11. Senat | REWIS RS 2019, 1346
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Zur Bewertung ungewisser Verbindlichkeiten; Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG
Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (Anschluss an die BFH-Urteile vom 11.10.2012 - I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676; vom 13.07.2017 - IV R 34/14, BFH/NV 2017, 1426) .
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 07.12.2016 - 1 K 1912/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Streitig ist die "Deckelung" der Höhe des steuerrechtlichen Rückstellungsbetrags durch den niedrigeren handelsrechtlichen Rückstellungsbetrag.
Unternehmensgegenstand der ... gegründeten Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist der Abbau und die Verwertung von Rohstoffen. Für Verpflichtungen zur Rekultivierung von [X.] bildete sie in Handels- und Steuerbilanzen Rückstellungen.
In der Handelsbilanz zum 31.12.2010 erfasste sie [X.] in Höhe von 295.870 €, bei deren Ermittlung geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt einbezogen wurden; der auf diese Weise ermittelte Erfüllungsbetrag wurde mit einem Zinssatz von 4,94 % abgezinst. [X.] erfolgte die Ermittlung ohne künftige Kostensteigerungen; der ermittelte Verpflichtungsbetrag wurde entsprechend dem Schreiben des [X.] ([X.]) vom 09.12.1999 - IV C 2 - S 2175 - 30/99 ([X.], 1127) nicht abgezinst und betrug laut Steuerbilanz 348.105 €.
Im Rahmen einer für die Jahre 2007 bis 2010 durchgeführten Außenprüfung kürzte der Prüfer unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3a des Einkommensteuergesetzes ([X.]) die von der Klägerin gebildete und aus anderen (zwischen den Beteiligten nicht streitigen) Gründen auf 330.685 € korrigierte Rückstellung laut Steuerbilanz zum 31.12.2010 um 34.815 € auf den niedrigeren Handelsbilanzwert in Höhe von 295.870 €, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der Handelsbilanz ausgewiesen werde. Für den sich aus der erstmaligen Anwendung des [X.] [X.] ([X.]modernisierungsgesetz - [X.]) vom [X.] ([X.], 1102) in 2010 hieraus ergebenden Gewinn in Höhe von 34.815 € bildete er sodann eine Rücklage für [X.] nach R 6.11 Abs. 3 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012 (EStR 2012) in Höhe von 14/15 des sich aus der Auflösung der Rückstellung ergebenden Gewinns (jährlich 2.321 €).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das [X.] vom 15.11.2013. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 13.06.2014).
Das Finanzgericht ([X.]) [X.] wies die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 15.11.2013 mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2017, 693 veröffentlichten Urteil vom 07.12.2016 - 1 K 1912/14 ab. Das [X.] vertrat die Ansicht, dass der handelsrechtlich anzusetzende abgezinste Wert nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die Steuerbilanz als Obergrenze zu beachten sei.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Es sei mit dem [X.] die formelle Maßgeblichkeit, die eine Bindung des konkreten Bilanzansatzes in der Handelsbilanz für die Steuerbilanz vorsieht, abgeschafft worden. Seitdem bestehe nur noch eine materielle Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) für die Steuerbilanz, soweit diese nicht durch steuerrechtliche [X.] durchbrochen werde. [X.]e Wahlrechte können nach Auffassung der Klägerin somit unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden.
Die handelsrechtlichen GoB könnten im Bereich der Bewertung nur noch herangezogen werden, wenn die Regelungen des § 6 [X.] lückenhaft seien. Dies führe dazu, dass sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f [X.] ein ganz eigenständiges steuerrechtliches Bewertungskonzept ergebe. Dieses gehe gemäß dem umfassenden steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalt (§ 5 Abs. 6 [X.]) dem allgemeinen [X.] vor.
