Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. IX ZR 58/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 699

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:151216U[X.]58.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX [X.]

Verkündet am:

15. Dezember 2016

Kirchgeßner

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 203 Satz 1
Die Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen führt nicht zu einer auf den Beginn der Verhandlungen rückwirkenden Hemmung der Verjährung.

[X.], Urteil vom 15. Dezember 2016 -
IX [X.] -
OLG Koblenz

[X.]

[X.]:[X.]:[X.]:2016:151216U[X.]58.16.0
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15.
Dezember 2016 durch [X.] [X.], die
Richterin [X.], den Richter Prof. Dr.
Pape, die Richterin [X.] und den Richter Meyberg

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 10.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Koblenz vom 16.
März 2016 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Architekt und hatte bei der G.

Versiche-rung AG
(im Folgenden Haftpflichtversicherer) eine Berufshaftpflichtversiche-rung. Er
erbrachte für zwei Bauherren Architektenleistungen einschließlich Bauüberwachung, Objektbetreuung und Dokumentation für den Neubau eines Einfamilienhauses. Im Jahr
2008 leiteten die Bauherren gegen ihn
ein selbstän-diges Beweisverfahren ein. Er
beauftragte deswegen am 18.
Juni 2008 den -
ihm hierzu nach der Schadensmeldung von dem Haftpflichtversicherer emp-fohlenen
-
beklagten Rechtsanwalt, ihn in diesem Verfahren zu vertreten. Der [X.] nahm seinerseits wegen des selbständigen Beweisverfahrens im Juli 2008 Kontakt zu dem Haftpflichtversicherer auf. Der im selbständigen Beweis-verfahren beauftragte Sachverständige stellte im Gutachten vom 18.

Dezember 2008 zahlreiche Mängel des Baus fest, die zumindest auch im [X.]
-
3
-
bereich des [X.] lagen. Am 26.
Mai 2009 erhoben die Bauherren wegen dieser Mängel Klage gegen den Kläger auf Feststellung, dass dieser verpflichtet sei, ihnen
sämtlichen Aufwand zur Behebung der Mängel zu erstatten. Der [X.], vom Kläger beauftragt, bestellte sich auch in diesem Verfahren. Der Prozess ging für den Kläger im Frühjahr 2010 verloren.

Der Kläger fragte am 26.
November 2009 bei seinem Haftpflichtversiche-rer nach dem Stand der Dinge. Dieser
entzog ihm daraufhin mit Schreiben vom 30.
November 2009 unter Berufung auf die [X.] wegen vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheiten den Versicherungs-schutz. Zur Begründung führte er aus, er sei seit Juli 2008 nicht mehr ange-schrieben oder in sonstiger Weise informiert worden. Insbesondere sei ihm [X.] übersandt
worden. Auch in Folge lehnte er die Erbringung von Zahlungen gegenüber dem Kläger ab.

[X.] erwirkten die Bauherren gegen den Kläger wegen der Baumängel einen Zahlungstitel über 36.430

Nun-mehr nimmt der Kläger den [X.]n, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, wegen des Verlusts seines Versicherungsschutzes hinsichtlich der Schadensersatzforderungen der Bauherren
in Anspruch.
Er wirft ihm vor, den Haftpflichtversicherer nicht, wie geboten, vom Gang des selbständigen Beweis-verfahrens und von der Feststellungsklage der Bauherren unterrichtet zu
ha-ben. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Antrag auf Zahlung von 59.602,67

.

2
3
-
4
-
Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat
ausgeführt: Zwar habe der [X.] die ihn treffende Pflicht aus dem Anwaltsvertrag verletzt, den Versicherungsschutz des [X.] bei dem Haftpflichtversicherer nicht zu gefährden. Wegen dieser Pflichtverletzung habe der Kläger den Versicherungsschutz verloren und sei ihm in Höhe der von ihm zu tragenden Mängelbeseitigungskosten (nebst Zinsen und Kosten) ein Schaden entstanden. Doch seien die dem Kläger hieraus er-wachsenen Schadensersatzansprüche verjährt. Der
Lauf der dreijährigen Ver-jährungsfrist nach §
195 [X.] habe spätestens am 31.
Dezember 2010
nach §
199 Abs.
1 [X.] begonnen.
Erstmals gehemmt sei die Verjährung durch [X.] von telefonischen Verhandlungen am 19.
Juni 2012 worden. Im [X.] an das Telefonat seien diese
jedoch eingeschlafen. Insgesamt sei [X.] die Verjährung nur für die [X.] vom 19.
Juni 2012 bis zum 19.
Septem-ber 2012 gehemmt gewesen. Eine Rückwirkung der Hemmung auf den
1.
Februar 2010, als
die Parteien [X.] verhandelt hätten,
komme nicht in Betracht.
Die Verjährungsfrist sei deswegen am 31.
März 2014 verstrichen. Zwar seien die Verhandlungen im Mai 2014 wieder aufgenommen worden, sie hätten aber wegen des Ablaufs der Verjährungsfrist nicht zu einer weiteren Hemmung der Verjährung geführt.

