Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2008, Az. XII ZR 51/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 756

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 19. November 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 1581, 1603 Gegenüber dem Ehegattenunterhalt muss dem Unterhaltspflichtigen grundsätz-lich ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) über-steigt und zwischen diesem und dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt (im [X.] an das [X.]urteil [X.] 166, 351, 356 ff. = [X.], 683, 684). Das gilt auch gegenüber dem Anspruch auf Betreu-ungsunterhalt. [X.], Urteil vom 19. November 2008 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] Dr. Wagenitz, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 18. Familien-senats des [X.] vom 16. November 2007 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des [X.]n wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] vom 25. Mai 2007 unter Zurückwei-sung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und ins-gesamt wie folgt neu gefasst: Der [X.] wird verurteilt, an die Klägerin 1. rückständigen nachehelichen Unterhalt für die [X.] vom 15. August 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von insge-samt 585 • nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30. März 2007, 2. laufenden nachehelichen Unterhalt für die [X.] von März bis Dezember 2007 in Höhe von monatlich 90 •, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats, zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. - 3 - Von den Kosten des Verfahrens in erster Instanz haben die Kläge-rin 1/8 und der [X.] 7/8 zu tragen. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens haben die Klägerin zu 1/10 und der [X.] zu 9/10 zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die [X.] ab dem 15. August 2006. 1 Die Ehe der Parteien wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 15. August 2006 geschieden. Die am 28. Juni 2005 geborene gemeinsame Tochter [X.] lebt bei der Klägerin. Der [X.], der während der Ehezeit vollzeitbe-schäftigt war, bezog in der [X.] vom 19. Januar 2006 bis zum 7. September 2006 Krankengeld in Höhe von insgesamt 8.608,90 •. Für die Folgezeit wurde ihm das Krankengeld versagt, weil er eine Wiedereingliederung in das [X.] unentschuldigt nicht begonnen hatte. Nach Kündigung seines [X.] war der [X.] seit dem 16. November 2006 arbeitslos. Seit dem 14. Dezember 2006 bezieht er [X.] in Höhe von 31,09 • täglich und seit Januar 2007 zusätzlich Wohngeld in Höhe von 35 • monatlich. Für das gemeinsame Kind ist ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 100 % der früheren Regelbetragverordnung tituliert. 2 Die Klägerin bezieht seit Juli 2005 [X.]I. Mit Vereinbarung vom 22. Januar 2007 zwischen dem Leistungsträger und der Klägerin wurden 3 - 4 - die übergegangenen Unterhaltsansprüche wieder auf die Klägerin zurück [X.]. 4 Das Amtsgericht hat den [X.]n verurteilt, an die Klägerin einen Un-terhaltsrückstand in Höhe von (90 • x 6,5 Monate =) 585 • sowie für die [X.] ab März 2007 den beantragten nachehelichen Unterhalt in Höhe von 90 • monat-lich zu zahlen. Das [X.] hat die Berufung des [X.]n zurück-gewiesen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revi-sion des [X.]n, mit der er weiterhin vollständige Klagabweisung begehrte.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist lediglich hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs ab Januar 2008 begründet und führt insoweit zur Abweisung der Klage. 5 I. Das [X.] hat die Berufung des [X.]n zurückgewiesen, weil er jedenfalls in Höhe des beantragten monatlichen Unterhalts von 90 • leis-tungsfähig sei. Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, wonach der [X.] bis zum 7. September 2006 monatliches Krankengeld von durch-schnittlich 1.113 • erzielt habe und für die Folgezeit so zu behandeln sei, als ob er dieses Einkommen weiter erziele, weil er sich nicht ausreichend um die [X.] seiner Arbeitsfähigkeit bemüht habe, seien "sämtlich unstreitig". Streit bestehe "ausschließlich hinsichtlich der (Rechts-)Frage, wie hoch der Selbstbehalt des [X.]n zu bemessen ist und ob dieser trotz der [X.] - 5 - spruchnahme von Kranken- oder Arbeitslosengeld den Selbstbehalt eines Er-werbstätigen für sich beanspruchen darf". 