Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2005, Az. 4 StR 596/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2005, 5094

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[X.]/04

vom 10. Februar 2005 in der Strafsache gegen

wegen schweren Raubes u.a.
- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Februar 2005 ge-mäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. August 2004, soweit es den Angeklagten betrifft, a) im gesamten Strafausspruch und b) soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Trunken-heit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und bestimmt, daß dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilt [X.] 3 - den darf. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat zum Schuld- und zum [X.] nach § 69 a StGB keinen Rechtsfeh-ler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] vom 5. Januar 2005. 2. Dagegen kann der Rechtsfolgenausspruch im übrigen nicht bestehen bleiben. a) Zur Aufhebung führt, daß das [X.] rechtsfehlerhaft die [X.] einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Abs. 1 StGB) unterlassen hat, obwohl sich dies hier aufdrängte. Nach den auf die Gutachten von zwei Sachverständigen gestützten Feststellungen besteht bei dem Angeklagten eine bereits jahrelange ausgeprägte psychische Abhän-gigkeit vom Kokain- und Amphetamintyp. Diese Abhängigkeit habe "Krank-heitswert und sei behandlungsbedürftig" ([X.]). Dazu komme seit seinem 16. Lebensjahr eine erhebliche Alkoholproblematik, die bereits zu körperlichen Entzugserscheinungen geführt habe. Bei der verfahrensgegenständlichen Tat stand der Angeklagte wiederum unter dem Einfluß von Betäubungsmitteln und Alkohol. Der schwere Raub diente für den Angeklagten und seine Mittäter auch der Beschaffung von Geld, um Drogen zu erwerben. Nach Einschätzung beider - 4 - Sachverständigen, denen das [X.] auch insoweit gefolgt ist, ist der An-geklagte hinsichtlich seiner Drogenproblematik "einsichtig und selbstkritikfä-hig". Bei ihm liege auch eine ausreichende Motivation und Therapiefähigkeit vor, so daß insgesamt eine gute Therapieprognose gestellt werden könne. Angesichts dieser Feststellungen, die einen Hang des Angeklagten zu übermäßigem Rauschmittelkonsum und einen symptomatischen Zusammen-hang zwischen dem schweren Raub und der Abhängigkeit belegen, hätte der Tatrichter prüfen und entscheiden müssen, ob bei dem Angeklagten die Gefahr besteht, daß er auch künftig infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuord-nen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. BGHSt 37, 5, 6; BGHR StGB § 64 Ablehnung 8). Dem steht hier nicht entgegen, daß die Sach-verständigen eine körperliche Abhängigkeit des Angeklagten von Drogen noch nicht angenommen haben. Denn für die Feststellung eines Hanges genügt be-reits die eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen; diese Neigung muß noch nicht den Grad einer physischen Ab-hängkeit erreicht haben (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5). Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils, soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Einer etwaigen Nachholung der Un-terbringung steht nicht entgegen, daß ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (vgl. BGHSt 37, 5). Auch hat der Beschwerdeführer die Nichtan-wendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittel ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362). - 5 - b) Der aufgezeigte [X.] zu § 64 StGB zieht hier - wie vom [X.] beantragt - die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Auch wenn angesichts des massiven Vorgehens der Täter gegen die hochbetagten Geschädigten - insoweit entgegen der Auffassung des [X.] - kein durchgreifender Rechtsfehler darin zu erblicken ist, daß das [X.] das Vorliegen eines minder schweren Falls nach § 250 Abs. 3 StGB nicht erörtert hat, kann der Senat nicht mit genügender Sicherheit aus-schließen, daß die [X.], hätte sie die Unterbringung des Angeklagten angeordnet, dies bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten berück-sichtigt hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Oktober 2000 - 4 StR 377/00 - und vom 16. Juli 2002 - 4 [X.]). Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht auch dem Gesamtstrafenaus-spruch die Grundlage. Insoweit wird der neue Tatrichter mit Blick auf die [X.] Verurteilungen vom 30. September 2003 und vom 16. März 2004 die Mög-lichkeit nachträglicher Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB zu [X.] haben. Nach den im Urteil mitgeteilten Daten zu den [X.] in jenen Verfahren käme eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung unter Einbeziehung der durch Urteil vom 16. März 2004 verhängten Geldstrafe (zum Verschlechte-rungsverbot vgl. BGHSt 35, 208; [X.] LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 45, 46) allerdings nur in Betracht, wenn das Urteil vom 30. September 2003 wegen - 6 - Erledigung der dort verhängten Strafe keine Zäsurwirkung entfaltet (vgl. dazu [X.]/[X.] StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 9 f.). Tepperwien

Maatz Kuckein

Ernemann

Sost-Scheible

Meta

4 StR 596/04

10.02.2005

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2005, Az. 4 StR 596/04 (REWIS RS 2005, 5094)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5094

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