Am Vorrang des umfassenden steuerrechtlichen [X.] (§ 5 Abs. 6 [X.]) ändere sich auch durch den Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] nichts. Man könne die Formulierung "höchstens" im Einleitungssatz zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zwar so verstehen, dass ein steuerrechtliches Wahlrecht bestehe, einen Ansatz unterhalb eines Rückstellungsbetrages i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f [X.] zu bilden (so auch [X.], Steuern und Bilanzen 2012, 849, 850); jedoch sei damit kein niedrigerer Handelsbilanzansatz gemeint. Vielmehr markiere die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] einen Höchstbetrag gegenüber einem Wert nach den steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen für Verbindlichkeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.]).
Die Formulierung "höchstens insbesondere" könne sinnvollerweise nur bedeuten, dass im Fall von --nach Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] [X.] Regelungslücken zunächst § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] und bei dann immer noch verbleibenden Regelungslücken auch die GoB (§ 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]) heranzuziehen seien. Damit komme eine Verdrängung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] nicht in Betracht.
Des Weiteren stehe der Beschluss des Großen Senats des [X.] ([X.]) zum subjektiven Fehlerbegriff vom 31.01.2013 - GrS 1/10 ([X.]E 240, 162, [X.], 317) entgegen. Danach sollen handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte möglichst zurückgedrängt werden, um "Manipulationen" der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage und damit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu vermeiden. Weiterhin stehe der Lösung des [X.] entgegen, dass die gesetzgeberische Zielsetzung, das [X.] steuerneutral auszugestalten, nicht erreicht würde.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid für 2010 über Körperschaftsteuer vom 15.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.06.2014 dahingehend zu ändern, dass der Betrag der Rückstellung für Rekultivierungsmaßnahmen laut Steuerbilanz in Höhe von 330.685 € zum Ansatz kommt und nicht auf den handelsrechtlich zu bilanzierenden, niedrigeren Rückstellungsbetrag in Höhe von 295.870 € herabzusetzen ist, und das zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung der entfallenden Rücklagenbildung gemäß R 6.11 Abs. 2 und 3 EStR 2012 herabzusetzen.
Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, dass der [X.] durch das [X.] nicht in formeller Hinsicht abgeschafft worden sei. An dem [X.] sei --wie die Vorinstanz und der [X.] in seinem Urteil vom 11.10.2012 - I R 66/11 ([X.]E 239, 315, [X.], 676) es verstanden hätten-- festzuhalten. Es sei nicht eine "Restmaßgeblichkeit" des Handelsbilanzrechts gegeben, sondern es sei --wie sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] n.F. ergebe-- der handelsrechtliche Ansatz für die steuerrechtlichen Zwecke maßgeblich. Dieser Grundsatz werde nur dann durchbrochen, wenn die steuerrechtlichen Sonderbestimmungen dazu führten, dass der handelsrechtliche Wertansatz unterschritten werde ([X.]-Urteil in [X.]E 239, 315, [X.], 676).
Das dem Verfahren beigetretene [X.] trägt in seiner Stellungnahme vor, dass aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] "höchstens insbesondere" keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit entnommen werden könne. Soweit die Klägerin auch einen Vergleich mit § 6a [X.] anstelle, weil dort auch das Wort "höchstens" enthalten sei und dort i.S. einer norminternen Begrenzung und nicht in Bezug auf einen niedrigeren handelsbilanziellen [X.] verstanden werde, sei dies ebenfalls nicht geeignet, einen Bezug zu handelsbilanziellen Werten zu verhindern.
Mit dem [X.] "insbesondere" habe der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gebe. Auch im Rahmen einer historischen Auslegung ergebe sich, dass ein niedrigerer handelsbilanzieller Wert ggf. zugrunde zu legen sei. Dies sei eindeutig aus der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zu entnehmen (BTDrucks 14/443, 23).
Durch das [X.] habe sich daran nichts geändert. Hätte der Gesetzgeber wegen der handelsrechtlichen Änderungen auch in steuerrechtlicher Hinsicht eine Änderung herbeiführen wollen, hätte er die Worte "höchstens insbesondere" in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] gestrichen. Auch der grundsätzliche Wille des Gesetzgebers, bei Einführung des [X.] steuerneutral zu handeln, ändere nichts an dieser Bewertung. Zum einen sei bereits nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber bei Einführung des [X.] alle bisher geltenden Bilanzierungsgrundsätze mit dem Ziel einer Steuerneutralität überschreiben wollte. Weiterhin habe er sich mit den Folgen der kodifizierten Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Wertansätze als Obergrenze in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] gar nicht beschäftigt. Überdies habe die Klägerin genügend handelsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, um eine Steuerneutralität herbeizuführen.