7 Von diesem fiktiven Einkommen seien für die Ermittlung der [X.] des [X.]n der titulierte Unterhalt für die gemeinsame Tochter in [X.] von monatlich 204 • und der notwendige Selbstbehalt eines nicht Erwerbstä-tigen in Höhe von monatlich 770 • abzusetzen. Bei dem erhöhten Selbstbehalt eines Erwerbstätigen handele es sich um einen Arbeitsanreiz sowie eine "Be-lohnung" für dessen Erwerbstätigkeit. Diesen auch beim Bezug von [X.] oder sonstigen Leistungen mit Lohnersatzfunktion zu gewähren, bestehe keine Veranlassung, da der Empfänger der genannten Leistungen gerade nicht erwerbstätig sei. Dabei werde auch nicht übersehen, dass nach der Rechtspre-chung des [X.] der Selbstbehalt eines unterhaltspflichtigen Ehegatten in der Regel mit einem Betrag zwischen dem angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt festzulegen sei. Nach dieser Rechtsprechung sei es auch nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter für diesen Ehegatten-selbstbehalt im Regelfall von einem etwa in der Mitte zwischen dem [X.] (§ 1603 Abs. 2 BGB), und dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) Selbstbehalt liegenden Betrag ausgehe. Diese Ausführungen ließen aber den Schluss zu, dass im Einzelfall von diesem Mittelbetrag nach unten oder oben abgewichen werden könne, wenn dies aus Billigkeitsgründen geboten sei. [X.] wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte selbst ähnlich hilflos und bedürftig sei, wie ein minderjähriges Kind, sei dem Unterhaltsschuldner bei der Billigkeitsabwägung gemäß § 1581 BGB eine Unterhaltsverpflichtung bis zur Grenze des eigenen notwendigen Selbstbehalts aufzuerlegen. Wegen der ge-steigerten Schutzbedürftigkeit des kinderbetreuenden Elternteils müsse sich der unterhaltspflichtige Ehegatte auch diesem gegenüber mit einem geringeren Selbstbehalt begnügen. Denn auch der ein gemeinsames Kind betreuende - 6 - Ehegatte sei ähnlich hilflos und bedürftig wie ein minderjähriges Kind und könne einer Erwerbstätigkeit deshalb nicht nachgehen. 8 Das [X.] hat die Revision zugelassen, weil "die Frage der Höhe des Selbstbehalts in der Rechtsprechung der [X.]e bisher nicht geklärt" sei und auch die "zitierte Entscheidung des [X.] insoweit keine klare Aussage" enthalte. [X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 9 1. Nach den Feststellungen des [X.]s hat der [X.] für die [X.] bis zum 7. September 2006 Krankengeld in Höhe von durchschnittlich 1.113 • monatlich erhalten. Weil er [X.] nichts unternommen hat, um seine Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen, bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken dagegen, ihn für die [X.] ab dem 8. September 2006 fiktiv so zu behandeln, als ob er dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stünde (vgl. [X.]urteil vom 8. Juli 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 1042, 1045; vgl. auch [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 517). Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen der Instanzgerichte könnte der [X.] ein monatliches Ein-kommen erzielen, das sein früheres monatliches Krankengeld in Höhe von 1.113 • erreicht. Dieser Betrag übersteigt jedenfalls die Summe der gegenwär-tig vom [X.]n bezogenen Einkünfte aus [X.], das monatlich (31,09 • x 30 =) gerundet 933 • beträgt, und aus dem Wohngeld in Höhe von 35 • monatlich (vgl. insoweit [X.]urteil vom 19. Februar 2003 - [X.] ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 862). 10 - 7 - 2. Aus seinem geringen unterhaltsrelevanten Einkommen von monatlich 1.113 • ist der [X.] erkennbar nicht in vollem Umfang für die [X.] des gemeinsamen Kindes und der Klägerin leistungsfähig. 11 12 a) Die Unterhaltsansprüche der Klägerin und des gemeinsamen minder-jährigen Kindes stehen für die [X.] bis Ende 2007 nach § 1609 Abs. 2 BGB a.F., der nach § 36 Nr. 7 EGZPO für die vor dem 1. Januar 2008 fälligen Unterhalts-leistungen fort gilt, im gleichen Rang. Entgegen der Rechtsauffassung der In-stanzgerichte war der Kindesunterhalt deswegen im Rahmen der [X.] für diese Ansprüche nicht vorab abzusetzen. Stattdessen waren diese Unterhaltsansprüche der Klägerin im Wege einer Mangelfallberechnung zu er-mitteln (vgl. [X.]urteil vom 19. November 2008 - [X.] ZR 129/06 - zur [X.] bestimmt [zum Trennungsunterhalt]). [X.]) Im Rahmen der Mangelfallberechnung ergibt sich für die hier relevan-te [X.] des Bezugs von Krankengeld, also für die [X.] vom 15. August bis zum 7. September 2006, jedenfalls ein monatlicher Unterhaltsanspruch von 90 •. 