Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2015, Az. X ARZ 573/15

X. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1110

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:081215BXARZ573.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X [X.]
vom
8.
Dezember 2015
in dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 32b Abs. 1 Nr. 2
a)
Für die Zuständigkeit nach §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO reicht es aus, wenn nach dem Klägervortrag eine öffentliche Kapitalmarktinformation verwendet wurde. Ob dies durch Übergabe des Prospekts oder in sonstiger Weise erfolgte, ist unerheblich.
b)
Trägt der Kläger vor, dass ein Berater oder Vermittler eine in einem
Prospekt
veröffentlichte Kapitalmarktinformation verwendet hat, ist näheres Vorbringen zu der Frage, ob diese Information unmittelbar oder mittelbar auf den Pros-pekt zurückgeht, jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn keine anderen Quellen ersichtlich sind, denen der Berater oder Vermittler sie unabhängig
vom [X.] hätte entnehmen können.
[X.], Beschluss vom 8. Dezember 2015 -
X [X.] -
[X.]
-
2
-
Der X. Zivilsenat des [X.]s hat am 8.
Dezember 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], Dr.
Bacher und Dr.
Deichfuß sowie die Richterin Dr.
Kober-Dehm
beschlossen:
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
-
3
-
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten, die ihren allgemeinen Gerichts-stand in zwei unterschiedlichen Gerichtsbezirken haben, auf Ersatz des Scha-dens in Anspruch, der ihr durch Beteiligung an einem geschlossenen [X.] entstanden ist. Nach dem Vortrag der Klägerin entschied sie sich für die Anlage aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einem Mitarbeiter der [X.] zu
1. Bei diesem Gespräch wurde der Klägerin eine Werbebroschüre überreicht. Der
Fondsprospekt wurde ihr erst nach Unterzeichnung der [X.] zugesandt. Die Klägerin
hält die Beratung für fehlerhaft, weil der Mitarbeiter der Beklagten zu
1 sie nicht über die wirtschaftlichen Risiken der Beteiligung aufgeklärt und insbesondere nicht darauf hingewiesen habe, dass es Probleme bei der Bauausführung gebe, die im Prospekt nicht erwähnt seien. Für
diese Prospektfehler hätten auch die Beklagte zu
2 als Initiatorin des Fonds und Herausgeberin des Prospekts und die Beklagte zu
3 als Gründungs-
und Treuhandgesellschafterin des Fonds einzustehen.
Die Klägerin beantragt eine Entscheidung nach §
36 Abs.
1 Nr.
3 ZPO und regt an, als zuständiges Gericht das für die Niederlassung der Beklagten zu
1
zuständige [X.] zu bestimmen, bei dem die Klage gegen alle drei Beklagten bereits anhängig ist. Die Beklagten zu
2 und 3 treten dem Antrag entgegen.
Das
Oberlandesgericht Düsseldorf hält den Antrag für zulässig und [X.] und die Bestimmung des von der Klägerin vorgeschlagenen Gerichts für zweckmäßig. Es sieht sich an einer Entscheidung in diesem Sinne durch einen Beschluss des [X.] gehindert und hat die Sache deshalb dem [X.] vorgelegt.
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II.
Die Vorlage ist gemäß §
36 Abs.
3 Satz
1 ZPO zulässig.
Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist im Streitfall kein gemein-samer besonderer Gerichtsstand gegeben. Für die gegen die Beklagte zu
1
gerichtete Klage sei der Gerichtsstand des §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO nicht gege-ben, weil die ihr angelasteten Beratungsfehler nicht den erforderlichen Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation aufwiesen. Entscheidend hierfür sei, dass der Fondsprospekt erst nach Unterzeichnung der [X.] ausgehändigt worden sei und deshalb nicht einfach und zuverlässig festgestellt werden könne, dass der Prospekt Grundlage des Beratungsgesprächs gewe-sen sei.
Mit dieser
Entscheidung würde sich das vorlegende Gericht, wie es in seinem Vorlagebeschluss zutreffend ausgeführt hat, in Widerspruch zu einer Entscheidung des [X.] setzen. Dieses hat entschieden, der nach §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO erforderliche Bezug zu einer [X.] Kapitalmarktinformation liege auch dann vor, wenn der Emissions-prospekt erst nach Beitritt zu dem Fonds übergeben werde, ein Berater aber deshalb in Anspruch genommen werde, weil er die Prospektangaben nicht hin-reichend überprüft habe ([X.], Beschluss vom 16.
April 2015 -
11
SV
8/15).
III.
Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts sind die Voraus-setzungen des §
36 Abs.
1 Nr.
3 ZPO im Streitfall nicht gegeben. Für den Rechtsstreit ist gemäß §
32b Abs.
1 Nr.
1 und 2 ZPO ein gemeinsamer beson-derer Gerichtsstand am Sitz der Fondsgesellschaft begründet.
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-
5
-