Auch im Rahmen einer teleologischen bzw. systematischen Auslegung komme man nicht zu einem anderen Ergebnis. Die handelsrechtliche Maßgeblichkeit i.S. von § 5 Abs. 1 [X.] habe sich seit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zwar verändert. Dennoch sei der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach dem [X.] eindeutig in der Weise zu verstehen, dass die handelsrechtliche Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz zunächst bestehe. Sie werde nur dann und nur insoweit durchbrochen, als der Gesetzgeber steuerrechtliche [X.] oder Bewertungsvorbehalte festgeschrieben habe (§ 5 Abs. 6 [X.]). Da durch den "höchstens insbesondere"-Verweis der Bezug zur handelsrechtlichen Bewertung weiterhin bestehen bleiben sollte, habe keine Verselbständigung der [X.] von den Handelsbilanzwerten zugelassen werden sollen, selbst wenn die Steuerbilanz durch das [X.] gegenüber der Handelsbilanz deutlich verselbständigt sei.
Schließlich sei auch der Rückgriff der Klägerin auf den Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 240, 162, [X.], 317 nicht erfolgversprechend. Einerseits handele es sich um verschiedene Sachverhalte; andererseits handele es sich bei dem vom Steuerpflichtigen ausgeübten Wahlrecht nicht um eine "Manipulation der steuerlichen Bemessungsgrundlage durch handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte". Denn es gehe nicht um eine unterschiedliche subjektive Beurteilung der Rechtslage durch den Steuerpflichtigen, weil dieser durch die Ausübung des Wahlrechts objektive Tatsachen in die eine oder andere Richtung geschaffen habe. Es sei auch nicht von einer "Besteuerung nach Wahl" wegen verschiedener Rechtsansichten auszugehen, wie der [X.] dies ausführt, sondern es gehe um vom Gesetzgeber eingeräumte (handelsrechtliche oder steuerrechtliche) Wahlrechte. Auch liege keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor.
II.
Die [X.]evision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).
[X.]echtsfehlerfrei hat das [X.] die Höhe der streitgegenständlichen [X.]ückstellung unter Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung bewertet und mit dem gegenüber dem [X.] Wert niedrigeren handelsrechtlichen Wertansatz berücksichtigt.
1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat die GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist. Diese ergeben sich u.a. aus § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind für ungewisse Verbindlichkeiten [X.]ückstellungen zu bilden. Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind einerseits Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber noch ungewiss ist, andererseits Verbindlichkeiten, deren künftiges Entstehen, ggf. zusätzlich auch deren Höhe, noch ungewiss ist (ständige [X.]echtsprechung des [X.], vgl. dazu etwa [X.]-Urteile vom 27.06.2001 - I [X.] 45/97, [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121; vom 30.11.2005 - I [X.] 110/04, [X.]E 212, 83, [X.] 2007, 251; vom 13.02.2019 - XI [X.] 42/17, [X.]E 266, 283, [X.]/NV 2019, 1197).
Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen (§ 5 Abs. 6 [X.]). Für die Bewertung der im Streitfall --unstreitig-- vorliegenden Sachleistungsrückstellung sieht die Vorschrift des bereits mit dem Steuerentlastungsgesetz vom 24.03.1999 ([X.], 402) eingeführten § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] vor, dass [X.]ückstellungen "höchstens insbesondere" unter Berücksichtigung der sodann unter den [X.]. a bis f folgenden Grundsätze anzusetzen sind.
