Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. 3 StR 63/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 422

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:201216B3[X.]TR63.15.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF

BE[X.]CHLU[X.][X.]
3 [X.]/15
vom
20. Dezember 2016
in der [X.]trafsache
gegen

wegen Totschlags

-
2
-
Dem Großen [X.] für [X.]trafsachen wird gemäß §
132 Abs.
2 und 4 [X.] fol-gende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Kann der Tatrichter im Rahmen der nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB gebotenen Gesamtwürdigung aller
schuldrelevanten Umstände die Ermessensentscheidung, von einer [X.]trafrahmenverschiebung abzusehen, rechtsfehlerfrei allein darauf stützen, dass die erhebli-che Verminderung der [X.]chuldfähigkeit des Angeklagten auf
von diesem verschuldeter
Trunkenheit beruht, auch wenn eine durch die Trunkenheit bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von [X.]traftaten auf
Grund der persönli-chen oder der situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht [X.] ist?

Gründe:
I.
Das [X.] Osnabrück hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
hatte der Angeklag-te seinen Mitbewohner nach gemeinsamem
Alkoholkonsum durch massive Gewalteinwirkung auf den Brust-
und Bauchbereich sowie durch unter anderem mit einem stumpfen Gegenstand ausgeführte [X.]chläge
gegen den Kopf getötet. Den Anlass für die vom Angeklagten mit bedingtem Tötungsvorsatz vorgenom-menen Verletzungshandlungen hat das [X.]chwurgericht
ebenso wenig feststellen 1
2
-
3
-
können wie den genauen Grad seiner Alkoholisierung. Es ist sachverständig beraten ebenso rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar auf
Grund einer [X.] in seiner [X.]teuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
Das [X.] hat die [X.]trafe dem [X.]trafrahmen des §
212 Abs.
1 [X.]tGB entnommen. Für einen benannten minder schweren Fall des Totschlags (§
213 Alternative
1 [X.]tGB) hat es keinen Anhaltspunkt gefunden. Einen sonstigen min-der schweren Fall (§
213 Alternative
2 [X.]tGB) hat es sowohl unter Berücksichti-gung allein der allgemeinen [X.]trafzumessungsgesichtspunkte als auch unter Hinzuziehung des wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeit-punkt angenommenen vertypten [X.]es des §
21 [X.]tGB abgelehnt und auch von einer [X.]trafrahmenmilderung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB abge-sehen. Das [X.]chwurgericht ist davon ausgegangen, dass im Fall einer alkohol-bedingten erheblichen Verminderung der [X.]chuldfähigkeit von einer [X.]trafrah-menverschiebung nach §
213 Alternative
2 bzw. §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB abge-sehen werden könne, wenn sie auf verschuldeter
Trunkenheit beruht. Es hat eine Alkoholkrankheit oder
-überempfindlichkeit
des Angeklagten, die ein [X.] hinsichtlich der Trunkenheit ausgeschlossen hätte, rechtsfehlerfrei verneint und wegen vorwerfbaren übermäßigen Alkoholkonsums eine Milderung des [X.]trafrahmens abgelehnt
(UA [X.].
48
f.).
Im Rahmen der konkreten [X.]trafzumessung, die auf die Erwägungen zur Frage des Vorliegens eines unbenannten minder schweren
Falles gemäß §
213 Alternative
2 [X.]tGB Bezug nimmt, hat das [X.]chwurgericht sodann zugunsten des Angeklagten dessen durch die Alkoholisierung als konstellativem
Faktor be-3
4
-
4
-
einflusste affektive Aufladung in der [X.] mildernd berücksichtigt
(UA [X.].
49).
Der [X.] versteht die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil nicht dahin, das [X.] sei davon ausgegangen, das selbstverantwortliche [X.] des [X.] vor der Tat führe von Rechts wegen regelmäßig zur Versagung der [X.]trafrahmenmilderung. Vielmehr hat das [X.] die [X.]traf-rahmenverschiebung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens abgelehnt. Dafür spricht zum
einen der Umstand, dass die Ausführungen auf den Beschluss des [X.]s vom 2.
August 2012 (3
[X.]tR
216/12, [X.], 687, 688) verweisen, dem sich
erstgenannter
Rechtssatz nicht
entnehmen lässt. [X.]ie nehmen gerade nicht auf das [X.]surteil vom 27.
März 2003
(3
[X.]tR
435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschiebung
31) Bezug, in dem er die Ansicht vertreten hat, dass eine [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB in der Regel [X.], wenn die erhebliche Verminderung der [X.]chuldfähigkeit des [X.] auf
verschuldeter Trunkenheit beruhe. Zum anderen hat das [X.] ausdrück-lich seinen rechtlichen Ansatz dergestalt umschrieben, dass bei verschuldeter Trunkenheit die Versagung der [X.]trafrahmenverschiebung -
nur
-
"in Betracht kommt" (UA [X.].
48).
Vor diesem Hintergrund beabsichtigt
der [X.], die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten zu verwer-fen, sieht sich darin jedoch durch die Rechtsprechung des 1., 2. und 5.
[X.]traf-senats gehindert.
II.
1.
In Rechtsprechung und Literatur besteht für die
Fälle der auf verschul-deter Trunkenheit beruhenden
erheblich verminderten
[X.]chuldfähigkeit des Tä-5
6
7
-
5
-
ters bei Tatbegehung keine Einigkeit über die Voraussetzungen, unter denen der Tatrichter die fakultative
[X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB ablehnen darf oder gar muss.
a)
Die Rechtsprechung des [X.] entwickelte sich wie folgt:
[X.])
Unter Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs für die [X.] vom 10.
Januar 1950
([X.]t[X.]
427/49, OGH[X.]t
2, 324) befand der Bun-desgerichtshof -
noch zur Vorgängerregelung des §
51 Abs.
2 [X.]tGB aF
-
an-fänglich, dass in "der Regel die selbstverschuldete Trunkenheit Anlaß sein (wird), die [X.]trafe nicht zu mildern". Vor diesem Hintergrund billigte er, dass der Tatrichter eine alkoholbedingte Verminderung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten offen gelassen hatte, weil "der Alkoholrausch jedenfalls selbst ver-schuldet sei und deshalb dem Angeklagten nicht strafmildernd zugute gehalten werden könne" (Urteil vom 2.
