Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2012, Az. 5 StR 444/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 6972

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Nachschlagewerk: ja

[X.]St : nein

Veröffentlichung : ja

StPO § 244 Abs. 4 und 6

Überprüfung des Verdachts einer wahrheitswidrigen Beweis-
behauptung im Revisionsverfahren durch freibeweisliche Ein-
holung des in der Tatsacheninstanz beantragten DNA-Identifi-
zierungsgutachtens.

[X.], Beschluss vom 25. April 2012

5 StR 444/11

LG [X.]

5 StR 444/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 25. April 2012
in der Strafsache
gegen

wegen [X.]

-
2
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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 25. April 2012
beschlossen:

Die Revision des
Angeklagten gegen das Urteil des Landge-richts [X.] vom 21. Juni 2011 wird nach § 349 Abs.
2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.] in zwei Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die all-gemeine Sachbeschwerde sowie eine Verfahrensrüge gestützte Revision bleibt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Näherer
Erörterung bedarf lediglich die erhobene Verfahrensrüge, mit welcher der Angeklagte beanstandet, das [X.] habe ein Beweisbegehren rechtsfehlerhaft beschieden.

1. Der [X.] liegt folgender Verfahrenssachverhalt zugrunde:

a) Dem in die Hauptverhandlung eingeführten Sachverständigengut-achten des [X.] und der Zeugenaussage des ermittelnden [X.]
zufolge war einer Person mit den Personalien des Angeklagten im Jahre 2008 in Umsetzung einer Anordnung nach § 81g StPO eine Speichelprobe entnommen, anhand dieser ein DNA-Identifi-zierungsmuster erstellt, das Material allerdings wegen der vorangegangenen Notierung eines Aliasnamens

behördlicher Übung folgend

unter der [X.]-
-[X.] 1
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3
-

eingestellt worden. Ausweislich eines Gutachtens des [X.] Landes-t--Identifizierungsmuster aufwi

-Identifizierungsmuster des [X.].

Die [X.] hat diesen Antrag unter Berufung auf § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund von Gutachten des [X.] vom 22. März 2011, [X.], und des [X.] Landeskriminalamtes vom 31. März 2011 zu dessen Vergleich mit der [X.] sei erwiesen, dass dass das Gegenteil der behaupteten Tatsache erwiesen sei. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedürfe es nicht. Insbesondere gehe
das Gutach-ten nicht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Bei dem im Gutachten des [X.] untersuchten Material handele es sich um solches, das vom Angeklagten stamme. Der Zeuge [X.] B.

habe glaubhaft angegeben,
dass im damaligen Ermittlungsverfahren der Staatanwaltschaft [X.] im Rahmen erkennungsdienstlicher Erfas-sung eine Speichelprobe vom Angeklagten genommen und unter Aliasper-sonalien des Angeklagten abgelegt worden sei, weil dessen 2008 abgenom-mene Fingerabdrücke identisch gewesen seien mit unter jenem Aliasnamen im Jahre 2004 abgenommenen Fingerabdrücken. Der Zeuge [X.] B.

habe den Angeklagten im Hauptverhandlungstermin als diejenige Per-son wiedererkannt, der damals die Speichelprobe entnommen wurde. Auch 4
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die Inaugenscheinnahme eines Lichtbildes von der 2008 erkennungsdienst-lich behandelten Person habe deren Identität mit dem Angeklagten ergeben.

b) Entsprechend einer Anregung des Senats im Revisionsverfahren ist dem Angeklagten eine neue DNA-Probe entnommen worden, deren Begut-achtung Übereinstimmung sowohl mit der unter den Aliaspersonalien abge-legten Probe als auch mit der [X.] erbracht hat.

2. Die Verfahrensrüge hat keinen Erfolg. Zwar ist der Revision zuzu-geben, dass die [X.] den gestellten Antrag in Anwendung des [X.] gemäß § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO schon deshalb nicht ablehnen durfte, weil ein [X.] des Angeklagten im Rahmen des hiesigen Verfahrens noch nicht ermittelt, daher im hiesigen Ver-fahren nicht durch einen Sachverständigen analysiert worden war. Gleich-wohl fehlt es an einer Verletzung des Beweisantragsrechts.

a) Es liegt nicht fern, dass die [X.] zu einer Behandlung des Antrags gemäß § 244 Abs. 3, 4 und 6 StPO von
vornherein nicht verpflichtet war, weil es dem Beweisbegehren an einer bestimmten Beweisbehauptung im Sinne erweitert verstandener Konnexität mangelte (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juni 2008