2. Die im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] enthaltene [X.]egelung, dass [X.]ückstellungen "höchstens insbesondere" mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in [X.]. a bis f anzusetzen sind, führt dazu, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.]. a bis f [X.] ergebenden [X.]ückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten dürfen (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 239, 315, [X.] 2013, 676, [X.]z 14, zu Zeiträumen vor Inkrafttreten des [X.]; vom 13.07.2017 - IV [X.] 34/14, [X.]/NV 2017, 1426, [X.]z 29, ohne Bindungswirkung für den dortigen Streitfall und ebenfalls für Zeiträume vor Inkrafttreten des [X.]; ebenso [X.], [X.] --[X.]-- 2013, 489; [X.] in juris [X.] Steuerrecht 15/2013 [X.]. 1; [X.], Betriebs-Berater --BB-- 2012, 2807; [X.]/[X.], § 5 [X.] [X.]z 186; [X.]/[X.], § 6 [X.] [X.]z 976a; [X.], Neue Wirtschaftsbriefe 2012, 3542; [X.]/[X.], [X.], 38. Aufl., § 6 [X.]z 471; [X.] in Kirchhof, [X.], 18. Aufl., § 6 [X.]z 154; [X.]/[X.] in Kanzler/[X.], Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl., [X.]z 2647; [X.] in BeckBilKomm, 12. Aufl., § 253 HGB [X.]z 152; [X.] 6.11 Abs. 3 Satz 1 ESt[X.] 2012; [X.] vom 13.07.2012, [X.] --DSt[X.]-- 2012, 1606; a.A. Briesemeister/[X.]/[X.], [X.] --[X.]-- 2013, 164; Korn, [X.] --[X.]-- 2013, 18260, 18265 f.; KKB/Teschke/[X.], § 6 [X.], 4. Aufl., [X.]z 183; [X.]/[X.]/Sepetauz, [X.], 2094; [X.]/Fellinger, [X.], 362; [X.] in [X.]/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 9 [X.]z 288, m.w.N.).
a) Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. z.B. Beschluss des [X.] vom 09.11.1988 - 1 Bv[X.] 243/86, [X.] 79, 106, unter [X.]; [X.]-Urteil vom 18.12.2014 - IV [X.] 22/12, [X.]E 248, 354, [X.] 2015, 606, [X.]z 24, jeweils m.w.N.). Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der [X.] dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen (z.B. [X.]-Urteil vom 01.12.1998 - VII [X.] 21/97, [X.]E 187, 177, [X.] 1999, 197, unter [X.], [X.]z 12, m.w.N.; [X.]-Beschluss vom 21.07.2016 - IV [X.] 26/14, [X.]E 254, 371, [X.] 2017, 202, [X.]z 36). Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. [X.]-Urteile vom 09.04.2008 - II [X.] 39/06, [X.]/NV 2008, 1529; in [X.]E 248, 354, [X.] 2015, 606, [X.]z 24, m.w.N.; [X.]-Beschluss in [X.]E 254, 371, [X.] 2017, 202, [X.]z 36). Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings nur ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann, oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangen (z.B. [X.]-Urteil vom 21.10.2010 - IV [X.] 23/08, [X.]E 231, 544, [X.] 2011, 277, [X.]z 23, m.w.N.; [X.]-Beschluss in [X.]E 254, 371, [X.] 2017, 202, [X.]z 36).
b) Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] "höchstens insbesondere" ergibt sich keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Vielmehr lässt er einen Wortsinn zu, der einen unterhalb des [X.] nach den folgenden [X.]. a bis f ergebenden Betrag aufgrund handelsrechtlicher oder steuerrechtlicher Bewertungsvorschriften erfasst. Mit dem [X.] "insbesondere" hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gibt.
c) Zu diesem Ergebnis führt auch eine historische und systematische Auslegung sowie der Zweck der Vorschrift.
