Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2014, Az. XII ZB 444/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2682

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 444/13

vom

24. September
2014

in der
Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§
1835 Abs.
3, 1836 Abs.
1; FamFG §
277 Abs.
2 Satz
2;
[X.] §
1 Abs.
1 Satz
1; [X.] §
1 Abs.
2 Satz
1 und 2
Die Frage, unter welchen Umständen ein Verfahrenspfleger im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Vergütung nach dem [X.] zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkann-ten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Fortführung des [X.] vom 26.
Oktober 2011
XII
[X.]
312/11
mRZ 2012, 113).
BGH, Beschluss vom 24. September 2014 -
XII [X.] 444/13 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat am 24. September
2014
durch [X.], die Richterin Weber-Monecke
und die
Richter
Dr.
[X.], Dr.
Günter
und
Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 18.
Juli
2013
wird auf Kosten der
weiteren Beteiligten zu 3
zurückgewiesen.
[X.]: 1.452

Gründe:
I.
Die
Beteiligte zu 2
begehrt als anwaltliche Verfahrenspflegerin
der Be-troffenen die Festsetzung einer
Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungs-gesetz
gegen die Staatskasse.
Das Amtsgericht bestellte die Beteiligte zu 2 zur Verfahrenspflegerin u. a. zur Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen in einem Verfahren, das die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von
Grundbesitz der Be-troffenen
zum Gegenstand hat. Nach Prüfung des notariellen Kaufvertrags und einer Grundschuldbestellungsurkunde teilte die Beteiligte zu 2 dem Amtsgericht mit, der
[X.]
Genehmigung des von der Betreuerin beabsich-tigten [X.] und der Grundschuldbestellung stünden keine Be-denken entgegen.
1
2
-
3
-

Für die Überprüfung
des Grundstückskaufvertrags hat die Beteiligte zu 2 die Festsetzung einer Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in Höhe von 1.451,80

gegen die Staatskasse beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Land-gericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und die an die Beteiligte zu 2 zu zahlende Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte
die
Beteiligte zu 3 (Staatskasse)
die [X.] der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §
70 Abs.
1 FamFG statthaft, weil das [X.] sie zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
1. Das [X.] hat ausgeführt,
nach §
277 Abs.
1 Satz
1 FamFG er-halte der Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen nach §
1835 Abs.
1 und 2 BGB. Daneben habe er gemäß §
277 Abs.
2 Satz
2 FamFG Anspruch auf Vergütung in entsprechender Anwendung der §§
2,
3 Abs.
1 und 2 [X.], wenn die Verfahrenspflegschaft ausnahmsweise berufsmäßig geführt werde. Zudem könne ein
anwaltlicher
Verfahrenspfleger für
Tätigkeiten im Rahmen seiner Be-stellung, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt hinzuzöge, eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [X.], auch wenn §
277 FamFG nicht ausdrücklich auf §
1835 Abs.
3 BGB verweise.

