Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2015, Az. 1 AZR 599/13

1. Senat | REWIS RS 2015, 15390

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Gegenstand

Änderungsvorbehalt - Ablösung von allgemeinen Arbeitsbedingungen durch Betriebsvereinbarung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. April 2013 - 5 [X.] 1393/11 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Oktober 2011 - 3 Ca 2350/10 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über das Fortbestehen von Leistungen im Krankheitsfall.

2

Der im Jahr 1951 geborene Kläger war seit dem 18. August 1980 zunächst befristet für sechs Monate bei der ehemaligen [X.] ([X.]) als Sekretär des [X.] beschäftigt. Mit Wirkung vom 18. Februar 1981 wurde er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 13. März 1981 lautet:

        

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung der Beschäftigten der [X.] in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.“

3

Bei der im Arbeitsvertrag genannten Tarifregelung handelte es sich um allgemeine Arbeitsbedingungen der [X.]. Diese wurden von einer [X.] erarbeitet und - soweit sie nicht Gegenstand von Betriebsvereinbarungen waren - vom Hauptvorstand der [X.] beschlossen. In die Beratungen der [X.] war der Gesamtbetriebsrat eingebunden. Über deren Beratungsstand wurden die Arbeitnehmer in Betriebsversammlungen regelmäßig informiert.

4

Nach den bei Begründung des Arbeitsverhältnisses des Klägers für die ständig Beschäftigten der [X.] geltenden Tarifregelungen (§ 1 Satz 1 Buchst. b [X.] [X.]) hatten die nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer Ansprüche auf Beihilfen und Unterstützungen nach den für den öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen (§ 17 [X.] [X.]).

5

Die Beklagte entstand im Jahr 2001 durch Verschmelzung von fünf [X.]. In einer zuvor von diesen mit ihren [X.] im Juni 2000 abgeschlossenen „Grundsatzvereinbarung zur Gründung und Aufbau von [X.]“ heißt es:

        

        

„1.     

                 

…       

                 

Die allgemeinen Anstellungsbedingungen und -regelungen der fünf [X.] gelten jeweils für die aus ihrem ursprünglichen Geltungsbereich stammenden Beschäftigten über den Zeitpunkt der Verschmelzung hinaus solange fort, bis sie durch neue Vereinbarungen ersetzt werden.

                 

Die Beteiligten dieser Vereinbarung sind sich dabei einig in dem Bestreben, einvernehmlich neue einheitliche allgemeine Anstellungsbedingungen für alle Beschäftigten zu schaffen.

                 

Solche Regelungen, die üblicherweise tariflich normiert sind, können vor dem 30.06.2003 nicht ohne die Zustimmung der jeweils anderen Betriebspartei (Gesamtbetriebsrat und Bundesvorstand von [X.]) vereinbart werden; die Zustimmung kann nicht ersetzt werden. … Anstellungsbedingungen, die nicht einvernehmlich zustande gekommen sind, können frühestens am 1.7.2004 in [X.] treten. Jede/r Beschäftigte hat die Möglichkeit, bis zum 31.12.2007 seine/ihre bisherigen Vergütungsregelungen … beizubehalten.

                 

2.    

                 

Zusätzlich werden Besitzstandszusagen auch über den Zeitpunkt der Ablösung der gegenwärtig geltenden Anstellungsbedingungen hinaus gegeben. …“

6

Am 20./21. Juni 2000 beschloss die [X.] eine Aktualisierung ihrer Tarifregelung. In einem mit „Anhang II Rechtsstandswahrungen“ überschriebenen Abschnitt war für die bis zum 31. August 1995 eingestellten Beschäftigten die bisher in § 17 [X.] [X.] enthaltene Regelung aufgeführt.

