Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. XII ZB 136/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1262

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[X.]:[X.]:BGH:2016:071216BXII[X.]136.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 136/16
vom
7. Dezember 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG §§ 26, 68 Abs. 3 Satz 2, 278 Abs. 1
a)
Zu den Voraussetzungen, unter denen die [X.] im Betreuungs-verfahren eines ihrer Mitglieder mit der Anhörung des Betroffenen beauftragen kann (im [X.] an Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2016
XII
[X.]
581/15

FamRZ 2016, 1446).
b)
Zu den Voraussetzungen der Anordnung eines [X.] (im [X.] an Senatsbeschluss vom 27.
April 2016

XII
[X.]
7/16

FamRZ 2016, 1070).
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 -
XII [X.] 136/16 -
LG [X.] II

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 7.
Dezember 2016 durch den Vorsitzenden [X.] Dose, die [X.] Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur und die [X.]in Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
II vom 15.
Februar 2016 unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen in-soweit aufgehoben, als die Beschwerde der Betroffenen gegen die Anordnung des [X.] zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die Betroffene steht seit Oktober 2014 unter rechtlicher Betreuung. Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die bestehende Betreuung unter Erweiterung der [X.] verlängert und einen Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge angeordnet. Gegen diese Entscheidung hat die Betroffene Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat das [X.] einen Verfahrenspfleger bestellt, eine ergänzende Stellungnahme der [X.]
-
3
-

gen zur Erforderlichkeit des [X.] und zur Fähigkeit der Be-troffenen zur freien Willensbildung eingeholt und die Betroffene durch die Be-richterstatterin der [X.] persönlich angehört. Anschließend hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbe-schwerde der Betroffenen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Insoweit ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuver-weisen.
1. Allerdings greift die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrens-rüge, wonach das Beschwerdegericht die Anhörung der Betroffenen nicht durch die Berichterstatterin der [X.] als beauftragte [X.]in habe vornehmen lassen dürfen, nicht durch.
a) Gemäß §
278 Abs.
1 Satz
1, 2 FamFG hat das Gericht den Betroffe-nen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilli-gungsvorbehalts persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen [X.] von dem Betroffenen zu verschaffen. Die persönliche Anhörung des Be-troffenen ist auch für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers (§
295 Abs.
1 Satz
1 FamFG) und für die Erweiterung des [X.]s des
Be-treuers (§
293 Abs.
1 Satz
1 FamFG) zwingend vorgeschrieben. Da sich gemäß §
68 Abs.
3 Satz
1 FamFG das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug bestimmt, gelten die in §
278 Abs.
1 FamFG enthaltenen Verpflichtungen grundsätzlich auch für das Beschwerdege-2
3
4
-
4
-

richt. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten [X.] vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl.
hierzu Senatsbeschluss vom 26.
Februar 2014

XII
[X.]
503/13

FamRZ 2014, 828 Rn.
5 [X.]).
b) Gemessen daran durfte das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall

wie es zutreffend erkannt hat

nicht von einer persönlichen Anhörung der Be-troffenen nach §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG absehen. Mit der Einholung der er-gänzenden Stellungnahme des Sachverständigen hat es für seine Entschei-dung eine neue Tatsachengrundlage geschaffen, zu der die Betroffene im amtsgerichtlichen Verfahren noch nicht angehört werden konnte. Dies macht eine erneute Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 2.
Dezember 2015

XII
[X.]
227/12

FamRZ 2016, 300 Rn.
9 [X.]).
c) Wie der Senat bereits entschieden hat, muss die Anhörung des Be-troffenen im Beschwerdeverfahren jedoch nicht zwangsläufig durch alle Mitglie-der der [X.] erfolgen (Senatsbeschlüsse vom 9.
November 2011

XII
[X.]
286/11

FamRZ 2012, 104 Rn.
28
ff. [X.] und vom 15.
Juni 2016

XII
[X.]
581/15

FamRZ 2016, 1446 Rn.
16
f.). Dies folgt bereits aus §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG,
wonach das Beschwerdegericht im Regelfall von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenom-men wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Die [X.] hat anderenfalls im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlung nach §
26 FamFG darüber zu befinden, ob es für ihre Entscheidung wegen der Besonderheiten des Falles darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen ver-schafft oder ob der Kammer durch eine vom beauftragten [X.] durchgeführte 5
6
-
5
-

Anhörung eine ausreichende Grundlage für die zu treffende Entscheidung ver-mittelt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9.
November 2011