aa) Aus einer historischen Auslegung ergibt sich, dass ein niedrigerer handelsbilanzieller Wert als der steuerrechtliche Wert zugrunde zu legen ist. Dies ist zunächst eindeutig der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zu entnehmen (vgl. BTDrucks 14/443, 23; [X.]-Urteile in [X.]E 239, 315, [X.] 2013, 676, [X.]z 14; in [X.]/NV 2017, 1426, [X.]z 29; [X.] 6.11 Abs. 3 Satz 1 ESt[X.] 2012; ebenso [X.], [X.] 2013, 489; [X.], BB 2012, 2807; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.]z 471; [X.]/[X.], § 5 [X.] [X.]z 186; [X.]/[X.], § 6 [X.] [X.]z 976a; [X.]/[X.] in Kanzler/ [X.], a.a.[X.], [X.]z 2647; a.A. Briesemeister/[X.]/[X.], [X.] 2013, 164; Korn, [X.] 2013, 18260, 18265 f.). Dort heißt es: "Zum Einleitungssatz - Klarstellung, dass die in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] genannten Grundsätze keine abschließende Aufzählung enthalten. Die beispielsweise in § 5 [X.] festgelegten [X.]egeln sind ebenfalls zu beachten. Ist der Ausweis für die [X.]ückstellung in der Handelsbilanz zulässigerweise niedriger als der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] ergebende Ausweis, so ist der Ausweis in der Handelsbilanz für die Steuerbilanz maßgebend."
bb) Auch eine systematische Auslegung führt zum [X.] des handelsrechtlichen Bilanzwertes. Zwar hat sich die handelsrechtliche Maßgeblichkeit i.S. von § 5 Abs. 1 [X.] seit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] verändert. Dennoch ist der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach dem [X.] in der Weise zu verstehen, dass die handelsrechtliche Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz zunächst besteht. Sie wird nur dann und nur insoweit durchbrochen, als der Gesetzgeber steuerrechtliche [X.] oder Bewertungsvorbehalte festgeschrieben hat (§ 5 Abs. 6 [X.]). Da durch den "höchstens insbesondere"-Verweis der Bezug zur handelsrechtlichen Bewertung weiterhin bestehen bleiben sollte, hat dies keine Verselbständigung der [X.] von den Handelsbilanzwerten zur Folge gehabt, selbst wenn die Steuerbilanz durch das [X.] gegenüber der Handelsbilanz deutlich verselbständigt wurde.
Dem Einwand der Klägerin, die [X.]egelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] sei eine abschließende steuerrechtliche Normierung, die allenfalls mit dem "höchstens"-Hinweis einen anderen steuerrechtlichen Wert in Bezug nimmt (insbesondere § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) und die somit die Anwendung des Handelsrechts nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausschließe (ebenso [X.]/[X.], a.a.[X.], § 5 [X.]z 33), ist nicht zu folgen. § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] ist keine abschließende Norm. Sie schließt die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht aus. Dies war die Ansicht des [X.] vor Inkrafttreten des [X.] (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 239, 315, [X.] 2013, 676, [X.]z 14, und vor Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] bereits [X.]-Urteil vom 15.07.1998 - I [X.] 24/96, [X.]E 186, 388, [X.] 1998, 728, unter II.3.) und dies hat sich auch für die Zeiträume danach nicht geändert (ebenso [X.] in BeckBilKomm., a.a.[X.], § 253 HGB [X.]z 152). Die Änderungen in der steuerrechtlichen Bewertung haben sich allein durch die Änderungen handelsrechtlicher [X.] ergeben (vgl. [X.] [X.]heinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2016 - 1 K 1912/14, E[X.] 2017, 693, [X.]z 29; [X.], BB 2012, 2807, 2808).
cc) Auch der [X.]egelungszweck trägt dieses Ergebnis. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] verfolgt den Zweck, realitätsnähere Bewertungen von [X.]ückstellungen zu erreichen (BTDrucks 14/443, 3). Dieser Zielsetzung wird auch der Bezug zum [X.] gerecht, wenn der handelsrechtliche Wert der [X.]ückstellung niedriger ist als der steuerrechtliche (ebenso [X.], BB 2012, 2807). So wird z.B. für [X.]ückstellungen für Verbindlichkeiten statt eines pauschalen Zinssatzes von 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.]. e [X.]) nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB ein ihrer [X.]estlaufzeit entsprechender durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre im [X.]ahmen der Abzinsung angewandt oder es werden handelsrechtlich seit dem Inkrafttreten des [X.] auch künftige Entwicklungen bei der [X.]ückstellungsbewertung mit einbezogen, so dass auch insoweit eine realitätsnähere Bewertung erfolgt (vgl. [X.], [X.] 2017, 904, 913).
