Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. III ZR 114/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 694

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 114/11

Verkündet am:

8. Dezember 2011

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 29; [X.] § 269 Abs. 1; [X.] I-VO Art. 5 Nr. 1 Buchst. b
Bei einem [X.] ergibt sich aus der Natur des Schuld-verhältnisses im Sinne des §
269 Abs.
1 [X.] ein einheitlicher Leistungsort am Ort des Krankenhauses, der auch den Vergütungsanspruch des [X.] umfasst. Deshalb ist das Gericht am Ort des Krankenhauses auch außer-halb des Anwendungsbereichs von Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 ([X.] I-VO) für Vergütungsansprüche des [X.] zuständig.
[X.], Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2011 -
III ZR 114/11 -
KG [X.]

LG [X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick
und [X.], [X.], [X.] und Tombrink

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 5.
Mai 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den [X.]n wegen der stationären Behandlung
in ihrem
in [X.] gelegenen
Krankenhaus vom 19.
April 2005 bis 5.
Juli 2005 und vom 19. bis 30.
September 2005 unter Berücksichtigung von Abschlags-zahlungen in Höhe von 60.000

September 2005 und 3.
November 2005 auf Zahlung von 111.685,48

Der [X.], [X.] Staatsbürger, wohnte im [X.]punkt der Aufnahme in das Krankenhaus und wohnt auch noch heute in [X.].

. Er hat sich 1
-

3

-

trotz ordnungsgemäßer Zustellung und Ladung nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen und lediglich schriftlich mitgeteilt, dass er weder Grund noch Höhe der Forderung bestreite, die Klage aber -
mit näherer Begründung
-
für unnötig und verfrüht halte.

Das [X.] hat die auf Erlass eines Versäumnisurteils gerichtete Klage durch unechtes Versäumnisurteil als unzulässig abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Dies ist, da der [X.] im [X.] nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil auszusprechen, das inhalt-lich auf einer Sachprüfung beruht (vgl. [X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81).

I.

Das Berufungsgericht ([X.] 2011, 625) ist der Auffassung, dass sich die örtliche und die hiervon abgeleitete internationale Zuständigkeit mangels eines Wohnsitzes des [X.]n im Inland nur ergeben könnte, wenn Erfüllungsort für die streitige Verpflichtung des [X.]n der Ort des Krankenhauses wäre (§
29 Abs.
1 ZPO). Da der [X.] in [X.] mit einem [X.] Träger geschlossen worden sei und demzufolge der Schwerpunkt 2
3
4
-

4

-

des Vertrags in [X.] liege, sei nach dem im [X.]punkt des
Vertrags-schlusses noch anwendbaren Art.
28 Abs.
2 [X.][X.] [X.] Recht heran-zuziehen. Nach dem insoweit anzuwendenden §
269 Abs.
1 [X.] habe die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur [X.] der [X.] seinen Wohnsitz habe, sofern nicht ein ande-rer Ort von den Parteien bestimmt oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen sei. Bei gegenseitigen [X.] bestehe im Allgemeinen kein einheitlicher Leistungsort; dieser müsse grundsätzlich für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden. Im Zweifel sei schon aus dem Grundsatz des [X.]es, der sowohl das [X.] als auch das [X.] Zivilrecht präge, der jeweilige Wohnsitz des [X.] Leistungsort.

In Anlehnung an den die Honorarforderung eines Rechtsanwalts betref-fenden Beschluss des [X.] vom 11.
November 2003 (X
ARZ 91/03, [X.]Z 157, 20) ist das Berufungsgericht der Auffassung, hinsichtlich der hier in Rede stehenden Geldforderung bestehe keine bestimmte örtliche Präfe-renz und das Schuldverhältnis weise keine Besonderheiten auf, die allein einen bestimmten anderen Leistungsort als den jeweiligen Wohnsitz des [X.]n [X.] sein ließen. Zwar liege der Schwerpunkt des [X.] am Klinikort. Dabei handele es sich jedoch um einen Gesichtspunkt, der nicht auf die Bestimmung des Leistungsorts im Sinne des §
269 Abs.
1 [X.] übertragen werden könne. Weitere Umstände, die es beim [X.] als [X.] erscheinen ließen, den Prozess am Ort der Klinik zu führen, seien nicht anzuerkennen. Dies gelte namentlich für [X.] Patienten mit Gerichtsstand im Inland. Dass die Rechtsverfolgung im Ausland erschwert sei, sei ein Gesichtspunkt, der die
Natur des [X.]ses im Sinne des §
269 Abs.
1 [X.] unberührt lasse. Im Übrigen könne die 5
-

5

-

Klägerin mit Patienten, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hätten, nach §
38 Abs.
2 ZPO -
auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
-
einen inländischen Gerichtsstand vereinbaren.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entschei-denden Punkt nicht stand.