4
5
-
5
-

Dem [X.]n sei nicht nach [X.] und Glauben (§
242 [X.]) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Der [X.] habe gegenüber dem Kläger niemals seine grundsätzliche Bereitschaft zur Schadensregulierung mitgeteilt, sondern er habe nur zu erkennen gegeben, bereit zu sein, das [X.] der Ansprüche zu prüfen.

II.

Diese
Ausführungen halten
rechtlicher Prüfung stand.
Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der von ihm angenommene Schadensersatzan-spruch des [X.] wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages verjährt und dem [X.]n die Erhebung der [X.] nach [X.] und Glauben nicht verwehrt ist.

1.
Ansprüche gegen Rechtsanwälte verjähren seit Aufhebung des §
51b [X.] durch Gesetz vom 9.
Dezember 2004 ([X.] I S.
3214) mit Wirkung vom 15.
Dezember 2004 nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§
194
ff [X.]. Danach verjährt der Regressanspruch
des [X.] nach §
195 [X.] in drei Jahren mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstan[X.] ist (§
199 Abs.
1 Nr.
1 [X.]) und der Mandant von der Person des [X.] und von den -
den Anspruch begründenden -
Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 6.
Februar 2014 -
IX
ZR 245/12, [X.]Z
200, 172 Rn.
8
f).

a)
Dem Kläger ist nach den nicht von der Revision angefochtenen Fest-stellungen des Berufungsgerichts der Schaden spätestens mit dem Erlass des zweiten Versäumnisurteils in dem Bauvertragsprozess zwischen den Bauherren 6
7
8
9
-
6
-
und dem Kläger Anfang des Jahres 2010 entstanden. Aufgrund dieses wenig später rechtskräftig gewordenen Urteils stand fest, dass er den Bauherrn dem Grunde nach Ersatz der [X.] schuldete. Weiter soll zu-gunsten des [X.] unterstellt werden, dass der Haftpflichtversicherer gegen-über dem Kläger nach §
5 AHB 2002 wegen einer vorsätzlichen [X.] schon im [X.] leistungsfrei geworden ist. Dann aber stand mit der Rechtskraft des zweiten Versäumnisurteils noch im Jahr 2010 fest, dass sich die Vermögenslage des [X.] durch die hier ebenfalls unterstellte Pflichtverletzung des [X.]n im Vergleich zu seinem früheren [X.] objektiv verschlechtert hat.
Denn er musste den Bauherren die diesen entstehenden [X.] auf eigene Kosten erstatten.
Dass es sich bei dem Titel um ein Feststellungsurteil handelt, ist dabei unerheblich. Für die Entstehung des Schadens genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können (vgl. [X.], Urteil vom 25.
April 2013 -
IX
ZR 65/12, WM
2013, 1081 Rn.
10).

b)
Weiter hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger spätestens im Jahr 2010 auch Kenntnis von der Person des Schuldners und den anspruchsbegründenden Tatsachen besaß. Nach den nicht angegrif-fenen Feststellungen wusste der Kläger seit [X.] 2009 um den Verlust seines Versicherungsschutzes. Seit Anfang des Jahres
2010 wusste er infolge des zweiten Versäumnisurteils, dass er den Bauherren die Kosten für die Behebung der Baumängel somit selbst
würde erstatten
müssen. Dieses Wissen allein ge-nügt allerdings nicht.

