Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.02.2010, Az. 27 W (pat) 140/09

27. Senat | REWIS RS 2010, 9394

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "bluesip/bluechip (Wort-Bild-Marke/Gemeinschaftsmarke)" – zulässige Nichtbenutzungseinrede im Beschwerdeverfahren


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 13 041

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 15. Februar 2010 durch…

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 15. Januar 2009 wird aufgehoben und die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 24. November 2005 zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Widersprechende hat gegen die am 11. März 2005 veröffentlichte Eintragung der am 5. März 2004 angemeldeten, für

2

3

geschützten Marke Nr. 304 13 041

4

bluesip

5

Widerspruch eingelegt aus ihrer am 13. Oktober 2000 angemeldeten und seit 6. November 2002 für

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7

eingetragenen Nr. 1 904 010

Abbildung

8

Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.] hat mit [X.] vom 24. November 2005den Widerspruch zurückgewiesen, weil der Widerspruchsmarke, deren Wortbestandteil üblicherweise für "erstklassig" stehe, nur eine geringe Kennzeichnungskraft zuzubilligen sei. Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Erinnerungsbeschluss vom 15. Januar 2009 den [X.] aufgehoben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen

9

angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt: Einen beschreibenden Sinngehalt im Sinne von "erstklassig" habe die Widerspruchsmarke nur im Bereich des [X.], während ein allgemeines Verständnis dieses Begriffs auf anderen Warensektoren oder als allgemeines Werbeschlagwort nicht feststellbar sei. Angesichts der damit bestehenden normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der teils identischen teils hochgradig ähnlichen beiderseits beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe aber eine Verwechslungsgefahr, weil die angegriffene Marke zum Wortbestandteil der Widerspruchsmarke schriftbildlich und klanglich ähnlich sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie bestreitet eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke und macht im Übrigen geltend, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund von [X.] - welche sie im Einzelnen benennt - von Haus aus geschwächt sei. Nicht nur in der [X.] sondern auch in der [X.] werde der Begriff "[X.]" allgemein im Sinne von "erstklassig" verwendet, wie Auszüge aus einschlägigen Lexika zeigten. Es bestehe auch keine hinreichende Zeichenähnlichkeit. Dem stehe bereits entgegen, dass die Widerspruchsmarke nicht allein von ihrem Wortbestandteil geprägt werde. Darüber hinaus bestehe auch keine klangliche Ähnlichkeit; selbst wenn man dies anders sehe, würde sie jedenfalls durch den erkennbar abweichenden Sinngehalt beider Markenwörter ausgeglichen.Soweit sich die Widersprechende auf ihre weiteren Marken berufe, sei darauf hinzuweisen, dass diese mit einer einzigen Ausnahme gegenüber der angegriffenen Marke prioritätsjünger seien.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 15. Januar 2009 aufzuheben und die Erinnerung der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie legt als Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung Prospekte (insbesondere das Unternehmens- und Dienstleistungsprofil und einen Bildschirm betreffend sowie einen Netzwerkkatalog) sowie verschiedene Rechnungen der Jahre 2005 und 2006 vor. Sie bestreitet im Übrigen, dass der Wortbestandteil ihrer Marke einen beschreibenden Sinngehalt auf den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungssektoren habe und beruft sich hierzu auf ihre erfolgreiche forensische Verteidigung ihrer Marke sowie auf die Entscheidung des Senats vom 11. November 2003 (27 W (pat) 149/01). Infolge der Benutzung und Verteidigung der Widerspruchsmarke sei deren Kennzeichnungskraft sogar gesteigert. Schließlich bestehe auch, wie die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss zutreffend ausgeführt habe, eine hinreichende Zeichenähnlichkeit; diese sei auch daraus herzuleiten, dass sie Inhaberin zahlreicher weiterer Marken mit dem Wortbestandteil "[X.]" sei.

II.

A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist der Erinnerungsbeschluss vom 15. Januar 2009 aufzuheben und die Erinnerung der Widersprechenden gegen den ihren Widerspruch insgesamt zurückweisenden Beschluss vom 24. November 2005 zurückzuweisen. Eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs.2 [X.], § 42 Abs.2 Nr.1, § 9 Abs.1 Nr.2 [X.] ist nämlich zu verneinen, nachdem die Widersprechende aufgrund der im Beschwerdeverfahren erstmals zulässig erhobenen Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nach §§ 26, 43 Abs. 1 [X.] nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Die mit Schriftsatz vom 31. Juli 2009 erhobene Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] zulässig, nachdem die Benutzungsschonfrist der am 6. November 2002 eingetragenen Widerspruchsmarke im November 2007 abgelaufen ist. Da dies nach der [X.] der Eintragung der angegriffenen Marke (11. März 2005) geschah, oblag es der Widersprechenden gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.], eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch (Februar 2005 bis Februar 2010) glaubhaft zu machen.

