Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2018, Az. 4 StR 15/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 1422

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Gegenstand

Parteiverrat: Definition der Pflichtwidrigkeit; Bestimmung der Parteiinteressen in verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten; Abgrenzung des schweren vom einfachen Parteiverrat


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. Juni 2017

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des [X.] schuldig ist;

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren [X.] zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und zwei Monate der festgesetzten Strafe für vollstreckt erklärt.

2

Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4

1. a) Ab Oktober 2011 vertrat der Angeklagte als Rechtsanwalt die [X.] [X.]     und zwei kommunale Gesellschaften sowie zehn Privatpersonen („private Kläger“) jeweils als Prozessbevollmächtigter in [X.] vor dem [X.]. Gegenstand der verbundenen Verfahren waren zwei Planfeststellungsbeschlüsse des [X.], mit denen Pläne zur Ertüchtigung einer Bahnstrecke für [X.] außerhalb von [X.]     festgestellt worden waren. Die [X.] wurde als Vorhabenträgerin am Verfahren als [X.]e beteiligt. Mit ihrer Klage erstrebten die Kläger, die infolge des geplanten Ausbaus eine Zunahme der Lärmbelastung für Anwohner der Strecke im [X.]gebiet von [X.]     befürchteten, die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der beiden Planfeststellungsbeschlüsse, hilfsweise die Verpflichtung der [X.], die Beschlüsse um Lärmschutzauflagen zu ergänzen.

5

b) Um eine von ihr befürchtete Grundsatzentscheidung über [X.] etwa in Form von Geschwindigkeits- oder Fahrtzeitenregelungen zu verhindern, schlug die [X.]e den Klägern im Vorfeld eines auf den 5. Juli 2012 bestimmten Erörterungstermins vor, den Rechtsstreit durch Vergleich beizulegen. Im Rahmen eines zur Gesamterledigung der Verfahren führenden Vergleichs bot die [X.]e den Klägern an, Lärmschutzmaßnahmen an lärmbetroffenen Grundstücken im [X.]     er [X.]gebiet vorzeitig durchzuführen. Die spätere Anfechtbarkeit des noch ausstehenden Planfeststellungsbeschlusses für den Streckenabschnitt in [X.]     sollte durch den Vergleich nicht eingeschränkt werden.

6

Der Angeklagte hielt den Vergleichsvorschlag für überaus vorteilhaft und fasste den Entschluss, sich mit Nachdruck für die Annahme des Vergleichs und eine entsprechende Gesamterledigung der Verfahren einzusetzen. Einen für möglich gehaltenen Anspruch der Kläger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über [X.] erachtete er für wertlos, weil er eine entsprechende Ermessensausübung des [X.] letztlich für unerreichbar einschätzte. Während die [X.] [X.]     und die kommunalen Gesellschaften grundsätzlich bereit waren, den Vergleich abzuschließen, eine endgültige Entscheidung darüber aber dem Erörterungstermin vorbehalten wollten, lehnten die privaten Kläger das Vergleichsangebot ab. Sie bestanden darauf, [X.] erforderlichenfalls durch eine gerichtliche Entscheidung durchzusetzen. Wenige Tage vor dem Termin untersagten sie dem Angeklagten ausdrücklich, einen Vergleich – selbst unter Widerrufsvorbehalt – abzuschließen.

7

c) Der Angeklagte ging davon aus, das aus seiner Sicht optimale und einer streitigen Entscheidung überlegene Vergleichsergebnis nur erreichen zu können, wenn es ihm gelänge, eine nichtstreitige Erledigung der Verfahren insgesamt herbeizuführen. Obwohl er wusste, damit gegen die Weisung der selbst nicht anwesenden privaten Kläger zu verstoßen, kündigte der Angeklagte im Erörterungstermin an, den Vergleich unter Widerrufsvorbehalt für alle Kläger abzuschließen. Dazu kam es nach dem Protest des Sprechers einer Bürgerinitiative nicht (Fall [X.]. der Urteilsgründe). Der Vergleich wurde unter Widerrufsvorbehalt nur zwischen der [X.] [X.]     und den kommunalen Gesellschaften einerseits sowie der Beklagten und der [X.]en andererseits geschlossen.