Eine Kenntnis oder grobe fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch be-gründenden Umstände im Sinne des §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] liegen im Fall der 10
11
-
7
-
Anwaltshaftung nicht schon dann vor, wenn dem Mandanten Umstände [X.] werden, nach denen zu seinen Lasten ein [X.] eingetreten ist.
Vielmehr muss er Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn -
zumal wenn er juristischer Laie ist
-
ergibt, dass der Rechtsberater von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen oder Maßnahmen nicht einge-leitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren. Nicht die anwaltliche Beratung,
sondern erst der Pflichte[X.]erstoß des [X.] begründet den gegen ihn gerichteten Regressanspruch
([X.], Urteil vom 6.
Februar 2014 -
IX
ZR 245/12, [X.]Z
200, 172 Rn.
15).
Doch hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger auch von der Pflichtwidrigkeit des [X.]n spätestens im Februar
2010 wusste, weil er -nunmehr anderweitig anwaltlich beraten,
gegenüber dem [X.]n wegen des Anwaltsfehlers die klageweise Inanspruchnahme ankündigte.
Mithin begann die dreijährige Verjährung gemäß §§
195, 199 [X.] mit Ablauf des 31.
Dezember 2010
und endete -
vorbehaltlich einer Hemmung
-
am 31.
Dezember 2013.

2.
Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die nach §
203 Satz
1 [X.] wegen schwebender Verhandlungen eingetretene
Hemmung die Verjährung der klägerischen Forderung nach den getroffenen [X.] nicht verhindert hat.

a)
Der
Begriff von Verhandlungen im Sinne des §
203
Satz
1 [X.] ist verwirklicht, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend ma-chen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte [X.] über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, so-fern der Schuldner nicht sofort und erkennbar Leistung ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der [X.] anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erör-12
13
-
8
-
terungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein ([X.], Beschluss vom 7.
Juli 2011 -
IX
ZR 100/08, [X.] aktuell 2012, 96 mwN).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien vom 1.
Februar bis zum 15.
Juli
2010, vom 19.
Juni bis zum 19.
September 2012 und wieder ab dem 21.
Mai 2014 in diesem Sinne verhandelt.
Mit Schreiben vom 1.
Februar 2010 hat der Kläger gegenüber dem [X.]n die Regressfor-derung geltend gemacht, der [X.] hat hierauf seine Vorgehensweise [X.] und den Kläger gebeten, ihm die Deckungsablehnungen des Haftpflichtver-sicherers zur Verfügung zu stellen, weil er sich mit diesem in Verbindung setzen wolle. Mithin durfte der Kläger annehmen, der [X.] lasse sich auf [X.] über die Berechtigung des Anspruchs ein. Ein weiteres Gespräch über den von dem Kläger geltend gemachten Regressanspruch haben die Parteien in einem Telefonat am 19.
Juni 2012 geführt. Der [X.] hat dem Kläger mit-geteilt, seinen eigenen Haftpflichtversicherer eingeschaltet zu haben. Weiter hat er den Kläger gebeten, den gesamten Schriftverkehr mit seinem Haftpflichtver-sicherer vorzulegen. Er wolle sodann Kontakt mit diesem aufnehmen und da-nach
sich mit seinem eigenen Haftpflichtversicherer in Verbindung setzen. Die Wertung des Berufungsgerichts, auch hier hätten die Parteien im Sinne von §
203 Satz 1 [X.] verhandelt, greift die Revision mit Recht nicht an. Ab dem 21.
Mai 2014 tauschten die Parteien erneut Schriftsätze über die Frage aus, ob Haftungsansprüche des [X.] gegen den [X.]n bestehen, und [X.] erneut über den geltend gemachten Anspruch.

b)
Nach
§
203 Satz
1 [X.] ist die Verjährung im Fall schwebender [X.] über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden [X.] gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert.
Eine ausdrückliche Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlun-14
15
-
9
-
gen und eine endgültige
Ablehnung der Leistung durch den [X.]n sind
in den genannten [X.]räumen nicht erfolgt. Doch reicht es -
entgegen der Ansicht der Revision
-
für eine Beendigung der Hemmung aus, wenn die [X.] beidseits nicht fortgesetzt werden, sie -
bildlich gesprochen
-
einschlafen. Dies hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung zu §
852 Abs.
2 [X.] entschieden ([X.], Urteil vom 6.
März 1990 -
VI
ZR 44/89, VersR
1990, 755, 756; vom 5.
November 2002

