Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2012, Az. X ZR 79/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5551

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BUNDESGERICHTSHOF

IM N[X.]MEN DES VOLKES

URTEIL
X ZR 79/11
Verkündet am:

19. Juni 2012

[X.]nderer

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der
Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am 19.
Juni 2012
durch den
Richter Keukenschrijver,
die Richterin [X.], die Richter [X.] und
[X.] sowie
die Richterin Schuster

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 10.
Mai 2011 verkündete Urteil des 4.
Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 1
599
703 (Streitpa-tents), das am 26.
Februar 2004 angemeldet wurde und die Priorität von [X.] vom 26.
Februar und 7.
März 2003 in
[X.]nspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft eine Navigationseinrichtung mit Berührungsschirm und um-fasst acht Patentansprüche. Patentanspruch
1, der die Navigationseinrichtung und 5, der ein Verfahren zur [X.]nzeige von Navigationsinformationen betrifft,
ha-ben in der [X.] folgenden Wortlaut:

"1.
[X.] portable navigation device programmed with a map data-base and software that enables a route to be planned and generates (i) a normal navigation mode screen that is dis-played on a touch screen display, in which the current position of the device is shown on a map, [X.] in-1
-
3
-
dication of at least some of the route to be taken or (ii) a menu screen; which device is arranged so that, if a user touches the display at a pre-defined zone that is at least 0,7
cm² in area, [X.] navigation mode screen to be replaced with the menu screen, the menu
screen enabling core naviga-tion functions listed on the menu screen to be selected by a user touching an associated icon or key shown on the touch screen display, also at a zone that is at least 0,7
cm² in area.

5.
[X.] method of displaying navigation information, [X.] in a portable navigation device programmed with a map database and software that enables a route to be planned; the method comprising the steps of:

a)
the device displaying on a touch screen display a normal navigation mode screen at which the current position of the device is shown on a map, [X.] indication of at least some of the route to be taken; and

b)
the device being operable such that, if a user touches the display at a pre-defined zone that is at least 0,7
cm² in [X.], [X.] navigation mode screen to be replaced with a menu screen, [X.] an associated icon or key shown on the touch screen display, also at a zone that is at least 0,7
cm² in area."

In deutscher Übersetzung lauten die Patentansprüche 1 und 5 wie folgt:

2
-
4
-
"1.
Eine tragbare Navigationseinrichtung, die mit einer Kartenda-tenbank und Software programmiert ist, welche es ermöglicht, eine Fahrtroute zu planen und (i) einen normalen [X.], der auf einem Berührungsbildschirmdis-play angezeigt ist, bei dem die gegenwärtige Position der Ein-richtung auf einer Karte zusammen mit einer grafischen [X.] über zumindest einen Teil der zu nehmenden Fahrtroute gezeigt wird, oder (ii) einen Menübildschirm erzeugt;

wobei die Einrichtung derart ausgeführt ist, dass wenn ein [X.]nwender das Display an einer vorher festgelegten Zone, die einen Bereich von zumindest 0,7
cm² aufweist, berührt, [X.] wird, dass der normale [X.]bildschirm durch den Menübildschirm ersetzt wird, wobei der [X.] das Wählen von auf dem Menübildschirm aufgelisteten Kernnavigationsfunktionen ermöglicht, indem der [X.]nwender ein entsprechendes Bildsymbol oder einen entsprechenden Schlüssel, das/der auf dem Berührungsbildschirmdisplay ge-zeigt ist, ebenfalls an einer Zone, die einen Bereich von [X.] 0,7
cm² aufweist, berührt.

5.
Ein Verfahren zur [X.]nzeige
von Navigationsinformationen, wo-bei das Verfahren in einer tragbaren Navigationseinrichtung eingesetzt wird, welche mit einer Kartendatenbank und [X.] programmiert wurde, die das Planen einer Fahrtroute ermöglicht; wobei das Verfahren folgende Schritte beinhaltet:

a)
Die Einrichtung gibt auf einem Berührungsbildschirmdis-play einen normalen [X.]bildschirm an, auf dem die gegenwärtige Position der Einrichtung auf einer Karte zusammen mit einer grafischen [X.]ngabe über zu--
5
-
mindest einen Teil der zu nehmenden Fahrtroute gezeigt wird; und

