Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.07.2021, Az. I R 63/17

1. Senat | REWIS RS 2021, 4136

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Begriff der "Organisation der Vereinten Arbeit" im DBA-Jugoslawien erfasst auch Nachfolgeorganisationen


Leitsatz

1. Der in Art. 8 und Art. 14 Abs. 3 DBA-Jugoslawien verwendete Begriff der "Organisation der Vereinten Arbeit" erfasst auch diejenigen juristischen Personen, die insgesamt an deren Stelle getreten sind. Das sind zunächst die nach Maßgabe des jugoslawischen Gesellschaftsrechts zwingend bis zum 31.12.1991 hinsichtlich ihrer Rechtsform angepassten (ehemaligen) Organisationen der Vereinten Arbeit sowie steuerpflichtige juristische Personen, die nach 1988 errichtet worden sind.

2. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur sog. statischen Abkommensauslegung (Senatsurteile vom 10.06.2015 - I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326, m.w.N.; vom 25.11.2015 - I R 50/14, BFHE 253, 52, BStBl II 2017, 247) fest, stellt aber klar, dass bei Vorliegen einer sog. Fortgeltungsvereinbarung für die Abkommensauslegung auf den Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung abzustellen sein kann.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 05.09.2017 - 3 K 2745/16 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die in der [X.] ([X.]) wohnhaften Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als [X.]heleute zusammen zur [X.]inkommensteuer veranlagt. Sie erzielen [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte in den Jahren 2009 und 2012 (Streitjahre) zudem [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige [X.]inkünfte.

2

Am 26.07.1991 gründete der Kläger auf der Grundlage des damaligen [X.] Gesetzes über Unternehmen vom 29.12.1988 die [X.] mit Sitz in [X.]. Die Gesellschaft wurde mit [X.]eschluss des Gerichts der Vereinten Arbeit vom 05.08.1991 in das Gerichtsregister eingetragen. Mit Gesellschafterbeschluss vom 25.11.1995 wurde die Gesellschaft an das Unternehmensgesetz der [X.] ([X.]) vom 11.02.1995 angepasst. [X.]s erfolgte eine Umbenennung und am 25.12.1999 eine erneute Satzungsänderung auf Grundlage des Gesetzes über Wirtschaftsgesellschaften vom 12.06.1999.

3

Am 20.05.1995 errichtete der Kläger zudem auf der Grundlage des Unternehmensgesetzes der Föderation von [X.] vom 11.02.1995 die [X.] Am 04.05.2000 passte er die Satzung dieser Gesellschaft an die neuen gesetzlichen Regelungen in [X.] an.

4

Am 25.05.2009 veräußerte der Kläger seine Anteile an der [X.] an die A. Der Veräußerungsgewinn betrug ... €. [X.]ine [X.]esteuerung des Veräußerungsgewinns in [X.] erfolgte nicht.

5

Am 19.09.2012 beschloss die Gesellschafterversammlung der A eine Ausschüttung des "akkumulierten und nicht zugewiesenen Gewinns aus vergangenen Jahren" in Höhe von ... €. Davon entfielen 70 % (... €) auf den Kläger. [X.]ine [X.]esteuerung nahm die zuständige Finanzbehörde in [X.] nicht vor.

6

Die Kläger wurden mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden [X.]escheiden vom 15.08.2011 bzw. 07.02.2014 hinsichtlich der hier streitigen Punkte zunächst erklärungsgemäß zur [X.]inkommensteuer 2009 und 2012 veranlagt. Der Gewinn aus der Anteilsveräußerung in 2009 wurde ebenso wie die Ausschüttung in 2012 nicht der [X.]esteuerung unterworfen, sondern nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt.