3
4
5
-
4
-
Bei der Überprüfung des notariellen Kaufvertrags nebst Lastenfreistellung und Grundschuldbestellung, die zu der [X.] Genehmigung der Erklärung der Betreuerin in den entsprechenden notariell beglaubigten [X.] geführt habe, habe es sich um eine anwaltsspezifische Tätigkeit gehan-delt. Diese Prüfung
stelle eine
bedeutsame und schwierige Tätigkeit
dar, für die ein nicht juristisch
Vorgebildeter, auch wenn er die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der höchsten Stufe -
mithin eine Hochschulausbildung
-
erfülle, einen
Rechtsanwalt hinzugezogen hätte.
Die gerichtliche Genehmigung könne nur dann erteilt werden, wenn
die getroffene Regelung dem Wohl des Betroffe-nen entspreche. Daher habe die Verfahrenspflegerin jede einzelne in dem [X.] festgelegte Regelung auf ihren rechtlichen Inhalt und die
sich dar-aus für die Betroffene ergebenden juristischen Konsequenzen überprüfen müs-sen. Ob und in welchem Umfang die Verfahrenspflegerin letztlich Bedenken ge-gen den Inhalt der Vereinbarung vorgebracht habe, sei für die Frage, ob sie eine rechtsanwaltsspezifische Tätigkeit entfaltet habe, ohne Bedeutung. Auch eine juristisch komplizierte Prüfung könne ergeben, dass keine Bedenken gegen die betreuungsgerichtliche Genehmigung bestünden.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Nach §
277 Abs.
1 Satz
1 FamFG erhält der Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen nach §
1835 Abs.
1 bis 2 BGB. Gemäß §
277 Abs.
2 Satz
2 FamFG erhält
er neben den Aufwendungen nach Absatz 1 eine Vergü-tung in entsprechender Anwendung der §§
1, 2 und 3 Abs.
1 und 2 des Vormün-der-
und Betreuervergütungsgesetzes
([X.]), wenn die Verfahrenspflegschaft ausnahmsweise berufsmäßig geführt wird. Auf §
1835 Abs.
3 BGB, wonach als Aufwendungen auch solche Dienste des Vormunds oder des Gegenvormunds gelten, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, verweist §
277 FamFG
zwar nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats
ist diese Vor-6
7
8
-
5
-
schrift jedoch auf den anwaltlichen Verfahrenspfleger anzuwenden. Dieser kann daher
eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (Senatsbeschlüsse vom 23.
Juli 2014 -
XII
[X.] 111/14
-
FamRZ 2014, 1629 Rn.
10; vom 27.
Juni 2012 -
XII [X.] 685/11
-
FamRZ 2012, 1377 Rn.
7 und vom 17.
November 2010 -
XII [X.] 244/10
-
FamRZ 2011, 203 Rn.
12
ff.).
Hat das Amtsgericht bereits bei der Bestellung des Verfahrenspflegers die Feststellung getroffen, dass der Verfahrenspfleger eine anwaltsspezifische Tä-tigkeit
ausübt, ist diese Feststellung
für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend (Senatsbeschlüsse
vom 12.
September 2012 -
XII
[X.] 543/11
-
FamRZ 2012, 1866 Rn.
9 und vom 17.
November 2010 -
XII
[X.] 244/10
-
FamRZ 2011, 203
Rn.
17).
Andernfalls
ist im [X.] anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob dieser im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hatte, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (Senatsbeschlüsse vom 23.
Juli 2014
-
XII
[X.] 111/14
-
FamRZ 2014, 1629 Rn.
12
f.; vom 27.
Juni 2012 -
XII
[X.] 685/11
-
FamRZ 2012, 1377 Rn.
7 und vom 17.
November 2010 -
XII
[X.] 244/10
-
FamRZ 2011, 203 Rn.
13).
Die Frage, unter welchen Umständen ein Verfahrenspfleger im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Vergütung nach dem [X.] zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtung
des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen [X.] und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe ver-9
10
-
6
-
kannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26.
Oktober 2011 -
XII [X.] 312/11
-
FamRZ 2012, 113 Rn.
10 mwN zur [X.]) .
b) Vorliegend ist die tatrichterliche Würdigung
nicht zu beanstanden.
aa) Da bei der Bestellung der Beteiligten zu 2 zur Verfahrenspflegerin vom Amtsgericht keine für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindende Feststel-lung der Erforderlichkeit anwaltsspezifischer Tätigkeiten getroffen wurde, hat das Beschwerdegericht zu Recht geprüft, ob die Führung der Verfahrenspflegschaft von solchen Verrichtungen geprägt war, die typische anwaltliche Tätigkeiten [X.].
[X.])
Soweit das Beschwerdegericht angenommen hat, dass im vorliegen-den Fall auch ein Verfahrenspfleger, der über die berufliche Qualifikation für eine Vergütung nach der höchsten Stufe nach §
4 Abs.
1 Nr.
2 [X.] verfügt, die Dienste eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen hätte, begegnet dies kei-nen rechtlichen Bedenken.
Der Beteiligten zu 2 wurde mit der Bestellung zur Verfahrenspflegerin die Aufgabe übertragen, zu prüfen, ob der von der Betreuerin beabsichtigte Verkauf des Grundbesitzes der Betroffenen
deren Wohl entspricht. Dazu musste die [X.] zu 2 -
wie das Beschwerdegericht zu Recht hervorhebt
-
alle in dem nota-riellen Kaufvertrag enthaltenen
Regelungen eingehend auf ihre Auswirkungen für die Betroffene untersuchen. Wie die Rechtsbeschwerde selbst vorträgt, bezog sich das beabsichtigte Grundstücksgeschäft zudem nicht nur auf ein von der Be-troffenen allein genutztes Eigenheim, sondern auf ein teilweise vermietetes Mehrparteienwohnhaus, das sich in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand befand. Gerade bei dem Verkauf eines solchen Anwesens bedarf es, etwa im 11
12
13
14
-
7
-
Hinblick auf kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche, einer eingehenden Prü-fung des Kaufvertrags, die besondere Rechtskenntnisse voraussetzt. Wenn das Beschwerdegericht unter diesen Umständen das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vergütung der Verfahrenspflegerin nach dem Rechtsanwaltsvergü-tungsgesetz bejaht, ist dies aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
Dose

Weber-Monecke [X.]

Günter Guhling

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 16.05.2013 -
9 [X.] 13/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.07.2013 -
7 [X.] -

Meta

XII ZB 444/13

24.09.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2014, Az. XII ZB 444/13 (REWIS RS 2014, 2682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2682

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