7

Nach einer zwischen der [X.] und ihrem Gesamtbetriebsrat im Dezember 2007 abgeschlossenen „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Ablösung von Regelungen der Gründungsgewerkschaften ([X.] Ablösung) sollte § 17 Anhang II [X.] [X.] mit Inkrafttreten der Allgemeinen Arbeitsbedingungen [X.] ([X.]) außer [X.] treten. In einer dazu angebrachten Fußnote verpflichtete sich die Beklagte, eine Gruppenversicherung über die abgeschafften Leistungen abzuschließen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten diese noch wie bisher gewährt werden, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2008. Zum 1. Januar 2008 traten die [X.] der [X.] sowie die „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Gewährung von Beihilfen für zahnärztliche Leistungen sowie Unterstützung bei anderen medizinischen Aufwendungen an die Beschäftigten von [X.]“ ([X.] Beihilfe/Unterstützung 2008) in [X.]. Gegenstand dieser Vereinbarung ist die Gewährung von finanziellen Unterstützungen bei zahnärztlichen Leistungen und in besonderen Härtefällen. Am 1. Juli 2008 trat die „[X.] zur Umstellung der [X.]“ ([X.] Umstellung) in [X.]. Danach werden den Beschäftigten Mehrbelastungen aus der Umstellung des [X.] über 300,00 [X.] monatlich hinaus als Bruttobetrag mit dem laufenden Entgelt erstattet. Die Beklagte gewährte die in § 17 Anhang II [X.] [X.] enthaltenen Leistungen bis zum 31. Juli 2008 weiter.

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach der Vereinbarung eines [X.] am 30. April 2011.

9

Der Kläger hat gemeint, die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahmeklausel lasse eine Verschlechterung der in der Tarifregelung begründeten Ansprüche nicht zu. Bei der Tarifregelung handele es sich nicht um ein betriebsvereinbarungsoffenes Regelwerk. Mit einer Verschlechterung seiner bei Begründung des Arbeitsverhältnisses bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Stellung habe er nicht rechnen müssen. Die Übernahme der ihm durch den Wechsel seines Krankenversicherungstarifs entstehenden Mehrkosten sei unzumutbar. Er habe für die Beibehaltung seines Krankenversicherungsniveaus bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses monatlich bis zu 262,28 [X.] aufzuwenden.

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 1. September 2008 (richtig: 31. Juli 2008) hinaus als Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Beihilfe und Unterstützung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen gem. der vormals bestehenden Regelung nach § 17 des Anhangs II der Tarifregelung der [X.] vom 20. Juni 2000 zu gewähren;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den Zeitpunkt des Renteneintritts hinaus Beihilfe und Unterstützung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen gem. der vormals bestehenden Regelung nach § 17 des Anhangs II der Tarifregelung der [X.] vom 20. Juni 2000 zu gewähren;

        

3.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 1. August 2008 hinaus alle Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten, die über eine monatliche Eigenbelastung in Höhe der Hälfte der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungskosten einer Beihilfe-Ergänzungsversicherung nach [X.] B1 der [X.] für Beamte mit Beihilfeberechtigung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen hinausgehen;

        

4.    

höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm monatlich einen Zuschuss zu seiner Krankenversicherung bei der [X.] nach der [X.] [X.] rückwirkend in Höhe von monatlich 268,28 [X.] für die Monate Januar bis Juni 2009, monatlich 257,25 [X.] für die Monate Juli bis Dezember 2009 sowie monatlich 262,50 [X.] ab Januar 2010 abzüglich des jeweiligen [X.] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Beide Vorinstanzen haben den Hauptanträgen entsprochen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur Abweisung der zu 1. und 2. erhobenen Klageanträge. Die hilfsweise angebrachten Anträge zu 3. und 4. fallen dem [X.] nicht zur Entscheidung an.

A. Der zulässige Antrag zu 1. ist unbegründet.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Der Kläger möchte mit dem Antrag zu 1. die Verpflichtung der [X.] festgestellt wissen, dass diese bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 30. April 2011 zur Gewährung von Leistungen nach § 17 Anhang II [X.] [X.] verpflichtet ist.

2. Für den so verstandenen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Der Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Das angestrebte [X.] ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann auch erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden [X.] nachkommt und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird ([X.] 17. Juli 2012 - 1 [X.] - Rn. 14, [X.]E 142, 294).

II. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Die in der [X.] Ablösung getroffene Regelung ist wirksam und hat den sich bis 31. Juli 2008 aus § 17 Anhang II [X.] [X.] ergebenden Anspruch des [X.] auf die Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen zum 1. August 2008 beseitigt.