8

d) Um zugunsten der [X.] [X.]     und der dortigen Bahnanlieger den für optimal erachteten Vergleich zu sichern und die privaten Kläger in den Genuss der Lärmschutzzusagen aus dem Vergleichsangebot zu bringen, wandte sich der Angeklagte noch unmittelbar im Erörterungstermin an den Vertreter der [X.]en und äußerte, diese könne ihre Verpflichtung aus dem Vergleichsangebot zugunsten der privaten Kläger auch einseitig rechtsverbindlich zu Protokoll erklären. Die Erklärung werde dazu führen, dass die privaten Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Planergänzungsansprüche insgesamt „klaglos“ gestellt würden, was zum Fortfall ihres [X.] und zur Klageabweisung als unzulässig führen werde. Im weiteren, in den Einzelheiten nicht mehr genau aufklärbaren Verlauf des Erörterungstermins gab der Vertreter der [X.] die angeregte Erklärung ab. Zugleich verpflichtete er die [X.]e dazu, bei Erledigungserklärungen der privaten Kläger die Gerichtskosten zu tragen und im Fall einer Gesamterledigung der Verfahren bis zum 7. August 2012 eine Einigungsgebühr zu übernehmen. Durch die Protokollerklärung wollte der Vertreter der [X.]en die von den privaten Klägern erstrebte Entscheidung des [X.]s über [X.] verhindern (Fall [X.]I. der Urteilsgründe).

9

e) Am 6. Juli 2012 sandte der Angeklagte den privaten Klägern eine E-Mail, in der er ausführte, sie hätten bei Fortführung des Verfahrens „keinerlei Chance“; der Prozess koste nur Geld und werde nichts bringen. Dadurch sollten die privaten Kläger dazu gebracht werden, den Rechtsstreit zur Herbeiführung einer Gesamterledigung der Verfahren für erledigt zu erklären und die Voraussetzungen für die vollständige Übernahme der Gerichtskosten und der Einigungsgebühr durch die [X.]e zu erfüllen (Fall II.G.I.2. der Urteilgründe).

f) Nachdem der Vergleich Bestandskraft erlangt hatte und die Mandate des Angeklagten für die privaten Kläger durch Niederlegung bzw. Kündigung beendet worden waren, sandte der Angeklagte den privaten Klägern am 29. Juli 2012 eine weitere E-Mail, in der er unter anderem behauptete, bei Fortführung des Prozesses drohten ihnen Prozesskosten in Höhe von rund 80.000 Euro (Fall II.G.XIII. der Urteilsgründe). Auch damit erstrebte er die Abgabe der Erledigungserklärung durch die privaten Kläger mit dem Ziel einer nichtstreitigen Gesamterledigung der Verfahren sowie der Kosten- und anteiligen Gebührenübernahme durch die [X.]e.

g) Mit Urteil vom 21. November 2013 gab das [X.] der von den privaten Klägern aufrecht erhaltenen Klage insoweit statt, als es die [X.] verurteilte, erneut über Lärmschutzmaßnahmen unter Einschluss rechtlich zulässiger [X.] zu entscheiden. Im Oktober 2014 ergänzte das Eisenbahnbundesamt die beiden Planfeststellungsbeschlüsse, ohne [X.] anzuordnen. Die von der [X.]en im Erörterungstermin zugesagten Lärmschutzmaßnahmen wurden als „überschießender Schallschutz“ nicht festgesetzt. Zu ihrer Durchführung blieb die [X.]e gegenüber den privaten Klägern aufgrund ihrer Protokollerklärung verpflichtet.

2. Das [X.] hat das Hinwirken des Angeklagten auf den Abschluss des Widerrufsvergleichs mit Wirkung auch für die privaten Kläger, die Anregung der Protokollerklärung sowie das Versenden der beiden E-Mails als zeitlich gestreckte Einzelakte eines einheitlichen [X.] gewertet. Durch die Anregung der Protokollerklärung habe der Angeklagte im Einverständnis mit der [X.]en zum Nachteil der privaten Kläger im Sinne des § 356 Abs. 2 StGB gehandelt. Dem stehe nicht entgegen, dass die Protokollerklärung der [X.]en dem Ratschlag des Angeklagten notwendigerweise zeitlich nachgefolgt sei. Die spätere Abgabe der Erklärung zeige, dass die [X.]e schon mit der Erteilung des schädigenden Ratschlags einverstanden gewesen sei.

II.

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren [X.] (§ 356 Abs. 2 StGB) hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass der Angeklagte bei Begehung des [X.] im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner [X.] handelte.

a) Zutreffend hat das [X.] allerdings angenommen, dass der Angeklagte durch die der Verurteilung zugrunde liegenden vier Verratshandlungen beiden [X.]en in derselben Rechtssache durch Rat oder Beistand pflichtwidrig diente und sich damit des [X.] nach § 356 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat.

