Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. 1 StR 126/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 6508

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 126/14

vom
8. April
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
sexueller Nötigung u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 8. April
2014
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. November 2013 im Schuldspruch da-hingehend abgeändert, dass der Angeklagte der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, der Nachstellung und der versuchten Nötigung schuldig ist.
2. Der Tagessatz der im Fall III.3. der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafe wird auf einen Euro festgesetzt.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung, Nach-stellung sowie Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ver-urteilt. Seine dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte
Revision führt le-diglich zu den aus der [X.] ersichtlichen Änderungen. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Im Fall III.1. der Urteilsgründe ändert der Senat den allein auf die [X.] wegen sexueller Nötigung lautenden Schuldspruch in entsprechender
Anwendung von §
354 Abs.
1 [X.] (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 5.
Sep-tember 2001

1
StR 317/01) dahingehend, dass der Angeklagte auch der tat-1
2
-
3
-
einheitlich verwirklichten vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist.
Die ent-sprechende Fassung des Urteilstenors ist ersichtlich irrtümlich unterblieben. Nach den vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ergriff der Angeklagte die Nebenklägerin im Verlauf des zur sexuellen Nötigung füh-renden Geschehens und trug sie ins Schlafzimmer. Durch die dabei [X.] Griffe erlitt die Nebenklägerin Schmerzen, was der Angeklagte billigend in Kauf nahm ([X.] S.
9). In seiner rechtlichen Würdigung hat das [X.] dieses Geschehen sowie die anschließende Vornahme
sexueller Handlungen als sexuelle Nötigung in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Köperverletzung gewertet ([X.] S.
30). Zudem hat es im Rahmen der konkreten Strafzumessung für diese Tat berücksichtigt, dass der Angeklagte zwei Strafgesetze verletzt hat ([X.] S.
31).
Angesichts der Berücksichtigung der Verwirklichung auch der tateinheit-lichen Körperverletzung bei der Strafzumessung für die sexuelle Nötigung schließt der Senat aus, dass das Fassungsversehen im Schuldspruch sich bei der Festsetzung der Einzelstrafe
zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
2.
Im Fall III.3. der Urteilsgründe hat das [X.] den Angeklagten wegen Bedrohung (§
241 StGB) verurteilt und dafür eine Einzelgeldstrafe von 120 Tagessätzen verhängt. Die Höhe des Tagessatzes hat es nicht festgelegt.
a)
Nach den getroffenen Feststellungen kündigte der Angeklagte [X.] einer Beschuldigtenvernehmung im Rahmen eines gegen ihn wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz geführten [X.] den beiden Vernehmungsbeamten an, sie und alle anderen an
3
4
5
-
4
-
nehmen und die Beamten zumindest zeitweise von weiteren Ermittlungen ab-

16).
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen versuchter Nötigung zu Lasten der zuständigen Polizeibeamten strafbar ge-macht. Sein Vorsatz war darauf gerichtet, diese durch eine Drohung mit einem empfindlichen Übel davon abzuhalten, weitere Ermittlungen, mithin Handlun-gen, vorzunehmen. Durch das Aussprechen der Drohung hat der Angeklagte unmittelbar zu der im Sinne von §
240 Abs.
2 StGB verwerflichen, weil auf ei-nen rechtswidrigen Zweck gerichteten Tat angesetzt. Hinter dieser versuchten Nötigung tritt die durch dieselbe Nötigungshandlung begangene Bedrohung nach der Rechtsprechung des [X.] zurück ([X.], Beschluss vom 8.
November 2005