7

Nachdem der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) davon Kenntnis erlangt hatte, dass die genannten [X.]inkünfte in [X.] nicht besteuert worden waren, erließ er am 08.12.2014 geänderte [X.]inkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Im [X.]escheid für 2009 erfasste er einen gewerblichen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € (60 % von ... €) und hob den Nachprüfungsvorbehalt auf. Im [X.]escheid für 2012 wurde eine Gewinnausschüttung in Höhe von ... € als der Abgeltungsteuer unterliegender Kapitalertrag erfasst. Der Nachprüfungsvorbehalt blieb bestehen. Zur [X.]egründung wies das [X.] darauf hin, dass Art. 8 i.V.m. Art. 14 Abs. 3 des Abkommens zwischen der [X.] und der Sozialistischen Föderativen Republik [X.] zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom [X.]inkommen und vom Vermögen vom 26.03.1987 --D[X.]A-[X.]-- ([X.]G[X.]l II 1988, 745, [X.]St[X.]l I 1988, 373), dessen unveränderte Fortgeltung [X.] und [X.] am [X.] ([X.]G[X.]l II 1992, 1196) vereinbart haben, nur auf Gewinne aus Investitionen in eine [X.] Organisation der Vereinten Arbeit anwendbar sei. Daher würden nur nicht privatisierte Formen der vergesellschafteten Unternehmen erfasst, nicht hingegen alle juristischen Personen.

8

Der nach erfolglosem [X.]inspruch erhobenen Klage gab das [X.] (FG) [X.] mit in [X.]ntscheidungen der [X.]e ([X.]) 2017, 1652 veröffentlichtem Urteil vom 05.09.2017 - 3 K 2745/16 [X.] statt.

9

Dagegen wehrt sich das [X.] mit seiner Revision, mit der es Verletzung von [X.]undesrecht geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die [X.]eteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass [X.] weder hinsichtlich des im Streitjahr 2009 angefallenen Gewinns des [X.] aus der Veräußerung von [X.]nteilen an der [X.] in Höhe von ... € noch hinsichtlich der das Streitjahr 2012 betreffenden Gewinnausschüttung ([X.]) in Höhe von ... € ein [X.]esteuerungsrecht zusteht, sondern die [X.]eträge lediglich bei der [X.]erechnung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b [X.]bs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

1. Zwischen den [X.]eteiligten steht zunächst nicht im Streit, dass der in [X.] ansässige und daher dort mit seinem Welteinkommen unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Kläger mit der im [X.] durchgeführten Veräußerung der [X.]nteile an der [X.] an die [X.] den Tatbestand des § 17 [X.]bs. 1 EStG verwirklicht hat. Gegenstand der Veräußerung waren [X.]nteile an einer Kapitalgesellschaft in [X.], die einer [X.] GmbH vergleichbar war, welche die dort geregelte [X.]eteiligungsschwelle überschritten. Der Veräußerungsgewinn von ... € wäre dabei gemäß §§ 3 Nr. 40 [X.]uchst. c, 3c [X.]bs. 2 EStG zu 60 % (... €) anzusetzen. Ebenso ist es unstreitig, dass die auf den Kläger im [X.] entfallende Gewinnausschüttung der [X.] in Höhe von ... € im Rahmen der Einkünfte i.S. des § 20 [X.]bs. 1 Nr. 1 EStG anzusetzen wäre. Der [X.] sieht dazu von weiteren [X.]usführungen ab.

2. [X.] fehlt es für beide [X.]eträge an einem [X.] [X.]esteuerungsrecht und kann [X.] sie deshalb lediglich im Rahmen des [X.] (§ 32b [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) berücksichtigen ([X.]rt. 24 [X.]bs. 1 [X.]uchst. a D[X.][X.]-[X.]).

a) Gemäß [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.], dessen unveränderte Fortgeltung [X.] und [X.] am [X.] vereinbart haben ([X.]G[X.]l II 1992, 1196; dazu Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen --[X.]MF-- vom 19.01.2016, [X.]St[X.]l I 2016, 76), können Gewinne aus der Veräußerung von Rechten aus einem Vertrag über Investitionen in einer [X.] Organisation der Vereinten [X.]rbeit in [X.] (bzw. [X.] als Nachfolgestaat) besteuert werden. Gewinne aus der Veräußerung des in [X.]rt. 14 [X.]bs. 1 bis 4 D[X.][X.]-[X.] nicht genannten Vermögens können hingegen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist ([X.]rt. 14 [X.]bs. 5 D[X.][X.]-[X.]). [X.]ei einer in [X.] ansässigen Person ([X.]rt. 4 [X.]bs. 1 D[X.][X.]-[X.]) werden, soweit nicht [X.]rt. 24 [X.]bs. 1 [X.]uchst. b D[X.][X.]-[X.] anzuwenden ist, von der [X.]emessungsgrundlage der [X.] Steuer die Einkünfte aus [X.] ([X.]) ausgenommen, die nach dem D[X.][X.]-[X.] in [X.] ([X.]) besteuert werden können. [X.] behält aber das Recht, die so ausgenommenen Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen ([X.]rt. 24 [X.]bs. 1 [X.]uchst. a D[X.][X.]-[X.]). Zwischen den [X.]eteiligten ist insoweit nur streitig, ob der in 2009 erzielte Gewinn des [X.] aus der Veräußerung der [X.]nteile an der [X.] an die [X.] einen Gewinn aus der Veräußerung von Rechten aus einem Vertrag über "Investitionen in einer [X.] Organisation der Vereinten [X.]rbeit" i.S. des [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] darstellt. Dies ist mit dem [X.] zu bejahen.