[X.], [X.]Z
152, 298, 303; vom 1.
März 2005 -
VI
ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047).
Diese [X.] haben auch im Anwendungsbereich des §
203 Satz
1 [X.] Geltung. Dies war nicht nur der eindeutige Wille des Gesetzgebers, sondern diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, innerhalb angemesse-ner Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen ([X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX
ZR 158/07, NJW
2009, 1806
Rn.
12). Die [X.] sind in diesem Sinne zu dem [X.]punkt "eingeschlafen", in dem spätestens eine Erklärung der anderen Seite zu erwarten gewesen wäre ([X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX
ZR 158/07, NJW
2009, 1806 Rn.
11; vom 5.
Juni 2014
-
VII ZR 285/12, WM
2014, 1925 Rn.
16).

Gemessen hieran ist gegen die Wertung des Berufungsgerichts, die [X.] zwischen den Parteien im Jahr 2010 seien am 15.
Juli 2010 einge-schlafen, revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Der Kläger hatte dem [X.]n unter Androhung der [X.] eine Frist bis zu diesem Datum gesetzt, sich zur Haftungsfrage zu erklären. Dieses Datum konnte mithin als der [X.]-punkt
angesehen werden, in dem spätestens eine Erklärung des [X.]n zu erwarten gewesen wäre, zumal
eine Antwort des [X.]n weder innerhalb der ihm gesetzten Frist noch im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der ihm ge-setzten Frist erfolgt
ist. Da somit die Verhandlungen zwischen den Parteien 16
-
10
-
eingeschlafen sind, bevor der Lauf der
Verjährung
begann, konnten sie nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen.

Nach den Verhandlungen am 19.
Juni 2012 kam es nach den [X.] bis zum 21.
Mai 2014 zu keinen weiteren Kontak-ten zwischen den Parteien. Soweit deswegen das Berufungsgericht angenom-men hat, die Verhandlungen seien mit dem Ablauf von drei Monaten, mithin am 19.
September
2012, eingeschlafen, ist dies revisionsrechtlich nicht zu [X.]. Denn es unterliegt grundsätzlich tatrichterlichem und im [X.] daher nur beschränkt nachprüfbarem Ermessen, die [X.]spanne zu bestimmen, innerhalb derer auf die Erklärung eines der Verhandlungsführer eine Antwort des anderen vernünftigerweise zu erwarten war ([X.], Urteil vom 28.
März 1985 -
III
ZR 20/84, VersR
1985, 642, 644). Feste
Fristen, wann [X.] einschlafen, bestehen nicht. Der [X.]raum, den man dem einen Teil zur Reaktion auf die Äußerung des anderen Teils einräumen muss, hängt von dem Gegenstand der Verhandlung und der Verhandlungssituation ab (vgl. [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 14.
Aufl., §
203 Rn.
6). Das Berufungsgericht hat diesen [X.]raum mit drei Monaten großzügig bemessen. Die Verhandlungen zwischen den Parteien waren kurz
und spielten sich an einem Tag ab. Der [X.] hatte vom Kläger Unterlagen angefordert, die einfach zu beschaffen wa-ren
und in wenigen Tagen hätten zusammengestellt und ihm überlassen wer[X.] können. Vorher wollte er, wie er gegenüber dem Kläger deutlich erklärt hat, nicht tätig werden. Soweit der Kläger auf die Komplexität der Angelegenheit und die
Beteiligung von zwei Versicherungen verweist, kam es deswegen -
worauf das Berufungsgericht mit Recht verwiesen hat
-
nicht an. Infolgedessen war die Verjährung 93
Tage gehemmt.

17
-
11
-

Die Verhandlungen ab dem 21.
Mai 2014 hatten auf die Verjährung kei-nen Einfluss mehr. Denn unter Beachtung der festgestellten Hemmung war die Schadensersatzforderung des [X.] spätestens ab dem 4.
April 2014 ver-jährt. §
203 [X.] gilt nur für Ansprüche, die nicht bereits vor Aufnahme der [X.] verjährt waren
(vgl. OLGR
Celle
2005, 489, 490). Selbst wenn die Parteien im Mai 2014 in Unkenntnis der Verjährung verhandelt haben, sind [X.] Verhandlungen verjährungsrechtlich unerheblich (vgl. [X.]/[X.], 7.
Aufl., §
203 Rn.
19).