1.
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.], dass mangels eines inländischen Wohnsitzes des [X.]n hier nur der besondere Gerichtsstand des [X.] im Sinne des §
29 Abs.
1 ZPO in Betracht kommt und dass insoweit zur näheren Beurteilung mit Rücksicht auf den im [X.]punkt des Vertragsschlusses noch geltenden Art.
28 Abs.
2 [X.][X.] [X.] Recht heranzuziehen ist.

Nach §
269 Abs.
1 [X.] hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an dem der Schuldner zur [X.] der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen [X.] hatte. Diese Dispositivnorm greift aber nur dann ein, wenn weder ein Ort für die Leistung bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist. Richtig ist die Auffassung des [X.]s, dass bei einem gegenseitigen Vertrag nicht notwendig ein ein-heitlicher Leistungsort besteht, sondern dass dieser grundsätzlich für jede Ver-pflichtung gesondert bestimmt werden muss (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
De-zember 1985 -
I
ARZ 737/85, NJW 1986, 935; Urteile vom 9.
März 1995 -
IX
ZR 134/94, NJW 1995, 1546; vom 4.
März 2004 -
IX
ZR 101/03,
NJW-RR 2004, 932).
6
7
8
-

6

-

2.
Ob sich bei einem [X.] mangels einer Verein-barung über den Leistungsort aus der Natur des Schuldverhältnisses ein ein-heitlicher Leistungsort am Ort der Klinik auch für den Vergütungsanspruch des Krankenhauses
ergibt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Wegen der Erbringung der vertragscharakteristischen Leistung im [X.], die den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bildet, wird von Teilen der Rechtsprechung ein einheitlicher Leistungsort am Ort des Krankenhauses angenommen (vgl. [X.], NJW 1990, 777 und [X.], 604; BayObLG, [X.], 677 und [X.], 1397; [X.], [X.], 508, 509; LG München
I, NJW-RR 2003, 488; [X.], [X.], 1260; vgl. auch [X.], [X.] 2005, 723, zum Behandlungsvertrag mit einem Zahn-arzt). Demgegenüber haben andere Gerichte das Vorliegen besonderer Grün-de, die für die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes sprechen könnten, verneint (vgl. neben dem Berufungsgericht [X.], NJW-RR 2007, 1145; [X.], NJW-RR 2003, 789; [X.], NJW 2003, 1612
f; [X.], NJW-RR 2008, 1591, 1592; [X.], [X.] 2009, 675, 676).

In der Literatur überwiegen die Stimmen, die sich -
zum Teil ohne nähere Begründung
-
für einen einheitlichen Leistungsort am Ort des Krankenhauses aussprechen (vgl. [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
29 Rn.
44; [X.]/[X.], 3.
Aufl., §
29 Rn.
65; [X.]/Vollkommer, ZPO, 28.
Aufl., §
29 Rn.
24; [X.], ZPO, 3.
Aufl. 2011, §
29 Rn.
14 [X.]; Baumbach/[X.], ZPO, 70.
Aufl., §
29 Rn.
26; [X.]/
[X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
29 Rn.
6; [X.], ZPO, 8.
Aufl., §
29 Rn.
5, 5b; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2009, §
269 Rn.
50; Münch-Komm-[X.]/Krüger,
5.
Aufl., §
269 Rn.
38; [X.]/[X.], [X.], 70.
Aufl., 9
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11
-

7

-

§
269 Rn.
13; Hk-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
269 Rn.
7; [X.], [X.] 2006, 332, 335
f; vgl. zur Honorarklage eines Arztes am Praxisort [X.], [X.] 2001, 402
ff; unentschieden wohl [X.]/[X.], ZPO, 8.
Aufl. §
29 Rn.
21; HK-ZPO/[X.], 4.
Aufl., §
29 Rn.
7; a.[X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
29 Rn.
52; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
269 Rn.
19; [X.] in juris Praxiskommentar [X.], 4.
Aufl., §
269 Rn.
18
f; Zöchling-Jud in [X.]/Wegen/Weinreich, [X.], 6.
Aufl., §
269 Rn.
9; [X.], [X.], 246
ff; [X.], [X.] 2009, 676
f).