aa) Zur Ermittlung des [X.] eines völkerrechtlichen Vertrags ist das [X.] Übereinkommen über das Recht der Verträge vom [X.] --[X.]-- ([X.]G[X.]l II 1985, 927) heranzuziehen, das seit Inkrafttreten des [X.] vom 03.08.1985 ([X.]G[X.]l II 1985, 926) am [X.] ([X.]G[X.]l II 1987, 757) in innerstaatliches Recht transformiert ist ([X.]surteile vom 11.07.2018 - I R 44/16, [X.]FHE 262, 354; vom 30.05.2018 - I R 62/16, [X.]FHE 262, 54; [X.]sbeschluss vom 30.09.2020 - I R 76/17, [X.]FHE 270, 455, [X.]St[X.]l II 2021, 275). Danach sind Doppelbesteuerungsabkommen nach [X.] in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen [X.]estimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden [X.]edeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ([X.]rt. 31 [X.]bs. 1 [X.]). Maßgeblich sind insbesondere der Wortlaut des Vertrags ([X.]rt. 31 [X.]bs. 2 [X.]) und die gewöhnliche [X.]edeutung der verwendeten [X.]usdrücke. Dementsprechend sind abkommensrechtliche [X.]egriffe nach der Rechtsprechung des [X.]s (Urteile vom 25.02.2004 - I R 42/02, [X.]FHE 206, 5, [X.]St[X.]l II 2005, 14; vom 26.08.2010 - I R 53/09, [X.]FHE 231, 63, [X.]St[X.]l II 2019, 147; in [X.]FHE 270, 455, [X.]St[X.]l II 2021, 275) zunächst nach dem Wortlaut und den Definitionen des [X.]bkommens und sodann nach dem Sinn und dem Vorschriftenzusammenhang innerhalb des [X.]bkommens auszulegen. [X.]uf die [X.]egriffsbestimmungen des innerstaatlichen Rechts ist grundsätzlich erst auf einer nachgelagerten Prüfungsebene zurückzugreifen.

bb) Der [X.]egriff der Organisation der Vereinten [X.]rbeit wird im D[X.][X.]-[X.] selbst nicht definiert.

[X.]) Dies hat seinen historischen Hintergrund darin, dass zur [X.] des [X.]bschlusses des D[X.][X.]-[X.] im Jahr 1987 [X.] Steuerpflichtige aus [X.] nicht Dividenden, sondern nur Gewinne aus der genannten Organisation erhalten konnten, die als sozialistische Unternehmensform durch das Selbstbestimmungsrecht der in der Organisation arbeitenden Menschen bestimmt war, aber die Investition privater Mittel mit dem Ziel der Gewinnerzielung erlaubte. [X.]us diesem Grund wurden seinerzeit die Regelungen in [X.]rt. 8 und [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] vereinbart und der Dividendenartikel des [X.]rt. 11 D[X.][X.]-[X.] für Dividenden aus [X.] einseitig gefasst, um zu einer sachgerechten [X.]ufteilung der [X.]esteuerungsrechte zu gelangen (vgl. Denkschrift zum [X.]bkommen zu [X.]rt. 8, [X.]TDrucks 11/886, S. 23 f.; [X.] in [X.], [X.] [X.]rt. 8 Rz 1).