1
StR 455/05, [X.], 342 mwN). Da nach den weiteren Urteilsgründen die Beamten sich in ihrer Ermittlungsarbeit von der Drohung nicht weiter haben beeindrucken lassen, war der Nötigungsversuch fehlgeschlagen. Die Bedrohung kann daher auch nicht im Hinblick auf einen Rücktritt des Angeklagten vom Versuch der Nötigung bestehen bleiben.
Der Senat hat dem gesetzeskonkurrierenden Vorrang der Verurteilung wegen versuchter Nötigung entsprechend den Schuldspruch geändert. §
265 [X.] steht nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen diesen Vorwurf nicht erfolgreicher hätte verteidigen können.
b)
Der Senat schließt auch unter Berücksichtigung des vertypten Milde-rungsgrundes aus §
23 Abs.
2 StGB angesichts des gegenüber §
241 StGB höheren Strafrahmens von §
240 StGB aus, dass das Tatgericht im Fall III.3. der Urteilsgründe zu einer geringeren Tagessatzanzahl gelangt wäre, wenn es seiner Strafzumessung eine versuchte Nötigung zugrunde gelegt hätte.
6
7
8
-
5
-
c)
Das [X.] hat bezüglich der im Fall III.3. verhängten Geldstrafe von 120 Tagessätzen die Höhe des Tagessatzes nicht festgesetzt. Einer sol-chen Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn die Einzelgeldstrafe gemäß §
53 Abs.
2 Satz
1 StGB in eine Gesamt(freiheits)strafe einbezogen wird (st. Rspr.; siehe nur [X.], Beschluss vom 14.
Mai 1981

4 StR 599/80, [X.]St 30, 93, 96). Zwar kommt bei unterbliebener Festsetzung regelmäßig eine Zurück-verweisung zum Zwecke der Nachholung der Bestimmung der [X.] in Betracht ([X.] aaO,
[X.]St 30, 93, 97). Allerdings kann das Revisionsge-richt in entsprechender Anwendung von §
354 Abs.
1 [X.] in geeigneten Fäl-len auch selbst die
Festsetzung vornehmen ([X.] aaO; siehe [X.], StGB, 61.
Aufl., §
53 Rn. 4 mwN) und etwa die [X.] auf das gesetz-liche Mindestmaß festsetzen (vgl. [X.], Urteil vom
27. August 2010

2 [X.], [X.], 1957, 1964). Davon macht der Senat Gebrauch.
3.
Die Angriffe der Revision gegen die Strafzumessung des [X.]s im Fall [X.] der Urteilsgründe (Nachstellung) bleiben ohne Erfolg. Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des §
46 Abs.
3 StGB liegt im Ergebnis nicht vor. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass dem objektiven Tatbestand der Nachstellung gemäß §
238 Abs.

in der Tatbegehung zum Ausdruck kommende besondere Hartnäckigkeit und gesteigerte Gleichgültigkeit des [X.] gegenüber dem gesetzlichen Verbot innewohnt ([X.], Beschluss vom 19.
November 2009

3 [X.], [X.]St 54, 189, 195). Das Tatgericht hat mit der strafschärfenden Berücksichtigung
[X.] nicht auf die Beharrlichkeit als Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes abgestellt, sondern

wie sich aus der Bezugnahme auf die Äußerung des [X.] in der Hauptverhandlung, ihm sei das gerichtlich angeordnete [X.] zu der Nebenklägerin egal

die ablehnende Einstellung des Ange-9
10
-
6
-
klagten gegenüber den durch Einzelanordnungen konkretisierten Verhaltensan-forderungen der Rechtsordnung berücksichtigt. Soweit zudem auf die rechts-fehlerfrei festgestellten gravierenden Auswirkungen der Tat für die körperliche und psychische Gesundheit der Nebenklägerin abgestellt worden ist, handelt es sich ohnehin nicht um zum Tatbestand von §
238 Abs.
1 StGB gehörende Merkmale, dafür aber um berücksichtigungsfähige, verschuldete Auswirkungen der Tat gemäß §
46 Abs.
2 StGB.
Graf Jäger Cirener

Radtke Mosbacher

Meta

1 StR 126/14

08.04.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. 1 StR 126/14 (REWIS RS 2014, 6508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6508

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 126/14 (Bundesgerichtshof)

Nachstellung: Strafschärfende Berücksichtigung der "besonderen Hartnäckigkeit" und "Bedenkenlosigkeit" bei der Tatbegehung; Nachholung der Festsetzung der …


4 StR 197/16 (Bundesgerichtshof)

Strafbares Nachstellen: Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit


4 StR 197/16 (Bundesgerichtshof)


5 StR 625/12 (Bundesgerichtshof)


4 StR 311/18 (Bundesgerichtshof)

Gewaltanwendung gegenüber dem Opfer bei sexueller Nötigung: Erforderlichkeit eines Finalzusammenhangs zwischen Gewaltanwendung und sexueller Handlung


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 488/14

Zitiert

2 StR 111/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.