Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2015, Az. 2 StR 58/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 8428

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 58/15
vom
9. Juli
2015
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und des
Beschwerdeführers
am 9.
Juli 2015
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf
die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. August 2014, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.] erwarb der nicht revidie-rende Mitangeklagte G.

211,9 Gramm Kokain sowie 755,2 Gramm [X.] zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Er versteckte die Drogen an ver-1
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schiedenen Stellen in seiner Wohnung, wo
sie am 24.
Oktober 2013 bei einer Wohnungsdurchsuchung aufgefunden wurden. In der Wohnung nächtigte zu diesem Zeitpunkt neben weiteren Personen auch der Angeklagte. Er hatte sich schon zuvor auf Bitten des G.

bereit erklärt, einen Teil des Straßenver-kaufs zu übernehmen und zu diesem Zweck 10
[X.] mit insgesamt 8,69
Gramm Kokain in seinem [X.] im Schlafzimmer gelagert.
2. Der Angeklagte hat die Tat bestritten. Zwar habe er Kenntnis davon gehabt, dass G.

Betäubungsmittel in der Wohnung gelagert habe, die er verkaufen wollte. Er habe G.

aber weder unterstützt noch dies vorgehabt.

II.
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1.
Die den Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Beweiswürdigung ist zwar Sache des Tatgerichts; der revisionsge-richtlichen Überprüfung unterliegt aber, ob diesem dabei Rechtsfehler unterlau-fen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 30. März 2004 -
1 [X.], [X.], 238; Urteil vom 2.
Dezember 2005 -
5 [X.], [X.], 925, 928). So liegt es hier:
Dass sich der Angeklagte bereit erklärt hat, einen Teil des Straßenver-kaufs zu übernehmen, steht zur Überzeugung des [X.] aufgrund des Umstands fest, dass 10 [X.] in einer Schrankabtrennung gefunden 3
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wurden, in der sich auch der Ausweis
des Angeklagten befand. Die Einlassung des Angeklagten sowie des [X.]

, es habe keine feste Zuteilung der Schrankabtrennungen gegeben, hat das Gericht als reine Schutz-behauptung bewertet, die lebensfremd erscheine.
Diese Überzeugungsbildung des [X.] ist lückenhaft. Das Land-gericht ist offenkundig davon ausgegangen, dass in einer Wohnung vorhandene Schrankfächer nach allgemeiner Lebenserfahrung den einzelnen Nutzern einer Wohnung fest zugeteilt werden. Schon das Bestehen eines solchen Erfah-rungssatzes erscheint zweifelhaft. Jedenfalls aber hätte sich das Gericht mit tatsächlichen Umständen auseinandersetzen müssen, die einen solchen Erfah-rungssatz hier in Frage stellen können. Solche Umstände waren vorliegend ge-geben, denn zum
Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung hielten sich in der Wohnung neben dem Angeklagten und dem Wohnungsinhaber G.

regel-mäßig noch drei weitere Personen auf. Die Küche war provisorisch eingerichtet, alle fünf Personen schliefen auf am Boden liegenden Matratzen. Der Schrank, in dem sich die [X.] befanden, bestand aus vier Abtrennungen. Für die [X.] bestand daher hinreichend Anlass, insbesondere die [X.] sowie die Existenz von nur vier Schrankabtrennun-gen für fünf Personen in die Beweiswürdigung einzustellen. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] schon unter Berücksichtigung dieser Umstände zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre.
2. Dessen ungeachtet tragen die landgerichtlichen Feststellungen
auch nicht den Schuldspruch, denn hinsichtlich der Beihilfehandlung des Angeklag-ten fehlen ausreichende Feststellungen zum äußeren und inneren [X.].

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Als Gehilfe wird gemäß § 27 Abs. 1 StGB nur bestraft, wer vorsätzlich ei-nem anderen zu dessen
vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen [X.] und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder
fördert (st. Rspr., vgl. [X.]surteil
vom 16. Januar 2008 -
2
StR 535/07,
NStZ 2008, 284 mwN).
Feststellungen dazu hat das [X.] nicht getroffen. Die knappen Ausführungen, der Angeklagte habe sich an dem späteren Verkauf der 10 [X.] beteiligen wollen, belegen für sich genommen keine tatsächlich erfolgte Förderung oder Erleichterung der Haupttat. Zwar kann eine Haupttat in Ausnahmefällen auch schon durch das bloße Bereiterklären späterer Unterstüt-zung gefördert oder erleichtert werden. Aber auch die Voraussetzungen einer solchen psychischen Beihilfe sind nicht belegt. Es ist nicht ersichtlich, dass der
Angeklagte den Haupttäter G.

durch seine Zusage, ihm beim späteren [X.] zu unterstützen, in seinem [X.] bestärkt oder ihm ein erhöh-tes Sicherheitsgefühl gegeben hätte.
Eine bloß versuchte Beihilfe ist demgegenüber straflos. Auch eine Verur-teilung nach §
30 Abs. 2 StGB (Verabredung zu einem Verbrechen) käme nur dann in Betracht, wenn
der in Aussicht genommene Tatbeitrag des Angeklagten täterschaftliche Qualität erreichen sollte. Ist seine Mitwirkung -
wie hier -
im Fal-le der Durchführung nur als die eines Gehilfen zu werten, bleibt er insoweit straffrei ([X.]surteil
vom 31.
Oktober 2001 -
2
StR 315/01, [X.], 74, 75).
Da indes nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein neuer Tatrichter noch ergänzende Feststellungen zur Beihilfehandlung des Angeklagten
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jedenfalls aber zu den Voraussetzungen eines möglichen Besitzes von Betäu-bungsmitteln -
treffen kann, verweist der [X.] die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung an ein anderes Tatgericht zurück.
[X.] [X.]Ott

Ri[X.] Zeng
ist wegen Bartel

Urlaubs an der Unterschrift

gehindert.

[X.]

Meta

2 StR 58/15

09.07.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2015, Az. 2 StR 58/15 (REWIS RS 2015, 8428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8428

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