August 1951 -
3
[X.]tR
395/51, bei [X.] 1951, 657). [X.]odann
beanstandete der [X.] indes eine die [X.]traf-milderung ablehnende tatrichterliche Entscheidung, die damit begründet worden war, dass, soweit die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des [X.] auf "Angetrunkenheit" beruhe, von der "Kann"-Vorschrift des §
51 Abs.
2 [X.]tGB aF
bei bestimmten Delikten grundsätzlich kein Gebrauch zu machen sei. Zwar verneinte er in derartigen Fällen weiterhin einen Zwang zur [X.]trafmilderung; doch monierte er, dass der Tatrichter diese
Möglichkeit hätte erwägen müssen (Urteil vom 10.
[X.]eptember 1953 -
2
[X.]tR
695/52, NJW 1953, 1760).
Auch nach-folgend äußerte sich der [X.] zunächst in der Tendenz ableh-nend gegenüber einer [X.]trafmilderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung. Umso mehr gelte das bei einem Täter, "der weiß, daß er Alkohol schlecht verträgt" (Urteil vom 16.
Januar 1962 -
5
[X.]tR
588/61, [X.].
[X.].
4 [unveröffentl.]; zu weite-8
9
-
6
-
ren ähnlichen Entscheidungen des [X.] aus den Jahren 1954 und 1960 vgl. [X.], [X.] 1990, 417, 418; [X.] in [X.] [Hrsg.], Reform des [X.]anktio-nenrechts, 2001, [X.].
1, 49
ff.).
bb)
Eine Zäsur in der Rechtsprechung des [X.] lässt sich in den 1970er Jahren erkennen. Mit Beschluss vom 24.
März 1972 (2
[X.]tR 413/71, bei [X.], [X.] 1972, 570)
äußerte er die Auffassung, dem im Zu-stand erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit handelnden Täter dürfe [X.] der hierfür ursächliche übermäßige Alkoholkonsum "nicht zum Nachteil ge-reichen";
vielmehr müssten weitere
auf die abzuurteilende Tat bezogene Um-stände hinzutreten. Als einen solchen Umstand
anerkannte der Bundesge-richtshof, dass der Täter
bereits früher unter Alkoholeinwirkung [X.]traftaten be-gangen hatte und ihm daher bewusst war oder zumindest hätte bewusst sein können, dass er nach dem Alkoholkonsum zu [X.]traftaten neigt (vgl. Beschlüsse
vom 24.
März 1972 -
2
[X.]tR
413/71, [X.]O; vom 1.
August 1975 -
3
[X.]tR
212/75, BeckR[X.] 1975, 00206; vom 26.
Juli 1977 -
1
[X.]tR
317/77, bei [X.], [X.] 1977, 982; ähnlich Urteil vom 21.
[X.]eptember 1971 -
5
[X.]tR
410/71, bei [X.], [X.] 1972, 16; Beschluss vom 14.
Oktober 1980 -
1
[X.]tR
498/80, BeckR[X.] 1980, 02962).
In den Folgejahren präzisierte
und verschärfte der [X.] die
Anforderungen an das vorhersehbar die Neigung zu [X.]traftaten begründende deliktische [X.]: Die früher unter Alkoholeinfluss begangene [X.]traftat müsse nach Ausmaß und Intensität mit der nunmehr begangenen Tat ver-gleichbar sein. Zwar müsse es sich bei der begangenen Tat nicht um eine gleichartige oder ähnliche Tat handeln; erforderlich sei aber, dass der Täter auf
Grund seines früheren Verhaltens damit rechnen könne, unter Alkoholeinfluss ein der nunmehrigen Tat vergleichbares Delikt zu begehen (vgl. -
mit Unter-10
11
-
7
-
schieden im Detail
-
Urteile vom 30.
Oktober 1986 -
4
[X.]tR
501/86, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschiebung
3;
vom 6.
Mai 1993 -
1
[X.]tR
136/93, NJW 1993, 2544, 2545; Beschlüsse vom 28.
Oktober 1985 -
3
[X.]tR
189/85, [X.], 114, 115; vom 13.
Juni 1986
-
2
[X.]tR
276/86, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenver-schiebung
14; vom 7.
[X.]eptember 1989 -
4
[X.]tR
433/89, [X.]R [X.]tGB §
21 Vor-verschulden
1; vom 7.
Januar 2003 -
4
[X.]tR
490/02, [X.], 136, 137;
ferner Urteile vom 6.
März 1986 -
4
[X.]tR
48/86, [X.][X.]t
34, 29, 33; vom 29.
April 1997 -
1
[X.]tR
511/95, [X.][X.]t
43, 66, 78;
Beschlüsse vom 25.
Januar 1991
-
5
[X.]tR
600/90, [X.]R [X.]tGB §
177 Abs.
2 [X.]trafrahmenwahl
7; vom 16.
Februar 1993 -
5
[X.]tR
675/92, [X.], 355
f.).
cc)
Mit Urteil vom 27.
März 2003 (3
[X.]tR
435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]traf-rahmenverschiebung
31) erklärte der [X.], er wolle an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten. In die Entscheidung nicht tragenden Erwägungen führte er aus, dass eine [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB in der Regel nicht in Betracht komme, wenn die erhebliche Verminderung der [X.]chuld-fähigkeit des [X.] auf verschuldeter Trunkenheit beruhe. Insbesondere sei eine vorangegangene [X.]traffälligkeit des [X.] unter Alkoholeinfluss in einem Ausmaß, dass dieser damit rechnen kann, unter Alkoholeinfluss ein der Anlass-tat vergleichbares Delikt zu begehen, nicht erforderlich.
Der [X.] hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Gegen die bis-herige Rechtsprechung des [X.] sprächen zum einen die Über-legungen des historischen Gesetzgebers, der ursprünglich die [X.]trafmilderung bei verschuldeter Trunkenheit ausdrücklich ausschließen und nach Aufgabe dieses Vorhabens die schuldhafte Herbeiführung der erheblichen
Verminderung der
[X.]chuldfähigkeit jedenfalls als schulderschwerenden Umstand berücksichtigt wissen wollte. Zum anderen bestehe ein Widerspruch zu der gesetzlichen Re-12
13
-
8
-
gelung des [X.] in §
323a [X.]tGB, die das schuldhafte [X.] zwar unter der Voraussetzung einer rechtswidrigen [X.]schtat,
aber unabhängig davon unter [X.]trafe stellt, ob sich der Täter aus früheren Ereignissen des Risikos der Begehung von [X.]traftaten unter Alkoholeinfluss hätte bewusst sein können. Zuletzt entspreche das regelmäßige Absehen von der [X.]; denn die Trunkenheit stelle
tatsächlich für die Allge-meinheit eine abstrakte Gefahr dar, was für den Täter regelmäßig erkennbar sei. [X.]eine [X.] werde durch das Umschlagen dieser Gefahr in die [X.] Rechtsgutsgefährdung oder -verletzung gekennzeichnet. Das stünde mit den §
323a [X.]tGB und §
7 [X.] zugrundeliegenden Wertungen des Gesetzgebers in Einklang (zu den Einzelheiten vgl. [X.] [X.]O).
dd)
Der 1.
und der 2.
