Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2003, Az. 2 StR 52/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 3379

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[X.]/03vom23. April 2003in der [X.] des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 23. April 2003 [X.] Nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ge-gen das Urteil des [X.] vom 21. November 2002wird dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Standgewährt.Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Ur-teil mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurge-richtskammer des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Frei-heitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seine hiergegen eingelegte, auf [X.] gestützte Revision hat [X.] nach Wiedereinsetzung in [X.] Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist [X.] Erfolg.1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:Der Zeuge R. verkaufte für den Angeklagten auf dem [X.] in [X.]dem späteren Tatopfer [X.] ein Heroin-[X.] für 10 Euro. [X.]konsumierte das [X.] und [X.] -mierte, daß es zu klein gewesen sei. Der Angeklagte lehnte eine Geldrück-zahlung ab. Zwischen dem Angeklagten und [X.]begann ein gegenseiti-ges Geschubse, das durch einen Faustschlag [X.]zu einer Schlägerei es-kalierte. Der körperlich unterlegene Angeklagte ging zweimal zu Boden undblutete aufgrund eines herausgerissenen Ohrrings. Als [X.]auf den am [X.] liegenden Angeklagten eintrat, schubste ihn [X.]weg und drängte ihn [X.] eines [X.]s, in den beide hineinfielen. Nachdem ein anderer[X.]und [X.]aus dem [X.] herausgezogen hatte, schlug [X.] auf [X.] ein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte [X.] mit einer Klingenlänge von 9,5 cm und einer Klingenbreite von2,5 cm aus der Hosentasche gezogen, es aufgeklappt und stach [X.] in [X.] oberen Brustkorb, wobei er den Tod des Opfers zumindest billigend inKauf nahm. [X.]brach wenige Meter vom [X.] entfernt [X.] starb infolge inneren Verblutens.2. [X.] kann keinen Bestand haben, weil die Annahme des Land-gerichts, der Angeklagte habe zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz ge-handelt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Die Ausführungendes [X.] genügen nicht den Anforderungen, die an die Darlegung undBegründung des Tatvorsatzes zu stellen sind.a) Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, daß der Täter den [X.] tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt,ferner, daß er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der [X.] abfindet; bewußte Fahrlässigkeit liegt hingegen dannvor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichungnicht einverstanden ist und ernsthaft [X.] nicht nur vage [X.] darauf vertraut, der tat-bestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Da diese beiden Schuldformen im- 4 -Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen bei der Annahme bedingtenVorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissensele-ment als auch das Willenselement, in jedem Einzelfall besonders geprüft unddurch tatsächliche Feststellungen belegt werden (BGHSt 36, 1, 9 f.; [X.] § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 24, 33). Bei äußerst gefährlichen Ge-walthandlungen liegt es zwar nahe, daß der Täter mit der Möglichkeit rechnet,das Opfer könne zu Tode kommen. Ob dies im Einzelfall zutrifft, bedarf jedochim Hinblick auf die hohe Hemmschwelle bei Tötungsdelikten einer besonderssorgfältigen tatrichterlichen Prüfung. Insbesondere bei einer spontanen, un-überlegten, in affektiver Erregung ausgeführten Einzelhandlung kann aus [X.] von einem möglichen Erfolgseintritt nicht allein ohne [X.] sich aus der Persönlichkeit des [X.] und der Tat ergebenden Besonder-heiten geschlossen werden, daß auch das [X.] selbständig neben dem Wissens-element stehende [X.] voluntative Vorsatzelement gegeben ist. Die [X.] muß sich mit den Feststellungen des Urteils zur Persönlichkeit des [X.] auseinandersetzen und auch die zum Tatgeschehen bedeutsamenUmstände mit in Betracht ziehen (BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 4).b) Hier enthält das Urteil schon keine tragfähig belegten Angaben dazu,ob der Angeklagte die Gefährlichkeit des Messerstichs in den linken oberenBrustkorb erkannt und den [X.] als möglich vorausgesehen hat. [X.] hinaus hat das [X.] auch die billigende Inkaufnahme des Er-folgseintritts nicht begründet und sich nicht mit den festgestellten Tatumstän-den auseinandergesetzt, die möglicherweise dagegen sprechen könnten. [X.] ([X.]) hat der Angeklagte aus Wut über die ihm zuge-fügten Mißhandlungen zum Messer gegriffen und [X.]den tödlichen Stichversetzt, also spontan und in affektiver Erregung gehandelt. Was er sich indem Moment vorgestellt hat, ist nicht festgestellt, das Urteil enthält lediglich die- 5 -Angabe, daß der Angeklagte bei der Tathandlung den [X.] später eingetretenen [X.]Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf nahm ([X.]). Hinzukommt, daßdas Geschehen vor zahlreichen Zeugen stattfand; der Angeklagte mußte [X.] mit seiner Überführung als Täter rechnen. Dies könnte dafür sprechen,daß der Angeklagte zwar die Gefährdung [X.] , nicht aber auch dessenTod in sein Bewußtsein und seinen Willen aufgenommen hatte. [X.] war für die innere Tatseite beim Angeklagten auch von Bedeutung, daß ob-jektiv eine Nothilfelage zugunsten des Zeugen [X.] bestand. Auch hiermitsetzt sich das Urteil in Bezug auf die Vorstellungen des Angeklagten bei [X.] nicht auseinander.[X.] Dr. [X.],[X.] Dr. h.c. Detter und RiBGHProf. Dr. Fischer sind durch [X.] der Unterschrift gehindert. Bode Roggenbuck

Meta

2 StR 52/03

23.04.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2003, Az. 2 StR 52/03 (REWIS RS 2003, 3379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3379

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