Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2017, Az. V ZB 25/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2652

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:091117BVZB25.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 25/17
vom

9. November
2017

in dem Notarbeschwerdeverfahren

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 9. November 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner
und Weinland
und die
Richter Dr.
Kazele
und Dr. Hamdorf

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 17. August
2016 in der Fassung des Beschlusses vom 9. Januar 2017 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens
beträgt 20.000

Gründe:

I.

Im Juli 2015 schlossen der Rechtsvorgänger der
Beteiligten zu 3 ([X.])
und der Beteiligte zu 4 (Käufer) einen notariell
beurkundeten [X.] über ein im Eigentum des Verkäufers
stehendes
Grundstück. Der [X.] sieht als Fälligkeitsvoraussetzung vor, dass die Beteiligte zu 1
auf das [X.]
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kaufsrecht gemäß § 57 Schuldrechtsanpassungsgesetz schriftlich verzichtet hat oder die Ausübungsfrist von zwei Monaten abgelaufen ist.

Der den Kaufvertragsparteien bekannte Hintergrund dieser Regelung ist ein zwischen dem Gemeinderat und der Großmutter sowie der Mutter der Betei-ligten zu 1
über dieses Grundstück geschlossener
Nutzungsvertrag vom 31. Juli 1970. Die Großmutter verstarb bereits 1983. Zugunsten der Mutter wurde ge-mäß § 20 [X.]
ein [X.]srecht in das Grundbuch eingetragen und nach ihrem Tod im Jahr 2010 wieder
gelöscht. Das Nutzungsverhältnis führte der
Verkäufer mit der Beteiligten zu 1
fort.
Der Notar informierte die Beteiligte zu
1 mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 über den Kaufvertrag. Daraufhin übte
diese mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 das [X.]srecht aus.

Mit Vorbescheid vom 18. Dezember 2015 hat der Notar der Beteiligten zu
1 mitgeteilt, dass ihr seiner Auffassung nach kein [X.]srecht zustehe, so dass er von der darauf bezogenen Fälligkeitsvoraussetzung absehen werde. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das [X.] den Vorbescheid mit Beschluss vom 23. Mai 2016 aufgehoben. Nach der Rechtsmittelbelehrung findet gegen diesen Beschluss die Beschwerde statt. Auf Beschwerde des [X.] hat das [X.]
die Entscheidung durch
Beschluss vom 17. August 2016 geändert und die Beschwerde zurückgewiesen; auch diesem Beschluss ist eine
Rechtsmittelbelehrung
beigefügt, die als statthaftes Rechtsmittel die Beschwerde benennt. Auf die mit Schriftsatz vom 12. September 2016 erhobe-ne Anhörungsrüge
der Beteiligten zu 1 hat das [X.]
mit weiterem Be-schluss vom 9. Januar 2017 seine letzte Entscheidung mit der Maßgabe [X.], dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wird. Nunmehr
will die Beteiligte zu
1
den ursprünglichen Beschluss vom 23. Mai 2016 wiederherstel-len lassen; der Käufer beantragt die Verwerfung der Rechtsbeschwerde.
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II.

In dem angefochtenen Beschluss vom 17. August 2016 meint das [X.], der Beschwerdeführerin stehe entgegen
seiner zunächst in dem Be-schluss vom 23. Mai 2016 vertretenen Auffassung kein [X.]srecht gemäß §
57 Abs.
1 SchuldRAnpG zu. Das [X.]srecht ihrer Mutter habe sich viel-mehr aus §
20 [X.] ergeben und
sei mit deren Tod gemäß §
20 Abs.
7 [X.] erloschen. Die Anhörungsrüge habe
insoweit Erfolg, als die Kammer nunmehr die Zulassung der Rechtsbeschwerde für geboten halte, und zwar wegen der schwierigen Rechtsfragen sowie des Umstands, dass die Änderung des
Beschlusses
vom 23. Mai 2016 ohne ausreichende Anhörung der Be-schwerdeführerin und aufgrund eines Irrtums über die [X.] der Be-schwerde des Käufers erfolgt sei. Im Hinblick darauf
habe der Erlass des [X.] vom 17.
August 2016 den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Inhaltlich sei die dort
vertretene Rechtsauffassung aber richtig gewesen.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie in Ermangelung einer wirksamen Zulassung nicht statthaft ist.

