Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.11.2014, Az. 10 AZB 52/14

10. Senat | REWIS RS 2014, 1034

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Gegenstand

Rechtsweg - Insolvenzanfechtung - unentgeltliche Leistung


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des [X.] vom 26. Juni 2014 - 4 Ta 121/14 - aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Beschluss des [X.] vom 21. März 2014 - 4 Ca 2012/13 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

3. Der Streitwert wird auf 5.335,71 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die [X.]en streiten im Rechtsbeschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

2

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des [X.] vom 1. Oktober 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (nachfolgend: Schuldnerin).

3

Unter dem 6. November 2009 unterzeichneten die Schuldnerin und der [X.] ein mit „Anstellungsvertrag“ überschriebenes Schriftstück, nach dessen Inhalt der [X.] bei der Schuldnerin als Angestellter im Bereich Marketing gegen ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.668,00 Euro tätig werden sollte. In der [X.] vom 5. Januar 2010 bis zum 1. Juli 2010 zahlte die Schuldnerin an den [X.]n insgesamt 16.007,13 Euro als „Vergütung“.

4

Der Kläger verlangt vom [X.]n gemäß § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 [X.] Rückgewähr der erhaltenen Leistungen. Er hat behauptet, die als Arbeitsvergütung bezeichneten Zahlungen der Schuldnerin seien ausschließlich aufgrund eines dieser von Seiten des [X.]n gewährten Darlehens erfolgt. Der Anstellungsvertrag vom 6. November 2009 sei nur zum Schein geschlossen worden. Es sei von vornherein beabsichtigt gewesen, dass der [X.] keinerlei Tätigkeiten für die Schuldnerin ausführen sollte.

5

Der [X.] hat geltend gemacht, der Anstellungsvertrag mit der Schuldnerin sei wirksam. Die in dem Vertrag genannte Marketingtätigkeit habe darin bestanden, für die Schuldnerin weitere Interessenten anzuwerben. Diese Tätigkeit habe er ua. von zu Hause aus betrieben. Er habe der Schuldnerin 40 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden.

6

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des [X.] hat es nicht abgeholfen. Das [X.] hat sie zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

7

II. Die Rechtsbeschwerde des [X.] ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG zulässig.

8

1. Nach dieser Bestimmung sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Maßgebend für die Rechtswegbestimmung ist dabei die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird ([X.] 16. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 11; 31. März 2009 - 5 [X.]/08 - Rn. 5). § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG begründet eine umfassende Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für individuelle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen ([X.] 15. März 2011 - 10 [X.] - Rn. 11, [X.]E 137, 215; 23. August 2001 - 5 [X.] - Rn. 16, [X.]E 99, 1). Ist dem Tatbestand nach die Beschäftigung einer [X.] als Arbeitnehmer vereinbart, ist es für die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ergebende Rechtswegzuständigkeit ohne Belang, ob sich die vertragliche Grundlage als nichtig oder fehlerhaft erweist (vgl. [X.] 10. Mai 2000 - 5 [X.] Rn. 17; [X.]/[X.] 15. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 15; GMP/Schlewing 8. Aufl. § 2 Rn. 53).

9

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten im Streitfall eröffnet. Zwar stützt der Kläger den geltend gemachten [X.] ausdrücklich nicht auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage. Nach seinen Darlegungen betrifft die auf § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 [X.] gestützte Klage jedoch Zahlungen der Schuldnerin, die diese als Vergütung bezeichnet hatte. Angesichts des zwischen der Schuldnerin und dem [X.]n unter dem 6. November 2009 abgeschlossenen „[X.]“ hängt der Erfolg der Klage deshalb davon ab, ob dieser Vertrag wirksam geschlossen und beiderseitig erfüllt wurde. Nur wenn dies nicht zutrifft, wurden die Zahlungen „unentgeltlich“ iSv. § 134 Abs. 1 [X.] von der Schuldnerin vorgenommen. Die Klage muss deshalb in der Sache abgewiesen werden, wenn der [X.] die zurückverlangten Zahlungen als Vergütung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG. [X.] ist ein Drittel des Hauptsachestreitwerts ([X.] 10. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 17).

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

10 AZB 52/14

25.11.2014

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend ArbG Ludwigshafen, 21. März 2014, Az: 4 Ca 2012/13, Beschluss

§ 2 Abs 1 Nr 3 Buchst a ArbGG, § 134 Abs 1 InsO, § 143 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.11.2014, Az. 10 AZB 52/14 (REWIS RS 2014, 1034)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 976 REWIS RS 2014, 1034

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9 Ta 203/20

9 Ta 48/18

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