bbb) Nach den insoweit den [X.] nach § 118 [X.]bs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] konnten Organisationen der Vereinten [X.]rbeit auf Grundlage des bis zum 31.12.1988 geltenden Gesetzes über die Vereinte [X.]rbeit (GV[X.]) vom [X.] ([X.]mtsblatt der Sozialistischen Föderativen Republik [X.], Nr. 53/1976) gegründet werden. Nach [X.]rt. 29 [X.]bs. 1 GV[X.] wurden Wirtschafts- und andere Tätigkeiten innerhalb der Vereinten [X.]rbeit mit den Mitteln im gesellschaftlichen Eigentum innerhalb der Organisationen der Vereinten [X.]rbeit und anderer Formen der Vereinten [X.]rbeit und Mittel ausgeübt. Diese Tätigkeiten konnten unter den [X.]edingungen bestimmter Gesetze auch innerhalb von [X.] und anderen durch das Gesetz bestimmten gesellschaftlichen Organisationen und [X.]ürgervereinigungen ausgeübt werden, wenn das im Interesse für die Realisierung von gesellschaftlichen Funktionen und [X.]ufgaben dieser Organisationen war. Gemäß [X.]rt. 29 [X.]bs. 3 GV[X.] konnten Wirtschafts- und andere Tätigkeiten auch durch selbständige persönliche [X.]rbeit mit den [X.]rbeitsmitteln im Eigentum der [X.]ürger unter den durch das Gesetz vorgeschriebenen [X.]edingungen ausgeübt werden, wenn die [X.]usübung von diesen Tätigkeiten nicht gesetzlich verboten war. Organisationen der Vereinten [X.]rbeit umfassten damit verschiedene [X.]sformen, die sowohl mit gesellschaftlichen als auch mit privaten Mitteln ausgestattet sein konnten.

ccc) Durch das Gesetz über Unternehmen vom 29.12.1988 ([X.]mtsblatt der Sozialistischen Föderativen Republik [X.] Nr. 77/1988) wurde indessen die [X.]npassung der Organisationen der Vereinten [X.]rbeit an neue Unternehmensformen ([X.] Unternehmen, Genossenschaftsunternehmen, Privatunternehmen oder gemischte Unternehmen) bis zum 31.12.1991 angeordnet. Im [X.]nschluss daran entwickelten die Nachfolgestaaten der Sozialistischen Föderativen Republik [X.] --und darunter auch [X.]-- ihr eigenes [X.]srecht ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 2). Spätestens seit Ende 1991 existierten Organisationen der Vereinten [X.]rbeit nicht mehr ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 5).

cc) Wird ein [X.]egriff im [X.]bkommen selbst nicht definiert und lässt sich der [X.]edeutungsinhalt --wie im [X.] auch nicht unmittelbar aus dem allgemeinen und im Einklang mit dem Sinn und Vorschriftenzusammenhang des [X.]bkommens stehenden Sprachgebrauch gewinnen (dazu [X.]surteil in [X.]FHE 231, 63, [X.]St[X.]l II 2019, 147), kommt dem [X.]egriff nach [X.]rt. 3 [X.]bs. 2 D[X.][X.]-[X.] die [X.]edeutung zu, die ihm nach dem Recht über die Steuern des [X.]nwendestaates (hier: [X.]) zukommt. [X.] hatte und hat der [X.]egriff der "Organisation der Vereinten [X.]rbeit" im [X.] Steuerrecht keine [X.]edeutung ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 6). Vielmehr handelt es sich um einen Rechtsbegriff des [X.] Rechts, an den die [X.]bkommensparteien bewusst angeknüpft haben. Es entspricht dann aber dem Zweck des [X.]rt. 3 [X.]bs. 2 D[X.][X.]-[X.], Entscheidungsharmonie zwischen der [X.]bkommensauslegung und dem innerstaatlichen Steuerrecht des [X.]nwendestaates dadurch herzustellen, dass der genannte Rechtsbegriff im Einklang mit der [X.]egriffsbedeutung im anderen Vertragsstaat (hier: [X.]) auszulegen ist ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 6). Ein anderes Verständnis würde ohne hinreichenden Grund die Gefahr fördern, dass das [X.]bkommen in den einzelnen Vertragsstaaten unterschiedlich ausgelegt wird, und damit der im Grundsatz angestrebten Entscheidungsharmonie entgegenwirken (vgl. [X.]surteil vom 28.04.2010 - I R 81/09, [X.]FHE 229, 252, [X.]St[X.]l II 2014, 754; [X.]sbeschluss vom 11.12.2013 - I R 4/13, [X.]FHE 244, 1, [X.]St[X.]l II 2014, 791; s.a. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], D[X.][X.], 2. [X.]ufl., Systematik Rz 109).