dd) Der mit dem [X.] verfolgte Zweck der [X.], der an verschiedenen Stellen in der Begründung des Gesetzentwurfs formuliert wurde (BTDrucks 16/10067, 41, 45, 52), wird durch diese Auslegung nicht beeinträchtigt. Die Anwendung der durch das [X.] eingeführten neuen handelsrechtlichen [X.] führt zwar nunmehr steuerrechtlich zu gewinnwirksamen [X.]; alleinige Ursache ist aber das Handelsrecht (s. oben unter [X.]). Soweit der Gesetzgeber mit den umfangreichen Änderungen durch das [X.] eine steuerneutrale [X.]eform verwirklichen wollte, hat er dies letztlich an dieser Stelle nicht ins Gesetz übernommen.
Wäre es vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen, wegen der handelsrechtlichen Änderungen auch in steuerrechtlicher Hinsicht insoweit eine Änderung herbeizuführen, hätte er die Worte "höchstens insbesondere" in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] gestrichen bzw. modifiziert. Waren [X.]ückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen (wie etwa im Streitfall für bergrechtliche Verpflichtungen) bislang handelsrechtlich nicht abzuzinsen, ergibt sich für diese mit Inkrafttreten des [X.] handelsrechtlich eine Abzinsung über einen Zeitraum bis zum Ende der Erfüllung (§ 253 Abs. 2 HGB). Der Gesetzgeber hätte daher eine entsprechende Änderung des Einleitungssatzes in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] vornehmen müssen, wenn er eine dadurch sich ergebende Änderung des steuerrechtlichen [X.] hätte verhindern wollen. Dies ist nicht geschehen. Das generelle gesetzgeberische Motiv einer [X.] des handelsrechtlichen [X.]eformteils hilft daher nicht über den Wortlaut hinweg (ebenso [X.]/[X.], § 5 [X.] [X.]z 186). Demgemäß sieht [X.] 6.11 Abs. 3 Satz 2 und 3 ESt[X.] 2012 für Altfälle ([X.]ückstellungen spätestens zum 31.12.2009 passiviert) eine Übergangsregelung vor (gewinnmindernde [X.]ücklage in Höhe von 14/15 des Bewertungsgewinns i.V.m. jährlicher gewinnerhöhender Auflösung in Höhe von mindestens 1/15; s.a. [X.], [X.] 2013, 489).
3. Die weiteren Einwendungen der Klägerin stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
a) Soweit sie einwendet, dass die [X.] Werte wegen Wegfalls der formellen Maßgeblichkeit grundsätzlich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht von der Handelsbilanz abhängig seien, sondern nach handelsrechtlichen GoB zu ermitteln wären, ist dem nicht zuzustimmen. Der Steuerpflichtige ist nicht nur an die abstrakten Normen des [X.] über die Gewinnermittlung, sondern grundsätzlich auch an den im Einzelfall gewählten handelsrechtlichen [X.] gebunden ([X.]-Urteile vom 25.04.1985 - IV [X.] 83/83, [X.]E 144, 25, [X.] 1986, 350, unter 4.; vom 24.01.1990 - I [X.] 17/89, [X.]E 160, 155, [X.] 1990, 681, unter 2.2., m.w.N.; vom 21.10.1993 - IV [X.] 87/92, [X.]E 172, 462, [X.] 1994, 176, unter I.4.; vom 13.06.2006 - I [X.] 84/05, [X.]E 214, 178, [X.] 2007, 94, unter [X.] aa). Daran hat sich nach dem Inkrafttreten des [X.], das den Gedanken der formellen Maßgeblichkeit in seiner ursprünglichen Form aufgegeben hat, im Hinblick auf den Streitfall nichts geändert.