[X.]trafsenat äußerten sich zunächst
-
verhalten
-
auf-geschlossen gegenüber einer Rechtsprechungsänderung (vgl. Urteile vom 9.
Juli 2003 -
2
[X.]tR
106/03, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschiebung
32; vom 16.
[X.]eptember 2004 -
1
[X.]tR
233/04, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenver-schiebung
36; vom 19.
Oktober 2004 -
1
[X.]tR
254/04, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]traf-rahmenverschiebung
37; offen gelassen in den Beschlüssen vom 5.
August 2003 -
1
[X.]tR
302/03, bei [X.], [X.] 2004, 425
f.; vom 10.
[X.]eptember 2003
-
2
[X.]tR
304/03, bei [X.]
[X.]O, [X.].
426).
[X.]oweit es in der Folgezeit entschei-dungserheblich darauf ankam,
haben
sie allerdings
wie der 4.
und der 5.
[X.]traf-senat die zuvor entwickelte Rechtsprechung -
mit leichten Modifikationen
-
wei-ter
praktiziert:
(1)
Der 1.
[X.]trafsenat hat in einer jüngeren Entscheidung die Nichterörte-rung einer aufgrund von angenommener alkoholbedingter verminderter [X.]chuld-fähigkeit in Betracht kommenden [X.]trafrahmenverschiebung beanstandet und dabei im [X.]inne der bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, die [X.]trafrahmenver-14
15
-
9
-
schiebung könne "nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] unter Umständen dann abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluss straffällig geworden ist und deshalb wusste, dass er in einem solchen Zustand zu [X.]traftaten neigt" (Beschluss vom 25.
März 2014 -
1
[X.]tR 65/14, [X.], 238, 239; vgl. ferner Beschlüsse
vom 23.
April 2013
-
1
[X.]tR 105/13, juris Rn.
9; vom 10.
November 2016 -
1
[X.]tR
501/16, juris Rn.
4).
In vorausgegangenen Entscheidungen hatte er zwischenzeitlich auf das
Erfor-dernis einschlägiger Vorverurteilungen verzichtet (vgl. Urteile vom 16.
[X.]eptem-ber 2004 -
1
[X.]tR
233/04, [X.]O; vom 19.
Oktober 2004 -
1
[X.]tR
254/04, [X.]O; vgl. nunmehr wieder Beschluss vom 10.
Mai 2016 -
1
ARs
21/15, juris
Rn.
6).
(2)
Der 2.
[X.]trafsenat
hat sich schon bald nach den ersten -
eine Recht-sprechungsänderung favorisierenden
-
Äußerungen eingehender mit der Frage der
"fakultativen [X.]trafrahmenmilderung allein wegen Vorliegens eines selbst zu verantwortenden Alkoholrausches"
befasst und sich dabei gegen "eine schema-tische Behandlung" gewandt. Vielmehr sei eine einzelfallbezogene tatrichterli-che Gesamtabwägung der schuldrelevanten Gesichtspunkte geboten. Dabei sei "zunächst von der Allgemeinkundigkeit des Umstands auszugehen, dass eine alkoholische [X.] generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffäl-ligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt. Deshalb ... (sei)
bei
selbst zu verantwortender Trunkenheit in der Regel eine [X.]trafrahmensenkung nicht geboten
...
Diese ... (komme) jedoch bei besonderen Umständen in der Person des [X.] oder in der Tat in Betracht. Wenn der Täter über keine Vorerfahrun-gen der Art verfügt, dass er persönlich unter Alkoholeinfluss zu rechtsgutsver-letzendem Verhalten neigt, oder wenn sich für ihn zum Zeitpunkt der [X.] auch aus sonstigen Umständen kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass es unter der Wirkung der konkreten Alkoholisierung zu
[X.]traftaten kommen könnte, so ... (stelle)
dies einen Umstand dar, der eine [X.]trafrahmenmilderung rechtferti-16
-
10
-
gen kann" (Urteil vom 15.
Februar 2006 -
2
[X.]tR
419/05, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]traf-rahmenverschiebung
40). Von einschlägigen Vorverurteilungen sei die Ableh-nung der [X.]trafrahmenverschiebung nicht abhängig (vgl. Urteil vom 24.
August 2016 -
2
[X.]tR
504/15, juris Rn.
24).
(3)
Der 5.
[X.]trafsenat hat in einer ausführlich begründeten Grundsatzent-scheidung (Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.][X.]t 49, 239) dem
An-liegen des [X.]s, zu einer Änderung der Rechtsprechung zu gelangen, prinzi-piell
beigepflichtet, indes mit leichten Modifikationen an der bisherigen
Recht-sprechung festgehalten. Zwar sei für die Ablehnung der [X.]trafrahmenmilderung nicht erforderlich, dass der Täter schon einmal unter Alkoholeinfluss [X.] begangen hat. Auch müsse das [X.] nicht zu Vorstra-fen oder einem [X.]trafverfahren geführt haben. Die generelle [X.]teigerung
des [X.] der Begehung strafbarer Handlungen nach Alkoholgenuss sei aber für sich allein nicht ausreichend, um den [X.]chuldgehalt der
Tat
zu erhöhen und schon deshalb die regelmäßige Ablehnung einer [X.]trafrahmenverschiebung bei selbstverschuldeter Trunkenheit zu rechtfertigen. Diese komme vielmehr nur in Betracht, "wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von [X.]traftaten vorhersehbar signifikant in-folge der Alkoholisierung erhöht" habe. Die risikoerhöhenden persönlichen [X.] könnten beispielsweise in der Neigung zu Aggressionen oder Gewalt-tätigkeiten unter Alkoholeinfluss bestehen, die der [X.] etwa in der [X.] in gewaltbereiten Gruppen oder gewaltgeneigten [X.]ituationen (vgl.
Urteil vom 11.
Juni 2008 -
5
[X.]tR
612/07, N[X.]tZ 2008,
619, 620).
Praktisch bedeutsam war in der Rechtsprechung des 5.
[X.]trafsenats nachfolgend in erster Linie das Kriterium der
in den persönlichen
Verhältnissen des [X.] begründeten
gesteigerten Gefahr. Bei bislang unbestraften und auch 17
18
-
11
-
sonst unauffälligen Tätern sei das [X.]traftatenrisiko
nicht signifikant erhöht (vgl.