dd) Für die Entscheidung des [X.] kommt es nach dem Vorstehenden darauf an, ob angesichts der gesellschaftsrechtlichen Entwicklung in [X.] und seinen Nachfolgestaaten auch die an die Stelle der Organisationen der Vereinten [X.]rbeit getretenen Nachfolgeunternehmen und alle steuerpflichtigen juristischen Personen, die nach 1988 in Übereinstimmung mit dem [X.] [X.]srecht bzw. dem [X.]srecht der Nachfolgestaaten errichtet worden sind, [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] unterfallen (so [X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 7 und 8), oder sich der Wortlaut der [X.]estimmung mit dem F[X.] auf die nach [X.] [X.]srecht seit dem 31.12.1991 nicht mehr existierende [X.] Organisation der Vereinten [X.]rbeit beschränkt. Der [X.] schließt sich dazu der Rechtsauffassung des [X.] an. Er hält an seiner Rechtsprechung zur sog. statischen [X.]bkommensauslegung ([X.]surteile vom 10.06.2015 - I R 79/13, [X.]FHE 250, 110, [X.]St[X.]l II 2016, 326, m.w.N.; vom 25.11.2015 - I R 50/14, [X.]FHE 253, 52, [X.]St[X.]l II 2017, 247) fest, stellt aber klar, dass bei Vorliegen einer sog. Fortgeltungsvereinbarung für die [X.]bkommensauslegung auf den [X.]punkt des [X.]bschlusses dieser Vereinbarung abzustellen sein kann.

[X.]) Für die vom [X.] gewählte [X.]uslegung spricht zunächst maßgeblich die Tatsache, dass in dem [X.]punkt, in dem [X.] und [X.] die Fortgeltung des bisherigen D[X.][X.]-[X.] vereinbart haben (hier: [X.]), keine Organisationen der Vereinten [X.]rbeit mehr existierten und dies beiden Vertragsstaaten auch bewusst gewesen sein muss (dazu [X.], E[X.] 2017, 1655, 1656). Im [X.]punkt des [X.]bschlusses der sog. Fortgeltungsvereinbarung waren wesentliche (gesellschaftsrechtliche) Entwicklungen in den Nachfolgestaaten [X.]s bereits vollzogen ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 10) und waren nach [X.] [X.]srecht alle vormaligen Organisationen der Vereinten [X.]rbeit bereits hinsichtlich ihrer Rechtsform angepasst. Dass die Vertragsstaaten [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] angesichts dieser Tatsache mit dem F[X.] hätten ohne [X.]nwendungsbereich belassen und leerlaufen lassen wollen, ist nicht vorstellbar.

bbb) Vielmehr spricht angesichts der bis dahin gewollten und praktizierten [X.]nknüpfung an das [X.]egriffsverständnis nach dem Recht von [X.] alles dafür, dass das bisherige [X.]bkommen nach dem Willen der Parteien der sog. Fortgeltungsvereinbarung auf diejenigen juristischen Personen [X.]nwendung finden sollte, die insgesamt an die Stelle der bisherigen Organisationen der Vereinten [X.]rbeit getreten waren. Das sind zunächst die nach Maßgabe des [X.] [X.]srechts zwingend bis zum 31.12.1991 hinsichtlich ihrer Rechtsform angepassten (ehemaligen) Organisationen der Vereinten [X.]rbeit ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 7).

