Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2013, Az. VIII ZR 191/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4546

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 191/12
Verkündet am:

3. Juli 2013

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 536a
Die Kündigung eines Mietverhältnisses, die von einem sachlichen Grund zur fristlo-sen Kündigung getragen ist, steht, auch wenn sie an einem formellen Mangel leidet, einem auf §
536a Abs.
1 BGB gestützten Ersatz derjenigen Schäden nicht entgegen, die darauf beruhen, dass der Mieter bestehende Mängel der Mietwohnung [X.] zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch eine den Umständen nach angemessene neue Wohnung anzumieten (Fortführung des [X.] vom 13.
Juni 2007 -
VIII
ZR 281/06, [X.], 570).

BGH, Urteil vom 3. Juli 2013 -
VIII ZR 191/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 3. Juli
2013
durch den
Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Hessel
sowie
die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger

für Recht erkannt:
Auf die
Revision der Kläger wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts [X.]
vom 25. Mai 2012
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger, die im Jahre 2003 eine in W.

gelegene Wohnung der [X.] gemietet haben, machen neben einem Kautionsrückzahlungsan-spruch und einem Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
Schadensersatz
geltend, den
sie darauf stützen, dass sie aufgrund von Schimmelbildung
in der Mietwohnung zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewe-sen seien. Nachdem sie Anfang
Januar 2010 einen Schimmelbefall bemängelt und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24. Januar 2010 vergeblich zur Beseitigung aufgefordert hatten, verlangten sie mit Anwaltsschreiben vom 8.
Februar 2010 erneut eine Beseitigung
des Schimmelbefalls
bis zum 25.
Februar 2010 und drohten für den Fall der Fristversäumung die Kündigung des Mietverhältnisses an. Ob diesem Schreiben eine Originalvollmacht des 1
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Rechtsanwalts beigefügt war, ist streitig. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 1.
März 2010 kündigten sie das Mietverhältnis wegen der in ihren Ursachen streitigen Schimmelbildung fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.
Mai 2010. Die Beklagte ließ diese Kündigung mit Schreiben vom 9.
März 2010 unter anderem deshalb zurückweisen, weil der Kündigung unstreitig keine Vollmacht beigele-gen hat.
Die Kläger
räumten die Wohnung am 31.
März 2010
und bezogen eine zwischenzeitlich angemietete
andere Wohnung.
Den ihnen
hierdurch entstan-denen Schaden einschließlich einer Mietdifferenz für die ersten drei Monate bezuzüglich
der Kosten für die vorgerichtliche Einho-lung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 2.l-lung des Schimmelbefalls und seiner Ursachen
sowie vorgerichtlicher Rechts-

zwar jeweils nebst Zinsen. Darüber hinaus
wollen sie eine Verpflichtung der [X.] zum Ersatz eines Mietdifferenz-schadens für mindestens drei Jahre festgestellt wissen. Ferner
begehren sie die Rückzahlung der von ihnen in Höhe von 1.e-leisteten Mietkaution nebst Zinsen; hiergegen rechnet die Beklagte ihrerseits mit Nachzahlungsansprüchen aus einer früheren Nebenkostenabrechnung so-wie rückständigen Mietzinsansprüchen für die Zeit ab März 2010 auf.
Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg
gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgen die
Kläger
ihr Klagebegeh-ren
in vollem Umfang weiter.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahin stehen, ob überhaupt ein Mangel der Mietsache durch den Schimmel vorliege und ob dieser Mangel von Anfang an vorhanden gewe-sen sei. Zwar könne ein Kündigungsfolgeschaden unter Umständen durchaus unter den nach § 536a BGB zu ersetzenden Schaden fallen. [X.] für einen Kündigungsfolgeschaden sei aber -
wovon offensichtlich auch der [X.] in seinem Urteil vom 13. Juni 2007 ([X.]) ausgegangen sei -
eine wirksame Kündigung des Mieters aufgrund des Scha-dens.
An einer solchen wirksamen Kündigung fehle es hier, weil die Beklagte
die durch Anwaltsschreiben erklärte Kündigung der Kläger vom 1. März 2010 wegen der fehlenden Beifügung einer Originalvollmacht gemäß § 174 BGB
un-verzüglich zurückgewiesen habe.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das Be-rufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der
von den Klägern begehrte Schadensersatz
ungeachtet der von ihnen geltend gemachten Mängel der Mietwohnung
und der hierauf gestützten Kündigung allein schon daran scheitere, dass die Kündigung aus einem formellen Grund nicht wirksam aus-gesprochen worden sei.