1.
Wie auch das vorlegende Gericht zutreffend angenommen hat, ist dieser Gerichtsstand gegenüber den Beklagten zu
2 und 3
nach §
31 Abs.
1 Nr.
1
ZPO begründet, weil die Klägerin diese als Prospektverantwortliche we-gen unzutreffender oder unzureichender Prospektangaben in Anspruch nimmt.
2.
Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist derselbe Gerichtsstand
gegenüber der Beklagten zu
1
gemäß §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO begründet.
a)
Nach §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO in der seit 1.
Dezember 2012 gelten-den Fassung gilt der dort vorgesehene besondere Gerichtsstand auch für [X.] gegen Anlageberater oder -vermittler wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlas-sung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktin-formation falsch oder irreführend ist. Wie das vorlegende Gericht zutreffend dargelegt hat, setzt dies
voraus, dass ein Bezug zwischen dem geltend ge-machten Schadensersatzanspruch und einer öffentlichen Kapitalmarktinforma-tion besteht ([X.]. 17/8799, S.
16).
b)
An einem solchen Bezug fehlt es nach der Rechtsprechung des Se-nats, wenn ein Anlageberater oder -vermittler mit der Begründung in Anspruch genommen wird, er habe eine im Prospekt enthaltene zutreffende Information verschwiegen ([X.], Beschluss vom 30.
Juli 2013 -
X
ARZ
320/13, NJW-RR 2013, 1302 Rn.
30).
Eine solche
Konstellation ist, wie auch das vorlegende Gericht nicht ver-kannt hat, im Streitfall nicht gegeben. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu
1
mit der Begründung in Anspruch, deren Mitarbeiter habe es versäumt, auf Risiken hinzuweisen, die aus dem Prospekt nicht ersichtlich seien.
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6
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c)
In der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation bedarf es im Zu-sammenhang mit §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO grundsätzlich keines näheren [X.] dazu, ob der Anlageberater oder -vermittler den Prospekt übergeben, vorgelegt oder zumindest darauf Bezug genommen hat.
Nach §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO reicht es aus, wenn nach dem Klägervor-trag eine öffentliche Kapitalmarktinformation verwendet worden ist. In welcher Form dies geschieht, ist sowohl nach dem Wortlaut der Vorschrift als auch nach deren Sinn und Zweck
unerheblich. Erforderlich ist lediglich, dass der Berater oder Vermittler eine im Prospekt enthaltene Information an den Interessenten weitergegeben hat. Ob er hierbei ausdrücklich oder konkludent auf den Pros-pekt Bezug genommen hat, ist hingegen jedenfalls dann unerheblich, wenn [X.] unmittelbar oder mittelbar auf den Prospekt zurückgeht. [X.] bedarf jedenfalls dann keiner näheren Darlegung durch den Kläger, wenn keine anderen Quellen ersichtlich sind, denen der Berater oder Vermittler diese Information unabhängig vom [X.] hätte entnehmen können.
Im Streitfall legt die Klägerin zwar nicht dar, aus welchen Quellen der Mitarbeiter der Beklagten zu
1 die von ihm verwendeten Informationen bezogen hat. Sie trägt aber vor, er habe
Angaben über die Lage der Immobilien
und die Mieterstruktur gemacht, ohne auf vorhandene -
auch im Prospekt nicht hinrei-chend offengelegte -
Risikofaktoren hinzuweisen. Angesichts dessen bedurfte es entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts keines weitergehenden Vortrags dazu, auf welcher Grundlage der Mitarbeiter der Beklagten zu
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das Beratungsgespräch geführt hat und welche Unterlagen er der Klägerin [X.] des Gesprächs präsentierte. Vielmehr ergibt sich schon aus dem aufge-zeigten Vortrag der
Klägerin hinreichend deutlich, dass der Mitarbeiter der [X.] zu
1
Informationen aus dem Prospekt verwendet hat. Damit ist der nach §
32b Abs.
1 Nr.
2 ZPO erforderliche Bezug zu einer öffentlichen Kapital-marktinformation gegeben.
Meier-Beck
[X.]
Bacher

Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 23.09.2015 -
I-5 SA 64/15 -

Meta

X ARZ 573/15

08.12.2015

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ARZ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2015, Az. X ARZ 573/15 (REWIS RS 2015, 1110)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1110

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ARZ 573/15

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