Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2011, Az. I ZR 207/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4984

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Gegenstand

Schutz von Unternehmenskennzeichen: Störung einer kennzeichenrechtlichen Gleichgewichtslage durch Markeneintragung - Gartencenter Pötschke


Leitsatz

Gartencenter Pötschke

1. Besteht eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anzuwenden sind, kann eine Partei die von ihr verwendete Unternehmensbezeichnung nur ausnahmsweise auch als (Dienstleistungs-)Marke eintragen lassen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 14. April 2011, I ZR 41/08, GRUR 2011, 623 = WRP 2011, 886 - Peek & Cloppenburg II) .

2. Die Eintragung einer Marke für die angebotenen Dienstleistungen zur Absicherung eines nur regional benutzten Unternehmenskennzeichens muss die andere Partei allenfalls dann hinnehmen, wenn keine anderen Möglichkeiten bestehen, eine Schwächung des von beiden Parteien verwendeten Zeichens zu verhindern .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 6. November 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 führt seit 2002 einen Fachversand für den Gartenbedarf fort, der seit Jahrzehnten unter der Bezeichnung „Gärtner [X.]“ bundesweit tätig ist. Sie ist unter anderem Inhaberin der 1959 angemeldeten Wortmarke „[X.]“, der 1990 angemeldeten Wortmarke „Gärtner [X.]“ sowie der 1953 angemeldeten Wort-/Bildmarke „Gärtner [X.]“. Die mit der Klägerin zu 1 verbundene Klägerin zu 2 betreibt seit 2001 unter der Bezeichnung „[X.] Ambiente“ einen gleichfalls bundesweit tätigen Fachversand für Artikel der Garten- und Wohnraumgestaltung.

2

Die Gesellschafter der [X.] betreiben seit 1957 ein Gartencenter in [X.]. Die Beklagte ist seit 1960 im Handelsregister eingetragen. Sie benutzt neben ihrer Firma „Garten-Center Gerhard [X.] OHG“ auch die Bezeichnung „Gartencenter [X.]“. Für die Beklagte war seit 1991 eine Wort-/Bildmarke eingetragen, die eine stilisierte Gärtnerfigur darstellte, deren Schürze mit dem Schriftzug „[X.]“ versehen war. Diese Marke ist mit Wirkung zum 9. September 2010 wegen Verfalls gelöscht worden.

3

Die Geschäftsführerin der [X.] und Harry [X.], der Gesellschafter der [X.], sind Enkel des Harry [X.], der entweder im Jahre 1912 oder zu Beginn der [X.] in [X.] eine Gärtnerei und einen Fachversand für den Gartenbedarf gegründet hatte. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 hatte ihr Unternehmen zeitweise ausgeweitet. Aus dieser [X.] stammt ein bereits seit vielen Jahren aus dem Unternehmen ausgegliederter [X.] in [X.], der unter der Bezeichnung „Gärtner [X.] Gartencenter“ tätig ist und von einem Vetter der Geschäftsführerin der [X.] geführt wird.

4

Am 17. November 2005 meldete die Beklagte die Wortmarke „Gartencenter [X.]“ (Nr. 30568593.7) für zahlreiche Waren und Dienstleistungen des [X.] an. Die Marke wurde am 9. Juni 2006 eingetragen. Die [X.] begehren die Löschung dieser Marke. Sie machen geltend, die Beklagte habe durch die Markenanmeldung eine seit Jahren bestehende [X.] im Hinblick auf die Unternehmen mit dem Namensbestandteil „[X.]“ einseitig verändert.

5

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, durch die Eintragung der angegriffenen Marke habe sich die [X.] nicht zu Lasten der [X.] verschlechtert. Eine gewisse Verwechslungsgefahr, die Gleichnamige hinnehmen müssten, habe sich durch die Markenanmeldung insbesondere deshalb nicht erhöht, weil die Parteien in unterschiedlichen Handelsbereichen tätig seien. Eine markenmäßige Nutzung des Namens „[X.]“ im bisherigen Rahmen sei hinzunehmen, zumal sich die [X.] auch gegen die seit 1991 zu ihren Gunsten eingetragene Wort-/Bildmarke zunächst nicht gewandt hätten.

6

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt,

in die Löschung der [X.] 305 68 593.7 „Gartencenter [X.]“ einzuwilligen.