b)
die Einrichtung funktioniert derart, dass wenn ein [X.]nwen-der das Display an einer vorher festgelegten Zone, die ei-nen Bereich von zumindest 0,7
cm² aufweist, berührt, [X.] wird, dass der normale [X.]bildschirm durch einen Menübildschirm ersetzt wird,

wobei der Menübildschirm das Wählen von auf dem
Menübildschirm aufgelisteten Kernnavigationsfunktionen ermöglicht, indem der [X.]nwender ein entsprechendes Bild-symbol oder einen entsprechenden Schlüssel, das/der auf dem Berührungsbildschirmdisplay gezeigt ist, ebenfalls an einer Zone, die einen Bereich von mindestens 0,7
cm² aufweist, berührt."

Die Klägerin
hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen [X.] sich die Beklagte mit der Berufung. Sie verteidigt das Streitpatent in der er-teilten Fassung und in der Fassung des bereits in erster Instanz gestellten
[X.]. Danach ist
in Patentanspruch 1 die tragbare Navigationseinrich-tung mit einem integralen
[X.] ausgestattet
und der normale [X.] wird bei Berührung durch den Benutzer durch den [X.] vollständig ersetzt.

Gemäß Schriftsatz vom 26.
[X.]pril 2012 verteidigt die Beklagte das Streit-patent in der Fassung zweier weiterer Hilfsanträge. Die Klägerin hält die weitere 3
4
5
-
6
-
hilfsweise Verteidigung für verspätet und tritt im Übrigen dem Rechtsmittel [X.].

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I.
Das Streitpatent betrifft
eine mit einem Berührungsbildschirm gesteuer-te Navigationseinrichtung, insbesondere zur
[X.]nwendung als fahrzeuginternes Navigationssystem, und ein Verfahren zur [X.]nzeige von Navigationsinformatio-nen.

1. Nach der Patentbeschreibung sind Einrichtungen, die auf dem Global Positioning System
(GPS)
basieren,
bekannt und
als fahrzeuginterne Navigati-onssysteme weit verbreitet. Mit Hilfe bekannter Software könne der [X.]nwender in einen an einen [X.] angeschlossenen Minicomputer (personal digital assistant, PD[X.]) eine Start-
und Zieladresse eingeben, worauf die [X.] die Fahrtroute zwischen diesen Punkten berechne und [X.]nweisungen zum Navigieren dieser Fahrtroute anzeige. Die Software könne so in regelmäßigen [X.]bständen die aktuelle Position des PD[X.] bestimmen und passende Navigati-onsanweisungen geben. PD[X.] gebrauchten oft Berührungsbildschirme, wobei die Eingabe in der Regel unter Verwendung eines dünnen Stifts geschehe, weil die Größe der einzelnen Tasten oder anderer
wählbarer
Elemente
relativ gering sei. Wenn eine große [X.]nzahl von Tasten gleichzeitig angezeigt werden solle, müsse eine kleine virtuelle Tastatur verwendet werden, wobei die Tasten mit einem Stift angewählt werden müssten. Daher
würden bei bekannten Einrich-tungen auf einem Bildschirm vorhandene große numerische Tasten mit viel kleineren auf einem anderen Bildschirm vorhandenen Tasten gemischt, ob-gleich die Tasten von gleicher Bedeutung seien. Bei den bekannten Geräten 6
7
8
-
7
-
seien demnach Kernfunktionen nicht einheitlich für eine wirksame und verlässli-che Fingerbedienung ausgelegt.

2. Dem Streitpatent liegt daher das technische Problem ("die [X.]ufgabe") zugrunde, die Bedienung von Kernfunktionen bei Navigationseinrichtungen
durch Berührung zu erleichtern und verlässlicher zu machen, insbesondere wenn die Bedienung während der Fahrt erfolgen soll.

Dieses Problem soll durch eine Navigationseinrichtung mit folgenden Merkmalen gelöst werden (Merkmale des Patentanspruchs 1 nach dem 1.
Hilfs-antrag in Fettdruck, Merkmalsbezeichnung durch das Patentgericht in eckigen Klammern):

1.
Die Navigationseinrichtung ist
1.1
tragbar [[X.]] und
1.2
programmiert mit
1.2.1
einer Kartendatenbank und
1.2.2
Software, die es ermöglicht, eine Fahrtroute zu pla-nen.
[[X.]a, M2]
1.3
Sie weist einen integralen [X.] auf.

