Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2015, Az. IX ZR 1/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11784

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 1/13

Verkündet am:

30. April 2015

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 146 Abs. 1; [X.] §
199 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 288 Abs. 1
Wer sich in seinem Parteivortrag erkennbar über die subjektiven Voraussetzungen der Verjährung irrt und deswegen zur Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis vom Anfechtungsanspruch und vom [X.] nicht vorträgt, gesteht diese übersehene Tatbestandsvoraussetzung nicht zu.
[X.], Versäumnisurteil vom 30. April 2015 -
IX ZR 1/13 -
OLG [X.]

LG [X.] II

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. April
2015 durch [X.] [X.], den
Rich-ter Vill, die Richterin [X.], den Richter Grupp
und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.]s [X.] vom 4.
Dezember 2012 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die S.

AG (künftig: Schuldnerin) zahlte am 7.
Juni 2006 den Betrag von 51.119,46

n-den, den der Beklagte gegen eine andere wirtschaftlich angeschlagene Gesell-schaft der Firmengruppe erwirkt hatte, zu der auch die Schuldnerin gehörte. Auf Antrag der Schuldnerin vom 7.
Juni 2007 eröffnete das Insolvenzgericht am 14.
Juni 2007 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen und bestellte zunächst 1
-
3
-
P.

K.

und
am 5.
Juni 2008 -
nach
dessen
Entlassung
-
den
Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger focht die Zahlung gegenüber dem Beklagten an und erhob noch im Jahr 2010 Klage.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch verjährt sei. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte der Kläger die Verurteilung des Beklagten auf Rückgewähr der Zahlung erreichen.

Entscheidungsgründe:

Da der Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur münd-lichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des [X.] durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z
37, 79,
81; vom 4.
Juli 2013 -
IX
ZR 229/12, WM
2013, 1615 Rn.
6; insoweit in [X.]Z
198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der im Revisionsverfahren geltend gemachten 51.119,46

ausgeführt: Der
bestehende [X.] sei nach §
146 Abs.
1
[X.], §
204 [X.]
verjährt. Der Kläger habe im Sinne von §
288 ZPO zugestanden, dass die Verjährung am 31.
Dezember 2007 begon-2
3
4
-
4
-
nen habe. Zwar sei die Verjährung durch Einreichung der Klage rechtzeitig ge-hemmt gewesen; das Verfahren sei jedoch mit der Wirkung des §
204 Abs.
2 Satz
2 [X.] in Stillstand geraten und vom Kläger zu spät wieder angerufen worden. Der Kläger habe das Geständnis nicht wirksam widerrufen. Weder ha-be er einen Irrtum dargelegt noch bewiesen, dass sein Vorgänger keine Kennt-nis von dem Anfechtungsanspruch gehabt habe.

II.

Die Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat nicht nach §
288 ZPO zugestanden, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.
Dezember 2007
begonnen habe.

1. Die Verjährung des [X.]s
nach §
143 Abs.
1 Satz
1 [X.] richtet sich für das im Jahr 2007 eröffnete Verfahren nach den Regelun-gen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§
146 Abs.
1 [X.]; Art.
229
§
12 Abs. 1, §
6 Abs.
1 EG[X.]).

a) Die dreijährige Regelfrist des §
195 [X.] beginnt nach §
199 Abs.
1 Nr.
1 [X.] frühestens mit dem Schluss desjenigen Jahres, in dem der Rückge-währanspruch entstanden ist. Dieser Anspruch entstand mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ([X.], Beschluss vom 24.
März 2011 -
IX
ZB 36/09, NZI
2011, 323
Rn.
6; vom 6.
Dezember 2012 -
IX
ZB 84/12, NZI
2013, 147 Rn.
6; vom 7.
Februar 2013 -
IX
ZB 286/11, NZI
2013, 393 Rn.
12). Denn [X.] kann der Anspruch nicht als ein Recht der Insolvenzmasse entstehen. [X.] des Eröffnungszeitpunkts ist auf den im Eröffnungsbeschluss bezeichneten Tag (vgl. §
27 Abs.
2 Nr.
3 oder Abs.
3 [X.]) abzustellen (MünchKomm-5
6
7
-
5
-
[X.]/Kirchhof, 3.
Aufl., §
146 Rn.
8). Das Insolvenzverfahren wurde am 14.
Juni 2007 eröffnet, mithin ist der Anfechtungsanspruch im Jahr
2007 entstanden. Die Verjährung trat frühestens
mit Ablauf des 31.
Dezember 2010 ein.

