Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 27 W (pat) 501/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 8544

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CAMPS International (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 008 114.7

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 6. März 2012

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 

1

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung der in blauer Farbe gehaltenen Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

mit Beschluss vom 9. November 2010, nach [X.] vom 10. Mai 2010, teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen der

3

Klasse 16: [X.];

4

[X.]: Transportwesen;

5

[X.]: Erziehung, Ausbildung, sportliche und kulturelle Aktivitäten;

6

[X.]: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen

7

nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen, weil dem angemeldeten Zeichen insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft fehle.

8

Das angemeldete Zeichen bestehe aus einer werbeüblichen Grafik und den einfachen, auch im [X.] Sprachgebrauch üblichen Wörtern "[X.] International", die das Publikum leicht im Sinn von "Lager International" verstehen werde.

9

Die Wortzusammenstellung "[X.] International" weise lediglich auf [X.] hin, welche sich inhaltlich-thematisch mit einem (Ferien-, Studien-, Zelt- oder Feld-) Lager internationaler Ausrichtung (z. B. internationale Jugendbegegnung etc.) befassten (z. B. Informationsbroschüren). Die beanspruchten Dienstleistungen würden im Rahmen ([X.] angeboten. Für Teilnehmer internationaler Ferienlager würden Reise- und Transportdienstleistungen sowie entsprechend der thematischen Ausrichtung kulturelle, sportliche oder Bildungsangebote erbracht. Die Teilnehmer solcher Ferien- oder Zeltlager würden auch verpflegt und beherbergt.

Das angesprochene Publikum werde daher in der Wortzusammenstellung "[X.] International" lediglich einen beschreibenden Sachhinweis erkennen und keine markenmäßige Kennzeichnung für die Unterscheidung der betreffenden Waren und Dienstleistungen ihrer Herkunft nach sehen.

Auch der Umstand, dass die Anmelderin als erster [X.] Spezialreiseveranstalter für Kinder und Jugendliche seit vielen Jahren unter dem Namen "[X.] International" entsprechende Waren und Dienstleistungen anbiete und vielleicht auch die Marktführerschaft in diesem Bereich innehabe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Es sei nachvollziehbar, dass die Anmelderin ein anspruchsvolles Konzept als (Geschäfts-) Idee schützen lassen möchte; dies sei jedoch in [X.] nicht möglich und daher aus markenrechtlicher Sicht nicht relevant.

Auch wenn das angemeldete Zeichen eine gewisse Bekanntheit erlangt habe, spiele dies für die Beurteilung der beschreibenden Angabe "[X.] International" keine Rolle; Verkehrsdurchsetzung gem. § 8 Abs. 3 [X.] sei nicht geltend gemacht.

Der Beschluss ist der Anmelderin am 11. November 2010 zugestellt worden.

Dagegen wendet sie sich mit ihrer Beschwerde, eingegangen am Montag, dem 13. Dezember 2010. Sie ist der Auffassung, bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich weder um ein Wort, das einen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, noch handle es sich um eine Angabe, die einen eng beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen herstellen könnte.

Der Begriff "[X.] International" sei weder eine gebräuchliche [X.] noch [X.] Wortfolge. Auch das [X.] Publikum könne mit der Übersetzung "Lager International" nichts anfangen, da die Bezeichnung "[X.] International" grammatikalischen Regeln widerspreche. Angemeldet sei gerade nicht die Wortfolge "International Camps". Aus der Schreibweise des [X.] und der grafischen Gestaltung, insbesondere der grafischen Hervorhebung des Begriffs "[X.]" sei dies unproblematisch zu entnehmen. Der Begriff "[X.]" werde offensichtlich als Schlagwort und damit markenmäßig verwendet, der Zusatz "International" sei lediglich nachgeschoben. Bereits dies zwinge den Verbraucher zum Nachdenken und Interpretieren.

Im Übrigen sei auch das Wort "Lager" für sich genommen interpretationsbedürftig. Die Markenstelle führe selbst bestimmte Interpretationen an, die in völlig verschiedene Richtungen gingen. So sei es ein großer Unterschied, ob man von einem Ferienlager oder von einem Arbeitslager spreche. Die Markenstelle habe insofern einen denkbaren beschreibenden Gehalt in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt, was nicht zulässig sei.

Hinzu komme, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unterschiedlich seien. Selbst wenn man einen beschreibenden Gehalt unterstellen wollte, könne dieser nicht auf die verschiedenen Waren und Dienstleistungen der Klasse 16 ([X.]), der [X.] (Transportwesen), der [X.] (Erziehung, Ausbildung, sportliche und kulturelle Aktivitäten) und der [X.] (Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen) bezogen werden.

Schließlich sei die Gestaltung des [X.] einprägsam und phantasievoll. Sie unterstütze die schlagwortartige Verwendung des Begriffs "[X.]". Auffällig sei zudem die grafische Gestaltung des [X.], der einerseits das nachfolgende A umklammere und andererseits mit dem Aufstrich des A quasi einen Kreis bzw. eine Ellipse bilde.

Dies mache das angemeldete Zeichen markenmäßig unterscheidungskräftig.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] vom 9. November 2010 insoweit aufzuheben als er dem angemeldeten Zeichen den Schutz versagt habe.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin keinen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat diese auch nicht für erforderlich hält, § 69 [X.].

2.

Zu Recht und mit eingehender sowie zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] versagt.

Auch die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Dem angemeldeten Wort-/Bildzeichen "[X.] international" fehlt für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft.

a)

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 1027, 1029 - Das Prinzip der Bequemlichkeit; [X.], 949, Rn. 28 - My World).