Urteile
vom 29.
Oktober 2008 -
5
[X.]tR
456/08, [X.], 202, 203; vom 7.
Mai 2009 -
5
[X.]tR
64/09, [X.], 496, 497). Gleiches gelte, wenn die neue Tat in eine gänzlich andere Richtung weise
als die früheren unter Alkoholeinfluss [X.] Taten (vgl.
Beschluss vom 13.
Januar 2010 -
5
[X.]tR
510/09, [X.], 234, 235
[Vergewaltigung und Körperverletzung mit [X.]chlägen und [X.] einer Mitbewohnerin anstatt Körperverletzung mit [X.]chlägen und Würgen der Lebensgefährtin]) oder wenn gleichartige Kriminalität schon mehr als zehn Jahre zurückliege (vgl.
Beschluss vom 10.
März 2010 -
5
[X.]tR
62/10, juris Rn.
10).
Im Fall
zahlreicher, einschlägiger, erheblicher Vorstrafen sei hingegen für den Täter das mit einer Alkoholisierung verbundene Deliktsrisiko "auch er-sichtlich" (Urteil vom 1.
Dezember 2011 -
5
[X.]tR
360/11, juris Rn.
26).
(4)
Der 4.
[X.]trafsenat hat sich der Rechtsprechung des 5.
[X.]trafsenats [X.] und in Fällen, in denen der Angeklagte bislang niemals unter Al-koholeinfluss aggressiv (Urteil vom 15.
Dezember 2005 -
4
[X.]tR
314/05, [X.], 274, 275) bzw. nicht wegen eines Gewaltdelikts verurteilt war (Urteil vom 23.
Februar 2006 -
4
[X.]tR
444/05, [X.], 185, 186),
eine signifikante Risikoerhöhung verneint.
b)
Im [X.]chrifttum ist
die bisherige Rechtsprechung des [X.], insbesondere die Entscheidung des 5.
[X.]trafsenats vom 17.
August 2004,
überwiegend
auf positive Resonanz gestoßen
[X.], [X.]tGB, 64.
Aufl., §
21 Rn.
25, 25b; [X.]/[X.], 3.
Aufl., §
21 Rn.
28;
Matt/Renzikowski/
[X.]afferling, [X.]tGB, §
21 Rn.
22; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der [X.]traf-zumessung, 5.
Aufl., Rn.
1016
ff.; LK/[X.]chöch, [X.]tGB, 12.
Aufl.,
§
21 Rn.
52, 54
f.
mwN; noch weitergehend -
Anwendung der Grundsätze der actio libera in causa
-
[X.]K-[X.]tGB/[X.], 38.
Lfg., §
21 Rn.
4b; [X.]/[X.]-Perron/Weißer, [X.]tGB, 19
20
-
12
-
29.
Aufl., §
21 Rn.
21; NK-[X.]tGB-[X.]child, 4.
Aufl., §
21 Rn.
18; MüKo[X.]tGB/
[X.]treng, 3.
Aufl., §
21 Rn.
26; ablehnend auch AnwK-[X.]tGB/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
41, 43). Die
Entscheidung des [X.]s vom 27.
März 2003 hat dagegen nur vereinzelt Zustimmung (vgl. [X.], N[X.]tZ 2003, 597 sowie -
tendenziell
-
Detter, N[X.]tZ 2003, 471, 472), ganz überwiegend aber Widerspruch erfahren:
Die Berufung auf die Intentionen des historischen Gesetzgebers sei nicht zulässig, da diese gerade nicht zum Inhalt der Norm geworden seien (vgl.
[X.], JA 2004, 104, 106; [X.], [X.]tV 2003, 527, 528; [X.], [X.] 2004, 401, 405; [X.]cheffler, Blutalkohol 2003, 449). Dem Willen des historischen [X.] könne heute ohnedies keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil er die Versagung der [X.]trafrahmenmilderung als kriminalpoli-tisch motivierte Ausnahme von dem Grundsatz einer schuldangemessenen Be-strafung verstanden habe, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mehr in Betracht komme (vgl. [X.], [X.], 1019; [X.]/[X.], [X.], 308, 310).
Das [X.]pannungsverhältnis zu §
323a [X.]tGB sei gesetzlich angelegt in den streng voneinander zu unterscheidenden Bezugspunkten des strafrechtlichen Vorwurfs, dem [X.] einerseits und der [X.]traftat andererseits (vgl. [X.], [X.]traFo 2005, 15, 22; [X.] [X.]O, [X.].
404). Es könne im Bereich der mittleren Kriminalität dadurch aufgelöst werden, dass die [X.]trafe wegen Vollrau-sches durch den nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB gemilderten [X.]trafrahmen der [X.]schtat nach oben begrenzt werde (vgl. [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, [X.].
529). Des Weiteren wird es für notwendig erachtet, zur Angleichung auch bei §
323a [X.]tGB vorauszusetzen, dass der Täter seine [X.]schtat vorhersehen können müsse; die Deutung des Vollrauschtatbestandes als abstraktes [X.] und damit der [X.]schtat als objektive Bedingung der [X.]trafbarkeit verstoße 21
22
-
13
-
gegen das [X.]chuldprinzip und sei
mithin unhaltbar (vgl. [X.] [X.]O, [X.].
530; [X.]cheffler [X.]O, [X.].
450; [X.]treng, NJW 2003, 2963, 2965).
Außerdem könne die durch die Trunkenheit bewirkte Reduzierung der [X.]chuld, die in der [X.]trafrahmenverschiebung zum Ausdruck komme, im Bereich der schweren Kriminalität allein durch das selbstverantwortliche [X.]ich-Berau-schen nicht ausgeglichen werden. Da nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB der [X.]traf-rahmen proportional zur Höchst-
und Mindeststrafe herabgesetzt werde, gehe das Gesetz nämlich davon aus, dass sich das wegen der erheblich verminder-ten [X.]chuldfähigkeit abzuziehende "[X.]chuldquantum" entsprechend der
[X.]chwere des Delikts vergrößere
(vgl. [X.] [X.]O, [X.].
1019
f.; [X.] [X.]O, [X.].
530
f.).
[X.]chließlich
könne die [X.]ondervorschrift des §
7 [X.] als Argument für die Versagung einer [X.]trafrahmenmilderung nicht dienen; denn sie sei allein den Besonderheiten des Wehrstrafrechts geschuldet und daher nicht verallgemeine-rungsfähig (vgl. [X.] [X.]O, [X.].
107; [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, [X.].