ccc) Nichts anderes kann aber auch für steuerpflichtige juristische Personen gelten, die nach 1988 errichtet worden sind. Insoweit ergibt sich aus [X.]rt. 3 [X.]bs. 1 [X.]uchst. d Unterabs. i D[X.][X.]-[X.], dass die Organisation der Vereinten [X.]rbeit nur eine Sonderform der juristischen Person im Sinne des [X.]bkommens ist, weil danach [X.] im Sinne des [X.]bkommens die vorgenannte Organisation und "andere" juristische Personen sind. Die dort erwähnten anderen "der Steuer unterliegenden juristischen Personen" werden zwar in [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] nicht erwähnt, indessen war die Organisation der Vereinten [X.]rbeit bei Unterzeichnung des D[X.][X.]-[X.] die einzige Unternehmensform, in die Privatinvestoren investieren konnten. Nur insoweit hat überhaupt die Gefahr einer Doppelbesteuerung von Gewinnen bestanden. Ein [X.]nlass, in [X.]rt. 14 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] einen anderen [X.]egriff als den der Organisation der Vereinten [X.]rbeit zu wählen bzw. auf den in [X.]rt. 3 [X.]bs. 1 [X.]uchst. d D[X.][X.]-[X.] gewählten [X.]egriff der "[X.]" abzustellen, hat damit nicht bestanden.

ddd) Es wäre auch nicht verständlich, dass nach 1988 gegründete juristische Personen gegenüber den zuvor gegründeten Organisationen der Vereinten [X.]rbeit, die sodann in eben solche juristische Personen umzuwandeln waren, benachteiligt werden sollten. [X.]uch insoweit ist zu berücksichtigen, dass den Vertragsparteien, die später die Fortgeltung des [X.]bkommens für das Verhältnis [X.]s zu [X.] vereinbart haben, die seit 1988 stattgefundenen gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen bekannt waren ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 8). Nach dem [X.]egriffsverständnis von [X.] fallen unter "Organisationen der Vereinten [X.]rbeit" aber auch sonstige juristische Personen (wie die [X.]). Dies geht nach den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 [X.]bs. 2 [X.]O) u.a. aus den Schreiben des [X.] von [X.] vom 18.07.2014 und 05. und 20.01.2015 sowie 09.06.2016 hervor, wonach der [X.]egriff der Organisation der Vereinten [X.]rbeit juristischen Personen im Sinne des jetzt geltenden [X.]sgesetzes von [X.] gleichsteht bzw. alle juristischen Personen im Sinne der geltenden Vorschriften umfasst.

eee) Für diese [X.]uslegung spricht auch, dass mit den Nachfolgestaaten [X.] und [X.], für die das D[X.][X.]-[X.] ebenfalls fortgilt, Verständigungsvereinbarungen i.S. des [X.]rt. 26 [X.]bs. 3 D[X.][X.]-[X.] mit entsprechendem Inhalt getroffen worden sind (vgl. [X.]MF-Schreiben vom 21.07.1997, [X.]St[X.]l I 1997, 724, und vom 16.06.2001, [X.]St[X.]l I 2001, 366). Danach werden alle juristischen Personen bzw. Kapitalgesellschaften, die nach neuerem [X.] bzw. [X.] [X.]srecht gegründet worden sind, einbezogen und ist die [X.] Seite erkennbar nicht --wie aber das F[X.] für das Verhältnis zu [X.] meint-- davon ausgegangen, dass die [X.]bkommensregelungen zur Organisation der Vereinten [X.]rbeit zum [X.]punkt der Vereinbarung der Fortgeltung des D[X.][X.]-[X.] ins Leere liefen.

fff) Diese [X.]uslegung führt auch zu einem dem ursprünglichen [X.]bkommensziel der sachgerechten Verteilung der [X.]esteuerungsrechte für Gewinne aus [X.] Organisationen der Vereinten [X.]rbeit einerseits bzw. Dividenden von in [X.] steuerpflichtigen juristischen Personen andererseits entsprechenden Ergebnis. Da [X.]rt. 11 D[X.][X.]-[X.] einseitig nur für [X.]usschüttungen [X.]r [X.]en gilt, und bereits zum 31.12.1991 keine Organisationen der Vereinten [X.]rbeit in ihrer ursprünglichen Rechtsform mehr existent gewesen sein können, würde eine [X.]uslegung im Sinne des vom F[X.] gewünschten Ergebnisses zu einer Verschiebung des [X.]esteuerungsrechts für Dividenden zugunsten [X.]s führen, weil die für Gewinnempfänger in [X.] nach [X.]rt. 24 [X.]bs. 1 [X.]uchst. a D[X.][X.]-[X.] eigentlich vorgesehene Freistellung sich nach [X.]rt. 22 D[X.][X.]-[X.] faktisch in eine volle Steuerpflicht verwandeln würde ([X.], a.a.O., [X.]rt. 8 Rz 10; [X.], E[X.] 2017, 1655, 1656). Dies widerspräche dem Geist des [X.]bkommens.