2.
Die Navigationseinrichtung erzeugt
2.1
einen normalen [X.]bildschirm [M3a] oder
2.2
einen Menübildschirm.
[M3b]

3.
Der normale [X.]bildschirm

3.1
ist auf einem Berührungsbildschirmdisplay angezeigt, bei dem die gegenwärtige Position der Einrichtung auf einer Karte zusammen mit einer grafischen [X.]ngabe über [X.] einen Teil der zu nehmenden Fahrtroute gezeigt wird.
[M3a]

3.2
wird durch den Menübildschirm vollständig
ersetzt, wenn ein [X.]nwender das Display an einer vorher festgelegten 9
10
-
8
-
Zone berührt, die einen Bereich von zumindest 0,7 cm2
aufweist.
[M4a, M4b]

4.
Der Menübildschirm ermöglicht das Wählen von auf ihm auf-gelisteten Kernnavigationsfunktionen, indem der [X.]nwender ein entsprechendes Bildsymbol oder eine entsprechende Taste, das/die auf dem Berührungsbildschirmdisplay gezeigt ist, ebenfalls an einer Zone, die einen Bereich von zumindest 0,7 cm2
aufweist, berührt.
[M4c, [X.]]

[X.] wiedergegebenen [X.]uren des Streitpatents zeigen [X.]nsichten
eines Navigationsbildschirms ([X.]. 2) und eines Menübildschirms ([X.]. 3).

11
-
9
-

3. Folgende Merkmale bedürfen besonderer Betrachtung aus der Sicht des Fachmanns, bei dem es sich -
wie vom Patentgericht zutreffend festgestellt und den Parteien nicht in Zweifel gezogen -
um einen berufserfahrenen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik handelt, der mit der Entwicklung von Navigationseinrichtungen mit Berührungsbildschirmen befasst ist.

a) Nach Merkmal 3.2 wird der normale [X.]bildschirm durch den Menübildschirm ersetzt, und nach Hilfsantrag 1 vollständig ersetzt, wenn der [X.]nwender einen bestimmten Bildschirmbereich berührt. Das Wort "ersetzt"
(replaced) ist weder in den Patentansprüchen erläutert, noch in der [X.]eibung erwähnt. Nach dem Inhalt der [X.]eibung, die zur [X.]uslegung der Patentansprüche heranzuziehen ist, wird ein Navigationsbildschirmmenü angezeigt, wenn der Benutzer die
Mitte des Bildschirms berührt; der [X.] kann sehr schnell aufgerufen werden und erlaubt das Wählen von Kernnavigationsfunktionen ([X.]. [X.]bs. 13). Der
Benutzer soll leicht von dem [X.] aus auf den Menübildschirm zugreifen können ("on a menu screen that is easily accessed from the main navigation screen", [X.]. [X.]bs. 24). Der Menübildschirm soll
so angezeigt werden, dass der Be-12
13
-
10
-
nutzer, der das Navigationsgerät während der Fahrt
bedient, nicht von
dem un-ter dem Menübildschirm liegenden und möglicherweise teilweise noch zu er-kennenden
[X.]bildschirm
abgelenkt wird. Für ein "Ersetzen"
reicht es deshalb aus, wenn der Menübildschirm den [X.]bild-schirm großflächig derart überlagert, dass der [X.]bildschirm für den Benutzer nicht mehr sichtbar ist. Wie das Patentgericht zutreffend ange-nommen hat,
wird danach nicht der eigentliche Bildschirm, sondern lediglich der angezeigte Bildschirminhalt, die zu vermittelnden Informationen,
ersetzt.
Dieser [X.]uslegung steht das von der Beklagten vorgebrachte [X.]rgument der Energieein-sparung nicht entgegen. Wenn, wie die Beklagte vorträgt, der [X.] bei dem Vorgang des Ersetzens "verschwände"
und bei [X.] wieder neu aufgebaut werden müsste, führte dieser Vorgang zu er-höhtem Energieverbrauch, der gerade vermieden werden soll.
[X.]uch die [X.] auf den Begriff "screen", der nach Meinung der Beklagten "ganzer [X.]"
bedeutet, verfängt nicht. Das englische
Wort "screen"
bedeutet [X.] oder,
allgemeiner,
visuelle [X.]nzeigevorrichtung. Mit diesem Begriffsinhalt ist nichts darüber ausgesagt, ob in dem Fall des Ersetzens der ganze [X.] verschwindet oder nur überlagert wird.