13 Selbst wenn für diese [X.] - entgegen der Rechtsauffassung des [X.] - nicht lediglich der notwendige Selbstbehalt eines nicht er-werbstätigen Unterhaltspflichtigen, sondern entsprechend der Rechtsprechung des [X.] ein Selbstbehalt berücksichtigt würde, der mit 935 • monatlich zwi-schen dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen [X.] • (§ 1603 Abs. 2 BGB) und dem angemessenen Selbstbe-halt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt (zum Ehegattenselbstbehalt vgl. [X.]urteile vom 19. November 2008 - [X.] ZR 129/06 - zur Veröffentlichung bestimmt und [X.] 166, 351, 356 ff. = [X.], 683, 684), verbliebe gleichwohl eine Verteilungsmasse für die ursprünglich noch gleichrangigen Unterhaltsansprü-che in Höhe von (1.113 • - 935 • =) 178 •. Auch wenn dieser verfügbare Anteil 14 - 8 - des Einkommens nach der Rechtsprechung des [X.] zum früheren Recht ([X.]urteil vom 22. Januar 2003 - [X.] ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.) im Verhältnis der [X.] auf das minderjährige Kind und die Klägerin als geschiedene Ehefrau aufgeteilt wird, bleibt für diese [X.] eine Leistungsfähigkeit des [X.]n jedenfalls in Höhe des von der Klägerin beantragten monatlichen Unterhalts von 90 •. bb) Nichts anderes ergibt sich für die [X.] vom 8. September 2006 bis zum 31. Dezember 2007, für die das [X.] dem [X.]n ein [X.] Einkommen in Höhe des früher bezogenen Krankengeldes zugerechnet hat und auf die nach § 36 Nr. 7 EGZPO noch das frühere Unterhaltsrecht an-wendbar ist. 15 Dabei kann dahinstehen, ob das fiktiv zurechenbare Einkommen auf das zuvor bezogene Krankengeld begrenzt werden musste. Der [X.] ist wegen seiner unzureichenden Arbeitsbemühungen bei gleichzeitig gegebener Er-werbsfähigkeit nicht etwa als weiterhin (fiktiv) krank, sondern als fiktiv erwerbs-tätig zu behandeln, und das frühere Krankengeld errechnete sich nach § 47 SGB V aus 70 % des [X.]. Aber selbst auf der Grundlage dieses ge-ringen fiktiven Einkommens schuldete der [X.] der Klägerin für diese [X.] Unterhalt in Höhe von jedenfalls 90 • monatlich. 16 Zwar handelt es sich bei dem für diese [X.] zu berücksichtigenden Ein-kommen um ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sodass im Grundsatz die Maßstäbe der Unterhaltspflicht eines Erwerbstätigen gelten. Weil das Ober-landesgericht die Höhe des erzielbaren Entgelts aber an dem früher bezogenen Krankengeld orientiert hat und auch sonst keine Anhaltspunkte für berufsbe-dingte Aufwendungen vorliegen, ist ein Abzug solcher pauschalierter Kosten nicht geboten. 17 - 9 - [X.] des [X.]n muss sich wegen des fiktiven Ansatzes eines erzielbaren Erwerbseinkommens zwar ebenfalls an den Grundsätzen ori-entieren, die für einen Erwerbstätigen entwickelt worden sind. Nach der zitierten Rechtsprechung des [X.] muss der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Ehegattenunterhalt aber nicht zwingend mit einem Betrag bemessen wer-den, der genau hälftig zwischen dem notwendigen (beim erwerbstätigen [X.] gegenwärtig 900 •) und dem angemessenen (gegenwärtig 1.100 •) Selbstbehalt liegt. Im Hinblick auf die Höhe des am früheren [X.] orientierten fiktiven Einkommens kann der [X.] ausschließen, dass die Instanzgerichte dem [X.]n einen Ehegattenselbstbehalt zugemessen [X.], der die Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbst-behalt erreicht. Selbst wenn ihm ein Selbstbehalt von monatlich 990 • belassen würde, wäre der [X.] auch unter Berücksichtigung der für diese [X.] noch gleichrangigen Ansprüche auf Kindesunterhalt in der Lage, der Klägerin Unter-halt in der zugesprochenen Höhe von monatlich 90 • zu zahlen ([1.113 • - 990 • =] 123 • x 770 • : [770 • + 276 • =] 1046 • = 90,54 •). 18 b) Für die [X.] ab Januar 2008 sieht die durch das [X.] vom 21. Dezember 2007 ([X.] I S. 3189) geänderte Vorschrift des § 1609 BGB einen Vorrang des Unterhaltsanspruchs eines minderjährigen Kindes vor. Erst für diese [X.] ist deswegen der geschuldete Kindesunterhalt, der in Höhe von 100 % der Regelbetragverordnung, zuletzt also in Höhe eines Zahlbetrags von monatlich 202 • (vgl. FamRZ 2007, 1367) tituliert war und nach § 36 Nr. 3 EGZPO in dieser Höhe fort gilt, auch im Rahmen der [X.] des [X.]n abzusetzen. 