c)
Die Wiederaufnahme der im Jahr 2010 und im [X.] abgebroche-nen
Verhandlungen am 19.
Juni 2012 und am 21.
Mai 2014 hat
nicht eine Hemmung rückwirkend ab dem 1.
Februar 2010 und/oder 19.
Juni 2012 zur
Folge.

aa)
Der vom
Kläger für seine Ansicht, dass bei Wiederaufnahme durch "[X.]"
abgebrochener Verhandlungen die Hemmung rückwirkend auf den [X.]punkt wirke, zu dem die Verhandlungen erstmalig aufgenommen worden seien, in Bezug genommene Beschluss des [X.] vom 19.
Dezember 2013 (IX
ZR 120/11, ZInsO
2014, 164 Rn.
2) betrifft einen ande-ren Sachverhalt. Dort hat der [X.] entschieden, bei schwebenden Verhandlungen wirke die Hemmung grundsätzlich auf den [X.]punkt zurück, in dem der Gläubiger seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend ge-macht habe. Voraussetzung sei, dass der Verpflichtete auf die Mitteilung des Berechtigten alsbald, also zeitnah,
antworte
(vgl. [X.]/[X.], aaO
Rn.
10). Der Beschluss befasst sich also
nur mit der Frage, ob bei einer [X.] die Hemmung mit dem Zugang des Anforderungsschreibens des Be-rechtigten eintritt oder erst mit dem Antwortschreiben des Verpflichteten. Wie 18
19
20
-
12
-
die [X.] zwischen wiederaufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu werten
ist, ist damit nicht beantwortet.

bb)
Mit Recht hat das Berufungsgericht gesehen, dass mit der Wieder-aufnahme der Verhandlungen am 19.
Juni 2012 und am 21.
Mai 2014 die Hemmung nicht auf den Beginn der [X.] und/oder 2012
zurückwirkt.

(1)
In Literatur ([X.]/[X.], [X.], 2014, §
203 Rn.
12; MünchKomm-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
203 Rn.
8; BeckOGK-[X.]/[X.], 2016, §
203 Rn.
54; BeckOK-[X.]/[X.], 2016, §
203 Rn.
5) und Rechtsprechung (OLG
Köln, Beschluss vom
1.
Juli 2013 -
5
U 44/13, [X.]) wird erwogen, dass dann, wenn über einen Anspruch mehrfach verhandelt wird, die dazwischen liegenden [X.]räume insgesamt als hemmend zu behandeln sind. Voraussetzung ist, dass entweder bei wertender Betrachtungsweise die späte-ren Verhandlungen letztlich nur die früheren fortführen oder dass zwischen den einzelnen [X.] ein enger zeitlicher Zusammenhang be-steht. Als Beispielsfall wird genannt,
dass frühere Verhandlungen eingeschlafen sind und mit Verspätung wiederaufgenommen werden. Andere stellen sich auf den Standpunkt, neue Verhandlungen setzten stets eine neue Hemmung in Gang ([X.], Urteil vom 28.
März 1985 -
III
ZR 20/84, VersR
1985, 642, 644; [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 14.
Aufl., §
203 Rn.
6; [X.]/[X.], 7.
Aufl.,
§
203 Rn.
17; vgl. [X.], Urteil vom 5.
November 2002 -
VI
ZR 416/01, [X.]Z
152, 298, 302
aE; OLG
Hamm, VersR
1997, 1112; OLG
Frankfurt, MDR
2010, 326).

