Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. 2 StR 393/05

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 551

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 393/05 vom 30. November 2005 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30. November 2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.] Dr. [X.] und die Richterin am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] [X.], die Richterin am [X.] Roggenbuck, [X.] am [X.] Dr. Appl, Oberstaatsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. Juni 2005 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen. Von Rechts wegen Gründe: [X.] Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes (lebenslange Frei-heitsstrafe) und wegen Unterschlagung (ein Jahr Freiheitsstrafe) zu einer le-benslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und festgestellt, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt. Hiergegen richtet sich seine Revision, mit der er allgemein die Verletzung materiellen Rechtes rügt. Das Rechtsmittel bleibt erfolglos. Das Urteil weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. I[X.] Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte und das spätere Opfer [X.] hatten eine freundschaftliche Beziehung. Der deutlich ältere, homosexuell veranlagte, [X.] kümmerte sich um - 4 - den teilweise wohnsitzlosen Angeklagten, der [X.] als seinen "Ziehvater" be-zeichnete. Da der Angeklagte ausschließlich heterosexuell veranlagt ist, wurde zwischen ihnen klargestellt, dass eine homosexuelle Beziehung nicht in [X.] komme. Als der Angeklagte Ende Oktober 2004 wieder einmal bei [X.] übernachtete, wachte er auf und bemerkte, dass [X.] mit seinem Mund an sei-nem Geschlechtsteil war. [X.] entschuldigte sich sofort und später auch in meh-reren Gesprächen. Der Angeklagte nahm die Entschuldigung an. Gleichwohl reichte ihm die Entschuldigung des [X.] nicht aus. Er wollte sich für die Miss-handlung rächen. Aus seiner Sicht konnte diese nur dadurch ausgeglichen wer-den, dass er [X.] tötete. Er fasste daher aus Rache und Hass den Entschluss, [X.] zu töten. Nachdem er zunächst am 6. November 2004 [X.] mit einem Messer töten wollte, von diesem Plan dann aber Abstand nahm, als er einen Zeugen in der Wohnung des [X.] vorfand, beschloss er daraufhin [X.] an seinem (des Angeklag-ten) Geburtstag zu töten. Er wollte sich damit "sein schönstes Geburtstagsge-schenk" machen. Bei dem Gedanken an die Rache durch die Tötung des [X.] empfand er Freude. Am 10. November 2004 nahm er aus einer frei zugängli-chen Scheune eine große und schwere Axt, deren Schlagkraft er ausprobierte. Zu Hause erhielt er eine [X.] von [X.], in der dieser ihm zum Geburtstag gratu-lierte. Dies empfand der Angeklagte als eine weitere tiefe Kränkung, da [X.] nach seiner Auffassung hierdurch zeigte, dass er das Unrecht des Missbrauchs nicht erkannt hatte. Der Angeklagte besuchte [X.], wobei er die Axt unsichtbar unter der Jacke bei sich führte. Beide tranken in der Küche Kaffee, wobei sich [X.] erneut für sein Verhalten entschuldigte. Sie begaben sich dann ins [X.] und der Angeklagte bat [X.], sich mit dem Gesicht zu einer Schrankwand hinzustellen und die Augen zu schließen, er habe noch eine Überraschung für ihn. - 5 - Als das Opfer die Augen geschlossen hatte, nahm der Angeklagte die Axt unter seiner Jacke hervor und schlug mit der scharfkantigen Seite der Axt dreimal in Tötungsabsicht auf den [X.] des [X.] ein. Dabei trennte er auch einen Teil des Fingers des [X.] ab, als dieses seinen Arm reflex-artig in Richtung [X.] hob, um sich zu schützen. Das Opfer sackte dar-aufhin zu Boden und blieb auf dem Rücken liegen. Es legte seinen Arm auf das Gesicht, um sich vor weiteren Schlägen des Angeklagten zu schützen. Dieser ging um sein Opfer herum und schob einen Stuhl beiseite, um für die weiteren Schläge eine bessere Schlagposition einnehmen zu können. Auch legte er den Arm des Opfers von dessen Gesicht weg. Sodann schlug er mit der scharfkan-tigen Seite der Axt zunächst in den Bereich der Nasenwurzel quer zum Gesicht. Anschließend führte er einen weiteren Schlag in den Mundbereich des Opfers ebenfalls quer zum Gesicht aus. Durch die Schläge mit der Axt kam es zu schwersten Verletzungen des [X.] . Er verlor große Mengen Blut und begann das Blut einzuatmen. Auf Grund eines Blutmangelschocks trat der Tod in der Folgezeit ein. Der [X.]punkt des Todes konnte nicht genau festgestellt werden. Das Opfer kann im Zustand der Bewusstlosigkeit noch bis zu 30 Minuten über-lebt haben. Nach der Tat begab sich der Angeklagte in das Badezimmer und legte die Axt in das Waschbecken. Er hielt sich noch etwa weitere 45 Minuten in der Wohnung des Opfers auf. Hierbei setzte er sich in die Küche, trank Kaffee und rauchte Zigaretten. Um 6.52 Uhr, nach den tödlichen Schlägen, rief er seine Freundin D. an und teilte ihr mit, dass er zu ihr kommen werde. Um 7.01 Uhr rief er die Zeugin We., die Ehefrau des Arbeitgebers des [X.], an und teilte [X.] mit, [X.] könne wegen eines Hexenschusses an diesem Tag nicht bei der Arbeit erscheinen. Er habe [X.] in das Krankenhaus gebracht. Grund dieses An-rufes war, dass er die Entdeckung der Tat so lange wie möglich verhindern wollte. Dann nahm er auf Grund eines jetzt gefassten Entschlusses das Handy - 6 - mit Ladekabel, die Wohnungs- und Fahrzeugschlüssel sowie einen goldenen Ring des Opfers an sich. Hierbei konnte nicht festgestellt werden, ob das Opfer zu diesem [X.]punkt noch lebte oder bereits tot war. Bevor er die Wohnung ver-ließ, drehte er die Heizung im Wohnzimmer herunter, um den zu erwartenden Leichengeruch möglichst lange zu verhindern. Sodann verließ er mit dem PKW des [X.], der vor dem Haus geparkt war, den [X.]