Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. IX ZR 268/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6698

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX [X.]

Verkündet am:

11. April 2013

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
KO § 41 Abs. 1; [X.] § 10 Abs. 2; [X.] § 146 Abs. 1
Ist das Anfechtungsrecht des Verwalters in einem ersten Konkurs-, Gesamtvollstre-ckungs-
oder Insolvenzverfahren verfristet oder verjährt, ist dadurch der Anspruch auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr zur Masse eines Zweitverfahrens nicht mitbe-troffen.

[X.], Urteil vom 11. April 2013 -
IX [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
11. April 2013
durch die Richter [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Juli 2011 aufgehoben.
Die Sache
wird
zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Schuldner betrieb seit
dem Jahr
1991 Garten-
und Landschaftsbau als Einzelunternehmer. Sein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück verschenkte er mit Urkunde vom 22.
April 1996 an seine beiden Kinder, die [X.]. Sie wurden am 10.
Oktober des Jahres als Miteigentümer je zur ideel-len Hälfte in das Grundbuch eingetragen. Im Mai 1998 wurde über das Vermö-gen des Schuldners das [X.] eröffnet, im Dezember 2003 nach Verteilung des Erlöses eingestellt. Am 13.
Juni 2005 eröffnete das Amtsgericht über das Vermögen des Schuldners auf seinen Antrag das Insol-venzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dieser focht die
Grundstücksübertragung gegenüber den Kindern des Schuldners an und verlangt von ihnen, die schenkweise erhaltenen Grundstücksbruchteile der 1
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-
Masse zurückzugewähren, gegenüber dem zweitbeklagten [X.] unter Lasten-freimachung seines Teils.

Das [X.]
hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat die Klage auf ihre Berufung abgewiesen und die Revision [X.].

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet, der Rechtsstreit in der Sache selbst aber noch nicht spruchreif.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die allein noch mögliche Vorsatzanfechtung gemäß §
133 Abs.
1 [X.] scheitere daran, dass die zweijährige Ausschlussfrist für die Anfechtung in dem Gesamt-vollstreckungsverfahren verstrichen gewesen sei und der Ausschluss in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren fortwirke.

II.

In §
10 Abs.
2 [X.] ist bestimmt, dass die Anfechtung nur innerhalb von zwei Jahren seit Eröffnung der Gesamtvollstreckung erfolgen kann. Die weite
Auslegung dieser Vorschrift durch das Berufungsgericht hält der rechtlichen 2
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5
-
4
-
Prüfung nicht stand. Eine ähnliche Ausschlussfrist von einem Jahr enthielt be-reits §
41 Abs.
1 Satz
1 KO, während der Gesetzgeber die Ausübungsfrist des §
146 Abs.
1 [X.] in Anlehnung an §
34 KO in der Fassung von 1877 wieder verjährungsrechtlich ausgestaltet hat. Auf diese Unterschiede kommt es [X.] im vorliegenden Zusammenhang nicht an.

1. Schon für die Ausschlussfrist des §
41 Abs.
1 Satz
1 KO war aner-kannt, dass sie dem
Gegner in der nachfolgenden Gläubigeranfechtung keine Einrede gemäß §
13 Abs.
4 Satz
1 [X.]
1879
gewährte ([X.], 90, 92
ff; Jaeger, Anfechtungsgesetz,
2.
Aufl., §
13 Anm.
28 [X.]). Das [X.] meinte, die Anfechtungsrechte der Gläubiger seien nur während der Dauer des Konkurses vom Anfechtungsrecht des Verwalters überlagert
(vgl. jetzt §
16 Abs.
1 [X.]). Für die Gläubigeranfechtung enthalte §
12 [X.] 1879 eigene Ausschlussfristen; das Anfechtungsrecht der Gläubiger könne mithin durch [X.] der in §
41 KO bestimmten Ausschlussfrist für den Konkursverwalter nicht mitbetroffen sein. Der Zweck der kurzen Ausschlussfrist, für die Beteiligten der anfechtbaren Rechtshandlung Klarheit zu schaffen und sie nicht in langjäh-riger Ungewissheit über ihren Bestand
zu lassen, trete dahinter zurück (vgl. [X.], aaO).

Dieses Verständnis der Ausschlussfrist in ihrem Regelungszusammen-hang hat heute Gültigkeit
für §
18 Abs.
1 [X.], der gegenüber §
13 Abs.
4 Satz
1 [X.] 1879 insoweit unverändert ist. Deshalb kann sich der Anfech-tungsgegner nicht gegenüber den Gläubigern auf Verjährung berufen, wenn diese für das Recht des Insolvenzverwalters nach §
146 Abs.
1 [X.] eingetre-ten ist (Kirchhof,
MünchKomm-[X.], §
18 Rn.
20 bei Fn.
41; [X.], [X.] 10.
Aufl., §
18 Rn.
13 [X.]; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], §
18 [X.] Rn.
9; [X.]/[X.], [X.], §
18
Rn.
11; Hk-ZV/[X.], 2.
Aufl., §
18
[X.]
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5
-
Rn.
11); es kommt nur auf den Lauf der in den §§
3, 4 und 6 [X.] bestimmten Fristen an. Die Rechte des Gläubigers nach dem Anfechtungsgesetz kennen keine §
146 Abs.
1 [X.] ähnliche besondere Verjährung. Denn es gibt kein Ver-fahren, welches eine solche Verjährungs-
oder anderweitige Ausübungsfrist in Lauf setzen könnte.
Allerdings beginnt nach Entstehung des Anspruchs die all-gemeine Verjährung gemäß §§
195, 199 Abs.
1 BGB.