404; [X.]treng [X.]O, [X.].
2964; [X.]/[X.] [X.]O, [X.].
310
f.).
Die Vorschrift sei ihrerseits -
bei wortlautgetreuer Anwendung
-
nicht mit dem Grundsatz schuldangemessenen [X.]trafens zu vereinbaren (vgl. [X.] [X.]O, [X.].
1020; [X.] [X.]O, [X.].
530).
2.
Der [X.], der nach seiner Entscheidung vom 27.
März 2003 nur mit Fallgestaltungen befasst war, in denen die zur erheblich verminderten [X.]chuld-fähigkeit führende Trunkenheit vom Angeklagten jeweils nicht oder nur einge-schränkt verschuldet war (vgl. Urteil vom 12.
Juni 2008 -
3
[X.]tR
84/08, [X.], 258
f.; Beschlüsse vom 16.
Januar 2008 -
3
[X.]tR
479/07, N[X.]tZ 2008, 330; vom 2.
August 2012 -
3
[X.]tR
216/12, [X.], 687, 688),
vertritt unter [X.] seiner früheren Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 1.
August 1975
-
3
[X.]tR
212/75, BeckR[X.] 1975, 00206;
vom 28.
Oktober 1985 -
3
[X.]tR
189/85, [X.], 114, 115) die Auffassung, dass der Tatrichter sein Ermessen bei 23
24
25
-
14
-
der Entscheidung über die [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft ausübt, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldrelevanten Umstände die Versagung der [X.]trafmil-derung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der [X.]chuldfähigkeit des [X.] auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht, auch wenn eine hierdurch bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von [X.]traftaten auf Grund der persönlichen oder der situa-tiven Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist.
a)
Da dem die oben zitierte Rechtsprechung der anderen [X.]trafsenate entgegenstand, hat der [X.] mit Beschluss vom 15.
Oktober 2015 (N[X.]tZ 2016, 203) bei diesen gemäß §
132 Abs.
3 [X.]atz
1 [X.] angefragt, ob an entge-genstehender Rechtsprechung festgehalten wird.
Der 4.
[X.]trafsenat (Beschluss vom 28.
April 2016 -
4
ARs
16/15, N[X.]tZ-RR 2016, 305) hat der hier vertretenen Rechtsauffassung unter Aufgabe entgegen-stehender Rechtsprechung zugestimmt. Er hat dabei die Anfrage des [X.]s anders
gefasst, ohne dass erkennbar wäre, dass sie dadurch eine abweichende Bedeutung erhalten hätte. Der 5.
[X.]trafsenat (Beschluss vom 1.
März 2016
-
5
ARs
50/15, juris) hat an seiner
bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach im Fall selbst zu verantwortender Trunkenheit die Versagung der [X.]traf-rahmenmilderung in der Regel voraussetzt, dass sich auf Grund der persönli-chen und situativen Verhältnisse
des Einzelfalls infolge der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von [X.]traftaten vorhersehbar signifikant erhöht hat. Zur Begründung hat er sich auf seine Ausführungen im Urteil vom 17.
August 2004 (5
[X.]tR
93/04, [X.][X.]t
49, 239) bezogen. Der 1.
[X.]trafsenat
(Beschluss vom 10.
Mai 2016 -
1
ARs
21/15, juris) ist der Anfrage ebenfalls entgegengetreten und hat sich dabei
-
soweit ersichtlich
-
erstmals die vom 5.
[X.]trafsenat aufge-26
27
-
15
-
stellten Kriterien zur vorhersehbar signifikanten Risikoerhöhung zu eigen ge-macht. Eine Antwort des 2.
[X.]trafsenats
auf die Anfrage ist beim [X.] bislang
nicht eingegangen.
b)
Darüber, ob
dem Gesetz ein Bewertungsmaßstab dergestalt entnom-men werden kann, dass eine [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB in der Regel nicht in
Betracht kommt, wenn die erhebliche Verminderung der [X.]chuldfähigkeit auf verschuldeter Trunkenheit beruht, ist hier dagegen nicht zu entscheiden.
III.
1.
Über die fakultative [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB entscheidet der Tatrichter
nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auf Grund einer Gesamtwürdigung der schuldrelevanten Umstände (vgl. [X.],
Urteil vom 15.
Februar 2006 -
2
[X.]tR
419/05, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmen-verschiebung
40 mwN). Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfas-senden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persön-lichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belasten-den Umstände festzustellen, einer wertenden Betrachtung zu unterziehen und gegeneinander abzuwägen (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
April 2016 -
4
ARs
16/15, N[X.]tZ-RR 2016, 305 mwN). Welchen Umständen der Tatrichter [X.] Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (vgl. [X.], Urteile vom 2.
August 2012 -
3
[X.]tR
132/12, N[X.]tZ-RR 2012, 336
f.; vom 24.
August 2016 -
2
[X.]tR
504/15, juris
Rn.
23).
Dem Tatrichter steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. [X.],
Urteile vom 19.
Oktober 2004 -
1
[X.]tR
254/04, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmen-verschiebung
37; vom 15.
Februar 2006 -
2
[X.]tR
419/05, [X.]O; vom 24.
August 28
29
30
-
16
-
2016 -
2
[X.]tR
504/15, [X.]O). Im Rahmen der Ermessensausübung ist indes [X.] darauf zu nehmen, dass auf Grund der erheblichen Verminderung der [X.]chuldfähigkeit der [X.]chuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist ([X.], Ur-teile vom 10.
November 1954 -
5
[X.]tR
476/54, [X.][X.]t
7, 28, 30; vom 24.
August 2016 -
2
[X.]tR
504/15, [X.]O
Rn. 24; Beschluss vom 7.
[X.]eptember 2015 -
2
[X.]tR 350/15, juris Rn.
4). Nach Ansicht des [X.]s stellt demgegenüber das selbst-verantwortliche [X.]ich-Betrinken des [X.] vor der Tat für sich allein einen schulderhöhenden Umstand dar, der im Rahmen der Ermessensausübung nach §
21 [X.]tGB regelmäßig Berücksichtigung zu finden hat, ohne dass dies von einzelfallbezogenen Feststellungen dazu abhängig ist,
ob
sich auf Grund der jeweiligen persönlichen oder situativen Verhältnisse das Risiko der Begehung von [X.]traftaten infolge der Alkoholisierung (für den Täter) vorhersehbar signifi-kant erhöht hatte (so aber [X.],
Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.][X.]t 49, 239; Beschlüsse vom 1.
März 2016 -
5
ARs
50/15, juris; vom 10.
Mai 2016 -
1
ARs
21/15, juris).