1. Der Anspruch des [X.] auf Gewährung von Leistungen im Krankheitsfall richtete sich bis zum 31. Juli 2008 nach § 17 Anhang II [X.] [X.].

a) Nach der in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bezugnahmeklausel gelten die Bestimmungen der Tarifregelungen für die Beschäftigten der [X.] „in ihrer jeweils geltenden Fassung“. Zu diesen gehörte jedenfalls bis zum Inkrafttreten der durch Art. 1 Nr. 12 des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]I S. 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 geänderten §§ 305 ff. [X.] auch § 17 Anhang II [X.] [X.] idF vom 20./21. Juni 2000. Dies steht zwischen den Parteien außer Streit.

b) Die in § 17 Anhang II [X.] [X.] enthaltene Regelung über Beihilfen und Unterstützungen galt auch über den 31. Dezember 2001 hinaus. Entgegen der Auffassung des [X.] enthält die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags getroffene Vereinbarung keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 [X.], der zur Unwirksamkeit der Bezugnahmeklausel führte.

aa) Nach dieser Vorschrift ist eine Abrede unwirksam, wenn sich ein Arbeitgeber einseitig das Recht vorbehält, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Von § 308 Nr. 4 [X.] werden auch vorformulierte [X.] erfasst, die auf vom Arbeitgeber selbst formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen in der jeweils geltenden Form verweisen. Ein solcher Änderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 [X.] dar. Zu den Grundelementen des Vertragsrechts zählt die Bindung der Parteien an die von ihnen abgeschlossenen Verträge ([X.] 17. Juli 2012 - 1 [X.] - Rn. 26, [X.]E 142, 294).

bb) Der [X.] hat in den am 17. Juli 2012 entschiedenen Parallelverfahren die arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf die bei der [X.] geltende Tarifregelung auch für die [X.] nach dem 31. Dezember 2001 für wirksam gehalten, weil die [X.] nicht auf ein vom Arbeitgeber einseitig veränderbares Regelwerk gerichtet war. Die [X.] war seit dem Inkrafttreten der bei ihr zuletzt geltenden Tarifregelung vom 20./21. Juni 2000 nicht mehr zu einer einseitigen Änderung ihrer Tarifregelung berechtigt. Nach Nr. 1 Unterabs. 4 Satz 1 der Grundsatzvereinbarung vom 28. Mai 2000 konnten solche Regelungen, die üblicherweise tariflich normiert sind, vor dem 30. Juni 2003 vom Bundesvorstand der [X.] nicht ohne Zustimmung des [X.] geändert werden. Deshalb waren weder die [X.] noch - nach Wirksamwerden ihrer Verschmelzung auf [X.] - die Beklagte nach Ablauf der für Allgemeine Geschäftsbedingungen in bestehenden Arbeitsverträgen geltenden Übergangsfrist zum 1. Januar 2003 (Art. 229 § 5 EG[X.]) zu einer einseitigen Änderung der Tarifregelung befugt ([X.] 17. Juli 2012 - 1 [X.] - Rn. 27, [X.]E 142, 294). Dies gilt entgegen der Auffassung des [X.] auch für die [X.] nach dem 30. Juni 2003, weil die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bei [X.] nicht einseitig durch die Beklagte festgesetzt, sondern in kollektiven Verträgen zwischen deren Bundesvorstand und dem Gesamtbetriebsrat vereinbart werden (§ 73 Nr. 2 [X.]-Satzung).