b) Nach Merkmal 4 kann der Benutzer auf dem
Menübildschirm [X.] wählen, indem er ein dort gezeigtes Bildsymbol oder eine Taste in einem zumindest 0,7 cm2
großen Bereich berührt.
Diese Zo-ne ist groß genug, um mit einem einzelnen Finger verlässlich bedient zu werden ("this zone is large enough tob e reliably selected by a single finger", [X.]. [X.]bs. 19). Damit wird
der Situation des Benutzers während der Fahrt Rechnung getragen, der auf den Straßenverkehr achten und nicht durch die Suche nach einem Stift und dessen [X.]nwendung auf einem relativ kleinen Bereich des [X.]s abgelenkt werden soll.
[X.]us den Patentansprüchen ergibt sich nicht, dass die Berührung des Bildschirms mit dem Finger erfolgen muss; diese spre-chen nur von dem Berühren in einer vorher festgelegten Zone von zumindest 14
-
11
-
0,7cm2
("if a user touches the display at a pre-defined zone that is
at least 0,7
cm2
in area", Patentanspruch 1); diese Zone soll allerdings groß genug sein, um ihr Wählen mit einer Fingerspitze zu ermöglichen ("with
touch screen areas that are large enough to allow the user to select them with a fingertip whilst safely
driving", [X.]. [X.]bs. 24 a.E.).

Die [X.]uflistung mehrerer Kernnavigationsfunktionen, d.h. -
wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat -
häufig benutzter wichtiger Funktionen,
auf einer Menüebene erleichtert und beschleunigt ebenfalls die Benutzung;
dadurch entfällt ein Durchgehen mehrerer Menüebenen.

[X.] Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand der erteilten [X.] beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er
sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Bedienungsanleitung des T.

Navigators
für Windows [X.]s
([X.]) ergebe. [X.]us [X.] sei eine tragbare Navigationseinrichtung bekannt, die mit der Kartendatenbank und einer [X.] programmiert sei und es ermögliche, eine Fahrtroute zu planen und einen normalen [X.]bildschirm,
der auf einem Berührungsbildschirm angezeigt sei,
zu erzeugen. Wenn ein [X.]nwender das Display an einer vorher festgelegten Zone berühre,
werde bewirkt, dass der normale [X.] durch den Menübildschirm ersetzt werde. [X.]uch bei der aus der [X.] bekannten [X.] sei dabei eine vollständige Überlappung der beiden Bildschirme ohne weiteres möglich. Dies sei für den Fachmann auch naheliegend, weil er dadurch im Interesse einer möglichst bedienungsfreundli-chen Displaygestaltung mehr Platz für die [X.]nzeige der momentan aktiven [X.]oberfläche gewinne. Einen Hinweis, den Navigationsbildschirm durch den Menübildschirm vollständig zu ersetzen, erhalte der Fachmann auch aus der [X.] Seite
17 4.
[X.]bsatz, wo angegeben sei, dass die Karte ausgeblendet werden könne. Dadurch würden die grafischen/numerischen [X.]nweisungen und die Textanweisungen zentriert und vergrößert. [X.]uch wenn es dort nicht um die 15
16
-
12
-
vollständige Ersetzung des [X.]bildschirms
durch den [X.] gehe, komme an dieser Textstelle der allgemeine Gedanke zum [X.]us-druck, die verfügbare Bildschirmoberfläche im Interesse einer verbesserten Le-se-
und Bedienbarkeit für die [X.]nzeige der momentan relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen und dafür vorübergehend vollständig auf die Kartenan-zeige zu verzichten. Weiter ermögliche der Menübildschirm, wie auf den Seiten 15 und 16 und in den [X.]bbildungen 21 und 22 der [X.] gezeigt, das Wählen von auf dem Menübildschirm aufgelisteten sogenannten Kernnavigationsfunktionen, unter denen der Fachmann häufig benutzte wichtige Funktionen verstehe, die er bevorzugt direkt auf dem Menübildschirm und nicht in einem Untermenü an-ordnen werde. Dafür berühre der [X.]nwender ein entsprechendes Bildsymbol oder eine entsprechende Taste, für die der Fachmann wegen der Berührung mit einem Finger in naheliegender Weise ebenfalls eine an die Größe des Fingers angepassten Bereich von zumindest 0,7
cm² vorsehen werde. Für den von der Beklagten geltend gemachten [X.]spekt der Stromeinsparung fänden sich weder im Streitpatent noch in den ursprünglichen [X.]nmeldungsunterlagen Hinweise. [X.]uch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
In [X.] sei auch eine Verbindung des T.