2. Nicht in vergleichbarer Weise wie für die Gläubigeranfechtung erörtert wird, ob das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters in einem Zweitverfahren mit seiner Entstehung ausgeschlossen oder verjährt sein kann,
weil der [X.] im Erstverfahren sein Anfechtungsrecht nicht innerhalb der in §
41 Abs.
1 Satz
1 KO, §
10 Abs.
2 [X.] oder §
146 Abs.
1 [X.] bestimmten Fristen aus-geübt hat. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenom-men, dass diese Frage noch nicht durch das Urteil des [X.] vom 16.
November 2006 (IX
ZR 239/04, [X.], 33 Rn.
11
f) entschieden ist, wo-nach Art.
106 EG[X.] nicht besage, dass Rechtshandlungen vor dem 1.
Januar 1999 auch in später eröffneten Verfahren stets nur unter Beachtung der [X.]en gemäß §
41 Abs.
1 Satz
1 KO, §
10 Abs.
2 [X.] angefochten werden könnten. Die Rechtsfrage kann aber für den Verwalter eines [X.]s nicht anders beantwortet werden als für einen Gläubiger, der sein An-fechtungsrecht nach Beendigung des Konkurs-, Gesamtvollstreckungs-
oder Insolvenzverfahrens gemäß §
18 Abs.
1 [X.] verfolgt. Der verfahrensrechtliche Bezug des anfechtungsrechtlichen [X.]s auf den jeweiligen Eröffnungsbeschluss ist hier sogar noch stärker, weil eine die Einwendungen des Gegners gegen den Verwalter auf die [X.] Gläubiger erstrecken-de Vorschrift entsprechend §
18 Abs.
1 [X.] in der [X.] fehlt. Sie ist auch nicht überflüssig; denn eine Identität der Anfechtungsrechte besteht nicht. Der Anspruch auf
Rückgewähr nach §
143 [X.] hat schon wegen der 8
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-
Verschiedenheit der Massen und der Insolvenzgläubiger im Erst-
und [X.] subjektiv nicht denselben Inhalt. Nur wenn die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vom Erstverfahren bis zur Eröffnung des Zweitverfahrens [X.], könnten die Anfechtungsrechte der Verwalter im Einzelfall objektiv die glei-che Grundlage
haben, ähnlich wie die Insolvenzanfechtung im Verhältnis zur Gläubigeranfechtung gemäß §
16 Abs.
1, §
18 Abs.
1 [X.]. Das könnte in [X.] Fällen rechtfertigen, analog §
18 Abs.
1 [X.] Einwendungen des Anfech-tungsgegners aus
dem Erstverfahren gegen den Verwalter im Zweitverfahren zu erstrecken. Diese Frage kann hier offen bleiben, weil die verstrichene [X.] -
wie bereits ausgeführt
-
keine Einrede
im Sinne dieser Vorschrift begründet. Die Ausschluss-
und Verjährungsfristen der §
41 Abs.
1 Satz
1 KO, §
10 Abs.
2 [X.] und §
146 Abs.
1 [X.] aF wurden mit der Entstehung des [X.]s zur Masse durch Eröffnung des Verfahrens in Lauf ge-setzt. Die Wirkung eines Fristablaufs beschränkt sich deshalb auf das [X.], in
dem der [X.] entstanden ist.
Andere Verfahren sind in diesem Zusammenhang ohne Belang.

3. Das Berufungsurteil kann damit keinen Bestand haben; es ist nach §
562 Abs.
1 ZPO aufzuheben.

9
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7
-
III.

Eine Entscheidung in der Sache selbst ist derzeit noch nicht möglich, weil das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, zu den Voraussetzungen des auf Art.
104 EG[X.], §
129 Abs.
1, §
133 Abs.
1, §
143 Abs.
2 [X.] gestützten Anspruchs keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Diese Prüfung wird im zweiten Berufungsdurchgang nachzuholen sein.
§
133 Abs. 1 [X.] findet, wie das [X.] zutreffend angenommen hat, neben §
134 [X.] Anwendung ([X.], Urteil vom 6.
Dezember 2012 -
IX
ZR
3/12, [X.], 174 Rn.
47).

[X.]
[X.]
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.07.2010 -
10 O 320/08 -

OLG [X.], Entscheidung
vom 13.07.2011 -
7 U 164/10 -

10

Meta

IX ZR 268/12

11.04.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. IX ZR 268/12 (REWIS RS 2013, 6698)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6698

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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