7

Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragen, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat einen Löschungsanspruch aus § 15 Abs. 4 und 2 [X.] in Verbindung mit den Rechtsgedanken der § 51 Abs. 1, § 55 [X.] bejaht. Dazu hat es ausgeführt:

9

Den [X.] stehe aufgrund jahrelanger Benutzung als Firmenschlagwort jeweils für die Bezeichnungen „Gärtner [X.]“ und „[X.] Ambiente“ ein Schutz als Unternehmenskennzeichen zu. Diese Kennzeichenrechte seien durch die Eintragung der Marke „Gartencenter [X.]“ verletzt worden. [X.] Bestandteil der sich gegenüberstehenden Zeichen sei der Familienname „[X.]“. Bei der bestehenden Waren- und Branchenähnlichkeit bestehe Verwechslungsgefahr.

Die angegriffene Marke sei [X.] als die Kennzeichenrechte der [X.]. Ob sich die Beklagte auf Rechte aus einem gleichlautenden älteren Firmenschlagwort berufen könne, sei nicht maßgeblich. Es komme im Verhältnis der [X.]en zueinander und der sich gegenüberstehenden Zeichen ausnahmsweise nicht auf den Grundsatz der Priorität an, sondern auf die Grundregeln des Rechts der [X.]. Die [X.]en hätten über Jahre stillschweigend eine Koexistenz in Bezug auf solche Kennzeichenrechte begründet, die durch den bürgerlichen Namen „[X.]“ geprägt seien. Die Grundlagen dieser Koexistenz seien durch die Anmeldung der Marke „Gartencenter [X.]“ verändert worden. Dadurch sei es der Beklagten ermöglicht worden, Waren im gesamten [X.] mit dieser Marke zu kennzeichnen oder entsprechende Lizenzen zu vergeben.

Es sei bereits fraglich, ob eine Markenanmeldung überhaupt unter den Schutz des Rechts der [X.] falle. Jedenfalls brauche der andere Namensträger die sich aus einem markenmäßigen Gebrauch des Namens ergebenden zusätzlichen Verwechslungsmöglichkeiten nicht zu dulden. Das Markenrecht erlaube im Gegensatz zum Firmenrecht eine selbständige wirtschaftliche Verwertung des Zeichens und gebe der Beklagten eine stärkere Stellung als das Firmenrecht, dessen Bestand von der Fortführung des Betriebs abhänge. Außerdem werde der Grad der Verwechslungsgefahr erhöht, weil dem Verkehr das [X.] der Firmenbezeichnungen auch mit den unterschiedlichen Ortsbezeichnungen leichter falle als die Unterscheidung der Marke von dem betreffenden Firmenschlagwort. Es komme hinzu, dass die Beklagte nicht ihre vollständige Firma zum Gegenstand des Markenschutzes gemacht habe, sondern allein den Familiennamen ohne den Vornamen „[X.]“. Dies erhöhe die Verwechslungsgefahr zusätzlich. Durch die Markenanmeldung sei schließlich auch der räumliche Schutzbereich des zuvor nur örtlich in ihrem Tätigkeitsbereich begrenzt benutzten Unternehmenskennzeichens der Beklagten auf das gesamte [X.] erweitert worden.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Löschungsanspruch aus §§ 12, 51 Abs. 1, § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 [X.] bejaht.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der in § 51 Abs. 1, § 12 [X.] geregelte ältere Zeitrang einer geschäftlichen Bezeichnung als Voraussetzung einer auf Löschung einer Marke gerichteten Klage dann nicht maßgebend ist, wenn der Streitfall nach den zum Recht der [X.] entwickelten Grundsätzen zu beurteilen ist.

Diese Grundsätze sind im Hinblick auf die gemäß § 15 Abs. 4 und 5 [X.] gegen die Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung gerichteten Ansprüche im Rahmen des § 23 Nr. 1 [X.] zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 134/05, [X.], 801 Rn. 24 = [X.], 1189 - [X.]). Sie können aber auch einem auf Einwilligung in die Löschung der Marke gerichteten Anspruch gemäß § 12 [X.] entgegengehalten werden ([X.], Urteil vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 1206 Rn. 29 i.V.m. Rn. 17 - [X.]; [X.], Urteil vom 14. April 2011 - [X.], [X.], 886 Rn. 35 - [X.]). Denn § 12 [X.] setzt voraus, dass dem Inhaber des älteren Zeichenrechts die Befugnis zusteht, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der [X.] zu untersagen. Dies bestimmt sich sowohl nach den Voraussetzungen als auch nach den Schranken der Verletzungstatbestände im Sinne der §§ 14, 15 [X.] ([X.][X.], [X.], 3. Aufl., § 12 Rn. 4; v. Gamm in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 12 [X.] Rn. 3) und damit auch nach der Schrankenbestimmung des § 23 [X.].

