Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. 5 StR 65/02

5. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2432

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5 StR 65/02BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSvom 9. Juli 2003in der [X.] versuchten Betrugs u.a.- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 9. Juli 2003beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. [X.], [X.],[X.]und [X.]wird das Urteil des [X.] vom 14. Mai 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO [X.] auchim Hinblick auf den Mitangeklagten [X.] mit den zuge-hörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Ange-klagten betrifft.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere Strafkammer des [X.].[X.][X.] hat die Angeklagten Dr. [X.], [X.]und [X.] wegen versuchten Betrugs in vier Fällen zu Gesamtgeldstrafen verurteilt.Den Angeklagten [X.]hat es wegen Beihilfe zum versuchten Betrug invier Fällen mit einer Gesamtgeldstrafe belegt. Die Revisionen der Angeklag-ten haben Erfolg. Die Aufhebung ist auf den nicht revidierenden [X.]zu erstrecken, gegen den das [X.] in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe verhängt hat.I.Nach den Feststellungen des [X.] waren die AngeklagtenDr. [X.], [X.]und [X.]Gesellschafter und Geschäftsführer derLo B GmbH (künftig: [X.]). Ende des [X.] -war den Angeklagten bekannt geworden, daß für mehrere Grundstücke [X.] bislang noch keine Restitutionsansprüche gestellt waren, obwohleine Rückgabe der Grundstücke nach dem Vermögensgesetz in [X.]. Solche Anträge konnten nach § 30a VermG bei den Ämtern für offeneVermögensfragen nur noch bis 31. Dezember 1992 gestellt werden. Ohneaufzudecken, daß eine Bevollmächtigung durch die eigentlich [X.] noch nicht erfolgt war, stellten die Angeklagten in deren Namen [X.]. Nach ihren Vorstellungen sollten die Berechtigten, die ih-nen zu dem Zeitpunkt namentlich noch nicht sicher bekannt waren, die [X.]nachträglich bevollmächtigen, wobei gegebenenfalls die Vollmachtserklärun-gen auf einen Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 1992 rückdatiert werdensollten. Die Angeklagten beabsichtigten dann, sich die [X.] den Berechtigten zu einem [X.] deutlich unter dem Verkehrswert [X.] günstigen Preis abtreten zu lassen.Hinsichtlich der in [X.] gelegenen Grundstücke [X.] und [X.] gingen die Angeklagten arbeitsteilig in der be-schriebenen Art und Weise vor. Obwohl die Sachbearbeiter des Amts für of-fene Vermögensfragen eine Rückdatierung der Vollmachten in Betracht [X.] hatten, erfolgte eine Rückübertragung der Grundstücke. [X.] weiterer Grundstücke in [X.] ([X.], [X.]) scheiterte ein Erwerb der Grundstücke im [X.] anderen Gründen. Der nicht revidierende Mitangeklagte [X.]war [X.] der [X.] in den Restitutionsverfahren [X.] und [X.] beteiligt.II.Die Revisionen der Angeklagten führen zu einer Aufhebung des an-gefochtenen Urteils, weil das [X.] die subjektive Seite des [X.] ausreichend begründet [X.] -1. Eine Strafbarkeit wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB setztvoraus, daß der Täter in dem Bewußtsein handelt, daß der angestrebte [X.] rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteilsist Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB. Deshalb macht allein der Umstand,daß ein Anspruch durch Mittel der Täuschung realisiert werden soll, den [X.] Vorteil nicht unrechtmäßig. Wenn das verfolgte Ziel der Rechtsord-nung entspricht, wird es nicht dadurch, daß rechtswidrige Mittel zu seinerVerwirklichung angewandt werden, selbst rechtswidrig ([X.]St 3, 160, 162 f.;20, 136, 137; 42, 268, 271 m. w. N. aus der [X.] Betracht kommt allenfalls eine Strafbarkeit wegen (untauglichen)Versuchs, wenn der Täter den angestrebten Vermögensvorteil fälschlicher-weise als rechtswidrig ansieht ([X.]R StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 7;[X.]St 42, 268, 273). Hält dagegen der Täter [X.] im umgekehrten Fall [X.] denerstrebten Vermögensvorteil für rechtmäßig, liegt ein Tatbestandsirrtum imSinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB vor. Wer mit Mitteln der Täuschung einentatsächlich rechtswidrigen, nach seiner Vorstellung aber rechtmäßigen [X.] durchsetzen will, begeht daher keinen Betrugsversuch ([X.]St 42,268, 272; [X.], [X.]