XII
[X.]
286/11

FamRZ
2012, 104 Rn.
31). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten [X.] nur in ihrem objektiven Ertrag und als dessen persönlicher Eindruck verwertet werden darf (Senatsbeschlüsse vom 9.
No-vember 2011

XII
[X.]
286/11

FamRZ 2012, 104 Rn.
31 [X.] und vom 15.
Ju-ni 2016

XII
[X.]
581/15

FamRZ 2016, 1446 Rn.
17 [X.]).
d) Auf dieser rechtlichen Grundlage begegnet die durch die beauftragte [X.]in erfolgte Anhörung im vorliegenden Beschwerdeverfahren rechtlich keinen Bedenken, weil das Beschwerdegericht der Anhörung der Betroffenen kein besonderes Gewicht beigemessen hat. In der angegriffenen Entscheidung wird zwar ausgeführt, die Feststellungen der Sachverständigen zur Betreu-ungsbedürftigkeit und zum Betreuungsbedarf der Betroffenen würden auch von dem persönlichen Eindruck, den das Beschwerdegericht bei der Anhörung der Betroffenen gewonnen habe, gestützt.
Zur Begründung, weshalb das Beschwerdegericht die Ausführungen der Sachverständigen für überzeugend erachtet, zieht es den von der Berichterstat-terin gewonnenen persönlichen Eindruck von der
Betroffenen nur ergänzend heran. In erster Linie stützt es sich hingegen auf die Ergebnisse der erstinstanz-lichen Anhörung der Betroffenen vom 23.
Juni 2015 und auf die Ausführungen der Verfahrenspflegerin in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2015. Unter die-sen Umständen wurde durch die von der beauftragten [X.]in durchgeführte Anhörung eine ausreichende Grundlage für die getroffene Entscheidung vermit-telt.
2. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die angefochtene Entscheidung da-gegen nicht frei von Rechtsfehlern.
7
8
9
-
6
-

Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen zwar die Verlängerung der Betreuung mit den vom Amtsgericht angeordneten [X.]n, nicht aber die Anordnung eines [X.]. Denn die erheblich in Freiheits-rechte der Betroffenen eingreifende Anordnung des [X.] lässt sich nur rechtfertigen, wenn ihre Voraussetzungen auch in der zur Über-prüfung gestellten Entscheidung verlässlich festgestellt sind (vgl. Senatsbe-schluss vom 19.
Januar 2011
XII
[X.]
256/10
FamRZ 2011, 637 Rn.
19; zur Verlängerung des [X.] Staudinger/[X.] BGB [Stand: 6.
Juni 2016] §
1903 Rn.
39).
a) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsge-richt nach §
1903 Abs.
1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen
Einwilligung bedarf (Ein-willigungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Ein Einwilligungsvorbehalt hinsicht-lich der Vermögenssorge kann nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvor-behalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögengegenstand oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann (Senatsbeschlüs-se
vom 27.
April 2016

XII
[X.]
7/16
FamRZ 2016, 1070 Rn.
16 und vom 28.
September 2016 -
XII
[X.]
275/16
-
juris Rn.
6 [X.]).
b) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht [X.].
Die Ausführungen des [X.]s hierzu beschränken sich auf die Feststellung, die Anordnung eines [X.] sei wegen der man-10
11
12
13
-
7
-

gelnden Fähigkeit der
Betroffenen, ihr Geld einzuteilen, nötig. Auch in der erst-instanzlichen Entscheidung ist ohne weitere Begründung ausgeführt, die An-ordnung des [X.] erfolge zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für das Vermögen der Betroffenen.
Dies kann die Anordnung
eines [X.], der einen [X.] Eingriff in die Grundrechte der
Betroffenen darstellt, nicht rechtferti-gen. Hierzu bedarf es vielmehr konkreter Anhaltspunkte für eine Vermögensge-fährdung erheblicher Art und Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anordnung des [X.] erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen abzuwenden. Tragfähige Feststellungen, die diesen Anforderungen genügen, hat das Be-schwerdegericht nicht getroffen.
14
-
8
-

3. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat hinsichtlich der Anord-nung des [X.] verwehrt, weil die Sache mangels hinreichen-der Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. §
74 Abs.
6 Satz
1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher insoweit aufzu-heben und
die Sache ist insoweit an das Beschwerdegericht zurückzuverwei-sen.

Dose
Schilling
Günter

Botur
Krüger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.06.2015 -
XVII 447/14 -

LG [X.] II, Entscheidung vom 15.02.2016 -
6 T 4553/15 -

15

Meta

XII ZB 136/16

07.12.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. XII ZB 136/16 (REWIS RS 2016, 1262)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1262

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XII ZB 136/16

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