Wenn auf diesen Zeitpunkt abgestellt wird,
ist der [X.] des [X.] verjährt, wie das Berufungsurteil richtig ausführt und die Revision nicht beanstandet. Zwar hat der Kläger durch Einreichung der Klage die [X.] nach §
146 Abs.
1 [X.], §
204 Abs.
1 Nr.
1 [X.] rechtzeitig gehemmt; die Klage ist dem Beklagten vor Ablauf des Jahres 2010 zugestellt worden. Das Verfahren ist jedoch nach §
204 Abs.
2 Satz
2 [X.] spätestens am 15.
März 2011 in Stillstand geraten, weil das [X.] im Einverständnis der Parteien am 7.
März 2011 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und der Kläger am 15.
März 2011 als letzte Verfahrenshandlung einen Schriftsatz zu den Akten gereicht hat. Mithin hat die Hemmung nach §
204 Abs.
1 Nr.
1 [X.] gemäß §
204 Abs.
2 [X.] sechs Monate nach der Vorlage des Schriftsatzes am 15.
März 2011 geendet, also am 15.
September 2011. Mit Einreichung des Schriftsatzes vom 2.
November 2011 konnte der Kläger eine erneute Hemmung nach §
204 Abs.
2 Satz
3 [X.] nicht mehr erreichen, weil zu diesem Zeitpunkt sein
Anspruch jedenfalls verjährt war (§
209 [X.]; 3.
Dezember 2010 Eingang der Anfechtungsklage; 12.
Dezember 2010 Zustellung der Anfechtungsklage: Der Kläger hätte deswegen spätestens bis zum 15.
Oktober 2011 das [X.] weiterbetreiben müssen).

Eine Verlängerung der Hemmung gemäß §
203 Satz
1 [X.] wegen au-ßergerichtlicher Vergleichsverhandlungen ist nicht eingetreten. Zwar haben [X.] vor dem [X.] ihre Bereitschaft erklärt, Vergleichsverhand-lungen zu führen. Auch hat der Kläger im Hinblick darauf den Beklagten am 19.
April 2011 angeschrieben und um Vergleichsangebote gebeten. Auf dieses 8
9
-
6
-
Schreiben hat der Beklagte aber nicht geantwortet. [X.] die Verhandlungen ein, endet die Hemmung, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des [X.] spätestens zu erwarten gewesen wäre ([X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX
ZR 158/07, NJW
2009, 1806 Rn.
10
f). Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass der Verpflichtete auf ein Vergleichsangebot des Berechtigten nicht reagiert ([X.], Urteil vom 5.
November 2002 -
VI
ZR 416/01,
NJW 2003, 895, 897). Wann die Verhandlungen einschlafen, kann nicht allgemein angegeben werden,
sondern ist eine Frage des Einzelfalls. Jedenfalls dann, wenn die Parteien [X.] noch nicht ernsthaft aufgenommen haben, sind die [X.] eingeschlafen, wenn der Schuldner auf die Anfrage des Berechtig-ten, ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, nicht innerhalb eines Monats rea-giert (vgl. [X.], Urteil vom 5.
November 2002, aaO; [X.], AnwBl
2013, 665; [X.], Urteil vom 6.
Dezember 2012 -
13
U 65/12, nv
Rn.
13; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
203 Rn.
8). Damit endete die Hemmung nach §
203 Satz
1
[X.] am 19.
Mai 2011 und die Verjährung konnte nach §
203 Satz 2 [X.] frühestens am 19. August 2011 eintreten. Die Hemmung des §
203 [X.] und die Hemmung nach §
204 [X.] liefen deswegen nebeneinander her und führen zu keiner Verlängerung der Hemmung ([X.]/[X.], [X.], 2014, §
203 Rn.
3).