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend und von der Revision unbeanstandet angenommen, dass die [X.]en bzw. ihre Rechtsvorgänger ihre Unternehmenskennzeichen jahrelang unbeanstandet nebeneinander benutzt haben und deshalb eine Gleichgewichtslage besteht, auf die grundsätzlich die Grundsätze des Rechts der [X.] entsprechend anzuwenden sind.

Danach kann der Inhaber des prioritätsälteren Kennzeichenrechts dem Inhaber des [X.]en Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand eingreifen, sondern muss die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des [X.]en Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden. Der Inhaber eines Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare unternimmt, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken ([X.], Urteil vom 31. März 2010 - [X.], [X.], 738 Rn. 19 = [X.], 880 - [X.], mwN).

3. Mit Recht hat das Berufungsgericht in der Anmeldung einer mit den Kennzeichenrechten der [X.] verwechslungsfähigen Marke eine Störung der Gleichgewichtslage gesehen, die nach den Grundsätzen des Rechts der [X.] nicht gerechtfertigt ist. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Verwechslungsgefahr gemäß § 15 Abs. 2 [X.] zwischen den Unternehmenskennzeichen der [X.] und der angegriffenen Marke angenommen.

Gegen die Bejahung einer Zeichenähnlichkeit wendet sich die Revision ohne Erfolg mit dem Einwand, durch die Verwendung des Begriffes „Gartencenter“ habe die Beklagte alles Erforderliche und Geeignete getan, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die angegriffene Marke wegen des beschreibenden Charakters des Bestandteils „Gartencenter“ allein durch den Familiennamen „[X.]“ geprägt wird, der seinerseits der prägende Bestandteil der Bezeichnungen „Gärtner [X.]“ und „[X.] Ambiente“ ist. Auch die Waren- und Branchenähnlichkeit hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht. Es hat darauf abgestellt, dass die [X.]en gleiche oder ähnliche Waren in verschiedenen Vertriebsformen anbieten und es bei der Benutzung der angegriffenen Marke um die Kennzeichnung von Waren geht, die die [X.] im Wege des Versandhandels vertreiben. Auch die von der Marke geschützten „Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft“ sind hinreichend ähnlich mit der von den [X.] erbrachten Dienstleistungen eines [X.] für Gartenbedarf bzw. für Garten- und Wohnraumgestaltung. Hiergegen wendet sich die Revision nur pauschal, ohne konkrete Rechtsfehler aufzuzeigen. Solche sind jedoch nicht ersichtlich.

b) Die Grundsätze des Rechts der [X.] können es regelmäßig nicht rechtfertigen, dass der Name oder die namensmäßige Unternehmensbezeichnung zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen verwendet wird (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Mai 1966 - [X.], [X.]Z 45, 246, 249 - [X.]; Urteil vom 12. Dezember 1985 - [X.], [X.], 402, 403 = [X.], 265 - [X.]; [X.], Urteil vom 12. Juli 1995 - [X.], [X.]Z 130, 276, 288 - [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl., § 17 Rn. 52 ff.; [X.], [X.], 4. Aufl., § 15 Rn. 154; Großkomm.UWG/Teplitzky, § 16 Rn. 387 ff.; Büscher, [X.] 2007, 453, 457). Das Recht der [X.] trägt dem Umstand Rechnung, dass eine [X.] ein erhebliches Interesse hat, ihren eigenen Namen als Unternehmenskennzeichen im geschäftlichen Verkehr zu führen. Ein vergleichbares rechtlich schützenswertes Interesse besteht für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen durch einen Familiennamen nicht. Es ist daher in aller Regel nicht gerechtfertigt, dass der Inhaber älterer Kennzeichenrechte nicht nur den persönlichkeitsrechtlich privilegierten Gebrauch des Namens als Unternehmenskennzeichen, sondern auch den markenmäßigen Gebrauch oder die Eintragung als Marke dulden muss ([X.]Z 45, 246, 250 - [X.]; [X.], Urteil vom 21. Mai 1969 - I ZR 131/66, [X.] 1969, 690, 691 [X.]; [X.], [X.], 402, 403 - [X.]; [X.], Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.], 475, 478 = [X.], 477 - Caren Pfleger; [X.], [X.], 886 Rn. 40 - [X.]; krit. [X.], [X.], 679, 687). Die Anmeldung eines Namens als Marke durch den Prioritätsjüngeren stellt daher ebenso wie der Übergang von einer firmenmäßigen zu einer markenmäßigen Benutzung grundsätzlich eine unzulässige nachteilige Veränderung einer bestehenden Gleichgewichtslage dar, die der Inhaber des älteren Namensrechts nicht hinnehmen muss ([X.]Z 45, 246, 249 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 18. November 1966 - [X.], [X.] 1967, 355 - Rabe; Urteil vom 21. November 1969 - [X.], [X.] 1970, 315, 317 - [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 23 Rn. 37; [X.], Marken- und Kennzeichenrecht, § 7 Rn. 264; [X.][X.] aaO § 23 Rn. 36; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 15 [X.] Rn. 21).

