Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. IV ZR 15/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9994

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 15/11
vom

18. Januar 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 18. Januar 2012

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 23.
November 2011 wird auf Kosten der Klägerin, die auch die durch die Anhörungsrüge verursachten Kosten der Streithelfer der Beklagten trägt, zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §
321a ZPO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin ist nicht begründet.

1. Die Gerichte sind nach Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet, das [X.] der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu zie-hen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des [X.] in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu be-scheiden ([X.], Beschlüsse vom 10.
Mai 2005

[X.], [X.], 475; vom 12.
Mai 2010

[X.], BeckRS
2010, 13456
Rn.
1; [X.] 96, 205, 216
f.). Das gilt umso mehr für die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss, der gemäß §
544
Abs.
4 1
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3
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Satz
2 ZPO ohnehin nur kurz begründet werden soll
(vgl. dazu [X.], [X.] vom 4.
Dezember 2007

X
ZR 127/06, juris, Rn.
3
f.). Der Senat hat alle
Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde darauf geprüft, ob sie einen Rechtsfehler des angefochtenen Berufungsurteils ergeben. [X.] haben sich nicht ergeben. Nach der vom Bundesverfas-sungsgericht gebilligten Rechtsprechung des [X.] können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art.
103 Abs.
1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27.
November 2007

[X.], [X.], 923
Rn.
5; vom 12.
Mai 2010 aaO; [X.], Beschluss vom 5.
Mai 2008 -
1
BvR 562/08, [X.], 2635, 2636).

2. Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.

a) Das gilt insbesondere für die wiederholte Rüge, das Berufungs-gericht habe einen Beweisantritt zur Frage der Kenntnis der Beklagten vom Anfechtungsgrund übergangen und damit gegen Art.
103 Abs.
1 GG verstoßen.

aa) Die Anfechtung einer [X.]enserklärung nach §
123 Abs.
1 BGB setzt voraus, dass der Erklärende zu ihrer Abgabe durch eine arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das ist dann der Fall, wenn diese [X.] einen Irrtum des Erklärenden hervorgerufen und dadurch dessen Entschluss zur [X.]enserklärung beeinflusst hat (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Februar 2005 -
X
ZR 123/03, MMR
2005, 447 unter
1
a).
3
4
5
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4
-

[X.]) Die von der Anhörungsrüge beanstandete Feststellung des Senats (vgl. Beschluss vom 23.
November 2011 unter [X.]
2
a a.E.) betrifft, wie er mit dem Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 21.
September 2011 ([X.] [X.], IV
ZR 38/09, [X.], 1563) ver-deutlicht hat, allein
die Frage des Irrtums der Beklagten bei Abgabe ihrer Vertragserklärung betreffend die Police Nr.
7509 im Jahre 2001. Hierzu hat die Nichtzulassungsbeschwerde keine Verfahrensrügen erhoben.

cc) Nach §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO sind in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassungsgründe darzulegen. [X.] sich der Beschwerdeführer darauf stützen, das Gericht habe bei Erlass der angefochtenen Entscheidung das Recht auf rechtliches Gehör verletzt, so müssen für die Darlegung die gleichen Anforderungen gelten, wie sie die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung für eine ordnungsgemä-ße Verfahrensrüge nach §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
b ZPO aufgestellt hat (vgl. dazu [X.], Urteil vom 8.
Juli 1954

IV
ZR 67/54, [X.]Z 14, 205, 209
f.; [X.], Beschlüsse vom 19.
Dezember 2002

V[X.]
ZR 101/02, NJW 2003, 831
f. unter [X.] 2
b, [X.]; vom 11.
Februar 2003

IX
ZR 153/02, NJW-RR 2003, 1003
f. unter 1; vom 2.
Dezember 2004

XI
ZR 56/04, juris un-ter 1
f., jeweils m.w.N.). Demzufolge sind in der Beschwerdebegründung die Tatsachen anzugeben, aus denen sich der behauptete [X.] ergibt. [X.] die Beschwerde geltend machen, das Gericht habe einen Beweisantritt des Beschwerdeführers übergangen, so ist nicht nur das betreffende Beweisthema und das angebotene Beweismittel genau zu bezeichnen, sondern auch anzugeben, zu welchem Ergebnis die Be-weisaufnahme geführt hätte. Eine nicht näher bestimmte Bezugnahme auf einen übergangenen Beweisantritt reicht dazu nicht aus. Erforderlich ist vielmehr die genaue Angabe der vorinstanzlichen Fundstelle des 6
7
-
5
-

