Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2015, Az. XII ZB 498/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4959

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 498/14

vom

23. September 2015

in der
Betreuungssache

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 23.
September 2015 durch den
Vorsitzenden
Richter Dose
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter,
Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde
der Betroffenen wird der Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] [X.]
vom 1.
September 2014
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die Betroffene
wendet
sich gegen die Anordnung der
Betreuung und die Auswahl des Betreuers.
Das Amtsgericht
hat nach Einholung eines psychiatrischen Sachverstän-digengutachtens und Anhörung der
Betroffenen eine
Betreuung für die
Aufga-benkreise
der Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Vertretung gegenüber Be-hörden, Versicherungen, Renten-
und Sozialleistungsträgern, Entscheidung über Unterbringung und unterbringungsähnlichen Maßnahmen, Aufenthaltsbestim-1
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3
-

mung und Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post angeordnet und den [X.] der Betroffenen, den Beteiligten zu
1,
zum Betreuer
bestellt.
Gegen
den ihr am 5.
Juni 2014 zugestellten Beschluss hat die Betroffene am 12.
Juni 2014 persönlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt
und erklärt, dass sie die Betreuung nicht möchte. Am 12.
August 2014 hat die Betroffene zu Protokoll der Geschäftsstelle des [X.] den Antrag gestellt, die Betreuung aufzuheben, ersatzweise einen Betreu-erwechsel vorzunehmen. Das [X.] hat von einer erneuten Anhörung der Betroffenen abgesehen und die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Betreuung nur die [X.] Vermögenssorge, [X.], Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten-
und [X.] und Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen [X.] umfasst. Mit
der
Rechtsbeschwerde
möchte
die Betroffene
die Aufhebung der Betreuung erreichen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet
und führt zur Aufhebung der ange-griffenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdege-richt.
1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht als verfahrensfehlerhaft, dass das
[X.] von einer erneuten persönlichen Anhörung der Betroffenen abgese-hen
hat.
a) Nach §
278 Abs.
1 Satz
1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilli-gungsvorbehalts persönlich anzuhören. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung
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-
4
-

des Betroffenen besteht nach §
68 Abs.
3 Satz
1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren ([X.]sbeschluss vom 11.
August 2010

XII
ZB
171/10

FamRZ 2010, 1650 Rn.
5). Allerdings darf
das Beschwerdegericht nach §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese be-reits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten [X.] keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Voraussetzung ist ins-besondere dann erfüllt, wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungser-heblichen Tatsachen oder rechtlichen
Gesichtspunkte ergeben, das Beschwer-degericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhö-rung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck des [X.] von dem Betroffenen nicht ankommt ([X.]sbeschluss vom 2.
März 2011

XII
ZB
346/10

FamRZ 2011, 805 Rn.
13 mwN). Von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren sind in der Regel jedoch dann neue Erkenntnisse zu erwarten, wenn der Betroffene im Beschwerdeverfahren erstmals den Wunsch äußert, ihm einen bestimmten Betreuer zu bestellen (vgl. [X.]sbeschluss vom 16.
März 2011

XII
ZB
601/10

FamRZ 2011, 880 Rn.
16). Gleiches gilt, wenn der Betroffene im erstinstanzlichen Verfahren zur Person des Betreuers nicht angehört worden ist und sich für das Beschwerdegericht Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Betroffene mit seinem Rechtsmittel auch das Ziel eines [X.] verfolgt.

b) Auf
dieser rechtlichen Grundlage hätte das Beschwerdegericht im vor-liegenden Fall nicht von einer erneuten Anhörung der
Betroffenen absehen [X.].
Die Betroffene hat erstmals bei ihrer persönlichen Vorsprache auf der Ge-schäftsstelle des Amtsgerichts am 12.
August 2014 zu Protokoll erklärt, dass sie ihren [X.]
nicht zum Betreuer
haben möchte, weil dieser ihr Geld stehle und 7
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-
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dieses nach [X.] schaffe.
Aufgrund dieser Erklärung der Betroffenen [X.] das Beschwerdegericht konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die
Betroffene mit der Bestellung des
Beteiligten zu
1 zum
Betreuer nicht einverstanden war und, falls die Betreuung nicht aufgehoben wird, zumindest eine andere Person als
Be-treuer vorziehen würde. Ob bei der erstinstanzlich durchgeführten Anhörung mit der Betroffenen bereits die Person des möglichen Betreuers erörtert worden ist oder die Betroffene einen entsprechenden Wunsch geäußert hat, lässt sich dem kurzen handschriftlichen Vermerk über diese
Anhörung nicht entnehmen. Über die Ernsthaftigkeit des Wunsches der Betroffenen, dass ihr
[X.] nicht zum Be-treuer bestellt wird, hätte sich das Beschwerdegericht daher durch Anhörung der
Betroffenen selbst ein Bild verschaffen müssen.
Zwar mag es sein, dass es den von der Betroffenen gegen ihren [X.] konkret erhobenen Vorwürfen an [X.] mangelt. Um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer zu gewährleisten, hat das Gericht jedoch den Wunsch des Betroffenen, eine bestimmte Person nicht als Betreuer zu be-stellen

1897 Abs.
4 Satz
2 BGB),
bei seiner Auswahlentscheidung zu berück-sichtigen (vgl. [X.]sbeschluss vom 27.
Juli 2011

XII
ZB
118/11

FamRZ 2011, 1577 Rn.
24). Von einer erneuten Anhörung des Betroffenen waren daher zu-sätzliche Erkenntnisse darüber zu erwarten, ob das Vertrauensverhältnis zwi-schen der Betroffenen und ihrem [X.] möglicherweise aus anderen Gründen gestört ist und die Bestellung des Beteiligten zu
1 zum Betreuer im vorliegenden Fall
nicht dem Wohl der Betroffenen entspricht.
-
6
-

2. Die angefochtene Entscheidung kann danach nicht bestehen
bleiben. Der [X.] vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache ist
deshalb an das [X.] zurückzuverweisen (§
74 Abs.
6 FamFG).

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs.
7 [X.].

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.06.2014 -
1 XVII 24/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.09.2014 -
11 [X.] -

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Meta

XII ZB 498/14

23.09.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2015, Az. XII ZB 498/14 (REWIS RS 2015, 4959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4959

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