(2)
Werden beidseits nicht fortgesetzte und deswegen als abgebrochen anzusehende
Verhandlungen wieder aufgenommen, kommt eine rückwirkende 21
22
23
-
13
-
Hemmung durch die neuen Verhandlungen auf den [X.]punkt der ersten [X.]
nicht in Betracht. Für eine Rückwirkung der Hemmung unter werten[X.] Gesichtspunkten oder bei einem engen zeitlichen Zusammenhang besteht schon kein Bedarf, weil bei Vorliegen besonderer Umstände auch bei längeren [X.]räumen zwischen den Kontakten zwischen dem Berechtigten und dem [X.] nicht von einem das Verhandlungsende bewirkenden Einschlafen auszugehen ist (vgl.
BeckOGK-[X.]/[X.], 2016, §
203 Rn.
54). Im Übrigen muss die Frage, wie die [X.]räume zwischen beendeten und wieder-aufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu bewerten sind, in bei[X.] Fällen des Verhandlungsendes aus systematischen Gründen
gleich beant-wortet werden, also sowohl in dem Fall, dass Verhandlungen endgültig [X.] werden, als auch in dem Fall, dass sie einschlafen. Ein nachvollziehbarer Grund, eingeschlafene und ausdrücklich abgebrochene Verhandlungen bei der Bewertung ihrer Wiederaufnahme unterschiedlich zu behandeln, ist nicht er-sichtlich. Der Gesetzgeber wollte eingeschlafene und abgelehnte Vergleichs-verhandlungen im Rahmen des §
203 [X.] gleichbehandeln. Dies ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren (vgl. BT-Drucks. 14/6857 S.
43; [X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX
ZR
158/07, NJW
2009, 1806 Rn.
12). Hat aber
der Verpflichtete die Fortsetzung der Verhandlungen ausdrücklich abgelehnt, würde es ihn unzumutbar belasten, wenn die Hemmung nur deshalb zurückwirkte, weil er später wieder gesprächsbereit ist (vgl. OLG
Köln, Beschluss vom 1.
Juli 2013 -
5
U 44/13, [X.]; [X.]/[X.], [X.], 2014, §
203 Rn.
12; BeckOGK-[X.]/[X.], 2016, §
203 Rn.
56). Entsprechendes gilt aber auch, wenn der Berechtigte die Verhandlungen einschlafen lässt.

Auch ist eine Rückwirkung der Hemmung mit
Sinn und Zweck der [X.], innerhalb angemessener Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen, nicht zu vereinbaren. Wollte man nämlich eine solche 24
-
14
-
annehmen, könnte die Frage der Begründetheit des Anspruchs auf unabsehba-re [X.] in der Schwebe gelassen werden, indem die Verhandlungen zunächst nicht weitergeführt und zwischendurch immer wieder aufgenommen werden (vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX
ZR 158/07, aaO).

3.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch gesehen, dass dem [X.] die Erhebung der [X.] nach §
214 Abs.
1 [X.] nicht gemäß §
242 [X.] verwehrt ist. Danach kann der Einrede der Verjährung der [X.] aus §
242 [X.]
nicht nur dann entgegengesetzt werden, wenn der Schuldner den Gläubiger absichtlich von der Erhebung der Klage abgehalten hat. Vielmehr reicht aus, dass der Schuldner durch sein Verhalten objektiv -
sei es auch unabsichtlich
-
bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere [X.] unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von [X.] und Glauben u[X.]ereinbar wäre, wobei in-soweit ein strenger Maßstab anzulegen ist ([X.], Beschluss vom 5.
November 2014
-
XII
ZB 186/13, FamRZ
2015, 248 Rn.
15 mwN). Nach den [X.] des Berufungsgerichts hat der Kläger einen entsprechenden Sachvortrag nicht gehalten. Der [X.]
hat ihn weder vorsätzlich noch unbeabsichtigt von der Erhebung der [X.] abgehalten. In seinen Antwortschreiben hat er immer nur seine Bereitschaft bekundet, die geltend gemachten Ansprüche zu prüfen, nicht aber in Aussicht gestellt, die Einrede der Verjährung nicht zu erhe-ben. Ein schutzwürdiges Vertrauen des [X.], der [X.] werde die [X.] der Verjährung nicht erheben, wurde dadurch nicht geschaffen.

25
-
15
-
III.

Das Berufungsgericht ist auch nicht verfahrensfehlerhaft zu der Feststel-lung gelangt, zwischen dem 19.
Juni 2012 und dem 21.
Mai 2014 sei es zu kei-nem weiteren Kontakt zwischen den Beteiligten gekommen. Ebenso wenig be-ruht die Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht erwarten dürfen, dass der [X.], ohne die erbetenen Unterlagen (gegebenenfalls erneut)
zu erhalten, an die Versicherer herantreten würde, auf einem Verfahrensfehler. Die Verfahrensrügen, mit denen sich die Revision gegen diese Wertungen wendet, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird ge-mäß §
564 ZPO von einer Begründung abgesehen.

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.05.2015 -
5 O 231/14 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 16.03.2016 -
10 [X.] -

26

Meta

IX ZR 58/16

15.12.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2016, Az. IX ZR 58/16 (REWIS RS 2016, 699)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 699

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 58/16

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