Die sich daran anschließende Frage, ob der Umstand der verschuldeten Trunkenheit geeignet ist, im konkreten Fall die hierdurch verringerte [X.] so weit aufzuwiegen, dass das Absehen von der [X.]trafrahmenverschiebung nach §
49 Abs.
1 [X.]tGB gerechtfertigt ist, betrifft indes Wertungen, die vom [X.] allein auf Rechtsfehler überprüft werden können. Hat der Tatrich-ter die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und berücksichtigt (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.]O, [X.].
241), so kann das Revisionsgericht nur beanstanden, dass er gesetzlich vor-gegebene Wertungsmaßstäbe missachtet oder eine gerechtem [X.]chuldaus-gleich nicht mehr entsprechende [X.]trafe verhängt hat.

31
-
17
-
a)
Dass bereits allein das selbstverantwortliche [X.]ich-Betrinken des [X.] vor der Tat einen schulderhöhenden Umstand darstellt, schließt der [X.] aus Folgendem:
Eine alkoholische [X.] erhöht generell das Risiko
strafbaren
Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt-
und [X.]exualdelikte. Dieser Erfahrungssatz ist allgemeinkundig (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2004
-
5
[X.]tR
93/04, [X.]O,
[X.].
242; Beschluss vom 6.
November 1996
-
5
ARs
59/96, N[X.]tZ-RR 1997, 163, 165). Durch den Alkoholmissbrauch versetzt sich der [X.]ich-Betrinkende in einen Zustand, der
durch Enthemmung (vgl. [X.], Urteile vom 15.
Februar 2006 -
2
[X.]tR
419/05, [X.]O; vom 24.
August 2016 -
2
[X.]tR 504/15, [X.]O,
Rn.
24 [[X.]enkung der Hemmschwelle gegenüber sozial
auffälligem und aggressivem Verhalten]), Verminderung von Einsichts-
und Urteilsvermögen sowie Verschlechterung von Körperbeherrschung und Reaktionsfähigkeit ge-kennzeichnet ist. Mit der Herabsetzung der geistigen und körperlichen Kräfte geht ein trügerisches Gefühl erhaltener oder gar gesteigerter Leistungsfähigkeit einher. Dieser Zustand bedingt eine erhöhte Gefährlichkeit des Berauschten, der sich gegenüber seiner Umwelt häufig in unerwarteter, ihm sonst wesens-fremder sozialschädlicher -
auch strafbarer
-
Weise verhält (vgl.
[X.], Urteile vom 2.
Mai 1961 -
1
[X.]tR
139/61, [X.][X.]t
16, 124, 125; vom 22.
August 1996
-
4
[X.]tR
217/96, [X.][X.]t
42, 235, 242; vom 27.
März 2003 -
3
[X.]tR
435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschiebung
31).
Zwar trifft es zu, dass es trotz verbreiteten hohen Alkoholkonsums "nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat" kommt ([X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.]O,
[X.].
242). Eine zuverlässige Prognose darüber, wie sich ein Mensch im Alkoholrausch verhal-ten wird, lässt sich jedoch nicht stellen; die Wirkungen starken Alkoholgenusses 32
33
34
-
18
-
lassen sich niemals sicher vorausberechnen (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
[X.]tR
78/50, [X.][X.]t
1, 124, 126; vom 27.
März 2003 -
3
[X.]tR
435/02, [X.]O). Ob
der [X.]sch zu deliktischem Verhalten führt, hängt nicht allein von der Person des [X.], namentlich dessen Neigungen, sondern weit überwiegend von gleichsam zufälligen äußeren Bedingungen ab (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Oktober 1957 -
5
[X.]tR
483/57, [X.] 1958,
28; [X.],
[X.], 215, 218
f.). Etwaige vom Täter getroffene Vorkehrungen erweisen sich dabei häufig als un-genügend; so kann sich auch derjenige, der sich in Nachtkleidung allein vor seinem Fernsehgerät "volllaufen" lässt, um anschließend seinen [X.]sch aus-zuschlafen, mit für ihn überraschenden Ereignissen (etwa dem Erscheinen des getrennt lebenden Ehegatten oder der Beschädigung seines vor dem [X.]) konfrontiert sehen, die ihm -
in diesem Zustand
-
Anlass zu straf-baren Handlungen geben (vgl. [X.] in [X.] [Hrsg.], Reform des [X.]ankti-onenrechts, 2001,
[X.].
1, 84
f.).
Das so beschriebene,
dem Alkoholrausch selbst innewohnende Risiko zählt zum Allgemeinwissen. Es ist selbst Menschen von geringer [X.] in aller Regel bekannt (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Mai 1957 -
5
[X.]tR
127/57, [X.][X.]t
10, 247, 251). [X.] weiß oder kann zumindest wissen, dass er mit seiner Trunkenheit [X.] für unbestimmtes rechtliches Versagen (vor allem) gegenüber unerwartet auftretenden Anforderungen öffnet" ([X.] [X.]O, [X.].
220; ebenso [X.] [X.]O, [X.].
83).
Der Alkoholrausch stellt somit erkennbar eine abstrakte Gefahr für straf-rechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Berauschte eine rechts-widrige Tat begeht, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder Rechtsguts-verletzung realisiert (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2003 -
3
[X.]tR
435/02, [X.]O). Insoweit hat das selbstverantwortliche [X.]ich-Betrinken Einfluss auf die Tat-35
36
-
19
-
schuld. Die Ansicht, dass die [X.]chuldrelevanz davon abhängig sei, inwieweit der Täter infolge persönlicher Vorerfahrungen oder situativer Umstände einen -
zu-sätzlichen
-
Anhalt für die Gefahr eigenen deliktischen Verhaltens hat, vermag der [X.]
infolgedessen nicht zu teilen.
b)
Dass es sich bei dem selbstverantwortlichen [X.]ich-Betrinken um ein tatschuldrelevantes Merkmal handelt, entspricht
den den Regelungen der
§§
323a [X.]tGB,
122 OWiG und des §
7 [X.] zugrundeliegenden Wertungen. Die Vorschriften lassen Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Beurteilung zu, dass es sich bei dem schuldhaft herbeigeführten [X.]sch nicht um eine sozialadäquate, wertneutrale Erscheinung handelt, sondern dass ihm als offenkundigem [X.] ein Unwert anhaftet, der geeignet ist, das Ob und das Wie strafrechtlicher [X.]anktionen zu bestimmen:
[X.])