. II[X.] Das [X.] hat die Mordmerkmale "Heimtücke" und "niedrige Be-weggründe" bejaht. Es hat Unterschlagung und nicht Diebstahl angenommen, "da sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen ließ, dass das Opfer zum [X.]punkt der Tat noch lebte". Das [X.] ist insoweit von Tatmehr-heit ausgegangen, da der Angeklagte "den Entschluss zur Mitnahme der Sa-chen erst fasste, nachdem er die Schläge auf den Kopf seines Opfers ausge-führt hatte" ([X.]). [X.]Der Schuldspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Verurteilung wegen Mordes und wegen Unterschlagung weist keinen Rechtsfehler auf. [X.] der Auffassung des [X.] ist auch die Bejahung von Tatmehrheit rechtsfehlerfrei erfolgt. Im vorliegenden Fall war keine erneute Anwendung des Zweifelssatzes geboten mit der Folge, dass Tateinheit anzunehmen wäre. Der Tatrichter ist hier ausweislich der [X.] (glaubhafte Einlassung des Angeklagten [X.]) davon überzeugt gewesen, dass der Angeklagte erst nach den tödlichen Schlägen den Wegnahmeentschluss fasste ([X.]); für die Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit kein Raum. - 7 - Im vorliegenden Fall war nur unklar, ob das Opfer bei der Wegnahme bereits tot war oder nicht. In beiden Sachverhaltsalternativen ist jedoch [X.] gegeben. Tateinheit zwischen Mord und Unterschlagung gemäß § 52 Abs. 1 StGB liegt nicht vor, da nicht dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt hat. Die tödlichen Schläge sind nicht dieselbe Handlung wie die Wegnahme der [X.]. Dass der Eintritt des Todes möglicherweise mit der Wegnahme zeit-lich zusammenfiel, führt nicht zur Annahme derselben Handlung. Es liegt keine - auch keine teilweise - Identität der Ausführungshandlungen vor (vgl. auch [X.]R StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 25). Auch die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit verbot sich im vorliegenden Fall. Eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im ma-teriell-rechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit strafrechtlich erheblicher [X.] nur dann vor, wenn die einzelnen [X.] durch ein ge-meinsames subjektives Element verbunden und zwischen ihnen ein derart un-mittelbar räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des [X.] objektiv auch für einen [X.] als [X.] erscheint. Abgesehen davon, dass hier ein entsprechendes subjektives Element nicht erkennbar ist ([X.] bei [X.] 1986, 622), ste-hen die fehlerfrei getroffenen Feststellungen auch der Annahme entgegen, dass das Handeln des Angeklagten als [X.] erscheint. Nach der [X.] war eine deutliche Zäsur eingetreten. Der Angeklagte hielt sich noch längere [X.] in der Wohnung auf, trank in der Küche Kaffee und rauchte mehrere Zigaretten. Anschließend führte er in zeitlichem Abstand von neun Minuten Telefonate. Erst dann kam es zu dem Wegnah-meentschluss und der Wegnahmehandlung. Die Annahme natürlicher [X.] schied daher aus. - 8 - V. Auch der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt - entgegen der Auffassung des [X.] - auch bezüg-lich der Bejahung der besonderen Schwere der Schuld. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei gewertet, dass der Angeklagte zwei Mordmerkmale erfüllt hat und die Tat in einer über die ledigliche Tatbestands-verwirklichung hinausgehenden - objektiv an das Mordmerkmal grausam heran-reichenden - Weise begangen hat. Es hat weiter berücksichtigt, dass er durch eine in [X.] verbüßte mehrjährige Haftstrafe wegen Raubes nicht hin-reichend beeindruckt war und in Tatmehrheit eine Unterschlagung begangen hat (vgl. § 57 b StGB). Zu Gunsten des Angeklagten wurde u.a. gesehen, dass die Tat ursprünglich durch den sexuellen Missbrauch durch das Opfer motiviert war. Die Kammer hat erwogen, ob dies der Bejahung der besonderen Schwere der Schuld entgegenstehen könnte. Sie hat bei der Prüfung des [X.] "niedrige Beweggründe" ausführlich und rechtsfehlerfrei dargelegt ([X.]) warum dieser Umstand die Bejahung des Mordmerkmales nicht hindert. Wenn die [X.] dann in ihren Strafzumessungserwägungen ([X.]) Bezug nimmt auf die "bereits dargelegten Gründe, dass auch unter Berücksich-tigung des Missbrauchs als ersten Anlass für den Entschluss den [X.] zu töten ein niedriger Beweggrund vorliegt" und "unter Gesamtwürdigung aller Umstän-de der Tat und der Täterpersönlichkeit die Schuld des Angeklagten für beson-ders schwerwiegend" erachtet, besorgt der Senat nicht, der Tatrichter habe schuldsteigernd solche Merkmale herangezogen, die überhaupt erst die [X.] ergeben, wie der [X.] meint. Der Tatrichter hat - 9 - vielmehr diesen Umstand erkennbar nur dahin geprüft, ob zu Gunsten des [X.] dieses Mordmerkmal weniger schwer wiegen könnte und hat dies in der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. [X.] [X.] [X.] Roggenbuck Appl

Meta

2 StR 393/05

30.11.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. 2 StR 393/05 (REWIS RS 2005, 551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 551

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