c) Nach diesen Grundsätzen scheidet im Streitfall eine Rechtfertigung der Markeneintragung aus.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats und der herrschenden Meinung in der Literatur kann ein markenmäßiger Gebrauch des Namens nach den Grundsätzen des Rechts der [X.] allenfalls unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt werden. Möglich ist dies nur, wenn besondere, gewichtige Gründe vorliegen, nach denen eine so enge Beziehung zwischen Ware und Namen besteht, dass es für den Namensträger unzumutbar wäre, auf die Benutzung seines Namens als Marke zu verzichten. Dies kann in Betracht kommen, wenn ein Namensträger bei der Schaffung oder Gestaltung einer bestimmten Ware oder [X.] unter seinem Namen besondere schöpferische Leistungen erbracht hat und der Verkehr die Ware aufgrund dieser schöpferischen Leistung ohnehin mit dem Namensträger identifiziert ([X.], [X.], 475, 478 - Caren Pfleger; [X.] aaO § 17 Rn. 56; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 23 Rn. 27; [X.][X.] aaO § 23 Rn. 36; [X.] aaO § 15 Rn. 154; [X.] aaO § 7 Rn. 2407, 2621; Großkomm.UWG/Teplitzky, § 16 Rn. 389; Büscher, [X.] 2007, 453, 457).

Daran hält der Senat fest. Der Umstand, dass die vom [X.] entwickelten Grundsätze zum Recht der [X.] seit Inkrafttreten des Markengesetzes im Rahmen des § 23 Nr. 1 [X.] zu prüfen sind, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die genannte Bestimmung ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass niemand an der lauteren Führung seines Namens im geschäftlichen Verkehr gehindert werden soll. Sie bietet nach dem Willen des Gesetzgebers die Handhabe zur Fortführung der Rechtsprechung betreffend die Befugnis zur Namensführung (vgl. Begründung des [X.], BT-Drucks. 12/6581, S. 80).

Diese Grundsätze erhalten zudem durch die Systematik der Schutzschranken des § 23 [X.] eine zusätzliche Stütze. So muss das Bedürfnis des Namensträgers für einen markenmäßigen Gebrauch seines Namens demjenigen an der Führung des eigenen Namens als solchem, der Nennung der eigenen Adresse oder etwa dem Hinweis auf die Beschaffenheit und Herkunft eigener Waren entsprechen ([X.] aaO § 17 Rn. 57). Auch deshalb kommen nur besondere, gewichtige Gründe in Betracht, die ausnahmsweise die Privilegierung einer Verwendung des Namens zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen durch die Grundsätze der [X.] rechtfertigen können. Dass die markenmäßige Verwendung des Namens zweckmäßig und wirtschaftlich sinnvoll erscheint, reicht ebenso wenig aus wie etwa das allgemeine Bedürfnis, den Namen für andere Waren und Dienstleistungen oder im Rahmen eines Merchandisingkonzepts durch Lizenzerteilung zu verwerten ([X.], [X.], 475, 478 - Caren Pfleger; [X.], 886 Rn. 44 - [X.]; [X.] aaO § 17 Rn. 57; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 23 Rn. 27).

bb) Die Revision zeigt keine Umstände auf, die eine ausnahmsweise Verpflichtung der [X.] zur Duldung der in der Eintragung der angegriffenen Marke der Beklagten liegenden Störung der Gleichgewichtslage im Streitfall rechtfertigen könnten.

(1) Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte, ihre Gesellschafter oder die ursprünglichen Namensträger, von denen die Beklagte ihre geschäftliche Bezeichnung ableitet, im Sinne der oben genannten Grundsätze bei der Schaffung oder Gestaltung einer bestimmten Ware oder [X.] unter ihrem Namen besondere schöpferische Leistungen erbracht haben und der Verkehr Waren oder Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, aufgrund dieser schöpferischen Leistung mit dem Unternehmenskennzeichen der Beklagten identifiziert. Die Beklagte betreibt ein Gartencenter.