Navigators mit einem GPS-Gerät erwähnt. Es habe für den Fachmann [X.], den [X.] als integralen Bestandteil der [X.] vorzusehen und ihn nicht etwa nur separat anzuordnen. Das ergebe sich schon aus dem Bemühen, das tragbare Navigationsgerät einfacher hand-habbar und sicherer zu machen. Der Nebenanspruch 5 sowie die [X.] ließen keine den Patentschutz begründenden Maßnahmen erkennen.

I[X.]
Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

1.
In dem H[X.]uch [X.], dessen Vorveröffentlichung nicht in Zweifel gezogen wird,
ist ein Navigationsgerät vorgestellt, das in Verbindung mit einem GPS-Gerät ein Fahrzeugnavigationssystem mit gesprochenen sowie als Text 17
18
-
13
-
und Grafik verfügbaren [X.]nweisungen bietet. Es ist tragbar ([X.]) und "mit Karten für die meisten Städte, Orte und Straßen in vielen Ländern und Staaten"
([X.] S. 1)
erhältlich, also mit einer Kartendatenbank und Software ausgestattet oder programmiert. Die Software ermöglicht es, eine Fahrtroute zu planen ("Es
[T.

Navigator] kann die [X.] in vielen verschiedenen Maßstä-
ben anzeigen und zeigt Ihnen, wie Sie am besten von [X.] nach B
kommen, in-dem Sie die Karte verwenden oder die Navigationsanweisungen befolgen"

"Nach der [X.]uswahl eines Zielpunkts wechselt T.

Navigator sofort in den
[X.]", [X.] S. 1, 16 unten). Nach [X.] kann der Benutzer im [X.] durch Tippen mit dem Finger auf die [X.] immer zum [X.] zurückkehren. [X.]nstelle des
Navigationsbildschirms erscheint der
Menübildschirm ([X.], [X.]bb. 21 [X.]), der jenen
ersetzt, d.h.

wie unter I
3
a
dargelegt -
überlagert.

[X.]uf dem
Menübildschirm der [X.] sind Funktionen als Bildsymbole aufge-listet, die der [X.]nwender häufig benutzt ([X.], [X.]bb. 21 S. 15 "Durch Wahl der nachstehenden Optionen im [X.] können Sie Folgendes"; im [X.]n-schluss hieran sind die einzelnen
Optionen aufgeführt und erläutert).
Der Navi-gations-Menübildschirm ermöglicht somit das Wählen von auf ihm aufgelisteten Kernnavigationsfunktionen entsprechend Merkmal 4. Dass die
[X.] 19
-
14
-
einen Bereich von zumindest 0,7 cm2
aufweisen
soll, wird
in dem H[X.]uch
[X.] nicht ausdrücklich angesprochen. [X.]us [X.] lässt sich aber die Möglichkeit entnehmen, anstelle eines Stifts den Finger zu benutzen ([X.] [X.] "Um eine einfache und sichere Verwendung im Fahrzeug sicherzustellen, benötigen Sie keinen Stift, sondern können mit dem Finger auf das [X.] tippen"). Das [X.]rgument der Beklagten, Pocket-PC-[X.]nwendungen seien für die Bedie-nung per Stift und nicht per Finger entwickelt, trifft somit nicht zu.

Wenn der Fachmann aber wusste, dass eine Bedienung des Bildschirms durch Fingerberührung in Frage kommt und dies aus Vereinfachungsgründen wünschenswert ist, hatte er [X.]nlass über die [X.]usgestaltung und Dimensionie-rung des Berührungsfeldes nachzudenken. In diese Überlegung hatte er die Größe des Bildschirms eines Pocket-PC, die ihm bekannt war, einzustellen, ebenso wie die Größe des Bereichs,
den der [X.]nwender regelmäßig mit der [X.] berühren kann
([X.]. [X.]bs. 24 a.E.). Hiervon ausgehend lag es na-he, ein Berührungsfeld von mindestens 0,7 cm2
zu wählen, das der Größe einer Fingerspitze in etwa entspricht.

