Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2005, Az. I ZR 96/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5369

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 96/02 Verkündet am: 20. Januar 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

Direkt ab Werk UWG §§ 3, 5 Abs. 1

Die Werbung eines Einzelhändlers mit den Angaben "Direkt ab Werk! Kein Zwi-schenhandel! Garantierter [X.]" ist irreführend, wenn sie bei den ange-sprochenen Verbrauchern den Eindruck erweckt, die so beworbene [X.] zu den Abgabepreisen des Herstellers vertrieben, der Werbende in die von ihm verlangten Preise jedoch seine Gewinnspanne eingerechnet hat.

[X.], Urt. v. 20. Januar 2005 - [X.] [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 20. Januar 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 13. März 2002 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind Fahrradeinzelhändler. Die Beklagte bewarb im Jahr 2000 in einem achtseitigen Werbefaltblatt die Fahrradmodelle "[X.]" und "[X.]" mit der Angabe: - 3 -

Die Beklagte erwirbt die so beworbenen Fahrräder vom Hersteller und veräußert sie in eigenem Namen zu Preisen, in denen ihre Handelsspanne ent-halten ist, an Endverbraucher.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, sie stelle die Fahrräder selbst her und biete einen Werksverkauf an. Die Angabe "garantierter [X.]" verstärke den sich daran anschließenden Eindruck eines Preisvorteils durch Wegfall jeden Zwischenhandels.
Der Kläger hat beantragt,

der [X.] unter Androhung im einzelnen bezeichneter [X.] zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des [X.] die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung "[X.]" und "[X.]", finde zu "garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk" statt, insbesondere wenn dies wie mit der [X.] A[X.]ildung erfolge: - 4 -
Ferner hat er die Verurteilung der [X.] zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, die [X.] entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Verkehr verstehe sie dahin, daß zwischen dem Hersteller und der [X.] kein Zwischenhändler eingeschaltet sei.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich diese mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger [X.].