b)
Erlangt der Insolvenzverwalter als die Anfechtung ausübender [X.] Kenntnis im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des [X.]s erst nach dem Eröffnungsbeschluss, so beginnt die Frist erst mit dem [X.] ab Kenntniserlangung. Der Kenntnis steht die grob fahrlässige Unkenntnis der tatsächlichen Anfechtungsvoraussetzungen gleich. Sie setzt eine besonders schwere, auch subjektiv vorwerfbare Vernachlässigung der Ermittlungspflichten 10
-
7
-
des Insolvenzverwalters voraus. Grobe Fahrlässigkeit kann insbesondere [X.], wenn der Verwalter einem sich aufdrängenden Verdacht nicht nachgeht oder auf der Hand liegende, Erfolg versprechende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt oder sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühen und Kosten beschaffen könnte (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 3.
Aufl., §
146 Rn.
8b).

aa)
Der Kläger selbst kann frühestens mit seiner Bestellung im Juni 2008 Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen
und von der Person des [X.]s erlangt haben. Wenn allein auf seine Kenntnis abgestellt wird, würde die regelmäßige Verjährungsfrist
nach §
199 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
146 Abs.
1 [X.] mit Schluss des Jahres 2008 beginnen und nach drei Jahren, also am 31.
Dezember 2011, enden. Mit Ein-reichung des Schriftsatzes am 2.
November 2011 wäre die Verjährung deswe-gen in jedem Fall nach §
204 Abs.
2 Satz
3 [X.] rechtzeitig gehemmt. Der [X.] wäre dann nicht verjährt.

bb)
Auf die Kenntnis des [X.] kann es aber erst von dem Zeitpunkt seiner Bestellung ankommen. Vorher ist auf die Kenntnis oder die grob fahrläs-sige Unkenntnis des früheren Verwalters abzustellen. Im Falle des [X.] durch Abtretung

398 [X.]), Legalzession (§
412 [X.]) oder [X.] muss sich der neue Gläubiger -
entsprechend §
404 [X.]
-
die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des alten Gläubigers zu-rechnen lassen ([X.], Urteil vom 17.
Oktober 1995 -
VI
ZR 246/94, NJW
1996, 117, 118; vom 24.
April 2014 -
III
ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn.
25; vom 30.
April 2014 -
IV
ZR 30/13, NJW
2014, 2492 Rn.
13). Nichts Anderes kann für den Wechsel des Verwalters gelten. Denn so wie die Rechtshandlungen des entlassenen Verwalters,
abgesehen von nichtigen Handlungen, ihre Wirksam-11
12
-
8
-
keit behalten (HK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
59 Rn.
12), setzt seine Kenntnis und seine grob fahrlässige Unkenntnis von bestehenden [X.]n die Verjährungsfrist in Gang. Es wird allenfalls erörtert, ob bei einem Verwalter-wechsel über §
146 Abs.
1 [X.] §
210
[X.] analog zur Anwendung kommt, mit der Folge, dass [X.] frühestens sechs Monate seit Bestel-lung des neuen Verwalters verjähren können (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 3.
Aufl., §
146 Rn.

146 Rn.
7; HmbKomm-[X.]/Rogge/[X.], 5.
Aufl., §
146 Rn.
5 aE; [X.]/Hirte, [X.], 13.
Aufl., §
146 Rn.
8). Nach dieser Regelung wird der Lauf der [X.] jedoch nur beeinflusst, wenn der Wechsel des Verwalters während der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist erfolgt (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
210 Rn.
6). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Verwalterwechsel im [X.] stattgefunden hat und die Anfechtungsansprü-che keinesfalls vor dem 31.
Dezember 2010 verjährten.

c)
Mithin kommt es auf die Beantwortung der Frage an, ob und wann der Amtsvorgänger des [X.] Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen der Anfech-tungsvoraussetzungen
und von der Person des [X.]s erlangt hat oder ab wann seine Unkenntnis grob
fahrlässig war.

