Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.10.2010, Az. 5 StR 299/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2371

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Gegenstand

Aussetzung der Hauptverhandlung wegen ungenügender Vorbereitung der Verteidigung: Übergang von unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Gesamtstrafaussprüchen und im Ausspruch  über den [X.] der Freiheitsstrafe vor der Maßregel aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat gegen den Angeklagten – unter rechtskräftiger Teilfreisprechung – wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zwei Gesamtfreiheitsstrafen (zwei Jahre – unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem Berufungsurteil des [X.]s Dresden vom 11. April 2006 – sowie fünf Jahre) verhängt. Das [X.] hat ferner zwei Monate der ersten Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, wobei insgesamt ein Jahr und sechs Monate aus den Gesamtfreiheitsstrafen vorab zu vollstrecken seien. Die Revision des Angeklagten hat lediglich zur (mehrfachen) Gesamtstrafbildung Erfolg. Im Übrigen ist das [X.] unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der [X.] ergänzend, insoweit abweichend von der Begründung im Verwerfungsantrag des [X.]:

3

Die auf Verletzung des § 265 Abs. 3 [X.] gestützte Verfahrensrüge scheitert an § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Der Beschwerdeführer hat eine vollständige Mitteilung der zwei Monate vor dem rechtlichen Hinweis erfolgten [X.] aus der Hauptverhandlung unterlassen ([X.] 89), aus denen die [X.] bei der Ablehnung des [X.] die genügende Vorbereitung der Verteidigung abgeleitet hat. In der Sache würde der [X.] aus § 265 Abs. 3 [X.] hier keinen unbedingten Anspruch auf Aussetzung der Hauptverhandlung herleiten, die im Übrigen nahe liegend mit Abtrennung des Verfahrens in dem allein betroffenen Einzelfall zu verbinden gewesen wäre. Anders als in dem weitaus gewichtigeren Fall des 2. Strafsenats in [X.]St 48, 183 dürfte bei dem hier in Frage stehenden  Übergang von § 29a BtMG auf die Qualifikation des § 30a BtMG in einem von mehr als zehn angeklagten Fällen eine angemessene Unterbrechung der Hauptverhandlung in sachgerechter erweiterter Auslegung der Verfahrensvorschrift als ausreichend anzusehen sein (vgl. [X.], [X.], 53. Aufl. § 265 Rdn. 37).

4

2. [X.] sind Schuldsprüche, [X.], [X.] und [X.] rechtsfehlerfrei. Indes hat die [X.] § 55 StGB rechtsfehlerhaft angewendet. Nicht das genannte Berufungsurteil bildete eine Zäsur, sondern das nach Begehung der darin abgeurteilten Taten ergangene Urteil des [X.] vom 25. Mai 2004, hinsichtlich dessen Geldstrafe die [X.] aber nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von einer Gesamtstrafbildung abgesehen hatte [X.], StGB, 57. Aufl. § 55 Rdn. 9a mit [X.].). An dieser Zäsurwirkung ändern zwischenzeitliche Geldstrafenvollstreckungen mangels Erledigung der Freiheitsstrafe nichts, weil die untereinander gesamtstraffähigen Sanktionen als Einheit zu betrachten sind ([X.], Beschluss vom 15. September 2010 – 5 [X.]). Da später vor Beendigung der gesamten [X.] gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafen nach den Feststellungen erledigt sind ([X.] f.), hätte aus allen Einzelstrafen eine einzige Gesamtfreiheitsstrafe gebildet werden müssen. Es liegt zwar eher fern, dass diese milder ausfallen könnte als die nach § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] nun maßgebliche Obergrenze von sechs Jahren und sieben Monaten (Summe der beiden bislang verhängten Gesamtfreiheitsstrafen abzüglich der Strafe aus dem Berufungsurteil, hinsichtlich dessen rechtsfehlerhaft eine Einbeziehung erfolgt ist und nunmehr ein Widerruf der Strafaussetzung droht, vgl. [X.]). Der [X.] kann dies indes, entgegen der Ansicht des [X.], nicht im Sinne fehlender Beschwer sicher ausschließen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem bloßen Subsumtionsfehler nicht.

5

Die Anrechnung von zwei Monaten wegen überlanger Verfahrensdauer bleibt aufrecht erhalten, nunmehr bezogen auf die neu zu bildende einheitliche Gesamtfreiheitsstrafe. Ein [X.] vor der Maßregel nach § 64 StGB, der hinsichtlich der bisherigen Gesamtstrafen zutreffend angeordnet war ([X.]5), wäre gemessen an der Höhe der neuen Gesamtfreiheitsstrafe neu zu bestimmen, wird sich indes aufgrund der zwischenzeitlich weiter vollzogenen Untersuchungshaft wohl erübrigen (vgl. Fischer aaO § 67 Rdn. 9a).

Basdorf                            Brause                                  [X.]

                       König                            [X.]

Meta

5 StR 299/10

14.10.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dresden, 11. Januar 2010, Az: 424 Js 64337/05 - 3 KLs, Urteil

§ 265 Abs 3 StPO, § 29a BtMG, § 30a BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.10.2010, Az. 5 StR 299/10 (REWIS RS 2010, 2371)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2371

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