Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2006, Az. 3 StR 326/06

3. Strafsenat | REWIS RS 2006, 1114

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 26. Oktober 2006 in der Strafsache gegen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am [X.] gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlan-desgerichts Naumburg vom 22. November 2005 mit den zuge-hörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die gegen den [X.] erkannte Jugendstrafe nicht zur Bewährung ausge-setzt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an einen anderen Strafsenat des [X.] zu-rückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hatte den Angeklagten wegen Brandstiftung und versuchter Brandstiftung in jeweils zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Dieses Urteil hat der [X.] auf eine Verfahrensrüge aufgeho-ben ([X.], 46). Nunmehr hat das [X.] den Angeklag-ten der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit ver-suchter Brandstiftung in zwei Fällen schuldig gesprochen und erneut auf eine Jugendstrafe von zwei Jahren erkannt. Mit seiner hiergegen gerichteten [X.] rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat einen Teilerfolg. 1 - 3 - 1. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richtet, ist sie aus den in der Antragsschrift des [X.] dargelegten Gründen of-fensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 2. Auch die Bemessung der Jugendstrafe hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Zutreffend macht die Revision allerdings geltend, dass die Erledigung des Verfahrens nach der Aufhebung des ersten Urteils in dieser Sa-che teilweise in einer Form verzögert worden ist, die mit den grundrechtlichen Gewährleistungen des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie den kon-ventionsrechtlichen Garantien des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht in Einklang steht: 3 Die erste Hauptverhandlung gegen den Angeklagten war nach acht [X.] abgeschlossen. Nachdem das dort verkündete Urteil aufgehoben werden musste und sich daher der [X.] weiter verzögerte, hätte die zweite Hauptverhandlung - unbeschadet der zwischenzeitlichen Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft - mit besonderer Beschleunigung be-trieben werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr hat das Oberlan-desgericht, ohne dass sich am Verfahrensgegenstand und der Beweislage et-was geändert hatte, die zweite Hauptverhandlung über 33 Wochen geführt. In diesem Zeitraum hat es jedoch nur 17 Hauptverhandlungstermine anberaumt, zwischen denen die Hauptverhandlung dreimal für sechs Tage, zweimal für [X.], einmal für 13 Tage, fünfmal für 14 Tage, einmal für 19 Tage, zweimal für 20 Tage, einmal für 21 Tage und einmal für 27 Tage unterbrochen wurde. Hinzu kommt, dass ab dem achten [X.] nur noch am Vormittag und [X.] teilweise nur kurze Zeit verhandelt wurde. Ein nachvollziehbarer Grund für eine derart zögerliche Terminierungspraxis ist nicht erkennbar. Darüber hinaus wurde das Verfahren auch dadurch in nicht gerechtfertigter Weise weiter verzö-gert, dass die Ausfertigung des am 22. November 2005 verkündeten Urteils den 4 - 4 - Verteidigern erst am 19. Mai 2006 zugestellt worden ist. Das Urteil umfasst 48 Seiten und besteht in weiten Teilen aus der wörtlichen Wiedergabe [X.] Urkunden. Die Abfassung eines solchen Urteils nebst der Herstellung der erforderlichen Ausfertigungen und deren Zustellung durfte vor dem Hintergrund der bisherigen Verfahrensdauer nicht nahezu sechs Monate in Anspruch [X.]. Der [X.] stellt aufgrund der dargelegten Umstände fest, dass die Erle-digung des Verfahrens gegen den Angeklagten zwischen dem Beginn der zwei-ten Hauptverhandlung am 5. April 2005 und der Zustellung der [X.] an die Verteidiger am 18. Mai 2006 um insgesamt sechs Monate in rechtsstaatswidriger Weise verzögert worden ist. Eine über diese Feststellung (vgl. hierzu EGMR EuGRZ 1983, 371) hinausgehende Kompensation des [X.] zugunsten des Angeklagten in der Form eines bezifferten Abschlags auf die gegen ihn - für sich rechtsfehlerfrei - erkannte Jugendstrafe kommt dagegen nicht in Betracht. Das [X.] hat die Verhängung von Jugendstrafe auch wegen schädlicher Neigungen des Angeklagten für er-forderlich gehalten, die Strafe von zwei Jahren allein nach erzieherischen Erfor-dernissen bemessen und in diesem Rahmen auch den langen Zeitraum zwi-schen der Tatbegehung und dem Urteilszeitpunkt berücksichtigt. In einem der-artigen Fall ist es nicht möglich, im Wege der Kompensation für eine rechts-staatswidrige Verfahrensverzögerung einen bezifferten Abschlag von der erzie-herisch gebotenen Strafe vorzunehmen ([X.], 364). 5 3. Dagegen hält die Entscheidung des [X.], die Vollstre-ckung der Jugendstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, rechtlicher [X.] nicht stand. Das [X.] verneint eine positive Sozialprognose im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] allein unter Hinweis auf die in den Taten des Angeklagten zutage getretenen Persönlichkeitsmängel, nimmt aber nicht 6 - 5 - - wie gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] geboten - auch die Entwicklung des [X.] nach seinen Straftaten in Betracht. So setzt es sich insbesondere nicht damit auseinander, welche Wirkungen der nahezu einjährige Vollzug der Untersuchungshaft für die weitere Lebensführung des Angeklagten entfaltet hat. Hierbei hätte in die gebotene Gesamtwürdigung einbezogen werden müssen, dass der Angeklagte sich seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft ersichtlich straffrei geführt und erneut ein Studium aufgenommen hat sowie ein Verlöbnis eingegangen ist. Der [X.] vermag nicht auszuschließen, dass das [X.], hätte es alle maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwä-gungen einbezogen, zu der Erwartung gelangt wäre, der Angeklagte lasse sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen und er werde allein aufgrund der erzieherischen Einwirkung der Bewährungszeit einen rechtschaffenen Lebens-wandel führen. Die Urteilsgründe belegen auch nicht, dass die Vollstreckung der durch Anrechnung der Untersuchungshaft noch nicht erledigten Jugendstrafe im Sin-ne des § 21 Abs. 2 [X.] geboten ist. Sie beschränken sich auf die Wiederho-lung des Gesetzeswortlauts. Es ist somit nicht erkennbar, dass das [X.] - desgericht die gebotene Prüfung der maßgeblichen Einzelfallumstände vorge-nommen hat. Über die [X.] muss daher nochmals befunden wer-den. [X.] Miebach [X.] [X.]

Meta

3 StR 326/06

26.10.2006

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2006, Az. 3 StR 326/06 (REWIS RS 2006, 1114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1114

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.