Dem steht der Vortrag der Beklagten, für die Bedienung per Finger sei es technisch nicht erforderlich, eine entsprechend große [X.], da der Finger selbst in der Regel eine sehr große Fläche berühre, so dass er eine sehr kleine [X.] ohne weiteres treffen könne, nicht entgegen.
Durch der Größe des Fingers angenäherte Berührungsfelder verbes-sert sich, wie die Klägerin zutreffend ausführt, die ergonomische Bedienung der Navigationseinrichtung während der Fahrt;
die berührungsempfindliche Stelle des Bildschirms kann umso leichter getroffen werden, je größer sie ist. Für den Fachmann lag es deshalb
nahe, eine Mindestgröße vorzusehen, die auch mit der Fingerspitze
gut und sicher getroffen werden kann.

20
21
-
15
-
2. [X.]uch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus dem H[X.]uch [X.], so dass die Frage des verspäteten Vorbringens in 1. Instanz und die Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung dahinstehen können.

a) Die Navigationseinrichtung nach Patentanspruch 1 des [X.] ist mit einem integralen [X.] ausgestattet.
In der [X.] ist die Verwen-dung des T.

Navigators in Verbindung mit einem GPS-Gerät ([X.] S. 1)
beschrieben und unter Nummer
9 auf Seite 12
näher erläutert. Das [X.] hat daher zutreffend angenommen, dass dem Fachmann die Verbindung der beanspruchten Navigationseinrichtung mit einem [X.] bekannt war. Dabei kann offen bleiben, ob es zum Prioritätszeitpunkt bereits im Stand der Technik bekannt war, den [X.] in die Navigationseinrichtung zu integrieren. Jedenfalls ist aus der US-Patentschrift 5
859
628 ([X.]), die eine [X.] und ein Verfahren für ein persönliches Bordinformationssystem betrifft, bekannt, ein solches System beispielsweise mit einem Schlitz zur [X.]ufnahme einer PCMCI[X.](Personal Computer Memory Card International [X.]ssociation)-Karte zu versehen, die auch zur Bereitstellung von Kommunikationsschnittstel-len dient ("Other aspects of
the invention

for receiving a PCMI[X.] or PCMCI[X.], card", [X.] Sp. 4 Z. 56 bis 58). Daraus ergibt sich die [X.]nregung, einen [X.], dessen Verbindung mit dem [X.] bereits als sinnvoll erkannt war, in
die Schnittstelle einzuführen und damit in das Navigationsgerät zu integrieren.
b) [X.]ls
weitere Einschränkung des Patentanspruchs 1 soll der [X.] bei Berührung durch den Benutzer
durch den [X.] vollständig ersetzt werden
(Merkmal 3.2). Zur [X.]uslegung des Wortes "ersetzt"
wird auf die [X.]usführungen unter I
3
a Bezug genommen. [X.]uch für das vollständige Ersetzen des [X.]bildschirms erhält der Fachmann eine [X.]nregung aus der [X.]. Dort ist ausgeführt, dass die Karte (im [X.]) ausgeblendet werden kann, wodurch die grafischen/
22
23
24
-
16
-
numerischen [X.]nweisungen und die Textanweisungen zentriert und vergrößert werden. Danach ist dem Fachmann bekannt, einen Bildschirminhalt auszublen-den oder vollständig zu ersetzen, wenn er auf einen anderen Inhalt eine [X.] (vergrößerte) Sicht erhalten will. Er hatte damit [X.]nlass, den [X.]
vollständig auszublenden oder zu ersetzen, um,
insbesondere während der Fahrt,
eine bessere Sicht auf den Menübildschirm zu erreichen.
3. Der Verfahrensanspruch 5 enthält keine über den [X.] hinausgehenden Merkmale, die selbstständig schutzbegründend wir-ken. Hinsichtlich der Gegenstände der [X.] ist eine eigene erfinde-rische Leistung weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich ([X.], Urteil vom 29. September 2011 -
X [X.], [X.], 149