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf das beteiligte Publikum zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 943 - SAT.2).

Es kommt dabei nicht darauf an, welche Bedeutung die einzelnen Wortbestandteile haben und ob die Kombination lexikalisch nachweisbar ist oder ob es sich um eine Wortneuschöpfung handelt oder ob der Begriff bereits häufig verwendet wird, sondern allein darauf, wie das angemeldete Zeichen seinem Sinn nach in seiner Gesamtheit verstanden wird und ob die angesprochenen Verbraucher dem einen Herkunftshinweis entnehmen.

b)

Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination "[X.] international" jegliche Unterscheidungseignung und Unterscheidungskraft, weil ihr das angesprochene Publikum für die strittigen Waren und Dienstleistungen lediglich eine sachliche Aussage entnehmen und sie nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird.

Das angemeldete Zeichen ist [X.] gebildet aus den allgemein gebräuchlichen und verständlichen [X.]n bzw. [X.] Wörtern "Camps" und "international".

Bei "Camp" bzw. dessen Pluralform handelt es sich um ein in den [X.] Sprachschatz eingegangenes Wort mit der Bedeutung "Lager" im Sinn von Feld- oder Nachtlager, außerhalb einer festen Behausung. "Camps" sind (Zelt-) Lager bzw. aus Zelten oder einfachen Häuschen errichtete Ferienlager ([X.] - [X.], 6. Aufl. [X.] 2006 [CD-ROM]). Das auch im [X.] vorkommende Wort "international" entspricht in seiner Schreibweise dem geläufigen [X.] Adjektiv "international" mit den Bedeutungen "zwischenstaatlich, nicht national begrenzt, überstaatlich, weltweit" (vgl. [X.] - Großwörterbuch [X.]-Deutsch, S. 462; [X.]-Oxford - Großwörterbuch [X.], 3. Aufl. [X.] 2005 [CD-ROM]; [X.] - [X.], a. a. O.).

Dem Publikum sind beide Begriffe aus vielfacher Verwendung (z. B. Camping, [X.]) bekannt und geläufig. Die Verbraucher sind an Wortbildungen mit den genannten Bestandteilen im Zusammenhang mit verschiedensten Waren und Dienstleistungen gewöhnt und erkennen darin - auch sofern sie grammatikalisch  nicht korrekt gebildet sein sollten, dennoch - auf den ersten Blick nur eine allgemein verständliche Aussage, die lediglich in gebräuchlicher Art und Weise auf einfache, manchmal provisorische bzw. befristete Gemeinschaftsunterkünfte hinweist, in denen Gäste aus verschiedensten Ländern zusammentreffen. Gerade "international" wird häufig anderen Bezeichnungen ohne grammatikalisch korrekte Verknüpfung hinzugefügt, um die Reichweite eines Angebots aufzuzeigen (z. B. "Transporte international", "Telefonie international", "Terminal International" etc.).

Entgegen der Annahme der Anmelderin bedeutet eine schlichte begriffliche Unbestimmtheit bei der Übersetzung von "Camps" mit "Lager" noch nicht eine markenrechtliche Mehrdeutigkeit und steht einer Schutzversagung prinzipiell nicht entgegen (vgl. [X.], 882 - Bücher für eine bessere Welt).

Es liegt in der Natur der Sache, dass eine allgemein gehaltene Bezeichnung mit einem hohen Abstraktionsgehalt einen gewissen Bedeutungsspielraum in sich trägt. Zwar kann das Wort "Camps" in verschiedenen Kombinationen benutzt werden. Entgegen der Ansicht der Anmelderin spielt es aber keine Rolle, dass der angesprochene Verbraucher möglicherweise nicht genau weiß, um was für ein "Camp" es sich genau handeln soll. Eine solche begriffliche Unbestimmtheit kann werbewirksam gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen und/oder eine positive Erwartungshaltung des Kunden zu fördern (vgl. [X.], 1050 - Cityservice).

Verschiedene Bedeutungen einer Wortfolge sprechen nicht für deren Unterscheidungskraft, wenn sich - wie vorliegend - in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen alle markenmäßig relevanten Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen ([X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 778, 779 - Urlaub direkt).

Zu den markenmäßig relevanten Deutungsmöglichkeiten gehören historisch negativ belegte, wie "Arbeitslager", nicht.

Die Verbraucher werden bei "[X.] international" annehmen, dass diese ihnen mühelos verständliche Wortkombination lediglich als Inhaltsangabe oder Werbeaussage allgemeiner Art für die mit ihr bezeichneten Produkte und Leistungen eingesetzt wird.

Entgegen der Annahme der Anmelderin gilt dies für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, wie die Markenstelle ausführlich aufgezeigt hat.

Die grafische Ausgestaltung des farbigen Zeichens führt nicht zur Schutzfähigkeit.

Bei einem Zeichen mit einem beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher aufgefasst wird, genügen dafür einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.] nicht. An die grafische Ausgestaltung sind hier größere Anforderungen zu stellen ([X.], 1153 - antiKALK; [X.], 410, 411 - Color Collection; [X.], 324, 326 - Kinder).

Ein betonter Anfangsbuchstabe und unterschiedliche Schriftarten weisen keine über eine dekorative Art hinausgehenden charakteristischen Merkmale auf und reichen allein zur Erfüllung der Herkunftsfunktion nicht aus.

"[X.] international" fehlt daher für die strittigen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.

3.

Ob dem Schutz der angemeldeten Bezeichnung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann demnach dahingestellt bleiben.

4.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass.

Meta

27 W (pat) 501/11

06.03.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 27 W (pat) 501/11 (REWIS RS 2012, 8544)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8544

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