übergangenen Beweisantrages. Befindet sie sich in einem umfangrei-chen Schriftsatz, ist dessen Seitenzahl zu benennen. Darüber hinaus muss sich aus dem Beschwerdevorbringen ergeben, inwieweit das Un-terbleiben der Beweisaufnahme für die angefochtene Entscheidung er-heblich war und dem Beweisantritt berücksichtigungsfähiges Vorbringen von ausreichender Substanz zugrunde lag (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli 2007

2
AZR 666/05, [X.], 540 unter B [X.]
1
c, [X.] (3) (a)). §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
b ZPO dient der Entlastung des [X.], indem letzteres davor geschützt werden soll, den gesamten Akteninhalt selbst daraufhin zu erforschen, welche Tatsachen, insbesondere auch Behauptungen und Beweisantritte, den Gegenstand einer Verfahrensrü-ge bilden sollen ([X.]Z aaO, [X.]).

Die Klägerin hat in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde eine diesen Erfordernissen genügende Rüge in Bezug auf die tatrichterliche Feststel-lung des Irrtums der Beklagten nicht ausgeführt.

b) Allerdings hat sie
beanstandet, das Berufungsgericht habe [X.] Zeugenbeweis dazu nicht erhoben, dass die Beklagte erhebli-che geschäftliche Unregelmäßigkeiten bei der [X.] im Jahre 2005 kannte. Diese in ihrem Tatsachengehalt viel zu vage gehaltene Rü-ge zielt
aber allein darauf, dass wegen dieser behaupteten Kenntnisse der Beklagten die einjährige Anfechtungsfrist des §
124 Abs.
1 BGB be-reits 2005 in Lauf gesetzt worden und die mit Schreiben vom 8.
Januar 2007 erklärte [X.] deshalb wegen Fristablaufs unwirksam sei. Davon, dass mit dieser Rüge "evident" auch ein Irrtum der Beklagten im Jahre 2001 in Abrede hätte gestellt werden sollen, kann keine Rede sein.
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9
-
6
-

Der Senat hat auch dieses Beschwerdevorbringen nicht überse-hen, sondern geprüft, jedoch für nicht durchgreifend erachtet.

aa) Der Lauf der Anfechtungsfrist des §
124 Abs.
1 BGB beginnt erst, wenn der Getäuschte die arglistige Täuschung als solche erkennt, und nicht bereits dann, wenn er über Erkenntnisse verfügt, aus denen sich Anhaltspunkte für die wahre Sachlage ergeben. Denn die Kenntnis des Erklärenden muss sich nach §
124 Abs.
2 Satz
1 BGB nicht nur auf die objektive Unwahrheit der Angaben, sondern auch auf die subjektive Arglist des anderen Teils beziehen (OLG Hamm [X.], 793, 794 m.w.N.).

[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dieser Schluss von der Beklagten auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vor-getragenen Kenntnisse im Jahre 2005 noch nicht ohne Weiteres zu zie-hen war. Es hat insoweit den unter Beweis gestellten Klägervortrag er-sichtlich als wahr unterstellt, daraus indes nicht den von der Klägerin er-wünschten Schluss gezogen, die Beklagte habe den ihr nach Abschluss der Police Nr. 7509 zugeflossenen Informationen schon vor dem 30. Ja-nuar 2006 ausreichend sicher entnommen, dass die [X.] ihr Schneeballsystem bereits im Jahre 2001 betrieben und bei [X.] mit [X.] verschwiegen habe.
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7
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Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und verletzt insbe-sondere nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2009 -
8 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.12.2010 -
8 U 44/10 -

13

Meta

IV ZR 15/11

18.01.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. IV ZR 15/11 (REWIS RS 2012, 9994)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9994

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I ZR 203/08

IV ZR 117/09

IV ZR 38/09

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