Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2010, Az. 2 StR 236/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2010, 3400

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 236/10 vom 15. September 2010 in der Strafsache gegen wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung u. a.
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführerin am 15. September 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. Dezember 2009 mit den Feststellungen auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagte wegen versuchter besonders schwe-rer Brandstiftung in Tateinheit mit fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoff-explosion und mit Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Angeklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung for-mellen und materiellen Rechts. 1 Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es eines [X.] auf die Verfahrensrüge nicht bedarf. 2 1. Nach den Feststellungen des [X.] gewannen die Eheleute [X.]die Angeklagte sowie den gesonderten verfolgten [X.]. dazu, die von ihnen im Einkaufzentrum [X.]

betriebene Textilreinigung in Brand zu setzen. Bei dem [X.]handelt es sich um ein Einkaufs- und [X.] - 3 - rum mit Tiefgarage, einer angegliederten [X.] sowie einem Bäderteil mit Restaurant. In dem Teil der Ladengalerie, in dem auch die Reinigung gele-gen ist, befindet sich zudem ein Fitness-Studio, das bis Mitternacht geöffnet hat ([X.]). Gemäß dem gemeinsamen [X.] betrat die Angeklagte am 3. März 2007 um 21.38 Uhr das Einkaufszentrum. Sie hielt sich anschließend rund 40 Minuten in der Reinigung auf, wobei sie in telefonischem Kontakt mit [X.]. stand, der die [X.] auf und ab ging und auf Wachmänner und Passan-ten achtete. Nachdem die Angeklagte in der Reinigung an zwei Stellen Feuer gelegt hatte, kam es gegen 22.30 Uhr zu einer explosionsartigen Verpuffung, die sämtliche Fenster hin zur Ladenpassage beschädigte. Ein Ausbreiten des [X.] wurde durch die einsetzende Sprinkleranlage verhindert. Die Eheleute [X.]meldeten den Schaden, wie zuvor geplant, ihrer Versicherung. 4 2. Soweit die [X.] die Angeklagte wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 3, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB verurteilt hat, hält dies rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Kammer hat keine ausreichenden Feststellungen hinsichtlich der Voraussetzungen des § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB getroffen. 5 Die Reinigung, in der die Angeklagte den Brand gelegt hat, stellt als sol-che keine Räumlichkeit im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB dar, da sich dort zur Nachtzeit keine Menschen aufzuhalten pflegten. Nach Rechtsprechung des [X.] kann der Tatbestand des § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB indes auch dann erfüllt sein, wenn ein einheitliches zusammenhängendes Gebäude nur zu einem Teil Räumlichkeiten enthält, die zum zeitweisen Aufenthalt von Menschen dienen. Ausschlaggebend für die "Einheitlichkeit" des Gebäudes ist allein seine bauliche Beschaffenheit. Insoweit genügt es nicht, wenn eine 6 - 4 - Räumlichkeit "angebaut" ist, unmittelbar angrenzt oder sich in räumlicher Nähe befindet (BGHSt 35, 283, 285; [X.], 433). Erforderlich ist insbeson-dere, dass zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen eine Verbindung be-steht, beispielsweise durch ein gemeinsames Treppenhaus (BGHSt 34, 115, 120), einen gemeinsamen Flur oder ineinander übergehende Räume (BGHSt 35, 283, 286; [X.], 12. Aufl. StGB § 306a Rn. 12, 21 mwN). Gegen ein einheitliches Gebäude kann das Vorhandensein einer Brandmauer, beson-derer sonstiger [X.] oder einer nur ausnahmsweise, unter Beseitigung besonderer Schutzvorrichtungen benutzbaren Verbindung spre-chen (BGHSt 35, 283, 286). Ob sich die Reinigung vorliegend mit einer zum Aufenthalt von Men-schen dienenden Räumlichkeit in einem einheitlichen Gebäude befand, lässt sich den Feststellungen der Kammer nicht hinreichend deutlich entnehmen. Das Fitness-Studio - auf das die [X.] offensichtlich abstellt - liegt zwar im gleichen Teil der "Ladengalerie", in dem sich auch die Reinigung befindet. Weitergehende Feststellungen zur baulichen Beschaffenheit, die eine Bewer-tung der Einheitlichkeit des Gebäudes zulassen, fehlen indes. Aufgrund der Feststellungen erscheint es zwar möglich, dass das Fitness-Studio mit der [X.] über einen gemeinsamen Korridor verbunden ist; dies jedenfalls dann, wenn die Kammer den Begriff "Ladengalerie" als Korridor und nicht etwa als Baukomplex als solcher verstanden haben will. Dagegen spricht allerdings, dass sie den unmittelbar an die Reinigung angrenzenden Teil, der vorliegend als gemeinsamer Korridor in Betracht käme, abweichend als "Ladenpassage" bezeichnet ([X.]. Unabhängig davon bleibt offen, ob diese vor der [X.] befindliche Passage allseits abgeschlossen ist und damit überhaupt ein verbindender Raum sein kann. Dies ergibt sich - entgegen der Annahme des [X.] - auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Ur-teilsfeststellungen, weshalb auch die Annahme, die Ladenpassage selbst könne 7 - 5 - eine "Räumlichkeit" im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB sein, nicht von den Feststellungen getragen wird. Dafür fehlt jeglicher Hinweis. Gegen eine allseits abgeschlossene Passage spricht vielmehr, dass die Kammer - offensichtlich synonym gemeint - insoweit auch von einer "[X.]" spricht ([X.], 8, 17). 3. Da weitergehende Feststellungen nicht ausgeschlossen sind, war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die [X.] erfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen [X.] Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Beihilfe zum versuchten Be-trug, da diese mit dem [X.] in Tateinheit stehen. [X.]

Meta

2 StR 236/10

15.09.2010

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2010, Az. 2 StR 236/10 (REWIS RS 2010, 3400)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3400

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2 StR 236/10

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