c) Die Annahme des [X.], die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags vereinbarte Klausel enthalte einen unzulässigen Änderungsvorbehalt, weil für die Wirksamkeit einer Bezugnahmeklausel nicht das Bezugnahmeobjekt, sondern die Bezugnahmeklausel maßgeblich sei, ist unzutreffend. Sie entspricht insbesondere nicht der Rechtsprechung anderer [X.]e des [X.]. Danach enthält eine [X.] nur dann ein einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers iSd. § 308 Nr. 4 [X.], wenn sie andere Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung in Bezug nimmt, die der Arbeitgeber als solcher einseitig aufstellen oder ändern kann (so ausdrücklich [X.] 14. Dezember 2011 - 5 [X.] - Rn. 20, [X.]E 140, 148; ebenso [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] - Rn. 39, [X.]E 146, 200; 21. November 2012 - 4 [X.] - Rn. 43, [X.]E 144, 36; 22. Juli 2010 - 6 [X.] - Rn. 18, [X.]E 135, 163). Nichts anderes ergibt sich aus dem vom [X.] zur Begründung der von ihm behaupteten Divergenz herangezogenen Urteil des Zehnten [X.]s des [X.] vom 11. Februar 2009 (- 10 [X.]/08 -). Darin hat der Zehnte [X.] eine im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf die „jeweilige“ Fassung einer vom Arbeitgeber einseitig erlassenen Arbeits- und Sozialordnung und einen darin enthaltenen Änderungsvorbehalt bis zum Erlass eines neuen Regelwerks als ein nach § 308 Nr. 4 [X.] unwirksames einseitiges Vertragsänderungsrecht erachtet ([X.] 11. Februar 2009 - 10 [X.]/08 - Rn. 23). Einen solchen Änderungsvorbehalt enthält die Tarifregelung der [X.] hingegen nicht. Die Beklagte ist nicht berechtigt, diese einseitig zu ändern. Der Zehnte [X.] ist im Übrigen von der Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel auf das vom Arbeitgeber einseitig erlassene Regelwerk ausgegangen. Er hat auf deren Grundlage den streitigen Anspruch aus der vor Inkrafttreten der §§ 305 ff. [X.] erlassenen Arbeits- und Sozialordnung bejaht und lediglich die nachfolgenden vom Arbeitgeber einseitig vorgenommenen Änderungen für unwirksam angesehen. Dies entspricht der Annahme des [X.]s in seinen Entscheidungen vom 17. Juli 2012, die in § 17 Anhang II [X.] [X.] enthaltene Regelung über Beihilfen und Unterstützungen habe in ihrer vor dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung über diesen [X.]punkt hinaus fortbestanden.

d) Weitere rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bezugnahmeklausel, die nicht bereits Gegenstand der [X.] vom 17. Juli 2012 waren, sind weder ersichtlich noch vom Kläger in der Revision geltend gemacht.

2. Entgegen der Auffassung des [X.] war die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene [X.] betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.

a) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer späteren betrieblichen Regelung den Vorrang einräumen. Dieser Vorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Er ist sowohl bei einzelvertraglichen Abreden als auch bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Ein solcher Vorbehalt kann anzunehmen sein, wenn für die Arbeitnehmer erkennbar ist, dass die Leistung einer kollektiven, möglicherweise auch verschlechternden Veränderung zugänglich sein soll. Hiervon ist auszugehen, wenn die vertragliche Einheitsregelung in Abstimmung mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung zustande gekommen ist oder wenn Änderungen in der Vergangenheit unter Beteiligung des Betriebsrats vorgenommen worden sind ([X.] 17. Juli 2012 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.]E 142, 294). Dies legt bei dem Erklärungsempfänger die Folgerung nahe, dass die vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat umgestaltet werden können ([X.] 30. September 2014 - 3 [X.] - Rn. 51).

b) Diese Voraussetzungen liegen vor.

aa) Nach den vom Kläger nicht mit einer Gegenrüge angegriffenen Feststellungen des [X.] war der Gesamtbetriebsrat der [X.] an der Erarbeitung der jeweiligen Tarifregelungen vor der Beschlussfassung durch den Hauptvorstand beteiligt. Dessen Einbeziehung war auch für die Arbeitnehmer erkennbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht von seinem vorherigen Bestreiten Abstand genommen und die Information der Arbeitnehmer über die Arbeit von Vertretern des [X.] in der [X.] ausdrücklich zugestanden.

bb) Entgegen der Auffassung des [X.] scheitert die Vereinbarung einer Betriebsvereinbarungsoffenheit nicht daran, dass die Einbeziehung des [X.] für den Kläger bei Vertragsschluss nicht erkennbar war. Jedenfalls bei dem Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 13. März 1981 war die bei der [X.] bestehende Handhabung auch für den Kläger offenkundig.

