Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.12.2013, Az. 10 AZR 1018/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 446

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Gegenstand

Antrittsgebühr in der Druckindustrie - Schiedsspruch vom 7. November 1975


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2012 - 14 [X.] 331/12 - aufgehoben, soweit es das Urteil des [X.] vom 25. Januar 2012 - 6 Ca 3354/11 - abgeändert hat.

2. Die Berufung des [X.] gegen dieses Urteil wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche [X.] im Zusammenhang mit dem Druck der [X.]schrift „[X.]“.

2

Der Kläger arbeitet als maschinenführender Drucker für die Beklagte. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Angestellte der Druckindustrie im [X.] vom 12. Juni 2006 ([X.] Druck [X.]) Anwendung.

3

§ 7 Ziff. 8 [X.] Druck [X.] enthält folgende Regelung zur [X.]:

        

„Bei regelmäßig erscheinenden [X.]ungen und [X.]schriften, die am Sonntag oder in der [X.] zum Montag hergestellt werden, ist an alle mit der Herstellung beschäftigten Angestellten eine Antrittsgebühr in folgender Höhe zu zahlen:

        

…“    

4

Für den Kläger beträgt die [X.] 152,00 Euro.

5

In einem Schiedsverfahren zu § 7 Ziff. 5 Buchst. a des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der [X.] (im Folgenden: [X.] Druck [X.]), der eine parallele Regelung der [X.] für gewerbliche Arbeitnehmer enthält, erließ das [X.] am 7. November 1975 folgenden Schiedsspruch:

        

„Antrittsgebühr

        

Es wird festgestellt, dass ein Anspruch auf die Antrittsgebühr gemäß § 7 Ziffer 5 a nicht besteht, wenn das Erscheinen und die Herstellung regelmäßig erscheinender [X.]ungen und [X.]schriften im Voraus so festgelegt ist, dass die Herstellung normalerweise nicht am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt und deren Herstellung wegen besonderer Umstände ausnahmsweise im Einzelfall in der genannten [X.] erfolgen muss.“

6

Die „[X.]“ ist ein monatliches, nicht regelmäßig an einem Montag erscheinendes Mitgliedermagazin. Es wird an unterschiedlichen Tagen in den Regionen durch die Post ausgeliefert. Die Produktion der Auflage von einigen Millionen Exemplaren erfolgt parallel auf mehreren Druckmaschinen an verschiedenen Tagen, das Produktionsfenster beträgt etwa eine Woche. Am 2. und 3. Oktober sowie am 27. November 2011 wurde die „[X.]“ unter Mitwirkung des [X.] an einem Sonn- bzw. Feiertag gedruckt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für die Arbeit an diesen Tagen schulde die Beklagte die tarifliche [X.], und beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 456,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Januar 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die zunächst noch weitere Sonntagsschichten umfassende Klage auf Zahlung der [X.] insgesamt abgewiesen, das [X.] hat ihr für die im Revisionsverfahren noch streitigen Tage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Druck der Zeitschrift „[X.]“ an einem Sonn- oder Feiertag löst die [X.] nach § 7 Ziff. 8 [X.] Druck [X.] nicht aus.

I. Ein Anspruch auf die [X.] setzt voraus, dass die Herstellung einer Zeitung oder Zeitschrift gewöhnlich am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt; der Anspruch besteht nicht, wenn der Druck normalerweise an anderen Werktagen und nur ausnahmsweise an einem Sonntag erfolgt. Dies ergibt die Auslegung von § 7 Ziff. 8 [X.] Druck [X.].

1. Der Wortlaut der Tarifnorm, von dem zunächst auszugehen ist (st. Rspr., vgl. [X.] 28. August 2013 - 10 [X.] - Rn. 13), ist nicht eindeutig. Er legt zwar für sich genommen die Auslegung nahe, dass die [X.] bei regelmäßig erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften immer ausgelöst wird, wenn sie am Sonntag oder in der Nacht zum Montag gedruckt werden; danach wäre die [X.] nur beim Druck anderer Produkte nicht zu zahlen. Nicht fern liegt aber auch die Annahme, es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem Erscheinen und der Herstellungszeit. Die [X.] wird dann nur geschuldet, wenn die Zeitung oder Zeitschrift als Folge des Erscheinungsdatums oder der Datenlieferung gewöhnlich sonntags gedruckt werden muss. Diese Auslegung bestätigt der Schiedsspruch des Zentralen Schiedsgerichts zur Auslegung der [X.] § 7 Ziff. 5 Buchst. a [X.] Druck [X.].

a) Nach § 2 der Schieds- und Schlichtungsordnung der Tarifvertragsparteien ist das [X.] nach Maßgabe von § 101 Abs. 1 ArbGG für Rechtsstreitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien zur Auslegung und Durchführung der jeweils bestehenden Tarifverträge zuständig, nach § 4 Abs. 2 haben Schiedssprüche die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils und setzen Tarifrecht für den Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrags (vgl. zur Zulässigkeit einer Schiedsabrede über die Auslegung von Tarifnormen: [X.]/Germelmann 8. Aufl. § 101 Rn. 9, § 4 Rn. 4).

