Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.03.2011, Az. VI B 31/11

6. Senat | REWIS RS 2011, 8198

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Gegenstand

Lohn durch Übernahme von Haftpflichtversicherungsbeiträgen eines angestellten Rechtsanwalts - Grundsätzliche Bedeutung


Leitsatz

1. NV: Die Rechtsfrage, ob die Übernahme der Haftpflichtversicherungsbeiträge eines angestellten Rechtsanwalts, der im Briefkopf der Kanzlei mit der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt ("angestellt") geführt wird, steuerbaren Arbeitslohn darstellt, ist nicht klärungsbedürftig .

2. NV: Allein das Vorbringen, dass von einer Rechtsfrage möglicherweise eine Vielzahl von Steuerfällen betroffen ist, reicht für sich allein nicht aus, einer Sache grundsätzliche Bedeutung zu verleihen .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Rechtsanwalt. Er beschäftigt in seiner Kanzlei zwei angestellte Anwälte, die im Briefkopf der Kanzlei beide mit der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt "(angestellt)" geführt werden. Auf seine Anfrage vom 20. April 2010 erteilte ihm das Betriebsstättenfinanzamt unter dem Datum 5. Mai 2010 nach § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Auskunft, dass die Übernahme der Berufshaftpflichtversicherungsbeiträge der angestellten Rechtsanwälte durch den Arbeitgeber steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn sei. Der Einspruch des [X.] blieb ohne Erfolg. Die daraufhin erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats in dessen Urteil vom 26. Juli 2007 [X.] ([X.], 370, [X.], 892) ab. Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung eines angestellten Rechtsanwalts durch den Arbeitgeber erfolge auch im eigenen Interesse des angestellten Rechtsanwalts und führe daher zu Arbeitslohn. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht als Revisionszulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der [X.]sordnung --[X.]O--) geltend. Außerdem sei eine Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) erforderlich.

Entscheidungsgründe

2

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) zu.

4

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des [X.] maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.] vom 27. Mai 2009 [X.], [X.], 1434, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des [X.] hinreichend geklärt ist und auch keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den [X.] erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). Davon ist im Streitfall auszugehen.

5

Der Senat hat sich sowohl in dem vom [X.] in Bezug genommenen Urteil in [X.]E 218, 370, [X.], 892 als auch in dem Beschluss vom 6. Mai 2009 [X.]/09 ([X.], 1431) mit der Rechtsfrage befasst, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Vorteil noch aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zuwendet und damit kein Lohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Danach folgt aus dem in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmal "für", dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Die Rechtsprechung verneint Arbeitslohn bei solchen Vorteilen, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.

6

Es entspricht weiter der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass es Aufgabe des [X.] ist, im jeweiligen Streitfall eine Gesamtwürdigung der fraglichen Vorteile vorzunehmen und dabei insbesondere deren Anlass, Art und Höhe, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme und die besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Diese Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. dazu [X.]-Beschlüsse vom 10. Februar 2005 [X.]/04, [X.]E 209, 211, [X.] 2005, 488; vom 10. November 2005 [X.], [X.]/NV 2006, 530; [X.]-Urteil vom 12. April 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1643; in [X.], 1431; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 118 Rz 30; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 [X.]O Rz 87, m.w.N.).

7

b) Die vom Kläger als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob die Übernahme der [X.] eines angestellten Rechtsanwalts, der auf dem Briefkopf als angestellter Rechtsanwalt aufgeführt ist, auch dann steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt, wenn die in § 51 Abs. 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehene Mindestversicherungssumme bei weitem überstiegen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Denn die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und der dazu ergangenen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung zwischen Entlohnung und notwendiger Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung. Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage anhand eigenständiger, gegebenenfalls neu zu entwickelnder Rechtsprinzipien zu entscheiden ist. Der vom Kläger vorgetragene Umstand, dass eine Vielzahl von angestellten Rechtsanwälten von der Rechtsfrage betroffen sei, rechtfertigt eine erneute Entscheidung des [X.] jedenfalls nicht (vgl. [X.] vom 4. Dezember 2007 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 802).

8

2. Die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat der Kläger nicht in einer den Anforderungen der §§ 115 Abs. 2, 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O genügenden Weise dargelegt.

9

Zur Darlegung einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) wäre es erforderlich gewesen, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] herauszuarbeiten und tragenden Rechtssätzen einer zu gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt ergangenen anderen Entscheidung gegenüberzustellen, so dass die behauptete Abweichung erkennbar wird ([X.] vom 5. Februar 2010 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 880). Daran fehlt es vorliegend. Denn der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen, dass es zu divergierenden Entscheidungen anderer Finanzämter oder Finanzgerichte kommen könne.

Meta

VI B 31/11

28.03.2011

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 5. Januar 2011, Az: 6 K 1574/10, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.03.2011, Az. VI B 31/11 (REWIS RS 2011, 8198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8198

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