Im Hinblick auf die allgemeine Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des Berauschten hat der Gesetzgeber das [X.]ich-in-einen-[X.]sch-Versetzen in §
323a [X.]tGB und §
122 OWiG als ein selbständiges, rechtlich [X.] Unrecht tatbestandlich normiert. Er hat lediglich die Ahndung des schuldhaften [X.]s durch die Einfügung einer objektiven Bedin-gung der [X.]trafbarkeit bzw. der Bußgeldbewehrung dahin eingeschränkt, dass ein "folgenloser" [X.]sch keine [X.]anktion nach sich ziehen soll, während [X.], der in diesem Zustand eine rechtswidrige [X.]traftat oder Ordnungswidrigkeit begeht, für die er nicht bestraft oder mit Geldbuße belegt werden kann, weil er infolge des [X.]sches schuldunfähig war bzw. nicht vorwerfbar gehandelt hat oder dies zumindest nicht auszuschließen ist, wegen der [X.] mit [X.]tra-fe oder Geldbuße sanktioniert wird (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
[X.]tR 78/50, [X.][X.]t
1, 124, 125; vom 2.
Mai 1961 -
1
[X.]tR
139/61, [X.][X.]t
16, 124, 125
f.; vom 1.
Juni 1962 -
4
[X.]tR
88/62, [X.][X.]t
17, 333, 334; vom 26.
Oktober 37
38
-
20
-
1965 -
1
[X.]tR
394/65, [X.][X.]t
20, 284, 285; vom 22.
August 1996 -
4
[X.]tR 217/96, [X.][X.]t
42, 235, 242
f.; Beschlüsse vom 18.
August 1983 -
4
[X.]tR
142/83, [X.][X.]t
32, 48, 55
f.; vom 17.
Oktober 1991 -
4
[X.]tR
465/91, [X.]R [X.]tGB §
323a Abs.
2 [X.]trafzumessung
5; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
122 Rn.
8 mwN).
Vor diesem Hintergrund erklärt sich zwanglos, warum das [X.]ich-Be-rauschen in dem einen Fall als [X.]traftat, in dem anderen lediglich als Ordnungs-widrigkeit eingestuft wird ([X.], [X.]tGB, 64.
Aufl., §
323a Rn.
17; MüKo[X.]tGB/[X.], 2.
Aufl., §
323a
Rn.
4
mwN). Dies beruht darauf, dass der Gesetzgeber es im Grundsatz als strafwürdiges Unrecht bewertet, die [X.]trafbar-keit indes je danach ausgeschlossen oder zur Ordnungswidrigkeit
herabgestuft hat, ob bzw. in welchem Umfang sich die für die Rechtsgüter Dritter oder die Allgemeinheit
gesteigerte Gefahr, die von einem Berauschten ausgeht, tatsäch-lich in einer konkreten rechtswidrigen [X.]traftat oder Ordnungswidrigkeit nieder-geschlagen hat.
Ebenso wenig lässt sich der Annahme, schon allein der schuldhafte Voll-rausch begründe das Tatunrecht, entgegenhalten, damit wäre ein Umstand un-rechtsbegründend, der nach dem Gesetzeswortlaut nur nicht ausschließbar sein müsse (so ebenfalls Fischer [X.]O). Dies verkennt, dass der [X.]sch fest-stehen muss (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18.
August 1983 -
4
[X.]tR
142/82, [X.]O, [X.].
53; vom 9.
Juli 2002 -
3
[X.]tR
207/02, [X.]R [X.]tGB §
323a Abs.
1 [X.]sch
4; vom 10.
November 2010 -
4
[X.]tR
386/10, N[X.]tZ-RR 2011, 80 mwN); als objektive Bedingung der [X.]trafbarkeit nicht ausschließbar darf lediglich sein, dass der [X.] infolge des [X.]sches bei Begehung der [X.]schtat schuldunfähig war bzw. nicht vorwerfbar gehandelt hat. Demgemäß teilt der [X.] ebenso wenig die Ansicht, dass ein
[X.]sch nur dann als rechtswidrig angesehen werden könne, 39
40
-
21
-
wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur Aufhebung der [X.]teuerungsfähig-keit führt (so aber [X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.][X.]t
49, 239, 252).
Weder für die [X.]traftat nach §
323a [X.]tGB noch für die Ordnungswidrigkeit nach §
122 OWiG ist folglich vorausgesetzt, dass sich der Täter im Zeitpunkt des [X.]s bewusst war oder hätte bewusst sein können, dass er im [X.]sch zur Begehung von [X.]traftaten oder ordnungswidrigem Verhalten neige (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
[X.]tR
78/50, [X.][X.]t
1, 124, 125; vom 23.
November 1951 -
2
[X.]tR
491/51, [X.][X.]t
2, 14, 18; vom 2.
Mai 1961 -
1
[X.]tR 139/61, [X.][X.]t
16, 124, 127; Beschlüsse vom 15.
Oktober 1956 -
G[X.][X.]t
2/56, [X.][X.]t
9, 390, 394; vom 17.
Oktober 1991 -
4
[X.]tR
465/91, [X.]R [X.]tGB §
323a Abs.
2 [X.]trafzumessung
5; [X.]/[X.]/[X.], OWiG, 4.
Aufl., §
122 Rn.
2, 14; [X.]/[X.], OWiG, 16.
Aufl., §
122 Rn.
7a; [X.]/[X.] [X.]O, Rn.
25; [X.]/Kühl, [X.]tGB, 28.
Aufl., §
323a Rn.
14 mwN;
s. aber auch zu vielen abweichenden [X.]timmen in der Literatur MüKo[X.]tGB/[X.], 2.
Aufl., §
323a Rn.
57
ff. mwN).
[X.]oweit der 5.
[X.]trafsenat in seiner Entscheidung vom 17.
August 2004 (5
[X.]tR
93/04) ein Urteil des [X.] vom 7.
Mai 1957 (5
[X.]tR 127/57, [X.][X.]t
10, 247) angeführt hat, um darzulegen, dass das Verständnis des §
323a [X.]tGB in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht immer ein-heitlich gewesen ist ([X.][X.]t
49, 239, 251), weist er zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass dort unter Berufung auf das [X.]chuldprinzip gefordert wurde, dass für den Täter eines Vollrauschs zum Zeitpunkt des [X.]ich-Be-rauschens mindestens vorhersehbar sein müsse, dass er im [X.]sch "[X.] Ausschreitungen strafbarer Art begehen" könne ([X.]O, [X.].
249
f.).
Doch wurde ein dieserart abweichendes Verständnis nur in vereinzelten Entschei-41
42
-
22
-
dungen des 5.
[X.]trafsenats aus den 1950er Jahren geäußert (ebenso Urteile
vom 22.