Der Senat hält es für vorzugswürdig, beim [X.] nach der Natur des Schuldverhältnisses einen einheitlichen Leistungsort am Ort des Krankenhauses anzunehmen.

a) Die einleitende Bezugnahme des [X.] auf den Grund-satz des [X.]es, der das [X.] und [X.] Zivilrecht präge, trägt nicht die Schlussfolgerung, Leistungsort sei (im Zweifel) der jeweili-ge Wohnsitz des Schuldners. Eine auf diese Rechtsfolge ausgerichtete Norm, die Auswirkungen auf Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit hätte, ist im Zuge der Einführung des Verbraucher-
und Unternehmerbegriffs (§§
13, 14 [X.]) und der Übernahme verbraucherschützender Sondergesetze in das [X.] nicht geschaffen worden. Für den Bereich der [X.], in der sich der [X.] besonders entwickelt hat, ist es vielmehr mög-lich, nach Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 über die ge-richtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in Zivil-
und Handelssachen eine Person, die ihren Wohnsitz im Ho-heitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat zu
verkla-gen, wenn es um Ansprüche aus einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen geht, die in diesem Mitgliedstaat erbracht worden sind oder 12
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-

8

-

hätten erbracht werden müssen (vgl. zu dieser Zuständigkeit bei einem [X.]aufnahmevertrag OLG Oldenburg, NJW-RR 2008, 1597, 1598).

b) Was die Regelung des §
269 Abs.
1 [X.] selbst angeht, hat der Bun-desgerichtshof in Bezug auf Honorarforderungen von Rechtsanwälten ausge-führt, es gehe insoweit lediglich um Geld, bei dem es an einer bestimmten [X.] Präferenz fehle (vgl. Beschluss vom 11.
November 2003 -
X
ARZ 91/03, [X.]Z 157, 20, 24); der Vertrag mit einem rechtlichen Berater habe nicht typi-scherweise seinen räumlichen oder rechtlichen Schwerpunkt in der Kanzlei (Ur-teil vom 4.
März 2004 -
IX
ZR 101/03, NJW-RR 2004, 932; zum Honoraran-spruch eines Steuerberaters vgl. Beschluss vom 16.
November 2006 -
IX
ZR 206/03, [X.], 1099
f). Insbesondere hat der [X.] den [X.], allein auf den Schwerpunkt abzustellen, abgelehnt, weil dies praktisch bei jedem Vertrag zu einem mit §
269 Abs.
1 [X.] nicht zu vereinbarenden ein-heitlichen Leistungsort für beide Vertragsparteien führen würde (vgl. Beschluss vom 11.
November 2003 -
X
ARZ 91/03, aaO S.
25; Urteil vom 22.
Oktober 1987 -
I
ZR 224/85, NJW 1988, 966, 967).

Ungeachtet dieses Grundsatzes kann sich jedoch aus der Natur des Schuldverhältnisses ein einheitlicher Leistungsort für alle Vertragspflichten er-geben. Dies ist etwa anerkannt beim klassischen Ladengeschäft des täglichen Lebens, bei
dem regelmäßig sofort an Ort und Stelle gezahlt wird, oder beim Bauwerkvertrag, bei dem auch der Besteller eine seiner Hauptpflichten, nämlich die Abnahme des Werks, am Ort des Bauwerks zu erfüllen hat und bei dem es im wohlverstandenen Interesse beider Vertragsparteien liegt, eine gerichtliche Auseinandersetzung über etwaige Mängel des Bauwerks in dessen räumlicher Nähe durchführen zu können (vgl. Beschlüsse vom 11.
November 2003
-
X
ARZ 91/03, aaO S.
25
f; vom 5.
Dezember 1985 -
I
ARZ 737/85, NJW 1986, 14
15
-