19 Außerdem muss dem Unterhaltspflichtigen nach ständiger Rechtspre-chung des [X.] ein Selbstbehalt verbleiben, der den eigenen notwendigen Bedarf abdeckt und sich zusätzlich nach der konkreten Unterhaltspflicht [X.] - 10 - misst. Dem Unterhaltspflichtigen muss schon aus verfassungsrechtlichen Grün-den jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet deswegen jedenfalls dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Zusätzlich sind bei der Bemessung eines Selbstbehalts, die nach ständiger Rechtsprechung des [X.] grundsätz-lich Aufgabe des Tatrichters ist, die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, die sich insbesondere aus dem Wesen der Unterhaltspflicht und der Rangfolge des Anspruchs im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten ergeben. Der [X.] hat deswegen bereits ausgeführt, dass er es nicht für vertretbar hält, einem un-terhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Eine darin zum Ausdruck kommende Gleichbehand-lung des Unterhaltsanspruchs von Ehegatten mit demjenigen minderjähriger Kinder, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. für die [X.] bis Ende 2007 angeordnet war, würde die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB außer Betracht lassen. Der Regelungshintergrund dieser Vorschrift ist darin zu sehen, dass minderjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen ist, durch eigene Anstren-gungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen (vgl. Se-natsurteil [X.] 166, 351, 356 ff. = [X.], 683, 684). Das gilt für ge-schiedene oder getrennt lebende Ehegatten nicht in gleichem Maße, auch nicht wenn es sich um Betreuungsunterhalt handelt. Diesen stärkeren Schutz des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder hat auch der Gesetzgeber durch das zum 1. Januar 2008 in [X.] getretene [X.] betont, indem er in § 1609 Nr. 1 BGB den Unterhalt minderjähriger und privile-gierter volljähriger Kinder als gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen, auch gegenüber dem Betreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1615 l Abs. 2 BGB (vgl. insoweit § 1609 Nr. 2 BGB), vorrangig ausgestaltet hat. Gegenüber dem - 11 - Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt muss dem [X.]n [X.] ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegen-über dem Unterhaltsanspruch des gemeinsamen minderjährigen Kindes nicht unerheblich übersteigt. 21 3. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden. Für die [X.] der Klägerin bis Ende 2007 bleibt es bei der angefochtenen Entscheidung, weil der [X.] auch unter Berücksichtigung eines der Recht-sprechung des [X.] entsprechenden [X.] jedenfalls in Höhe des zugesprochenen Betrages leistungsfähig ist. Für die [X.] ab Januar 2008 ist der Kindesunterhalt wegen des Vorrangs nach § 1609 Nr. 1 BGB auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit vorab abzuziehen, so dass es auf die Höhe des ebenfalls zu berücksichtigenden Selbstbehalts ankommt, dessen Bemessung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Werden von den monatlichen Einkünften des [X.]n in Höhe von 1.113 • wegen des Vorrangs des Kindesunterhalts aber die Unterhaltsansprüche der gemeinsamen Tochter in Höhe von monatlich 202 • abgesetzt, verbleibt lediglich ein verfügba-res Einkommen in Höhe von 911 • monatlich. Dieser Betrag übersteigt auch unter Berücksichtigung der geringen fiktiven Einkünfte nicht den Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, den das Berufungsge-richt in seinen eigenen Leitlinien (Ziffer 21.4; [X.], 231, 233) für den Regelfall mit 1.000 • angibt. Umstände, die hier eine Absenkung des [X.] auf einen Betrag unterhalb des verfügbaren Einkommens von 911 • gebieten könnten, hat das [X.] weder festgestellt noch sind diese sonst ersichtlich. Auf der Grundlage des vom [X.] festgestellten und zwi-schen den Parteien unstreitigen anrechenbaren Einkommens des [X.]n sowie der vorrangigen Unterhaltspflicht für die gemeinsame Tochter sowie des 22 - 12 - dem [X.]n zu belassenden [X.] ist er für die [X.] ab Januar 2008 mithin nicht mehr zu Unterhaltsleistungen an die Klägerin in der Lage. Hahne [X.] Wagenitz [X.] Klinkhammer
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 25.05.2007 - 45 [X.]/07 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 16.11.2007 - 18 UF 74/07 -

Meta

XII ZR 51/08

19.11.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2008, Az. XII ZR 51/08 (REWIS RS 2008, 756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 756

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