b) Auch aus dem Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 240, 162, [X.] 2013, 317 zur Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs ergibt sich nichts anderes. Denn es handelt sich bei dem vom Steuerpflichtigen ausgeübten Wahlrecht nicht um eine "Manipulation der steuerlichen Bemessungsgrundlage durch handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte"; es geht nicht um eine Bindungswirkung für das Finanzamt, die durch die Wahl zwischen mehreren vertretbaren [X.]echtsansichten entstehen soll (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 240, 162, [X.] 2013, 317, [X.]z 64), sondern um eine auf einer steuerrechtlichen [X.]egelung (hier § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.]) beruhenden Berücksichtigung eines ggf. bestehenden handelsrechtlichen Wahlrechts des Steuerpflichtigen.
c) Ebenso führt das Auslegungsergebnis auch nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zu einer verfassungswidrigen Besteuerung. Denn auch eine Berücksichtigung handelsrechtlicher Bewertungsansätze im [X.]ahmen der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] führt im Vergleich zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung.
aa) Zunächst unterscheidet sich die Nr. 3a von der Nr. 3 des § 6 Abs. 1 [X.] dadurch, dass es um die Bewertung verschiedener Wirtschaftsgüter geht. Während in der Nr. 3 allgemein die Bewertung von Verbindlichkeiten geregelt wurde, behandelt Nr. 3a [X.]ückstellungen. Der Gesetzgeber ist nicht verfassungsrechtlich verpflichtet, die für Verbindlichkeiten geltenden Abzinsungsgrundsätze auf [X.]ückstellungen ohne weitere Differenzierungen zu übertragen (vgl. [X.], [X.] 2013, 489).
bb) Des Weiteren stellt die Anwendung des [X.] keine willkürliche [X.]egelung dar. Das [X.] hat selbst dargelegt, dass der [X.] seit jeher in erster Linie auf Gründen der Praktikabilität der unternehmerischen Gewinnermittlung basiert. Er wird von ihm nicht beanstandet ([X.]-Beschluss vom 12.05.2009 - 2 BvL 1/00, [X.] 123, 111, [X.] 2009, 685, [X.]z 34). Kommt er nach einer steuerrechtlichen Vorschrift --hier § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.]-- zur Anwendung, kann darin keine willkürliche [X.]egelung liegen.
cc) Weiterhin erfordert der Gleichheitssatz nicht, dass eine Gleichbehandlung im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfolgt. Dass es durch die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zu einer für den Steuerpflichtigen ungünstigeren Verlagerung der Gewinnminderung auf einen späteren Veranlagungszeitraum kommt, führt nach der [X.]echtsprechung des [X.] nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz, da der Zeitpunkt der Gewinnminderung nach dem [X.]-Beschluss in [X.] 123, 111, [X.] 2009, 685 keine Bedeutung für die Bemessung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat - maßgeblich ist allein der Totalgewinn. Im Ergebnis sind daher die [X.]egelungen zu [X.]ückstellungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (von einer Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.] geht auch die bisherige [X.]echtsprechung des [X.] aus, s. [X.]-Urteile vom [X.] - I [X.] 35/09, [X.]E 228, 250, [X.] 2010, 478, [X.]z 28; vom 05.05.2011 - IV [X.] 32/07, [X.]E 233, 524, [X.] 2012, 98, [X.]z 48 ff.).
4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.
Meta
20.11.2019
Urteil
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 7. Dezember 2016, Az: 1 K 1912/14, Urteil
§ 5 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 6 Abs 1 Nr 3a EStG 2009, § 8 Abs 1 KStG 2002, § 249 Abs 1 S 1 HGB, § 253 Abs 2 S 1 HGB, § 5 Abs 6 EStG 2009, § 5 Abs 1 S 1 EStG 2002 vom 25.05.2009, § 6 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, Art 3 Abs 1 GG, EStG VZ 2010, KStG VZ 2010
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.11.2019, Az. XI R 46/17 (REWIS RS 2019, 1346)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 1346
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
(Zur steuerlichen Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB)
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