Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.03.2016, Az. VI R 58/14

6. Senat | REWIS RS 2016, 14718

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Gegenstand

Eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR kein Arbeitslohn - Bestimmung der Klägerin nach Rechtsformwechsel einer GbR in einer Partnerschaftsgesellschaft


Leitsatz

Die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR führt nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2014  9 K 9369/12 und der Haftungsbescheid des Beklagten vom 3. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft. Sie war in den Streitjahren (2008 bis 2011) eine GbR. Gesellschafter der Klägerin waren ein Notar, mehrere Rechtsanwälte und Steuerberater.

2

Bei der Klägerin angestellte Rechtsanwälte, die nicht Gesellschafter waren, hatten für ihre "freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt" eine [X.] über eine Versicherungssumme in Höhe von 250.000 € pro Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen. Darüber hinaus bestand "hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte" auch eine [X.] im Namen und auf Rechnung der Klägerin mit einer Versicherungssumme in Höhe von 1 Million € pro Schadensfall.

3

Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 durchgeführten [X.] vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die von der Klägerin getragenen Versicherungsbeiträge für die in ihrem Namen und auf ihre Rechnung abgeschlossene [X.] als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte anzusehen seien, da das Interesse am Versicherungsschutz für die Kanzlei das eigene Interesse der Rechtsanwälte an dem Versicherungsschutz nicht eindeutig überwiege.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid gemäß § 42d des Einkommensteuergesetzes (EStG).

5

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2014 und den Haftungsbescheid vom 3. Mai 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Beiträge der Klägerin zu ihrer [X.] zu Unrecht als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte beurteilt.

A. Die Klage und die Revision, die nach ihrem Wortlaut von der GbR erhoben wurden, sind als solche der Partnerschaftsgesellschaft auszulegen.

1. Für die Beteiligtenstellung ist die Bezeichnung in der Klageschrift nicht allein ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des [X.] beizulegen ist. In diese Beurteilung ist auch das tatsächliche Vorbringen im weiteren Verlauf des Verfahrens miteinzubeziehen (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 14. November 1986 III R 12/81, [X.], 212, [X.] 1987, 178). Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Beteiligter anzusprechen, die erkennbar durch die Beteiligtenbezeichnung betroffen werden soll ([X.]-Urteile in [X.], 212, [X.] 1987, 178, und vom 7. Juli 1987 VII R 94/84, [X.], 492, [X.] 1987, 804; [X.] vom 25. September 1985 IV R 180/83, [X.] 1986, 171; vom 6. Mai 1998 IV B 108/97, [X.] 1999, 146; vom 31. August 1999 VIII B 29/99, [X.] 2000, 442, und vom 8. November 2005 VIII B 3/96, [X.] 2006, 570). Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von [X.] dem [X.] und dem [X.] als den Empfängern der Klageschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab ([X.]-Urteil vom 8. Januar 1991 VII R 61/88, [X.] 1991, 795). Dabei ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, dass eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist ([X.]-Urteil in [X.], 212, [X.] 1987, 178; [X.] in [X.] 2006, 570). Eine Auslegung der Klageschrift entgegen ihrem Wortlaut kommt nach der Rechtsprechung des [X.] jedenfalls dann in Betracht, wenn die fehlerhafte Klägerbezeichnung durch eine fehlerhafte Rubrumsbezeichnung in der Einspruchsentscheidung veranlasst worden ist ([X.]-Urteile vom 23. April 2009 IV R 87/05, [X.] 2009, 1650, und vom 11. April 2013 IV R 20/10, [X.]E 241, 132, [X.] 2013, 705).

2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass Klage und Revision --entgegen ihrem Wortlaut-- von der Partnerschaftsgesellschaft erhoben worden sind. Mit Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft im Partnerschaftsregister im Januar 2012 wurde die GbR in die Partnerschaftsgesellschaft ohne Rückgriff auf eine gesetzliche Regelung außerhalb des [X.] im Wege des identitätswahrenden [X.]s umgewandelt (vgl. dazu Henssler, [X.], 2. Aufl., § 1 Rz 33; [X.], [X.], 6. Aufl., § 1 [X.] Rz 31; [X.]’sches Handbuch der Personengesellschaften, 4. Aufl., § 20 Rz 50, 113). Die Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 war (ebenso wie der Haftungsbescheid vom 3. Mai 2012) dennoch zu Unrecht an die GbR und nicht an die Partnerschaftsgesellschaft gerichtet, obwohl die GbR schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (und des [X.]) in die Partnerschaftsgesellschaft formwechselnd umgewandelt worden war. Die Umwandlung der GbR in die Partnerschaftsgesellschaft war dem [X.] jedenfalls bei Erlass der Einspruchsentscheidung auch bekannt. Denn die Klägerin trat im Einspruchsverfahren bereits als Partnerschaftsgesellschaft auf. Dies war aus dem von ihr verwendeten Briefpapier für das [X.] auch klar erkennbar.