c) Es kann daher dahin stehen, ob sich die Betriebsvereinbarungsoffenheit des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags nicht bereits aus der Bezugnahme auf die Tarifregelung der [X.] ergibt. Dieser waren im Anhang die im Bereich der allgemeinen Arbeitsbedingungen abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarungen beigefügt. Auch hieraus wird die Einbeziehung des [X.] bei deren Ausgestaltung erkennbar. Überdies spricht viel dafür, dass die bei [X.] angestellten Arbeitnehmer wegen der fehlenden tariflichen Regelungsmöglichkeit ihrer Arbeitsbedingungen ohnehin von deren genereller Betriebsvereinbarungsoffenheit ausgehen müssen. Ob diese in Bezug auf die in der Tarifregelung enthaltenen Arbeitsbedingungen nicht ohnehin konkludent vereinbart worden ist, muss der [X.] nicht entscheiden.

3. Die Betriebsparteien konnten in der [X.] Ablösung die in § 17 Anhang II [X.] [X.] enthaltenen Beihilfen und Unterstützungen im Krankheitsfall mit Wirkung vom 1. Januar 2008 beseitigen. Der Kläger hatte nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen bei Abschluss der [X.] Ablösung keine geschützte Rechtsposition inne, die der Änderung seiner krankenversicherungsrechtlichen Stellung entgegenstand. Dass die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit auf einer unzutreffenden Anwendung der Rechtsätze aus den am 17. Juli 2012 entschiedenen Parallelverfahren oder einem sonst revisiblen Rechtsfehler beruht, ist nach dem zweitinstanzlich festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich. Auch der Kläger hat in der Revisionsinstanz diesbezüglich keine Einwände erhoben.

B. Die Klage ist auch mit dem Antrag zu 2. unbegründet. Insoweit erweist sich die Entscheidung des [X.] allerdings als Urteil ohne Gründe (§ 547 Nr. 6 ZPO), was der [X.] auch ohne eine hierauf gestützte Rüge zu berücksichtigen hat. Es fehlt an jeglichen Erwägungen des Berufungsgerichts, aus welchen Gründen die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des [X.] zur Weitergewährung von Beihilfen und Unterstützungen iSd. § 17 Anhang II [X.] [X.] verpflichtet gewesen sein soll. Die Abfassung von Entscheidungsgründen war nicht nach § 69 Abs. 2 ArbGG entbehrlich. Das [X.] hat weder auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen noch ist es dem Arbeitsgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gefolgt. Einer hiernach gebotenen Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 ZPO) in Bezug auf den Antrag zu 2. bedarf es indes nicht, weil der Rechtsstreit insoweit zugunsten der [X.] entscheidungsreif ist.

Nach § 17 Anhang II [X.] [X.] war die [X.] und - nach deren Verschmelzung auf [X.] - die Beklagte nur zur Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Die [X.] [X.] galten nach ihrem § 1 Satz 1 Buchst. b lediglich für die Beschäftigten der [X.]. Sie enthielten zwar in § 26 [X.] [X.] auch Bestimmungen über Versorgungsleistungen, zu denen der Beihilfeanspruch aber nicht gehört ([X.] 18. Mai 2010 - 3 [X.] - Rn. 27, [X.]E 134, 269). Die Gewährung der in § 17 Anhang II [X.] [X.] genannten Leistungen an ausgeschiedene Arbeitnehmer war daher von einem besonderen Geltungsgrund abhängig, dessen Vorliegen aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

C. Über die hilfsweise angebrachten Feststellungsanträge war nicht zu entscheiden. Wie die Auslegung ergibt und der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ausdrücklich klargestellt hat, sind sie nur für den Fall gestellt, dass auf die Unzulässigkeit der [X.] erkannt wird.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Koch    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 AZR 599/13

17.02.2015

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 12. Oktober 2011, Az: 3 Ca 2350/10, Urteil

§ 308 Nr 4 BGB, § 256 Abs 1 ZPO, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2015, Az. 1 AZR 599/13 (REWIS RS 2015, 15390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15390

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