9

-

935). Auch für einen Energie-
oder Wasserlieferungsvertrag ist im Hinblick [X.], dass der Abnehmer am Ort der Abnahme wesentliche Nebenpflichten zu erfüllen hat, ein einheitlicher Leistungsort für alle Vertragspflichten angenom-men worden (vgl. [X.], Urteil vom 17.
September 2003 -
VIII
ZR 321/02, NJW 2003, 3418).

c) Dass mit Rücksicht auf den angeführten Beschluss des [X.] vom 11.
November 2003 [X.] keinerlei Bedeu-tung mehr hätten (in diesem Sinne [X.], [X.], 246, 247), ist in dieser Verallgemeinerung nicht richtig. §
269 Abs.
1 [X.] als Dispositivnorm weist ge-rade der "Natur des Schuldverhältnisses" für die Bestimmung des [X.] eine vorrangige Bedeutung zu, die nicht mit der Bemerkung gemindert wer-den kann, hierbei handele es sich um eine "Leerformel" und um einen "nebulö-sen Begriff" (vgl. [X.] aaO). Wie der [X.] unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien ausgeführt hat, soll mit diesem Merkmal in Fällen, in denen die Vertragsparteien es unterlassen haben, ihren tatsächlichen Willen zum Leistungsort durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten zum Aus-druck zu bringen, jedenfalls deren mutmaßlichem Willen Rechnung getragen werden können. Dieser mutmaßliche Wille kann sich vor allem aus der Beschaf-fenheit der streitigen Leistung ergeben, aber auch aus der Natur des Schuld-verhältnisses zu ersehen sein. Sofern sich Besonderheiten des konkreten Schuldverhältnisses nicht feststellen lassen, erlaubt dieses Merkmal damit auch eine Bewertung anhand der typischen Art des Vertragsverhältnisses, das die streitige Verpflichtung begründet hat (vgl. Beschluss vom 11.
November 2003
-
X
ARZ 91/03, aaO S.
23
f).

16
-

10

-

d) Gemessen hieran bestehen zwischen einem Dienstverhältnis zu ei-nem Rechtsanwalt oder Steuerberater und einem Elemente des Beherber-gungsvertrags (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 24.
Januar 2007 -
XII
ZR 168/04, NJW-RR 2007, 777, 778) enthaltenden [X.] Unter-schiede, die auch auf den Leistungsort für den Vergütungsanspruch ausstrah-len.

Der Schwerpunkt der dem Patienten zu erbringenden Leistungen liegt zweifellos am Ort der Klinik. Das wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass unter Umständen einzelne Leistungen auf Veranlassung des Krankenhauses oder der zur selbständigen Liquidation berechtigten Ärzte von [X.] oder von Ein-richtungen außerhalb des Krankenhauses erbracht werden. Es kommt hinzu, dass der Patient zwar nicht die rechtliche Pflicht hat, sich am Ort des Kranken-hauses der vorgesehenen Behandlung zu unterziehen. Er kann die Behandlung aber nur dort entgegennehmen. Soweit seine Mitwirkung erforderlich ist, wird sie am Ort des Krankenhauses benötigt. Die gesamte Durchführung des [X.] ist an seine persönliche Anwesenheit im Krankenhaus gebunden. Insofern ist der Natur des Schuldverhältnisses eigen, dass sich der Patient am Ort des Krankenhauses zur Behandlung bereit hält und zustimmend mitwirkt, was nicht minder bewertet werden kann als in Betracht kommende einzelne Mitwirkungs-pflichten des Bestellers beim Bauwerkvertrag (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11.
November 2003 -
X
ARZ 91/03, aaO S.
25
f; vom 5.
Dezember 1985 -
I
ARZ 737/85, aaO) oder des Abnehmers beim [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 17.
September 2003 -
VIII
ZR 321/02, aaO). Das rechtfertigt die An-nahme eines einheitlichen Leistungsorts für alle Vertragspflichten.