Gleichwohl führte die fehlerhafte Adressierung der Einspruchsentscheidung nicht zu deren Unwirksamkeit, da sie sich trotz Adressierung an die GbR inhaltlich an die durch identitätswahrenden [X.] entstandene Partnerschaftsgesellschaft richtete und dem Bevollmächtigten der Partnerschaftsgesellschaft als Bekanntgabeadressaten wirksam bekannt gegeben wurde. Entspricht das Rubrum der Klageschrift in diesem Fall dem der Einspruchsentscheidung, hat das [X.] die fehlerhafte Klägerbezeichnung dem Grunde nach veranlasst. Da aber für das [X.] erkennbar war, dass die Klage zulässigerweise nur von der Partnerschaftsgesellschaft erhoben werden konnte, kann auch die Klage gegen den Wortlaut nur dahin ausgelegt werden, dass sie von der Partnerschaftsgesellschaft eingelegt worden ist (vgl. [X.]-Urteil in [X.] 2009, 1650). Dass die Klage von einem rechtskundigen Prozessvertreter erhoben worden ist, steht der Auslegung in diesem Fall nicht entgegen.

B. Die Revision der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Das [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass die Beiträge der Klägerin zu ihrer eigenen Haftpflichtversicherung zu Arbeitslohn der bei ihr angestellten Rechtsanwälte führten.

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG --neben Gehältern und [X.] auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, [X.]E 245, 230, [X.] 2014, 904, und vom 19. November 2015 VI R 74/14, [X.]E 252, 129, [X.] 2016, 303).

a) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit [X.] eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 14. November 2013 VI R 36/12, [X.]E 243, 520, [X.] 2014, 278).

b) Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern hiernach erst recht nicht, wenn er ausschließlich gegenüber [X.] eigene Verpflichtungen eingeht und eigene Ansprüche erwirbt, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufweisen. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (Senatsurteile in [X.]E 252, 129, [X.] 2016, 303, und vom 19. November 2015 VI R 47/14, [X.]E 252, 124, [X.] 2016, 301).

2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat der erkennende Senat die Übernahme der Beiträge zu der Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn beurteilt (Urteil vom 26. Juli 2007 VI R 64/06, [X.]E 218, 370, [X.] 2007, 892). Denn ein Rechtsanwalt ist gemäß § 51 der Bundesrechtsanwaltsordnung ([X.]) gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht wird mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 Abs. 2 [X.]) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 [X.]). Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts. Kommt er der gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er typischerweise im eigenen Interesse. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber folglich nicht in dessen ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse, sondern auch im wesentlichen Interesse des angestellten Rechtsanwalts.

Andererseits hat der erkennende Senat entschieden, dass der Erwerb eigenen Haftpflichtversicherungsschutzes durch den Arbeitgeber, im dortigen Streitfall eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, zu keinem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil bei den Arbeitnehmern führt (Urteil in [X.]E 252, 129, [X.] 2016, 303). Dem lag zugrunde, dass der von der Rechtsanwaltsgesellschaft erworbene Versicherungsschutz der Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden i.S. der §§ 59j, 51 Abs. 1 Satz 1 [X.] diente. Deshalb versicherte die Rechtsanwaltsgesellschaft durch den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihre eigene Berufstätigkeit und wandte ihren Arbeitnehmern dadurch weder Geld noch einen geldwerten Vorteil in Form des Versicherungsschutzes zu.

Wie oben bereits dargelegt, hat der Senat des Weiteren entschieden, dass bloße Reflexwirkungen der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers nicht zu Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern führen. Aus diesem Grund wendet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern mit dem Abschluss einer eigenen Betriebshaftpflichtversicherung keinen Arbeitslohn zu, da es i.S. der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats an einer Leistung des Arbeitgebers fehlt, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (Urteil in [X.]E 252, 124, [X.] 2016, 301).