1. In dem angefochtenen Beschluss vom 17. August 2016 hat das [X.] die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht [X.]. Die auf die Anhörungsrüge nachträglich erfolgte Zulassung bindet den Senat nicht.

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a) Eine Anhörungsrüge führt nur dann zu einer wirksamen, das [X.] gemäß § 70 Abs. 2
Satz 2 FamFG
(vgl.
§ 15 Abs. 2 Satz 3 [X.]) bindenden Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn das Verfahren auf-grund einer Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 44 FamFG fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Zu-lassungsgrund
ergibt. Mit einer verfahrensrechtlich nicht vorgesehenen nach-träglichen Zulassungsentscheidung kann das Gericht die Bindung an seine ei-gene Endentscheidung gemäß
§
45 FamFG nicht außer [X.] setzen
(vgl. [X.] zum Revisionsverfahren Senat, Urteil vom 4.
März 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1516
Rn. 4; Urteil vom 16. September 2016 -
V [X.], [X.], 147 Rn. 5; [X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 -
IX ZR 70/10, NJW-RR 2012, 306 Rn. 7).

b) Daran gemessen durfte die Rechtsbeschwerde nicht nachträglich [X.] werden.

aa) Die Voraussetzungen des § 44 FamFG
lagen offensichtlich nicht vor. Einen
entscheidungserheblichen Verstoß gegen den Anspruch der Beteiligten zu
1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs, der darin besteht, dass auf die [X.] bezogener Vortrag verfahrensfehlerhaft übergangen [X.] ist
(vgl. Senat, Urteil vom 4. März 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1516
Rn. 6),
nimmt
das Beschwerdegericht selbst nicht an; mit den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen, auf das Bestehen des
[X.]srechts bezogenen Rechtsfragen

hatte es sich bereits in den vorangegangenen Be-schlüssen auseinandergesetzt. Maßgeblich begründet hat es die Nachholung der Zulassung vielmehr damit, dass es fälschlicherweise die Beschwerde des Käufers für statthaft gehalten habe. Ein solcher
Rechtsirrtum
rechtfertigt eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht, weil er
für sich genom-7
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men nicht gegen
das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs
verstößt; dass das Beschwerdegericht auf die Zulassungsentscheidung bezogenen Vortrag der Beschwerdeführerin übergangen hat, hat es nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich.

bb) Ob das Beschwerdegericht mit dem Beschluss vom 17. August 2016 -
wie die Rechtsbeschwerde meint -
seinerseits die Bindung an seinen eigenen Beschluss vom 23. Mai 2016 gemäß §
45 FamFG missachtet hat oder ob es

wie es in der Erwiderung vertreten wird
-
wegen der fehlenden verfahrensge-staltenden Wirkung des ersten Beschlusses, mit dem der Vorbescheid ohne eine positive
Anweisung an den Notar aufgehoben wurde,
zu der Änderung be-fugt war, kann dahinstehen. Jedenfalls begründete ein etwaiger Verfahrensfeh-ler keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil auch insoweit kein Vortrag der Beschwerdeführerin übergangen worden ist.

2. Die nachträgliche Zulassung kann auch nicht als Entscheidung über eine analog § 44 FamFG erhobene Rüge der Verletzung anderer Verfahrens-grundrechte verstanden werden.

a) Ob eine unterlassene Zulassung der Rechtsbeschwerde als Verstoß gegen
andere Verfahrensgrundrechte in analoger Anwendung von § 44 FamFG gerügt werden kann, hat der [X.] bislang offen gelassen; es [X.] auch hier keiner Entscheidung
dieser Rechtsfrage. In Betracht kommen könnte dies nämlich allenfalls dann, wenn die ursprüngliche Entscheidung, den Zugang zum [X.] nicht zu eröffnen, objektiv willkürlich gewesen wäre oder den Instanzenzug unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigen-der Weise verkürzt hätte (vgl. für das Revisionsverfahren Senat, Urteil vom 4.
März 2011 -
V
[X.], NJW 2011, 1516 Rn. 9 f.; [X.], Urteil vom 10
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1.
Dezember 2011 -
IX ZR 70/10, NJW-RR 2012, 306 Rn. 12 f.). Davon ist nicht auszugehen.