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger den [X.] nicht wirksam gestanden.

a)
Ein Geständnis im Sinne von §
288 ZPO ist die Erklärung einer Partei,
dass eine von der Gegenseite behauptete, für die [X.] ungünsti-ge Tatsache wahr ist. Sie erklärt ihr Einverständnis damit, dass diese Tatsache zur [X.] gemacht wird. In der Wirkung wird die Tatsachenbehaup-tung im weiteren Prozess als wahr unterstellt (MünchKomm-ZPO/Prütting, 13
14
15
-
9
-
4.
Aufl., §
288 Rn.
5). Gegenstand eines Geständnisses können zunächst [X.] sein, zu denen auch innere Tatsachen wie eine Willensrichtung gehö-ren. Einem Geständnis zugänglich sind darüber hinaus auch juristisch einge-kleidete Tatsachen ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2003 -
XII
ZR 100/00, WM
2004, 544, 545; vom 18.
Juni 2007 -
II
ZR 89/06, WM
2007, 1662 Rn.
16; vom 22.
Februar 2011 -
XI
ZR 261/09, NJW
2011, 2130 Rn.
12). Grundsätzlich [X.] auch präjudizielle Rechtsverhältnisse Gegenstand eines Geständnisses sein ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2003, aaO). Der Verjährungsbeginn als solcher kann mithin als eine reine Rechtsfrage nicht Gegenstand eines Geständnisses sein, sondern nur die Tatsachen, aus denen sich der Verjährungsbeginn herlei-tet. Insbesondere kann ein Gläubiger zugestehen, Kenntnis von Anspruch und Anspruchsgegner zu einem bestimmten Zeitpunkt erlangt zu haben. In diesem Sinne kann seine Erklärung, die Verjährung habe zu einem bestimmten Zeit-punkt begonnen, verstanden werden.

b) Ob der Kläger in diesem Sinne ein Geständnis gemäß §
288 Abs.
1, §
289 Abs.
2 ZPO abgegeben hat, ist revisionsrechtlich uneingeschränkt nach-prüfbar ([X.], Urteil vom 22.
Mai 2001 -
VI
ZR 74/00, NJW
2001, 2550, 2551). Die Auslegung und rechtliche Würdigung prozessualer Willenserklärungen der Parteien unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung des Revisionsgerichts ([X.], Urteil vom 14.
April 1999 -
IV
ZR 289/97, NJW-RR
1999, 1113).

aa) Als derjenige, dem die Einrede der Verjährung zugutekommt, ist der Beklagte für die dafür maßgeblichen Tatsachen darlegungs-
und beweispflich-tig. Ihm obliegt es, die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seines Gläu-bigers von den in §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] genannten Voraussetzungen darzu-tun. Er muss also Umstände dartun und
gegebenenfalls beweisen, aus denen folgt, dass
der zunächst bestellte Insolvenzverwalter
von dem Anfechtungsan-16
17
-
10
-
spruch bis Ende des Jahres 2007 erfahren hat oder sich einem sorgfältig arbei-tenden Insolvenzverwalter der Schluss auf einen Anspruch und auf die Person des Schuldners hätte aufdrängen müssen. Allerdings obliegt es dem Kläger, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitzu-wirken. Er hat deswegen die Umstände darzulegen, die ihn an der Erkenntnis gehindert haben, dass ihm ein Anspruch zusteht. Gleiches gilt für das, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seines Anspruchs getan hat (vgl.
[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
199 Rn.
42).

Die Mitwirkungspflichten des [X.] erstrecken sich allerdings nur ein-geschränkt auf die Zeit der Verwaltung durch den Amtsvorgänger. Im Rahmen des §
138
Abs.
4 ZPO ist in der Rechtsprechung des [X.] aner-kannt, dass eine Partei auf die Kenntnisse ihres früheren gesetzlichen Vertre-ters nicht verwiesen werden kann
([X.], Urteil vom 9.
Juli 1987 -
III
ZR 229/85, WM
1987, 1125, 1126), weil das Wissen ihr durch das Ausscheiden des Or-ganmitglieds gleichsam verloren gegangen ist ([X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
138 Rn.
43). Nichts anderes kann im Verhältnis vom Insolvenz-verwalter zu seinem Amtsvorgänger gelten. Doch muss der Kläger immerhin vortragen, welche Kenntnisse zu den [X.]n sein Amtsvor-gänger ihm übermittelt hat und wie der Bearbeitungsstand der [X.] war, als er das Amt übernommen hat (vgl. [X.]/
Schütze/[X.], aaO). Diesen Vortrag
hat der Kläger gehalten.