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1. Nach § 536a Abs. 1 BGB kann der
Mieter
wegen eines Mangels der Mietsache, der bei Vertragsschluss vorhanden
ist, später wegen eines Um-stands
entsteht, den der Vermieter zu vertreten hat, oder mit dessen Beseiti-gung der Vermieter in Verzug
gekommen ist, unbeschadet seiner Rechte aus §
536 BGB Schadensersatz verlangen.
Das Berufungsgericht hat es -
nach sei-nem Standpunkt folgerichtig -
dahin stehen lassen, ob die Mieträume wegen einer von Anfang an in bauseitigen Ursachen angelegten Schimmelbildung mängelbehaftet sind. Für das Revisionsverfahren sind
deshalb das Vorhanden-sein dieser Mängel und die nach den Behauptungen der Kläger davon ausge-hende Gesundheitsgefahr zu unterstellen. Da
die Beklagte ihre Verantwortlich-keit für die zu unterstellenden
Mängel in Abrede genommen
hat
und eine ihr zur Mängelbeseitigung gesetzte Frist fruchtlos hat verstreichen lassen, ist damit
zugleich von einem
Recht der
Kläger
auszugehen,
den Mietvertrag gemäß §
543 Abs. 1 und
3, § 569 Abs. 1 BGB fristlos
zu kündigen.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hängt die
Ersatz-pflicht für die
geltend gemachten Schäden, auch soweit es um diejenigen Schadensposten geht, welche durch den -
unterstellt -
mangelbedingten Umzug der Kläger in eine andere Wohnung veranlasst sind, nicht von der Wirksamkeit des Ausspruchs der danach an sich berechtigten Kündigung der Kläger ab. Das Erfordernis der Wirksamkeit des Kündigungsausspruchs unabhängig vom [X.] eines Kündigungsgrundes ergibt sich -
anders als das Berufungsgericht meint
-
insbesondere nicht aus dem von ihm in Bezug genommenen Senatsur-teil vom 13. Juni 2007 ([X.], [X.], 570 Rn.
9). Soweit dort [X.] ist, dass nach der ständigen, im Einzelnen näher bezeichneten Recht-sprechung des [X.] die [X.], die durch eine von ihr zu
vertretende Vertragsverletzung die andere [X.] zu einer wirksamen au-ßerordentlichen Kündigung des [X.] veranlasst hat, dieser [X.] zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet ist, ist es
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genauso 8
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wie in weiteren
Fallgestaltungen (vgl. Senatsurteile vom 6. Februar 1974
-
VIII ZR 239/72, [X.], 213 unter [X.]; vom 3. Juni 1992 -
VIII ZR 138/91, [X.], 282, 294 f.) -
immer nur um Fragen des Kündigungsgrundes und der Ersatzpflicht für hierdurch verursachte Schäden gegangen.
Mit der Frage, ob zusätzliche Voraussetzung für eine Ersatzpflicht auch die formell wirksame Ausübung eines gegebenen Kündigungsrechts ist, hat sich der Senat indessen nicht befasst.
Diese Frage entscheidet der Senat nunmehr dahin, dass die
von einem sachlichen Grund zur fristlosen Kündigung
getragene Kündigung eines Mietver-hältnisses, auch wenn sie -
wie hier -
an einem formellen Mangel
leidet, einem auf § 536a Abs. 1 BGB gestützten Ersatz derjenigen
Schäden nicht entgegen steht, die darauf beruhen, dass der Mieter bestehende Mängel der Mietwoh-nung berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhande-nen
Tauglichkeit
der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch eine den Um-ständen nach angemessene neue Wohnung anzumieten. Für eine zusätzliche Einschränkung der Ersatzpflicht des Vermieters
dahingehend, dass diese un-geachtet des Kündigungsgrundes, der dadurch herausgeforderten
Anmietung der Ersatzwohnung und einer damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Wohnung erst mit Ausspruch einer auch formell in jeder Hinsicht wirksamen Kündigung entstehen soll, gibt der Wortlaut des § 536a Abs. 1 BGB nichts
her. Dieser knüpft für die Schadensersatzpflicht des Vermieters vielmehr nur an das sachliche Vorliegen der dort beschriebenen Mängel oder den Verzug mit der Mängelbeseitigung
und einen dadurch verursachten
Schaden
an.
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III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endent-scheidung reif, weil das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folge-richtig -

keine Feststellungen
zum Vorhandensein der behaupteten Mängel
und deren Kündigungserheblichkeit
getroffen hat. Ebenso wenig hat es bislang Feststellungen zum (Fort-)Bestand des Mietverhältnisses und einer davon ab-hängigen Fälligkeit des Kautionsguthabens sowie zu Bestand und Höhe der dagegen zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen getroffen. Der [X.] ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ball
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.09.2011 -
93 C 3367/10 (40) -

LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2012 -
3 [X.]/11 -

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Meta

VIII ZR 191/12

03.07.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2013, Az. VIII ZR 191/12 (REWIS RS 2013, 4546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4546

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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