ist im Urlaub und deshalb gehindert zu un-terschreiben.
Sost-Scheible
Quentin

Meta

4 StR 362/15

14.07.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2016, Az. 4 StR 362/15 (REWIS RS 2016, 8193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8193

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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