(2) Die Revision macht ein „gewichtiges Bedürfnis“ der Beklagten geltend, auch Waren und Dienstleistungen mit ihrem Namen zu kennzeichnen und verweist darauf, dass sie den Namen „[X.]“ bereits vor Anmeldung der hieraus gebildeten Marke über Jahre hinweg als Bestandteil ihrer Firma „Garten-Center [X.] [X.] OHG“ verwendet habe. Damit ist kein besonderer, gewichtiger Grund angesprochen, der eine nur in Ausnahmefällen zulässige Eintragung als Marke rechtfertigen kann. Die Revision beschreibt insoweit allenfalls ein allgemeines Interesse der Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit, nicht aber ein nach den dargelegten Grundsätzen erforderliches besonderes, gewichtiges Interesse.

(3) Unerheblich ist weiterhin der Einwand der Revision, die Anmeldung der einen bundesweiten Schutz beanspruchenden Marke sei nicht mit einer räumlichen Expansion verbunden, da die Tätigkeit der Beklagten bereits zuvor weit über den Raum [X.] hinausgegangen sei. Dies stellt die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht in Frage, wonach eine vor Markenanmeldung liegende bundesweite Benutzung der Bezeichnung „Gartencenter [X.]“ oder des Markenbestandteils „[X.]“ nicht festgestellt werden kann. Im Übrigen kann der Umstand, dass es möglicherweise an einer zusätzlichen räumlichen Ausdehnung der Benutzung eines Zeichens fehlt, nichts an der Störung der Gleichgewichtslage ändern, die bereits im Übergang des firmenmäßigen in den markenmäßigen Gebrauch eines Namens liegt.

(4) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht keine Rechtfertigung für die Störung der Gleichgewichtslage darin erblickt, dass bereits seit 1991 zugunsten der Beklagten eine Wort-/Bildmarke eingetragen war, die den Namenszug „[X.]“ auf der Schürze einer stilisierten Gärtnerfigur schützte.

Diese Marke ist im Verlaufe des Rechtsstreits wegen Verfalls gelöscht worden. Im Übrigen stellt jede weitere Anmeldung einer Marke durch einen [X.] eine Vermehrung von - jeweils für sich genommen verkehrsfähigen (§§ 27, 30 [X.]) - Zeichenrechten dar, die die Gleichgewichtslage stören oder eine bereits eingetretene Störung intensivieren kann (vgl. auch [X.], [X.], 886 Rn. 53 - [X.]; [X.], [X.], 679, 688). Dies gilt erst zumal dann, wenn - wie im Streitfall im Hinblick auf das Weglassen des Vornamens „[X.]“ geschehen - Firmenschlagworte in Alleinstellung oder in Abwandlungen als Marken eingetragen werden. Änderungen in Richtung auf eine zunehmende Benutzung als Schlagwort sowie die Hervorhebung des übereinstimmenden Firmenbestandteils muss in der Regel keiner der [X.] dulden, da sie den Eindruck einer Allein- oder Vorrangstellung gegenüber dem anderen erzeugen ([X.], [X.], 886 Rn. 53 - [X.]; [X.][X.] aaO § 23 Rn. 42 mwN).

(5) Die Revision beruft sich schließlich ohne Erfolg darauf, dass es der Beklagten möglich sein müsse, das von ihr verwendete Unternehmenskennzeichen „Gartencenter [X.]“ durch Eintragung einer entsprechenden Marke abzusichern und auf diese Weise die Verwendung dieser Bezeichnung durch Dritte dort zu verhindern, wo sie bislang möglicherweise noch keinen Schutz ihres Unternehmenskennzeichens genieße. Dabei kann offenbleiben, ob die Absicherung eines Unternehmenskennzeichens - etwa durch eine für die angebotenen Dienstleistungen eingetragene Marke - ein besonderes, gewichtiges Interesse darstellen kann, das im Einzelfall die Veränderung der Gleichgewichtslage ausnahmsweise rechtfertigen kann. Denn die Beklagte hat ein Bedürfnis für eine solche Absicherung im Streitfall nicht dargetan. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1 Inhaberin nicht nur der geschäftlichen Bezeichnung „Gärtner [X.]“, sondern auch zweier Marken ist, die als prägenden Bestandteil den Namen [X.] enthalten. Es liegt daher in ihrem eigenen Interesse, gegen die Anmeldung der Marke „[X.]“ oder gegen die Verwendung dieses Namens als Unternehmenskennzeichen durch einen Dritten vorzugehen.

III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]                                       Pokrant                                      Büscher

                         Schaffert                                          [X.]

Meta

I ZR 207/08

07.07.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 6. November 2008, Az: I-4 U 58/08, Urteil

§ 12 MarkenG, § 15 Abs 2 MarkenG, § 23 Nr 1 MarkenG, § 51 Abs 1 MarkenG, § 55 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2011, Az. I ZR 207/08 (REWIS RS 2011, 4984)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4984

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