aa) Pflichtwidrig dient ein Anwalt in derselben Rechtssache beiden [X.]en durch Rat oder Beistand, wenn und soweit zwischen ihnen widerstreitende Interessen bestehen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1952 – 4 StR 850/51, [X.]St 4, 80, 82; Urteil vom 2. Februar 1954 – 5 StR 590/53, [X.]St 5, 284, 286 f.; Urteil vom 23. Oktober 1984 – 5 [X.], [X.], 74; Urteil vom 25. Juni 2008 – 5 [X.], [X.]St 52, 307, 312). Unabhängig von im Schrifttum vertretenen unterschiedlichen dogmatischen Ansätzen zur Bestimmung der Interessenlage, die sich insbesondere mit der Frage befassen, ob und unter welchen Umständen ein bei generalisierender Betrachtung gegebener Interessengegensatz durch die subjektiven Anliegen einer [X.] aufgehoben werden kann (zum Meinungsstreit vgl. LK-StGB/Gillmeister, 12. Aufl., § 356 Rn. 59 ff.; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 356 Rn. 50 ff.; [X.], Der strafrechtliche [X.]verrat [§ 356 StGB], 2005, [X.] ff.), besteht in der Rechtsprechung des [X.] Einigkeit darüber, dass sich die anvertrauten Interessen nach dem Inhalt des dem Anwalt erteilten Auftrags beurteilen, der maßgeblich vom Willen der [X.] gestaltet wird (vgl. [X.], Urteil vom 4. Februar 1954 – 4 StR 724/53, [X.]St 5, 301, 307; Urteil vom 24. Juni 1960 – 2 StR 621/59, [X.]St 15, 332, 334; Urteil vom 13. Juli 1982 – 1 StR 245/82, [X.], 465; Urteil vom 7. Oktober 1986 – 1 [X.], [X.]St 34, 190, 192; Urteil vom 15. Januar 1981 – [X.], NJW 1981, 1211, 1212; Beschluss vom 4. Februar 2010 – [X.], Rn. 4; Urteil vom 23. April 2012 – [X.] ([X.]) 35/11, [X.], 3039, 3041). In verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, bei denen die mit dem begehrten Rechtsschutz verfolgten Anliegen ausschließlich der Dispositionsbefugnis der Beteiligten unterliegen, kommt es für die Interessenbestimmung deshalb entscheidend auf die subjektive Zielsetzung der [X.] an. Die [X.] allein bestimmt, welche ihrer Belange sie im Verwaltungsprozess verwirklicht sehen will. Ohne Bedeutung ist demgegenüber die Einschätzung des Anwalts darüber, was aus seiner Sicht von den [X.]belangen vernünftigerweise vertretbar oder bestenfalls erreichbar erscheint. Denn anderenfalls dürfte sich der Anwalt, statt Sachverwalter seines Auftraggebers zu sein, zu [X.] aufwerfen ([X.], Urteil vom 2. Dezember 1954 – 4 StR 500/54, [X.]St 7, 17, 21).

bb) Von diesem Maßstab ausgehend bestand spätestens ab dem Erörterungstermin vor dem [X.] am 5. Juli 2012 ein Interessengegensatz nicht nur zwischen den privaten Klägern und der [X.]en. Auch innerhalb der Klägergemeinschaft wurden von der [X.] [X.]     und den kommunalen Gesellschaften einerseits sowie den privaten Klägern andererseits gegenläufige Interessen verfolgt. Während die [X.] und die kommunalen Gesellschaften mit Blick auf die Belange aller [X.]     er Bahnanlieger sowie die [X.]e zur Vermeidung einer höchstrichterlichen Entscheidung zu [X.] eine nichtstreitige Gesamterledigung auf der Grundlage des Vergleichsvorschlags der [X.]en anstrebten, wollten die privaten Kläger eine Sachentscheidung des [X.]s herbeiführen, um [X.] als Schallschutzmaßnahme durchzusetzen. Aufgrund dieses, dem Angeklagten nach den Feststellungen bewussten Interessenwiderstreits innerhalb der Klägergemeinschaft war es dem Angeklagten nicht nur berufsrechtlich (§ 43a Abs. 4 [X.]), sondern auch durch die Vorschrift des § 356 Abs. 1 StGB strafbewehrt untersagt, die Verfahren weiter durch anwaltliches Tätigwerden in die eine oder andere Richtung zu fördern (zur konkurrenz-rechtlichen Bewertung bei der Mandatsfortführung vgl. [X.], Beschluss vom 4. November 2008 – 4 [X.], [X.]R StGB § 356 Abs. 1 Rechtssache 2).

cc) Der Pflichtwidrigkeit des auf die Verfahrenserledigung gerichteten Dienens des Angeklagten durch das Absenden der E-Mail vom 29. Juli 2012 steht die zuvor ausgesprochene Kündigung bzw. Niederlegung der Mandate nicht entgegen. Denn die rechtliche Gebundenheit des Anwalts an seinen Auftraggeber dauert über die Beendigung des Auftrags hinaus fort (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1952 – 4 StR 850/51, [X.]St 4, 80, 83; Urteil vom 16. November 1962 – 4 [X.], [X.]St 18, 192, 193; Urteil vom 7. Oktober 1986 – 1 [X.], [X.]St 34, 190, 191; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 356 Rn. 36).