Die hierfür erforderlichen Angaben dazu, in welcher Form, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für welche sie geschützt ist, im Einzelnen benutzt wurde, lassen sich den eingereichten Unterlagen der Widersprechenden nicht entnehmen. Teilweise handelt es sich hierbei um Unterlagen, welche den Firmennamen der Widersprechenden betreffen. Die Benutzung eines Unternehmensnamens stellt aber für sich genommen noch keine Markenbenutzung [X.] § 26 [X.] dar. Zwar lassen die eingereichten Prospekte erkennen, dass - allerdings nur vereinzelt - auch einige der von der Widersprechenden vertriebenen Produkte mit der Marke "[X.]" - zumindest in Form einer Zweitkennzeichnung - gekennzeichnet sind. Es fehlen aber Angaben hinsichtlich des Zeitraums und des Umfang der Benutzung. Diese für die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung erforderlichen Angaben vermag der Senat auch nicht den vorgelegten Rechnungen zu entnehmen. Allein der Umstand, dass sie im Briefkopf den Unternehmensnamen der Widersprechenden wiedergeben, belegt - wie bereits gesagt - keine Benutzung der Widerspruchsmarke. In den Rechnungen selbst werden zwar einzelne Produkte genannt, die aber abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen nicht mit der Widerspruchsmarke, sondern in anderer Art und Weise (z. B. in der ersten Rechnung vom 21.06.2005 mit "[X.] OKI Toner B4100/4200/4250/43xx" oder "Ka Rolle Inst 100,0m Cat5 [X.]") gekennzeichnet sind; ob auf den Produkten oder ihren Verpackungen u. U. neben diesen eher wie Sortenbezeichnungen anmutenden Angaben auch die Widerspruchsmarke genannt ist, kann den Rechnungen nicht entnommen werden. Damit fehlen auch Angaben über den Umfang der Benutzung der Widerspruchsmarke. Weitere Unterlagen, welche die für eine Glaubhaftmachung erforderlichen Angaben enthalten (wie eine eidesstattliche Versicherung), hat die Widersprechende, auch nachdem sie vom Senat hierauf mit Verfügung vom 21. Oktober 2009 hingewiesen und ihr hierzu Gelegenheit gegeben worden ist, nicht vorgelegt. Damit hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Mangels Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke kann der Widerspruch der Widersprechenden keinen Erfolg haben, weil sich eine [X.] zwischen den gegenüberstehenden Marken wegen der auf die tatsächlich benutzten Waren und Dienstleistungen beschränkten Berücksichtigung der für die Widerspruchsmarke geschützten Waren und Dienstleistungen nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht ermittelt werden kann; damit scheidet ungeachtet des zwischen den Beteiligten streitigen Grades der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken schon aus diesem Grund eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] aus.

Damit war auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke der angefochtene Beschluss der Markenstelle vom 15. Januar 2009 aufzuheben und die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Beschluss vom 24. November 2005 zurückzuweisen.

B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs.1 Satz1 [X.] weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligten ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs.1 [X.] [X.]).

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 13 041

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 25. Juni 2010 durch [X.] [X.] und [X.] und Kruppa

beschlossen:

Der Tenor des Beschlusses des Senats vom 15. Februar 2010 wird wegen eines Schreibfehlers nach § 80 Abs. 1 [X.] von Amts wegen dahingehend berichtigt, dass es statt „Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 15. Januar 2009“ richtig lauten muss: „Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 15. Januar 2009“.

Gründe

Wie sich aus dem Tatbestand ergibt, ist der angefochtene Beschluss von der Markenstelle für Klasse 9 und nicht von derjenigen für Klasse 41 erlassen worden. Auch wenn der Schreibfehler keine Auswirkungen hat, ist zum allseitigen besseren Verständnis der Tenor auf Anregung des [X.] zu berichtigen.

Meta

27 W (pat) 140/09

15.02.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.02.2010, Az. 27 W (pat) 140/09 (REWIS RS 2010, 9394)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9394

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