b) Das Beschwerdegericht hat diese Voraussetzungen nicht ausdrücklich festgestellt. Selbst wenn seine Ausführungen
zu seinem Irrtum über
die Statt-haftigkeit der (erfolgreichen) Beschwerde des Käufers
so
zu verstehen sein soll-ten, dass es seine Verfahrensweise als
objektiv willkürlich ansah, könnte dies die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigen. Dies folgt schon daraus, dass die Rüge -
ihre [X.] unterstellt -
jedenfalls unbegründet war, was
das Rechtsbeschwerdegericht wie bei einer Anhörungs-rüge von Amts
wegen
zu überprüfen
hätte
(vgl. für das Revisionsverfahren [X.], Urteil vom 16. September 2016 -
V [X.], [X.], 147 Rn. 7; [X.], Urteil vom 14. April 2016 -
IX ZR 197/15, [X.], 1389 Rn. 8 ff.). Es fehlt nämlich bereits an der Entscheidungserheblichkeit
eines etwaigen Verstoßes gegen Verfahrensgrundrechte. Eine Rechtsbeschwerde könnte von vornherein keinen
Erfolg haben, weil das Beschwerdegericht
im Ausgangspunkt nicht er-kannt hat, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 1 unzulässig ist.
Sie
ist nicht beschwerdeberechtigt, weil sie durch den Vorbescheid nicht, wie in §
59 Abs.
1 FamFG vorausgesetzt, in ihren Rechten beeinträchtigt
wird.
Eine solche Rechtsbeeinträchtigung setzt voraus, dass unmittelbar nachteilig in die Rechts-stellung des Beschwerdeführers eingegriffen wird (vgl.
[X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., § 15 Rn. 99 mwN),
woran es fehlt.
Die Fälligkeitsmitteilung, die der Vorbescheid zum Gegenstand hat, betrifft ausschließlich die
Rechtsbezie-hung
zwischen Verkäufer und Käufer.
Die
Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 verändert sie
auch dann nicht unmittelbar, wenn ihr ein
[X.]srecht zustehen sollte. Welche Fälligkeitsvoraussetzungen die Kaufvertragsparteien vereinba-ren, und ob sie diese einhalten, kann ein
[X.]sberechtigter
nicht beeinflus-sen. Denn durch die Ausübung des [X.]srechts tritt er nicht in den [X.]
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trag ein, sondern es kommt ggf. ein neuer selbständiger Kaufvertrag zwischen den Parteien des [X.]s zustande (vgl. § 464
Abs.
2 BGB; [X.], Urteil vom 10. Juli 1986 -
III
ZR 44/85, [X.]Z 98, 188, 190 f.). Die Beteiligte zu 1 muss die maßgebliche Frage danach, ob ein solcher Kaufvertrag zwischen ihr und dem Verkäufer zustande gekommen ist, ggf. in einem [X.] mit dem [X.] klären lassen. Das Verfahren der Notarbeschwerde ist zur Durchsetzung
ihrer
möglichen Ansprüche aus dem [X.] weder bestimmt noch geeignet.

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IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus
§
84 FamFG. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sieht
der Senat gemäß §
21 Abs.
1 Satz 1 GNotKG ab; der
Gegenstandswert
ist
gemäß
§ 36 Abs. 1
GNotKG
mit 10 % des Kaufpreises bemessen
worden.

[X.] Brückner Weinland

Kazele

Hamdorf
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 17.08.2016 -
3 T 4/16 -

14

Meta

V ZB 25/17

09.11.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2017, Az. V ZB 25/17 (REWIS RS 2017, 2652)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2652

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 25/17

V ZR 123/10

V ZR 3/16

IX ZR 70/10

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