b) Die Urteilsgründe belegen aber nicht, dass der Angeklagte bei der Anregung der Protokollerklärung im Einverständnis mit der [X.]en zum Nachteil der privaten Kläger handelte und damit einen schweren [X.]verrat beging.

aa) Schon nach dem Wortlaut des § 356 Abs. 2 StGB qualifiziert nicht jedes Handeln des Anwalts zum Nachteil seiner [X.] den Verrat zum Verbrechen (vgl. LK-StGB/Gillmeister, 12. Aufl., § 356 Rn. 100 ff. [X.]). Hinzutreten muss vielmehr das Einverständnis der Gegenpartei in sein schädigendes Handeln. Hierfür ist ein gemeinsames Schädigungsbewusstsein von Anwalt und Gegenpartei erforderlich (vgl. [X.], Urteil vom 11. August 1981 – 1 StR 366/81, [X.] 1981, 479, 480; Urteil vom 21. Juli 1999 – 2 StR 24/99, [X.]St 45, 148, 156). Als Teilelement des gemeinsamen Bewusstseins um die Schädigung der [X.] muss das Einverständnis der Gegenpartei bereits zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Anwalt pflichtwidrig dient. Erforderlich ist, dass die Tathandlung als solche vom Einverständnis der Gegenpartei getragen wird.

bb) Allein in der bloßen Hinnahme der im Laufe des gerichtlichen Erörterungstermins geäußerten Anregung durch den Vertreter der [X.]en liegt kein Einverständnis der Gegenpartei im Sinne des § 356 Abs. 2 StGB.

In Fällen von für die Gegenpartei mit Wirkung nach außen entfalteten anwaltlichen Tätigkeiten hat der [X.] zwar entschieden, dass bei einer widerspruchslosen Annahme der auf Schädigung der anderen [X.] gerichteten Beistandsleistung regelmäßig von einem Einverständnis der Gegenpartei auszugehen ist (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 1957 – 4 StR 530/56, S. 9 f.; Urteil vom 21. Juli 1999 – 2 StR 24/99, [X.]St 45, 148, 157; LK-StGB/Gillmeister, 12. Aufl., § 356 Rn. 101; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 356 Rn. 70; offen lassend [X.], Urteil vom 11. August 1981 – 1 StR 366/81, [X.] 1981, 479, 480). Diese Auffassung lässt sich jedoch auf die Erteilung eines Rats unter den hier gegebenen Umständen nicht übertragen. Die Anregung der Protokollerklärung erfolgte nach den Feststellungen ohne Veranlassung durch den Vertreter der [X.]en aufgrund eines spontanen Entschlusses des Angeklagten, der durch den auch für den [X.]envertreter überraschenden Verlauf des noch andauernden Erörterungstermins motiviert war. Für den anwesenden Vertreter der [X.]en erschloss sich der Inhalt der Äußerung des Angeklagten zudem überhaupt erst im Verlauf von dessen Ausführungen. Unter diesen Umständen kann der lediglich passiven Entgegennahme der Anregung in dem laufenden Gerichtstermin nicht die Bedeutung eines Einverständnisses zugemessen werden. Aus denselben Gründen lässt – entgegen der Auffassung des [X.]s – auch der Umstand, dass sich der Vertreter der [X.]en die Anregung des Angeklagten nach deren Prüfung im weiteren Verlauf des Erörterungstermins zu eigen machte und die Protokollerklärung abgab, nicht den Schluss zu, dass bereits die Anregung des Angeklagten selbst vom Einverständnis des [X.]envertreters getragen war.

2. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung wegen [X.] (§ 356 Abs. 1 StGB) ab. Angesichts der sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung durch das [X.] sowie des erheblichen Zeitablaufs seit der Tat schließt der Senat aus, dass noch tatsächliche Feststellungen getroffen werden können, die geeignet wären, eine Verurteilung wegen schweren [X.] zu tragen. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen.

3. Die Änderung des Schuldspruchs entzieht dem Strafausspruch die Grundlage. Die [X.] bleibt von seiner Aufhebung unberührt (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2009 – 3 [X.], [X.]St 54, 135, 138).

[X.]     

      

Cierniak     

      

Bender

      

Quentin     

      

Bartel     

      

Meta

4 StR 15/18

21.11.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Münster, 9. Juni 2017, Az: 8 KLs 5/15

§ 356 Abs 1 StGB, § 356 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2018, Az. 4 StR 15/18 (REWIS RS 2018, 1422)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 316 REWIS RS 2018, 1422

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