Es kommt hinzu, dass Krankenhäuser, die -
wie hier
-
ihre Leistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) abzurechnen haben, gegen 17
18
19
-

11

-

einen Patienten, der einen Krankenversicherungsschutz nicht nachweisen kann, einen gesetzlichen
Anspruch auf eine angemessene Vorauszahlung ha-ben (§
8 Abs.
7 Satz
1 KHEntgG). Ab dem achten Tag des [X.] kann eine angemessene Abschlagszahlung, deren Höhe sich an den [X.] erbrachten Leistungen in Verbindung mit der Höhe der voraussichtlich zu zahlenden Entgelte zu orientieren hat, verlangt werden (§
8 Abs.
7 Satz
2 KHEntgG). Einem [X.], der sich wegen der zu erhe-benden Entgelte nach dem Krankenhausentgeltgesetz richtet, ist es daher ohne nähere Vereinbarung und in Ergänzung des Grundsatzes des §
614 Satz 1 [X.] immanent, dass die Leistungen des Krankenhauses -
im Fall des §
8 Abs.
7 Satz
1 KHEntgG schon vor der Behandlung, im Fall des §
8 Abs.
7 Satz
2 KHEntgG zwingend während der Dauer des Krankenhausaufenthalts
-
zeitnah zu vergüten sind. Dem entspricht es, dass das Recht des [X.], Voraus-
und Abschlagszahlungen verlangen zu können, dann nicht gilt, wenn durch Verträge oder andere Regelungen nach §§
112 bis 114 SGB
V so-wie nach §
11 Abs.
1 KHEntgG eine zeitnahe Vergütung anderweit sicherge-stellt ist (§
8 Abs.
7 Satz
3 KHEntgG), wie dies bei gesetzlich versicherten Pati-enten der Fall ist. Dem [X.] kann entnommen werden, dass Krankenhäuser, die ihre Leistungen -
anders als ein Rechtsanwalt
-
nicht ohne weiteres von Vorschusszahlungen abhängig machen können, sondern in [X.] sofort behandeln müssen, vor der Gefahr bewahrt werden sollen, auf ihre Leistungen nach Abschluss der Behandlung und Entlassung des Patienten keine Vergütung mehr zu erhalten.

Schließlich ist auch Folgendes zu berücksichtigen: Üblicherweise wird ein Patient, der eine Krankenhausbehandlung benötigt, ein Krankenhaus in [X.] Wohnortnähe aufsuchen. Abweichungen hiervon ergeben sich vor allem in Fällen, in denen das Krankenhaus besonders qualifiziert ist und der Patient es 20
-

12

-

daher auf sich nimmt, dessen Dienste -
gegebenenfalls weit abseits von seinem Wohnort
-
in Anspruch zu nehmen. In besonderem Maße gilt dies, wenn -
wie hier
-
ein Patient aus dem Ausland anreist. Es entspricht seinem mutmaßlichen Willen, dass er die Kosten für eine solche Maßnahme aufbringt und dass dies auch am Ort seiner Behandlung erwartet wird. Dass es in der [X.] liegen würde, einen solchen Patienten zu behandeln, lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht sagen. Vielmehr zeichnet es die [X.] in einem Krankenhaus aus, dass vielfach Leistungen erbracht werden müssen, ehe die rechtlichen Rahmenbedingungen, etwa auch der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung nach §
38 Abs.
2 ZPO, im Einzelnen haben geklärt werden können. Dies aber sind Gesichtspunkte, die dem [X.] des [X.]s eigen sind und daher nach der "Natur des Schuldverhältnisses" unter Berücksichtigung der besonderen Stellung des Krankenhauses ergänzend für die Bestimmung des Leistungsorts herangezo-gen werden können.

III.

Besteht sonach für die Klageforderung der besondere Gerichtsstand des §
29 Abs.
1 ZPO
am Ort des Krankenhauses in [X.], ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es in der Sache selbst entscheidet. Zwar ist der [X.] nicht nur in der Revisionsinstanz, sondern auch in den Tatsacheninstanzen säumig gewesen. Als Rechtsmittelgericht kann der [X.] indes nicht auf der [X.] der Säumnis in der Vorinstanz durch Versäumnisurteil in der Sache erken-

21
-

13

-

nen (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Mai 1995 -
VIII
ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2564).

Schlick

[X.]

[X.]

[X.]
Tombrink
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 07.10.2010 -
13 O 460/08 -

KG [X.], Entscheidung vom 05.05.2011 -
20 U 251/10 -

Meta

III ZR 114/11

08.12.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. III ZR 114/11 (REWIS RS 2011, 694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 694

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 114/11

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