Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2018, Az. 2 StR 559/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 12727

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2018:070318B2STR559.17.0

BUN[X.]SGERI[X.][X.]TS[X.]OF

BES[X.][X.]LUSS

2 StR 559/17
vom
7. März
2018
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Mordes u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.], zu Ziffern 1b), 2 und 4 auf dessen Antrag, und nach
Anhörung der
Beschwerdeführer
am 7.
März 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
154 Abs.
2 StPO
einstimmig
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten [X.]

wird das Urteil
des [X.] vom 26. Juni 2017, soweit es ihn betrifft,
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Mord und der Brandstiftung schuldig ist,
b)
mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch aufgehoben.
2.
Das Verfahren gegen den Angeklagten

[X.]

wird
eingestellt, soweit er wegen Brandstiftung verurteilt wurde; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwen-digen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
3.
Auf die Revision des Angeklagten

[X.]

wird das
vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft,
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass er des Mordes schuldig ist,
b)
insoweit aufgehoben, als der Maßstab für die [X.] der im Ausland erlittenen Freiheitsentziehung nicht bestimmt wurde.
4.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung an eine andere als Schwurge--
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-
richt zuständige Strafkammer des [X.] zurückver-wiesen.
5.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten des Mordes und der Brandstiftung schuldig gesprochen. Den Angeklagten

[X.]

hat es zu einer lebens-
langen Freiheitsstrafe, den Angeklagten [X.]

zu einer Einheitsjugendstrafe
von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.]iergegen richten sich die [X.] der Angeklagten. Die Rechtsmittel
haben in dem aus der Entschei-dungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.] hatten die Angeklagten bis zum [X.] 2015 eine enge Beziehung miteinander. Der Angeklagte [X.]

hatte danach vermehrt Kontakt zu dem später getöteten

[X.].

. Er
bat diesen darum, für ihn zwei Fahrzeuge, seinen Fernseher, einen Laptop, sein Rennrad und Kleidungsstücke zu verkaufen, weil er Geld benötigte.

[X.].

vertröstete ihn immer wieder mit der Auszahlung des Verkaufserlö-
ses, obwohl der Angeklagte [X.]

dringend darauf hinwies, dass er darauf an-
gewiesen sei. Der Angeklagte [X.]

fühlte sich zudem bedroht, weil ein
Brandanschlag auf das [X.]aus verübt wurde, in dem er wohnte, ferner weil er 1
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-
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-
nachts anonyme Anrufe erhielt und befürchtete, dass Personen um das [X.]aus schlichen. Der Angeklagte [X.]

, der verstärkt Kontakt zu dem Angeklagten
[X.]

suchte, gab ihm zu verstehen, dass er

[X.].

umbringen wolle.

.

glaubte ihm
schließlich, dass sich seine Probleme durch die Tötung von

[X.].

lösen

ließen. Der Angeklagte [X.]

erläuterte ihm seinen Plan,

[X.].

in das
Ke.

zu locken und ihn dort zu erschlagen. [X.]

solle zu einem in der Nähe
des [X.] gelegenen Parkplatz fahren und auf einem [X.]ochsitz warten. Er werde ihn nach der Tötung des Opfers mit einem Pfiff herbeirufen, um ihm [X.] zu helfen, die Leiche in das Auto des Opfers zu legen, nach F.

zu fahren und das Fahrzeug mit der Leiche dort in Brand zu setzen. Nachdem der Angeklagte [X.]

immer wieder erklärt hatte, es gebe keine andere Mög-
lichkeit, war der Angeklagte [X.]

schließlich einverstanden.
Der Angeklagte [X.]

verabredete sich unter einem Vorwand mit

[X.].

zu einem Treffen im Ke.

in der Nacht vom 23. zum 24.
Oktober
2015. Er führte einen Teleskopschlagstock mit. Damit griff er

[X.].

am
Tatort überraschend an und versetzte dem Arg-
und Wehrlosen mindestens zwölf Schläge gegen den Kopf.

[X.].

wurde dadurch handlungsunfä-
hig. Dann stieß der Angeklagte [X.]

einen Pfiff aus und rief den Angeklagten
[X.]

herbei, der dem [X.] entsprechend in der Nähe gewartet hatte. Als
der Angeklagte [X.]

ankam, lag

[X.].

auf dem Bauch mit dem Kopf
im Wasser eines Baches. Der Angeklagte [X.]

nahm einen großen
Stein und
schlug diesen heftig auf den Kopf des noch lebenden

[X.].

, der da-
nach starb.
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-
Die Angeklagten konnten seine Leiche nicht wie geplant zum [X.], weshalb sie diese unter einer Brücke ablegten. Dann fuhren sie zu einem Waldstück in der Gemarkung [X.]

, wo sie das Fahrzeug des Opfers in
Brand setzten.
Die Angeklagten flohen kurz darauf nach [X.].

. Von dort kehrte der An-
geklagte [X.]

am 24.
November 2015 zurück und stellte sich der Polizei. Der
Angeklagte [X.]

wurde im Februar 2016 in [X.].

festgenommen und am
8.
August 2016 von dort nach [X.] ausgeliefert.
2. Das [X.] hat die Angeklagten als Mittäter wegen heimtü-ckisch begangenen Mordes und Brandstiftung verurteilt. Der Angeklagte [X.]

sei auch
Mittäter des Mordes gewesen, weil er ein eigenes Interesse an der Tötung von

[X.].

verfolgt habe. Er habe mit seinen [X.] nicht
nur eine Beihilfehandlung begangen. Dafür spreche auch der Umstand, dass er bei dem Schlag des Angeklagten [X.]

mit [X.] auf den Kopf des Opfers
anwesend gewesen sei und hätte eingreifen können.