Sensoranordnung).
IV. Ob die
von der Beklagten im Schriftsatz vom 26. [X.]pril 2012 [X.] Verteidigung mit einer geänderten Fassung des Patents (Hilfsanträge 2 und 3) verspätet im Sinne von
§
116 [X.]bs. 2 Nr. 2, §
117 [X.] in Verbindung mit §§
529,
530
ZPO,
§
112 [X.], §
531 [X.]bs. 2 ZPO
ist, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Denn der Gegenstand der Patentansprüche in den geänder-ten Fassungen ergab
sich
ebenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
1. Patentanspruch
1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber Hilfsantrag 1 dadurch geändert, dass das Wort vollständig gestrichen ist und an das Ende des [X.]nspruchs folgender Halbsatz angefügt ist: "wobei die Einrichtung derart ausgeführt ist, dass alle auf dem Berührungsbildschirmdisplay zur Wahl ange-botene Optionen, die sich auf Kernfunktionen beziehen, durch Berühren von Bildsymbolen oder Tasten mit dem Finger zuverlässig auswählbar sind."
Dieses Merkmal beinhaltet gegenüber Merkmal 4 den zusätzlichen [X.]spekt, dass die Berührung des Bildschirms mit dem Finger erfolgen soll. Eine solche
[X.]usgestal-tung des Patentgegenstandes war dem Fachmann durch den Stand der [X.] nahegelegt. Dieser Beurteilung stehen die [X.]usführungen der Beklagten, wonach durch das weitere Merkmal die Funktionalität des Geräts verdeutlicht 25
26
27
-
17
-
und eine stärkere [X.]bgrenzung zum Gegenstand der [X.], der stärker auf die Verwendung eines Stifts abstelle, erreicht werden soll, nicht entgegen. Die Möglichkeit der Bedienung des Geräts mit dem Finger ist in der [X.] ([X.] un-ter Punkt 10. Fahrzeugnavigation)
ausdrücklich
erwähnt
("Um eine einfache und sichere Verwendung im Fahrzeug sicherzustellen, benötigen Sie keinen Stift, sondern können mit dem Finger auf das [X.] tippen").
Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die [X.] auch die Verwendung eines Stifts be-schreibt.

2. In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3
wird die Formulierung nach Hilfsantrag 2 dadurch ergänzt, dass weiter angefügt
werden soll: "wobei die Einrichtung derart ausgeführt ist, dass eine Zieladresse über eine virtuelle Tas-tatur eingebbar ist, deren Tasten eine Größe aufweisen, so dass jede Taste mit dem Finger zuverlässig wählbar ist, und wobei das Berührungsbildschirmdis-play eine Größe aufweist, die der eines Displays einer [X.] entspricht."
[X.]uch der Gegenstand dieses Patentanspruchs ist durch den Stand der Technik nahegelegt. In der [X.] ist in [X.]bbildung 25 ein Bildschirm mit virtueller Tastatur gezeigt und erläutert, dass "Orte von Interesse"
ausge-wählt werden
könnten.
Wenn man den Namen des Ortes teilweise oder ganz über die Tastatur eingebe, würden Informationen über diesen Ort angezeigt. Damit ist die Eingabemöglichkeit von Daten über eine
virtuelle Tastatur, die zur [X.]nzeige und Weiterverarbeitung von bestimmten Informationen -
auch der Zieladresse
-
führt, offenbart. Das [X.] der
Option "Wählbarkeit mit dem Finger"
ist bereits erörtert worden. Die [X.]usgestaltung der Größe des Berüh-rungsbildschirms richtet sich nach den [X.]nforderungen, die der Fachmann an die Bedienbarkeit stellt und beinhaltet keine erfinderische Leistung.

3. Für die [X.] und die [X.] der [X.] und 3 wird auf die [X.]usführungen unter
II
3 verwiesen.
28
29
-
18
-
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 [X.]bs.
2 [X.] und §
97 [X.]bs.
1 ZPO.

Keukenschrijver
[X.]
[X.]

Ri[X.] [X.] ist in Urlaub und

ortsabwesend und kann deshalb

nicht unterschreiben.

Keukenschrijver
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2011 -
4 [X.] ([X.]) -

30

Meta

X ZR 79/11

19.06.2012

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2012, Az. X ZR 79/11 (REWIS RS 2012, 5551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5551

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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