Dies gilt auch, soweit sich der Versicherungsschutz auf die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehenden Personen erstreckt. Denn Bedeutung und Zweck der Erweiterung des Versicherungsschutzes bestehen darin, dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz für alle bei ihm beschäftigten Personen zu gewähren, weil nur dann erreicht werden kann, die Haftpflichtrisiken aus der unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen. Zudem haften Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs gegenüber dem Arbeitgeber häufig nicht oder nur beschränkt; im Falle ihrer Inanspruchnahme durch Dritte wegen Schäden aus ihrer beruflichen Tätigkeit können sie vom Arbeitgeber in Abhängigkeit vom Grad des Verschuldens Freistellung verlangen (z.B. [X.] in: [X.], 7. Aufl. 2014, § 257 BGB Rz 5; Urteil des [X.] vom 26. August 1993  8 [X.] 247/92). Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflicht von [X.] Arbeitnehmern hilft somit, Spannungen zwischen den Mitarbeitern und dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) zu vermeiden, die bei ihrer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den geschädigten [X.] entstehen können, und dient so letztlich dem Unternehmenswohl (Senatsurteil in [X.]E 252, 124, [X.] 2016, 301, Rz 16).

3. Nach diesen Maßstäben sind die Beiträge der Klägerin zu ihrer [X.] nicht als Arbeitslohn der angestellten Rechtanwälte anzusehen.

a) Der erkennende Senat versteht die tatsächlichen Feststellungen des [X.], nach denen "hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte eine [X.] im Namen und auf Rechnung der Klägerin" existierte, dahin, dass es sich bei der fraglichen Versicherung um eine solche der Klägerin handelte, die diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatte.

Die [X.] diente hiernach der Deckung des mit dem Betrieb der Klägerin verbundenen [X.], also dem eigenen Versicherungsschutz der GbR und ihrer Gesellschafter, die neben der GbR als mögliche Anspruchsgegner wegen Vermögensschäden in Betracht kamen (dazu z.B. Urteil des [X.] vom 10. Mai 2012  IX ZR 125/10, [X.], 193). Dies galt auch, soweit ein Vermögensschaden durch einen bei der GbR angestellten Rechtsanwalt verursacht wurde, da die GbR und ihre Gesellschafter nach § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für solche Vermögensschäden ebenfalls einzustehen hatten. Durch den Erwerb ihres eigenen Versicherungsschutzes wandte die GbR den bei ihr angestellten Rechtsanwälten indessen keinen geldwerten Vorteil zu.

b) Steuerbarer Arbeitslohn läge im Übrigen auch dann nicht vor, wenn es sich bei den angestellten Rechtsanwälten um sogenannte Scheinsozien gehandelt haben sollte. Zwar können "Scheinsozien" für durch [X.] verursachte Vermögensschäden in entsprechender Anwendung des § 128 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs auch persönlich haften (dazu z.B. Urteil des [X.] vom 28. September 2010  28 U 238/09, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2011, 137). Gleichwohl wäre die Einbeziehung der Scheinsozien in den Versicherungsschutz nur eine bloße Reflexwirkung der eigenbetrieblichen Betätigung der Klägerin und damit lediglich Folge der ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen der Klägerin und ihrer Gesellschafter, für sich einen hinreichenden Versicherungsschutz gegen von der GbR, ihren Gesellschaftern und etwaigen "Scheinsozien" verursachte Vermögensschäden zu erlangen. Denn für diese hatten die GbR und ihre Gesellschafter ebenfalls einzustehen. Hierdurch wandte die Klägerin den bei ihr angestellten Rechtsanwälten aber nichts "für" deren Beschäftigung zu, weil sie nur so erreichen konnte, die Haftpflichtrisiken aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen.

c) Das Vorliegen von Arbeitslohn folgt entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.] schließlich auch nicht aus den Grundsätzen des [X.] in [X.]E 218, 370, [X.] 2007, 892. Denn diese Entscheidung betraf die Übernahme der Beiträge zu der eigenen Berufshaftpflichtversicherung des angestellten Rechtsanwalts, zu deren Abschluss der Rechtsanwalt nach § 51 [X.] gesetzlich verpflichtet ist. Um Beiträge zu einer solchen Versicherung geht es im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht, da die angestellten Rechtsanwälte der Klägerin eine solche Versicherung auf eigene Kosten unterhielten, ohne dass die Klägerin die Beiträge zu dieser Versicherung übernahm.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VI R 58/14

10.03.2016

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 3. Juni 2014, Az: 9 K 9369/12, Urteil

§ 12 Abs 2 BRAO, § 14 Abs 2 Nr 9 BRAO, § 51 BRAO, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 19 Abs 2 EStG 2002, § 38 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 38 Abs 1 S 3 EStG 2002, § 38 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 42d Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 19 Abs 2 EStG 2009, § 38 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 38 Abs 1 S 3 EStG 2009, § 38 Abs 3 S 1 EStG 2009, § 42d Abs 1 Nr 1 EStG 2009, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, § 65 Abs 1 FGO, § 128 S 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.03.2016, Az. VI R 58/14 (REWIS RS 2016, 14718)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2142 REWIS RS 2016, 14718

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Referenzen
Wird zitiert von

5 K 1199/17.NW

Zitiert

IX ZR 125/10

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