- 5 - Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbung der [X.] verstoße gegen § 3 UWG (a.F.). Zur Begründung hat es ausge-führt:
Ein am Erwerb eines Fahrrads interessierter Verbraucher werde dem beanstandeten Text entnehmen, daß der Letztverbraucher die so beworbenen Fahrräder ohne jeden Zwischenhandel vom Hersteller unmittelbar erwerben könne. Er werde dabei nicht vermuten, daß sich die Verkaufsstelle in unmittel-barem örtlichen Zusammenhang mit dem Herstellungsbetrieb befinde, sondern er werde nur annehmen, daß der Kaufvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Hersteller geschlossen werde. Dieses aus den Angaben "Direkt ab Werk!" und "kein Zwischenhandel!" folgende Verständnis werde der Verbraucher dann bei näherem Nachdenken über den Sinn der Angaben durch die Worte "garan-tierter [X.]" weiter vertiefen können, weil der [X.] ihm als unmittelba-re Folge des direkten Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des [X.] erscheine. Der durchschnittlich verständige Verbraucher werde annehmen, daß der Werbende ihm nur deshalb einen außergewöhnlich günstigen Preis bieten könne, weil bei der Preisbildung nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines [X.] berücksichtigt [X.] sei.
Der weitere Inhalt des Werbeprospekts sei nicht geeignet, den durch die beanstandeten Angaben hervorgerufenen falschen Eindruck zu korrigieren. Letztlich würden auch diejenigen Verbraucher irregeführt, welchen die Beklagte bereits als Einzelhändlerin bekannt sei. Denn auch ein überwiegender Teil [X.] 6 - ses Personenkreises werde aufgrund der beanstandeten Werbung annehmen, daß jedenfalls hinsichtlich der mit dem beanstandeten Slogan herausgehoben beworbenen Fahrradmodelle besondere Vertragsbeziehungen zwischen der [X.] und dem Hersteller bestünden, die es erlaubten, den Abgabepreis des Herstellers an den Letztverbraucher weiterzugeben. Dieser durch die ange-griffene Werbung beim Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein. Die so beworbenen Fahrradmodelle könnten bei der [X.] nicht vom Hersteller und nicht zu dessen Abgabepreisen erworben werden.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Der im Streitfall auf eine Wiederholungsgefahr ge-stützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur [X.] wettbewerbswidrig war. Auf diesen Zeit-punkt kommt es auch für den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht [X.] und den diesen vorbereitenden Anspruch auf Auskunftserteilung an.
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der [X.] mit den Angaben "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garan-tierter [X.]" sei irreführend und deshalb unlauter, hält sowohl nach altem (§ 3 UWG a.F.) als auch nach neuem Unlauterkeitsrecht (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG) im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Eine Werbung ist irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 UWG (§ 3 UWG a.F.), wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen, an die sie sich richtet, - 7 - erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urt. v. 27.4.1995 - I ZR 116/93, [X.], 612, 614 = [X.], 701 - Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, [X.], 911, 913 = [X.], 1248 - Computerwerbung, m.w.N.; vgl. ferner [X.] in: [X.], UWG, 3. Aufl., § 3 UWG Rdn. 106; [X.]/[X.]/ [X.], [X.]recht, 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.65; [X.]/ [X.], UWG, § 5 Rdn. 151). Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, ist ihr Gesamteindruck maßgeblich (vgl. [X.], Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, [X.], 361, 362 = [X.], 1224 - [X.]); es sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 UWG).
b) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe über die [X.] (vgl. dazu [X.]/[X.]/[X.] [X.]O § 5 UWG Rdn. 6.13 ff.) der beworbenen Fahrradmodelle die irreführende Angabe [X.], der Endverbraucher könne die Fahrräder unmittelbar vom Hersteller erwerben, erhebt die Revision die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht hin-reichend den Gesamteindruck berücksichtigt, den der Inhalt des Werbepro-spekts der [X.] hervorrufe. Ob die Angriffe der Revision durchgreifen, kann dahinstehen, weil das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG a.F. jedenfalls zu Recht darin gesehen hat, daß die Beklagte irreführende An-gaben über die Preisbemessung der von ihr beworbenen Fahrradmodelle [X.] hat. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde irregeführt, weil er aufgrund der beanstandeten Werbeaussagen annehme, bei der Preisbildung sei nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines [X.] berücksichtigt worden. Dieser durch die angegriffene Werbung beim angesprochenen Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein, weil die beworbenen Fahrradmodelle nicht zu den Abgabepreisen des Herstellers erworben werden könnten. - 8 -
c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den [X.] Eindruck erweckt, sie gebe die beworbenen Fahrräder "[X.]" und "[X.]" zu den Preisen des Herstellers ab, unterliegt keinen rechtlichen Be- denken.
[X.]) Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob die angesprochenen [X.] die Werbeaussage "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter [X.]" dahin verstehen, die so beworbenen Fahrräder könnten unmittelbar vom Hersteller erworben werden, oder ihr, wie die Beklagte geltend gemacht hat, lediglich entnehmen, daß zwischen dem Hersteller und der [X.] kein Zwischenhändler eingeschaltet ist. Selbst wenn von letzterem Verkehrsver-ständnis auszugehen wäre, änderte dies nichts daran, daß die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung der [X.] dahin verstehen, sie biete die von ihr so beworbenen Fahrräder zu den Abgabepreisen der Hersteller ohne weitere Aufschläge an. Denn in der beanstandeten Werbeaussage wird nicht nur auf den [X.] ("Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!") hingewiesen, sondern durch die damit in Verbindung stehende Angabe "garantierter [X.]" wird auch ein besonderer Preisvorteil herausgestellt. Die Auffassung des Berufungs-gerichts, der "garantierte [X.]" erscheine dem Verbraucher als unmittelba-re Folge des Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels, trifft auch dann zu, wenn der Verbraucher entgegen der weiteren Annahme des Be-rufungsgerichts nicht von einem direkten Verkauf durch den Hersteller, sondern von einem Erwerb von der [X.] ausgeht.
[X.]) Soweit die Revision dem entgegenhält, der Verbraucher, der die [X.] als Einzelhändlerin kenne und der deshalb nicht annehme, daß er [X.] vom Hersteller erwerbe, werde die beanstandete Werbung dahin verste-- 9 - hen, daß die Beklagte die Waren unter Aussparung des [X.] di-rekt beim Hersteller kaufe und somit (nur) die Gewinnspanne eines Zwischen-händlers, nicht aber diejenige der [X.] als Einzelhändlerin entfalle, [X.] sie nicht hinreichend, daß die Beklagte nicht bloß den Anschein irgendeines Preisvorteils erweckt. Sie wirbt vielmehr unter Bezugnahme auf die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" mit einem "garantierten [X.]". Ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird in der [X.] einen Hinweis auch auf das Ausmaß des infolge des [X.] vom Hersteller zu erzielenden Preisvorteils sehen und die Bewerbung eines "garan-tierten Tief-"Preises dahin verstehen, daß die Beklagte die so beworbenen Wa-ren zu einem Preis im unteren Bereich des durch die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" umschriebenen Preisniveaus anbietet (zur Werbung mit [X.]en vgl. [X.]/[X.]/[X.] [X.]O § 5 UWG Rdn. 7.134). Bei einem Direktbezug "ab Werk", d.h. vom Hersteller, ist das aber dessen [X.] ohne weitere Zuschläge wie die Gewinnspanne des [X.] oder dessen Vertriebs-, Lager- und Werbekosten. Der Umstand, daß die Beklagte lediglich einzelne der in ihrem Werbeprospekt beworbenen Fahrräder mit dem beanstandeten Zusatz angeboten hat, wirkt der Irreführungsgefahr ent-gegen der Ansicht der Revision nicht entgegen. Denn dadurch wird allenfalls der durch die Angabe "garantierter [X.]" hervorgerufene und durch die [X.] Herausstellung des "[X.]es" bei der konkreten Verletzungs-form zusätzlich betonte Eindruck verstärkt, die so beworbenen Waren würden zu einem noch günstigeren Preis als die anderen beworbenen Fahrräder ange-boten. Dafür spricht auch der Umstand, daß bei sämtlichen beworbenen Waren dem von der [X.] verlangten Preis die "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" gegenübergestellt wird und der Verkehr die beanstandete [X.] daher als Anpreisung einer über diesen Preisvorteil noch hinausge-henden Vergünstigung ansehen wird. - 10 -
d) Die Irreführung über die Günstigkeit des Preises der beworbenen Fahrräder ist für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher von maßgeblicher Bedeutung und somit wettbewerbsrechtlich relevant.
3. Die Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklag-ten und auf Auskunftserteilung folgen aus §§ 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UWG a.F., § 242 BGB.
II[X.] Danach ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.] Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 96/02

20.01.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2005, Az. I ZR 96/02 (REWIS RS 2005, 5369)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5369

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