5 StR 38/08, [X.]St 52, 284; Beschluss vom 3. Novem-ber
2010

1 StR
497/10, [X.]R StPO § 244 Abs. 3 Konnexität 1). Die Frage muss hier nicht abschließend entschieden werden.

b) Bei Antragstellung hat der gravierende Verdacht einer wider [X.] Wissen und damit rechtsmissbräuchlich aufgestellten Beweisbehauptung bestanden.

aa) Das Antragsvorbringen erschöpfte sich nach erfolgter [X.] zur Täterschaft des Angeklagten allein darin, die Identität seines DNA-

e-legten unter Antritt eines Sachverständigenbeweises zu widerlegen. Dage-6
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gen stand deutlich die bisher in der Hauptverhandlung gewonnene Beweisla-ge. Über die in dem beanstandeten Beschluss aufgeführten Indizien hinaus war Identität der im Jahre 2004 abgenommenen und unter den Personalien
ü-cken der Person gegeben, gegen die unter den Personalien des Angeklagten im Jahre 2008 wegen [X.] ermittelt und eine Frei-heitsstrafe verhängt worden war, sondern darüber hinaus

wie sich aus ei-nem in der Revisionsbegründung vorgelegten Vermerk des [X.] ergibt

auch mit den dem Angeklagten im hiesigen Verfahren abge-nommenen Fingerabdrücken festgestellt worden. Der Angeklagte hatte zu-dem im Rahmen seiner
Einlassung zu seinen persönlichen Verhältnissen die wegen des [X.] im Jahre 2008 ergangene

auf einem damaligen Geständnis beruhende

Verurteilung als seine anerkannt.

bb) Bei dieser erdrückenden Beweislage drängte sich auf, dass dem Antrag auf Beweiserhebung zur Nichtidentität der [X.] mit den unter den Aliaspersonalien gespeicherten DNA-Proben und der [X.] eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung zugrunde lag. Dies galt mindestens aus Sicht des Angeklagten, der ja wissen musste, ob ihm anlässlich des [X.] 2008 eine Speichelprobe entnom-men worden und ob er im Fall 1 am Tatort gewesen war. Wenn der Senat dem Antrag mit Blick auf den für den Antragsteller offenkundigen, von ihm auch im Revisionsverfahren nicht beseitigten schwerwiegenden Verdacht nicht schon von vornherein die Beweisantragsqualität abgesprochen hat, war er jedenfalls nicht gehalten, ohne weiteres von einem Beweisantrag auszu-gehen. Vielmehr durfte er dem Verdacht im [X.] weiter nachgehen.

[X.]) Der Senat hat hierzu das erwähnte Sachverständigengutachten eingeholt (vgl. zur Möglichkeit solchen Vorgehens im [X.], bislang freilich in etwas anders gelagerten Fallkonstellationen: [X.], Urteile vom 24. November 1992

5 StR 500/92, [X.]St 39, 49, 53; 29. April 1997
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1 StR 511/95, [X.]St 43, 66, 72; 30. Juli 1999

1 [X.], [X.]St 45, 164, 166 f.; 22. April 2004

5 [X.], [X.], 270, 271; 15. [X.] 2005

1 [X.], [X.], 374). Dadurch hat sich der Verdacht si-cher bestätigt. Dementsprechend handelt es sich bei dem Antrag, dessen Bescheidung die Revision beanstandet, nicht um einen nach Maßgabe des §
244 Abs. 3, 4 und 6 StPO zu behandelnden Beweisantrag, sondern um einen tatsächlich nicht zum Zwecke der Wahrheitsermittlung, sondern sach-widriger Prozesstaktik gestellten missbräuchlichen Scheinbeweisantrag. Es fehlt daher erwiesenermaßen an einer Verletzung des Beweisantragsrechts.

c) Bei dieser Sachlage kann der Senat offenlassen, ob das Revisions-gericht etwa ausnahmsweise nach einem Aufklärungsmangel oder einem vom Tatgericht rechtsfehlerhaft beschiedenen Beweisantrag, einen Sachver-ständigenbeweis betreffend, bei dem ein eindeutiges, von keiner weiteren gerichtlichen Bewertung
abhängiges Beweisergebnis zu erwarten ist (vgl. zur DNA [X.], Beschluss vom 21. Januar 2009

1 [X.], [X.], 1159, aber auch Beschluss vom 6. März 2012

3 StR 41/12), zur Nachho-lung einer versäumten tatgerichtlichen Beweiserhebung befugt sein könnte, mit der die Frage des Beruhens des angefochtenen Urteils auf dem gerügten Verstoß eindeutig zu klären wäre.

[X.] Raum Schaal

König Bellay

13

Meta

5 StR 444/11

25.04.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2012, Az. 5 StR 444/11 (REWIS RS 2012, 6972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6972

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 444/11

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