II.
Die Revision des Angeklagten [X.]

ist zum Teil begründet. Seine
Verfahrensrügen haben aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 20.
Dezember 2017 genannten Gründen keinen Erfolg. Auch die Sachrüge ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen Brandstiftung richtet. Jedoch begegnet die Verurteilung wegen Mordes [X.] rechtlichen Bedenken.
1. Das [X.] ist
zu Unrecht von Mittäterschaft ausgegangen.
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a) Bei der Beteiligung mehrerer Personen ist Mittäter, wer seinen eige-nen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der [X.]andlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen [X.]andeln als Ergänzung
des eige-nen [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert zwar nicht zwingend eine eige-ne Mitwirkung am Kerngeschehen; ausreichen kann auch eine die Tatbe-standsverwirklichung fördernde Vorbereitungs-
oder Unterstützungshandlung. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Betei-ligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist auf Grund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zu ihr sein (vgl. BG[X.], Urteil vom 15.
Januar 1991

5 [X.], BG[X.]St 37, 289, 291; [X.], Beschluss
vom
13. September 2017

2 [X.], NStZ-RR 2018, 40 mwN).
b) Nach diesem Maßstab hat der Angeklagte [X.]

nur Beihilfe gemäß
§
27 StGB zum Mord geleistet.
Der Angeklagte [X.]

war nur bei der letzten Ausführungshandlung
unmittelbar vor Ort und hat auch dann nicht aktiv mitgewirkt. Zur Beteiligung an der Tat war er überredet worden. Den Plan, das Opfer in das Ke.

zu locken
und dort überraschend mit dem Teleskopschlagstock anzugreifen, hatte der Angeklagte [X.]

entwickelt. Er hat die Tatwaffe mitgebracht und die Tötungs-
handlungen alleine ausgeführt. Er wollte den Angeklagten [X.]

dadurch an
sich binden und hat damit ein Eigeninteresse verfolgt.
Bei dieser Sachlage stellt sich das Verhalten des Angeklagten [X.]

,
auch unter Berücksichtigung des tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes, als Beihilfe dar. Die Tatsache, dass er ein eigenes Interesse am Tod des Opfers 9
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hatte, um nicht mehr von diesem bedroht zu werden, reicht ebenso wenig wie seine bloße Anwesenheit bei der letzten Ausführungshandlung und seine Mit-wirkung bei der Beseitigung von Leiche und Fahrzeug des Opfers aus, um [X.] als mit der Planung und Ausführung des Mordes durch den [X.] [X.]

annähernd gleichwertig erscheinen zulassen.
2. Der [X.] ändert den Schuldspruch in Beihilfe zum Mord ab. Es ist auszuschließen, dass ein neuer Tatrichter weitere Feststellungen treffen könn-te, aus denen sich eine Mittäterschaft des Angeklagten [X.]

ergeben würde.
Die Angeklagten haben sich in der [X.]auptverhandlung nicht zur Sache geäußert. Das [X.] hat sich auf die Äußerungen des Angeklagten [X.]

im Vor-
verfahren gestützt, die es ohne Rechtsfehler als glaubhaft angesehen hat.
§
265 Abs.
1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entge-gen, weil der Angeklagte [X.]

sich gegen die Verurteilung wegen Beihilfe
zum Mord nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
3. Die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung der [X.].

III.
1. Der [X.] hat das Verfahren auf Antrag des [X.] gemäß §
154 Abs.
2 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte [X.]

wegen Brandstiftung verurteilt wurde; insoweit könnte ein

behebbares

[X.] wegen des im Auslieferungsverfahren nicht beachteten Grundsatzes der Spezialität vorliegen.

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2. Die Verfahrensbeschränkung führt zur Änderung des Schuldspruchs. Der Strafausspruch bleibt unberührt. Das [X.] hat die lebenslange Frei-heitsstrafe gemäß §
211 Abs.
1 StGB in der Urteilsformel nicht als Gesamtstra-fe bezeichnet.
3. Rechtlich zu beanstanden ist das Urteil
schließlich, soweit das Land-gericht den Maßstab für die Anrechnung der Auslieferungshaft in
[X.].

nicht
festgelegt hat. Gemäß §
51 Abs.
4 Satz
2 StGB hat das Gericht den [X.]smaßstab für eine in dieser Sache erlittene Freiheitsentziehung zu be-stimmen. Dies muss auch in der Urteilsformel zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BG[X.], Beschluss vom 10.
Juli 2014

1 [X.], BG[X.]R StGB §
51 Abs.
4 Anrechnung
7; Beschluss vom 3.
November 2017

3
StR 293/17). Der [X.] kann die Bestimmung des [X.] nicht selbst vorneh-men, weil das [X.] keine Feststellungen zu den Umständen der [X.] [X.]hile getroffen hat. Es liegt auch kein Fall
vor, in dem ersichtlich nur eine Anrechnung nach dem Maßstab eins zu eins in Betracht käme.

Schäfer [X.]Eschelbach

Zeng

Grube

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18

Meta

2 StR 559/17

07.03.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2018, Az. 2 StR 559/17 (REWIS RS 2018, 12727)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12727

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