bb)
Der Beklagte selbst hat erstinstanzlich weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass der frühere Insolvenzverwalter noch im [X.] vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des [X.]s hatte. Kläger, Beklagter und [X.] gin-gen ersichtlich im
Anschluss an die bis zum 14.
Dezember 2004 geltende 18
19
-
11
-
Rechtslage davon aus, dass
die [X.]
kenntnisunabhängig
in drei Jahren ab Schluss des Jahres, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, verjährten. So hat der Beklagte im Schriftsatz vom 9.
Februar 2012 die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu vorgetragen, gemäß §
146 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
195 [X.] verjährten [X.] innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, die im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen beginne. Vorliegend verjährten Verjährungsansprüche folglich mit Ablauf des 31.
Dezember 2010. Der Kläger hat darauf reagiert mit dem Vortrag, richtig sei, dass gemäß §
146 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
195 [X.] die insolvenzrechtlichen [X.] innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjährten. Die Frist beginne mit dem Ende des Jahres der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen. Diese Erklärung erfasste mithin -
ebenso wenig wie die Erklärung des Beklagten
-
nicht eine Kenntnis der Insolvenzverwalter von Anspruch und [X.]sgegner oder deren grob
fahrlässige Unkenntnis. Noch im Verhandlungs-termin, auf den das erstinstanzliche Urteil erging, stellte das [X.] in sei-nen Hinweisen zum Verjährungsbeginn allein auf die Eröffnung des [X.] ab. Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz hat der Kläger die Frage nach der Kenntnis angesprochen.

Da in der ersten Instanz eine etwaige Kenntnis oder grob
fahrlässige Un-kenntnis des Amtsvorgängers des [X.] von den Parteien nicht angespro-chen worden ist, kann die klägerische Einlassung nicht so ausgelegt werden, dieser habe Kenntnis oder grob
fahrlässige Unkenntnis seines Amtsvorgängers zugestanden. Den Beginn der Verjährung als reine Rechtsfrage konnte der Klä-ger nicht gestehen und hat er auch nicht gestanden. Insoweit hat er lediglich Rechtsausführungen gehalten, wobei diesen eine
zu seinen Ungunsten
er-kennbar rechtsirrige Rechtsauffassung vom Verjährungsbeginn zugrunde lag. 20
-
12
-
Wer sich in seinem Vortrag erkennbar über die Voraussetzungen der [X.]
irrt, deswegen eine Tatbestandsvoraussetzung ersichtlich übersieht und zu dieser nicht vorträgt, ist nicht einverstanden damit, dass diese übersehene Tat-bestandsvoraussetzung zu seinem Nachteil zur [X.] gemacht wird.

cc)
Da der Kläger zum
Verjährungsbeginn kein Geständnis im Sinne von §
288 ZPO abgegeben hat, durfte das Berufungsgericht seinen diesbezüglichen Vortrag nicht unberücksichtigt lassen. Auch hätte es den Vortrag nicht nach §
531 Abs.
2 ZPO zurückweisen dürfen. Vielmehr hätte
schon
das [X.] gemäß §
296a, §
156 Abs. 2 Nr.
1 ZPO die Verhandlung wiedereröffnen müs-sen, nachdem in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz erstmals zu einem Ge-sichtspunkt vorgetragen worden ist, den die Parteien bis dahin übersehen hat-ten. Deswegen hätte das Berufungsgericht den neuen Vortrag nach §
531 Abs.
2
Nr.
1 ZPO zulassen müssen.

III.

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückverwiesen (§
563 Abs.
1 ZPO).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem
[X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils 21
22
23
24
-
13
-
bei dem [X.], [X.] 45 a, [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Kayser
Vill
[X.]

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.] II, Entscheidung vom 19.03.2012 -
11 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.12.2012 -
5 U 1664/12 -

Meta

IX ZR 1/13

30.04.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2015, Az. IX ZR 1/13 (REWIS RS 2015, 11784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11784

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 1/13

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