ggg) Dass die bezeichneten Einkünfte in [X.] nicht besteuert worden sind, steht der vorgenannten [X.]uslegung nicht entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass eine Nichtbesteuerung durch den [X.] nicht ohne die Vereinbarung einer ausdrücklichen Rückfallklausel zum [X.]esteuerungsrecht des [X.]nsässigkeitsstaats führen würde ([X.]surteile vom 15.03.2021 - I R 61/17, [X.]FHE 272, 399, und [X.]). Eine solche Rückfallklausel enthält das D[X.][X.]-[X.] nicht.

ee) Die Freistellung der Einkünfte ist auch nicht im Hinblick auf die Regelung in § 50d [X.]bs. 9 Satz 1 EStG zu versagen. Danach ist die D[X.][X.]-Freistellung von Einkünften eines unbeschränkt Steuerpflichtigen ungeachtet des [X.]bkommens nicht zu gewähren, wenn der andere Staat die [X.]estimmungen des [X.]bkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der [X.]esteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das [X.]bkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können, oder die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen [X.]ufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Im Streitfall liegt aber kein Qualifikationskonflikt i.S. des § 50d [X.]bs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG vor, denn [X.] legt das D[X.][X.]-[X.] nicht so aus, dass die Einkünfte (Gewinn aus der Veräußerung von [X.]nteilen an Kapitalgesellschaften) dort von der [X.]esteuerung auszunehmen sind. Vielmehr verzichtet [X.] nach dem nationalen Recht auf die [X.]esteuerung derartiger Veräußerungsgewinne. Die Einkünfte sind auch nicht nur deshalb in [X.] nicht steuerpflichtig, weil der Kläger dort nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist (§ 50d [X.]bs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG).

b) [X.]uch für die Gewinnausschüttung des [X.] fehlt es an einem [X.]esteuerungsrecht [X.]s. Gemäß [X.]rt. 8 Satz 1 D[X.][X.]-[X.] kann der Gewinn aus Investitionen in einer [X.] Organisation der Vereinten [X.]rbeit, den eine in [X.] ansässige Person bezieht, in [X.] ([X.]) besteuert werden. Dividenden, die eine in [X.] ansässige [X.] an eine in [X.] ansässige Person zahlt, können hingegen in [X.] besteuert werden ([X.]rt. 11 [X.]bs. 1 Satz 1 D[X.][X.]-[X.]). Gemäß [X.]rt. 22 [X.]bs. 1 D[X.][X.]-[X.] können Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den vorstehenden [X.]rtikeln nicht behandelt wurden, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nur in diesem Staat besteuert werden.

Nach den [X.]usführungen unter [X.] fällt die Gewinnausschüttung der [X.] aus dem [X.] unter [X.]rt. 8 Satz 1 D[X.][X.]-[X.]. Es handelt sich um den Gewinn aus Investitionen in einer [X.] Organisation der Vereinten [X.]rbeit. Damit besteht ein [X.]esteuerungsrecht von [X.].

§ 50d [X.]bs. 9 Satz 1 EStG gelangt nicht zur [X.]nwendung, weil weder ein Qualifikationskonflikt i.S. des § 50d [X.]bs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt noch § 50d [X.]bs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt ist. Dividenden gelten nach dem vom [X.] festgestellten Inhalt des nationalen Steuerrechts von [X.] unabhängig von der [X.]nsässigkeit des [X.]nteilseigners nicht als Einkommen und werden in § 50d [X.]bs. 9 Satz 2 EStG ohnehin grundsätzlich von der Normanwendung ausgenommen.

3. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

I R 63/17

13.07.2021

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 5. September 2017, Az: 3 K 2745/16 E, Urteil

Art 8 DBA YUG, Art 14 Abs 3 DBA YUG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.07.2021, Az. I R 63/17 (REWIS RS 2021, 4136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4136

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