Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2005, Az. II ZR 299/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4141

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 299/03 Verkündet am: 11. April 2005 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 11. April 2005 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 3. September 2003 aufge-hoben. [X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die beklagte Aktiengesellschaft beschäftigt sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unterneh-mensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital bringt sie auf, indem sie mit zahl-reichen Kleinanlegern stille Gesellschaften gründet, bezogen jeweils auf ein bestimmtes "Unternehmenssegment". Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust des jeweiligen Segments beteiligt und haben ggf. eine Nachschußpflicht bis zur Höhe ihrer Entnahmen. Außerdem haben sie ein Recht auf Entnahme i.H.v. jährlich 10 % ihrer eingezahlten Einlage. Diese Entnahme soll an den [X.] ausgezahlt werden, wenn und soweit er seine Einlage in Form einer - 3 - Einmalzahlung leistet. Bei einer Einlagezahlung in [X.] soll die Entnahme da-gegen dem [X.] gutgeschrieben werden. In § 12 der Vertragsbedin-gungen heißt es: "1. - 4. -

5. Das Entnahmerecht kann auch bei einem negativen Kapital-konto ausgeübt werden.
6. Bei der Entnahme ist Rücksicht auf die Liquiditätslage der [X.] zu nehmen." Der Kläger beteiligte sich am 15. Februar 1998 an dem "[X.]" der [X.]n. Nach dem "[X.]" hatte er eine [X.]. 63.000,00 DM und monatliche [X.] i.H.v. 1.050,00 DM über 10 Jahre zu zahlen, insgesamt 189.000,00 DM. In den Beträgen ist jeweils ein Agio i.H.v. 5 % enthalten. Ab Januar 2001 zahlte die [X.] die monatlichen Ausschüttungen nicht bzw. nicht in voller Höhe. Dazu berief sie sich in fünf jeweils als "Newslet-ter" bezeichneten Schreiben an die stillen Gesellschafter auf [X.]. Aus diesem Grund und wegen einer negativen Presseberichterstattung über die [X.] ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 3. April 2002 die fristlose Kündigung seiner stillen Beteiligung erklären. Mit der Klage verlangt er die Rückzahlung seiner Einlage (abzüglich der Entnahmen) i.H.v. 48.571,68 •, hilfsweise Nachzahlung der noch offen stehen-den Entnahmen. Den [X.] hat die [X.] i.H.v. 5.010,66 • aner-kannt. Das [X.] hat die [X.] entsprechend ihrem Anerkenntnis ver-- 4 - urteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger hilfsweise eine Stufenklage erhoben mit dem Ziel, nach entsprechender Aus-kunftserteilung ein [X.] ausgezahlt zu bekommen. Die [X.] hat im Wege der Anschlußberufung Widerklage auf Zahlung der rückständigen Einlageraten erhoben. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die [X.] als unzulässig verworfen. Gegen die Zurückweisung der Beru-fung richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.]. Entscheidungsgründe: Die Revision ist teilweise begründet und führt hinsichtlich der Stufenklage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Vorinstanzen haben die Zahlungsklage - abgese-hen von dem anerkannten Teil - zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht aber nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Parteivortrag der im Wege der Stufenklage geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über das Auseinan-dersetzungsguthaben zu. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung des [X.] ausgeführt: Der Kläger berufe sich weder auf eine arglistige [X.] noch auf eine Sittenwidrigkeit des Gesellschaftsvertrages, sondern [X.] nur die Rechte aus seiner Kündigung geltend. Daraus stehe ihm aber kein Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage zu. Wenn in dem [X.] bezüglich der Auszahlung am Ende der Vertragsdauer von "Guthaben" die Re-de sei, so sei damit das [X.] gemeint. - 5 - Dagegen ist von Rechts wegen nichts einzuwenden. Die Auslegung, daß mit "Guthaben" i.S. der Auszahlungsregelung das [X.] nach § 235 HGB gemeint ist und nicht die Summe aller Einzahlungen ab-züglich der Entnahmen, ist nicht nur möglich, sondern angesichts der dies im einzelnen regelnden §§ 21 f. der [X.]. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage kann dagegen nur bestehen, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig ist - ohne daß die Grundsätze der [X.] eingreifen - oder wenn die [X.] im Wege des [X.] verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als hätte er den Vertrag nicht geschlossen (vgl. [X.].Urt. v. 21. März 2005 - [X.]/03, z.[X.].). Das macht der Kläger aber selbst nicht geltend. Obwohl das [X.] in seinem Urteil ausgeführt hat, daß dem Kläger die Bedeutung des in § 12 Abs. 6 der Vertragsbedingungen enthaltenen [X.] aufgrund des Vertrags-textes und der Angaben in dem Emissionsprospekt habe klar gewesen sein müssen, hat der Kläger auch im zweiten Rechtszug nicht behauptet, er habe sich bei Vertragsschluß darüber in einem Irrtum befunden. I[X.] 1. Zur Abweisung der auf die Errechnung und Auszahlung des [X.] gerichteten Stufenklage hat das Berufungsgericht ausgeführt: Auch auf ein [X.] habe der Kläger der-zeit keinen Anspruch, weil seine Kündigung mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam sei. Daß die [X.] die gewinnunabhängigen Ausschüttungen eingestellt bzw. reduziert habe, reiche dafür nicht aus. Nach dem Vertrag habe das Entnahmerecht nämlich unter dem Vorbehalt ausreichender Liquidität ge-standen, und daran habe es in der fraglichen [X.] gefehlt. Auch der von dem Kläger vorgelegte Presseartikel sei nicht geeignet, das Vertrauen in die Anlage - 6 - nachhaltig zu erschüttern. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf eine fehlende Rentabilität der Anlage berufen. Das normale wirtschaftliche "Auf und Ab" müsse er hinnehmen. Aus der aktuellen Krise könne nicht der Schluß ge-zogen werden, daß die [X.] am Ende der Vertragslaufzeit nicht in der Lage sein werde, die vertraglich geschuldeten Leistungen zu erbringen. 2. Das hält in einem entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher [X.] nicht stand. Ob ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, ist grund-sätzlich eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden kann, ob der Tatrichter den ihm eingeräum-ten Beurteilungsspielraum überschritten, wesentliche Tatsachen außer acht gelassen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Verfahrensregeln verletzt hat ([X.], Urt. v. 28. Februar 1972 - [X.], NJW 1972, 1128, 1129; v. 25. März 1993 - [X.], NJW 1993, 1972, 1973; v. 1. Dezember 1993 - [X.], NJW 1994, 443, 444). Die Würdigung des Berufungsgerichts leidet an einem derartigen Rechtsfehler. a) Ohne Erfolg bleibt die Revision allerdings mit ihrem Einwand, die [X.] sei verpflichtet gewesen, mit dem Kläger vor der Einstellung bzw. Redu-zierung der Ausschüttungen eine entsprechende Einigung herbeizuführen. In § 12 Abs. 6 der Vertragsbedingungen ist nicht geregelt, wie sich die dort ver-einbarte "Rücksichtnahme" auf die Liquiditätslage der [X.]n organisato-risch vollziehen soll. Dem Kläger war aber bekannt, daß er nicht der einzige stille Gesellschafter der [X.]n war. Das [X.] setzte vielmehr [X.], daß sich zahlreiche Anleger in der gleichen Art beteiligten. Dann aber konnte der Kläger nicht erwarten, daß die [X.] bei einem Liquiditätsengpaß mit jedem dieser Anleger Verhandlungen über eine einverständliche Einstellung - 7 - oder Reduzierung der Entnahmen aufnehmen würde. Erst recht war von [X.] klar, daß sich die [X.] in einem derartigen Fall nicht auf unterschied-liche Regelungen je nach dem Verhandlungsergebnis einlassen konnte. Die Pflicht zur Rücksichtnahme hatte den Zweck, die [X.] und damit auch die Gesamtheit der Anleger in einem Liquiditätsengpaß vor einer Insolvenz oder jedenfalls vor dem Erfordernis unwirtschaftlicher Maßnahmen zu schützen. Die-ser Zweck konnte nur erreicht werden, wenn die [X.] in einer solchen Situation schnell und angemessen würde handeln können. Diese Auslegung des § 12 Abs. 6 der Vertragsbedingungen ergibt sich im übrigen auch aus der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht. b) Die Einstellung bzw. Reduzierung der Ausschüttungen nach § 12 Abs. 6 der Vertragsbedingungen war aber nur dann zulässig, wenn die [X.] tatsächlich nicht genügend Liquidität hatte, um die [X.] der Anleger ohne Gefährdung ihrer langfristigen Zielsetzungen erfüllen zu können. War dagegen ausreichende Liquidität vorhanden und hat die [X.] dennoch in das Entnahmerecht der Anleger eingegriffen, kann sich daraus ein Grund für eine außerordentliche Kündigung des jeweiligen [X.]. Gleich zu beurteilen ist der Fall, daß ein Liquiditätsengpaß durch eine Maßnahme verursacht worden ist, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäfts-tätigkeit der [X.]n lag. Nach § 8 der Vertragsbedingungen ist die [X.] nämlich ohne Zustimmung der stillen Gesellschafter nur zu Maßnahmen [X.], die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Diese Ausnahmevoraussetzungen darzulegen und notfalls zu beweisen, ist Sache der [X.]n. Sie hat dazu vorgetragen, die Aussetzung der [X.] sei erforderlich gewesen, weil sie im Jahre 2001 an das konzernver-bundene [X.] 26,3 Mio. DM habe zahlen müs- - 8 - sen, weitere Verpflichtungen i.H.v. 18,2 Mio. DM bestünden, [X.]. 14 Mio. DM fällig geworden seien und eine Rückstellung wegen einer periodenfremden Gewerbesteuerschuld i.H.v. 29 Mio. DM erforder-lich geworden sei. Dieser Vortrag ist - entgegen der Auffassung des Berufungs-gerichts - nicht ausreichend. Die [X.] hätte ihre Vermögenslage zu den fraglichen [X.]punkten insgesamt darstellen müssen. Nur dann wäre es möglich gewesen, ihren Vortrag auf Schlüssigkeit zu überprüfen. Die Angabe nur ein-zelner Ausgabeposten läßt dagegen nicht erkennen, ob die [X.] unter Be-rücksichtigung ihres sonstigen Zahlungsflusses in einem Liquiditätsengpaß war. Auch hätte die [X.] erläutern müssen, wieso Zahlungen an das [X.] zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gehört haben sollen. Daß der Kläger auf den Vortrag der [X.]n nicht näher eingegangen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dem Vortrag der [X.]n läßt sich schon im Ansatz kein Liquiditätsengpaß entnehmen. Deshalb konnte sich der Kläger auf die pauscha-le Erwiderung in der Berufungsbegründung beschränken, zu der Liquiditätslage fehle "jeglicher Vortrag" der [X.]n. 3. [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif, weil der [X.]n, die auf die Unvollständigkeit ihres Vortrags bislang nicht hingewiesen worden ist, Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag gegeben werden muß. Dazu ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. - 9 - II[X.] Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 64.762,24 • fest-gesetzt. Röhricht Goette [X.]
Strohn [X.]

Meta

II ZR 299/03

11.04.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2005, Az. II ZR 299/03 (REWIS RS 2005, 4141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4141

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