b) Das [X.] hat den Streit über den Bedeutungsgehalt und die Auslegung der Parallelnorm des § 7 Ziff. 5 Buchst. a [X.] Druck [X.] verbindlich entschieden. Danach besteht kein Anspruch auf eine [X.], wenn das Erscheinen und die Herstellung einer regelmäßig erscheinenden Zeitung oder Zeitschrift im Voraus so festgelegt sind, dass die Herstellung normalerweise nicht und nur ausnahmsweise am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt. Die [X.] soll nur geschuldet sein, wenn Zeitungen oder Zeitschriften nicht an anderen Werktagen, sondern nur am Sonntag bzw. in der Nachtschicht zum Montag gedruckt werden können.

c) Zwar ist der Schiedsspruch nicht unmittelbar zu § 7 Ziff. 8 [X.] Druck [X.] ergangen. Regelmäßig wollen Tarifvertragsparteien aber einen bestimmten Begriff einheitlich in seiner allgemein rechtlichen Bedeutung verwenden und dementsprechend anwenden (st. Rspr., [X.] 18. März 2009 - 5 [X.] - Rn. 15; 20. April 1988 - 4 [X.] - [X.]E 58, 116, 124 ff.; 15. Mai 1991 - 4 [X.] -). Für die [X.] gilt dies bereits deshalb, weil gewerbliche und angestellte Arbeitnehmer gemeinsam am Herstellungsprozess des Druckprodukts arbeiten.

2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der [X.] bestätigen [X.]. Sonntagsarbeit wird nach § 7 Ziff. 3 [X.] Druck [X.] bereits mit einem Zuschlag von 115 % vergütet. Der mit einem Sonntagszuschlag verfolgte Zweck, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Tag nicht der Regeneration, der Familie bzw. der Vornahme von religiösen Handlungen dienen kann (vgl. [X.] 25. September 2013 - 10 [X.] - Rn. 13), ist damit erreicht. Dass die Tarifvertragsparteien für „normale“ Sonntagsarbeit im Zusammenhang mit der Herstellung regelmäßig erscheinender Zeitungen und Zeitschriften eine weitere Vergütung festlegen wollten, ohne damit einen zusätzlichen Zweck zu verfolgen, ist fernliegend. Nach ihrem Sinn und Zweck soll die [X.] vielmehr nur bei besonders bedeutsamer, zeitgebundener Drucktätigkeit geschuldet sein. Sie ist keine allgemeine Erschwerniszulage für Sonntags- und Nachtarbeit, sondern eine Zuverlässigkeitsprämie. Sie soll einen Anreiz dafür schaffen, dass die am Sonntag und in der Nacht zum Montag lästige, im Hinblick auf das termingebundene Druckprodukt aber besonders bedeutsame Arbeitspflicht eingehalten, die rechtzeitige Herstellung der Zeitung oder Zeitschrift nicht gefährdet wird und diese am nächsten Morgen ausgeliefert werden kann (vgl. [X.] 26. Februar 1985 - 3 [X.] - zu 3 der Gründe; 18. März 2009 - 5 [X.] - Rn. 18). Im Gegensatz zur Auffassung des [X.] stellt demnach der letzte Halbsatz des Schiedsspruches vom 7. November 1975, wonach die Herstellung wegen besonderer Umstände ausnahmsweise am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgen muss, keine eigenständige, vom Arbeitgeber darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung dar; vielmehr geht es nur um eine Erklärung dafür, warum der Druck der nicht zuschlagspflichtigen Produkte trotz der anderweitigen Festlegung im Einzelfall am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt.

II. Die „[X.]“ muss weder an einem Sonntag bzw. in der Nachtschicht zum Montag hergestellt werden, noch wird sie nach den Produktionsplanungen der Beklagten regelmäßig in diesen Zeiten gedruckt; unstreitig beträgt das [X.] ca. eine Woche. Soweit die Zeitschrift an einigen Tagen (auch) am Sonntag gedruckt wurde, konnte dies die [X.] nicht auslösen.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

   Mikosch   

        

    [X.]    

        

    Mestwerdt   

        

        

        

    Frese    

        

   Großmann    

                 

Meta

10 AZR 1018/12

11.12.2013

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mönchengladbach, 25. Januar 2012, Az: 6 Ca 3354/11, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.12.2013, Az. 10 AZR 1018/12 (REWIS RS 2013, 446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 446


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 10 AZR 1018/12

Bundesarbeitsgericht, 10 AZR 1018/12, 11.12.2013.


Az. 6 Ca 3354/11

Arbeitsgericht Mönchengladbach, 6 Ca 3354/11, 25.01.2012.


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