. vom 30. August 1988 [X.] 5 StR 325/88; [X.], 74).2. Das [X.] setzt sich nicht im ausreichenden Maße damitauseinander, ob die Angeklagten hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals derRechtswidrigkeit des Vermögensvorteils vorsätzlich gehandelt haben. Beiden Besonderheiten der hier gegebenen [X.] konnte das[X.] nicht ohne zusätzliche Gesichtspunkte von einem jedenfalls be-dingten Vorsatz der Angeklagten ausgehen.a) Die Frage, ob die Anmeldung von Restitutionsansprüchen durch ei-nen vollmachtlosen Vertreter von dem Berechtigten rückwirkend (und [X.]) genehmigt werden kann, ist durch das Bundesverwaltungsge-richt erst durch Urteil vom 24. Juni 1999 entschieden und verneint worden- 5 -(BVerwGE 109, 169 ff.). Die Vorinstanz hatte eine solche Rückwirkung [X.] bejaht. Nach den Feststellungen des landgerichtlichen [X.] auch das zuständige Amt für offene Vermögensfragen zum damaligenZeitpunkt von einer rückwirkenden Genehmigung des vollmachtlosen [X.] aus ([X.]). Diese Rechtsauffassung stand auf dem [X.] allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatzes (vgl. GemSOGB inBVerwGE 69, 380, 381 mit umfänglichen Nachweisen), wonach die Geneh-migung regelmäßig [X.] ex tunc [X.] auf den Zeitpunkt der Handlung des voll-machtlosen Vertreters zurückwirkt (§ 89 Abs. 2 ZPO), jedenfalls soweit [X.] bestimmt ist (§ 184 Abs. 1 BGB). Dieser Grundsatz gilt auch imVerwaltungsverfahren (vgl. [X.]/[X.], VwVfG 8. Aufl. § 14 Rdn. 20 [X.]) Das [X.] schließt auf ein entsprechendes Bewußtsein derRechtswidrigkeit des Vermögensvorteils bei den Angeklagten im [X.] aus dem Umstand, daß sie die [X.] rückdatiert haben.Ein solcher Schluß von der Täuschungshandlung auf das Bewußtsein derRechtswidrigkeit des Vermögensvorteils mag im Regelfall gerechtfertigt [X.] der Täter wird nur dann zum Mittel der Täuschung greifen, wenn erbefürchtet, durch wahrheitsgemäße Angaben seinen (vermeintlichen) [X.] nicht durchsetzen zu können. Im vorliegenden Verfahren bestand [X.] aufgrund der aufgezeigten Rechtslage eine Fallkonstellation, die eineabweichende Würdigung zugelassen hätte.Zweifel am Vorsatz der Angeklagten lagen bei der hier gegebenenFallgestaltung nahe und hätten im landgerichtlichen Urteil der Erörterung be-durft. Angesichts der Besonderheiten der verfahrensrechtlichen Situation wä-re es denkbar, daß die Angeklagten, von denen zwei Volljuristen waren, da-von ausgingen, daß auch in dem Restitutionsverfahren nach dem [X.] die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche durch einenvollmachtlosen Vertreter wie in anderen Verfahren auch durch den Berech-tigten nachträglich genehmigungsfähig ist und die Genehmigung zurückwirkt.Eine Täuschung über den Zeitpunkt der späteren Bevollmächtigung kann- 6 -dabei von ihnen veranlaßt worden sein, um ein von ihnen befürchtetes Risikoanderer rechtlicher Beurteilung auszuschließen, ohne daß damit schon [X.] zum bedingten Vorsatz überschritten worden wäre. Eine [X.] kann weiterhin aus der Überlegung motiviert sein, [X.] weitgehend zu beschleunigen und so schon sich [X.] abzeichnenden Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung [X.] entgegenzuwirken.Nach der Rechtsprechung des [X.] reicht ein Schlußvon dem äußeren Tatablauf auf die innere Tatseite nämlich dann nicht ohneweiteres aus, wenn die Annahme eines auch bedingten Vorsatzes [X.] Verständnis des [X.] voraussetzt, das nicht ohne [X.] werden kann (vgl. [X.], [X.]. vom 27. November 2002[X.] 5 [X.] zur Veröffentlichung in [X.]St vorgesehen, NJW 2003, 907,910; [X.] NJW 2003, 1821, 1822 [X.] die Angeklagten jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt ha-ben, bedarf deshalb neuer tatrichterlicher Prüfung. Dabei wird eine umfas-sende Abwägung des Einzelfalls vorzunehmen sein, bei der neben dem Gradder Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts insbesondere die Motive und [X.] der Angeklagten zu beachten sind (vgl. [X.]St 46, 30, [X.] Aufhebung des landgerichtlichen Urteils hat der Senat gemäߧ 357 StPO auf den Mitangeklagten [X.]erstreckt, weil die nicht ausrei-chende Prüfung der subjektiven Tatseite ihn in gleicher Weise betraf. [X.] ist zur Anwendung des § 357 StPO angehört worden und [X.] nicht [X.] 7 -IV.Im Falle eines neuerlichen Schuldspruchs ist im Rahmen der Strafzu-messung die beträchtliche zeitliche Verzögerung, die auch das Revisions-verfahren umfaßt, erheblich zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen.Der neue Tatrichter wird den gravierenden Zeitablauf dabei auch unter [X.] einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 [X.] zu würdigen haben.[X.] [X.] Raum

Meta

5 StR 65/02

09.07.2003

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. 5 StR 65/02 (REWIS RS 2003, 2432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2432

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