Juni 1954, VR[X.]
7 [1954],
309, 310
f.; vom 29.
Oktober 1957 -
5
[X.]tR 483/57, [X.] 1958, 28). Darüber
hinaus stellte er dabei klar, in Anbetracht des Allgemeinwissens um die Wirkungen von Alkohol verstehe sich "eine solche Voraussicht oder Voraussehbarkeit in aller Regel derart von selbst, daß im [X.] davon abgesehen werden kann, vom Tatrichter besondere [X.] hierüber zu verlangen". Nur in Ausnahmefällen, wenn die strafba-ren Handlungen von einem Täter ohne Lebenserfahrung gleich in seinem [X.] [X.]sch oder von einem "Trinker" trotz "nach menschlicher Voraussicht" ausreichender besonderer Vorkehrungen ("Zurüstungen") begangen worden sind, seien derartige Feststellungen erforderlich (Urteil vom 7.
Mai 1957 -
5
[X.]tR 127/57, [X.]O, [X.].
251; ähnlich Urteil vom 22.
Juni 1954, [X.]O, [X.].
311 [in der [X.] jedenfalls fahrlässig]). Der bloße Umstand, dass die [X.]schtat dem Täter persönlichkeitsfremd war, begründe demgegenüber keinen solchen Ausnahme-fall (vgl. Urteil vom 29.
Oktober 1957 -
5
[X.]tR
483/57, [X.]O). Festzuhalten bleibt daher, dass ein solches abweichendes Verständnis in aller Regel gerade nicht zu anderen Ergebnissen führt.
bb)
Mit §
7 [X.] hat der Gesetzgeber, ebenfalls im Hinblick auf die ab-strakte Gefährlichkeit des [X.]sches, eine wehrrechtsspezifische Regelung ge-schaffen, die eine [X.]trafrahmenmilderung für den Fall dessen schuldhafter
Her-beiführung untersagt, wenn die Tat eine militärische [X.]traftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wird. Die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des [X.] davon, dass er im [X.]sch zu [X.]traftaten neigt, setzt
die Vorschrift dabei nicht voraus
(vgl. [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
7 Rn.
5; MüKo[X.]tGB/[X.], 2.
Aufl., §
7 [X.] Rn.
5). Nach den Gesetzesmaterialien wollte der Gesetzgeber mit dieser obligatorischen [X.]traf-zumessungsregel den
besonders schweren Gefahren
für die militärische [X.]
-
23
-
plin begegnen, die ihr "erfahrungsgemäß" durch den Alkoholmissbrauch drohen
(BT-Drucks.
2/3040, [X.].
18; hierzu auch [X.]/[X.] [X.]O, Rn.
1a).
Gleichwohl kann der Vorschrift des §
7 [X.] die gesetzliche Wertung entnommen werden, dass allein das selbstverantwortliche [X.] schulderhöhend wirkt, anderenfalls es keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für den Ausschluss der [X.]trafrahmenmilderung böte. Auch das Wehrstrafrecht ist [X.]chuldstrafrecht. Wenn für die Fälle alkoholbedingter erheblich verminderter [X.]chuldfähigkeit dort das vorwerfbare
[X.]ich-Betrinken den zwingenden Aus-schluss der [X.]trafrahmenverschiebung zu legitimieren imstande ist, so muss es im allgemeinen [X.]trafrecht bei der gebotenen tatrichterlichen Ermessensaus-übung zumindest Berücksichtigung finden können (zum Verhältnis von §
7 [X.] und §
21 [X.]tGB s. auch [X.], [X.] 1990, 417, 419; ferner MüKo[X.]tGB/
[X.]treng, 3.
Aufl., §
21 Rn.
48 [§
7 [X.] als ausfüllende Regelung ohne weiteres in den Rahmen der [X.] des §
21 [X.]tGB zu integrieren]); denn die das obligatorische [X.]trafmilderungsverbot rechtfertigenden Eigenheiten des Wehrstrafrechts betreffen nicht die innere Beziehung des [X.]ich-Betrinkenden zur später im trunkenen Zustand begangenen Tat (eine [partielle] Unvereinbarkeit des §
7 [X.] mit dem [X.]chuldprinzip bejahen deshalb -
aus ihrer [X.]icht konse-quent
-
[X.], [X.], 1019, 1020; [X.], [X.]tV 2003, 527, 530).
c)
Dafür, dass der Tatrichter die Ermessenentscheidung, die [X.]trafrah-menverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB abzulehnen, allein auf die ver-schuldete
Trunkenheit stützen kann, ohne dass es auf Feststellungen zu den persönlichen und situativen Verhältnissen des Einzelfalls ankommt, sprechen weitere Gründe:
[X.])
Für den Fall, dass die vom Täter im vorwerfbar alkoholisierten Zu-stand verletzte [X.]trafnorm einen [X.]trafrahmen vorsieht, der denjenigen des Voll-44
45
46
-
24
-
rauschs (§
323a Abs.
1 [X.]tGB) nicht übersteigt, kann ein Wertungswiderspruch deswegen gegeben sein, weil für den [X.]chuldunfähigen ein höherer als der für den
erheblich vermindert [X.]chuldfähigen gemilderte [X.]trafrahmen vorgesehen ist (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2003 -
3
[X.]tR
435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]traf-rahmenverschiebung
31; Beschluss vom 17.
Oktober 1991 -
4
[X.]tR
465/91, [X.]R [X.]tGB §
323a Abs.
2 [X.]trafzumessung
5; [X.] in Festschrift [X.]alger, 1995, [X.].
31, 37
f.). Wenn indes
-
mit der hier vertretenen Auffassung
-
ein tatrichterli-cher Ermessensspielraum eröffnet ist, kann dieser Umstand bei der [X.] ohne Weiteres berücksichtigt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
November 1996 -
5
ARs
59/96, N[X.]tZ-RR 1997, 163, 165
f. [regelmäßig er-messensfehlerhaft]).
[X.]oweit der 5.
[X.]trafsenat in seiner Entscheidung vom 17.
August 2004 (5
[X.]tR 93/04) ausgeführt hat, im Fall der Versagung der [X.]trafrahmenmilderung bestünde
bei schwerwiegenden
Verbrechen ein weitaus gewichtigerer [X.] "augenfällig" darin, dass hier die [X.]trafobergrenzen für den [X.]chuldunfähigen (Freiheitsstrafe von fünf Jahren) und für den erheblich vermin-dert [X.]chuldfähigen bei abgelehnter [X.]trafrahmenverschiebung (Freiheitsstrafe von 15
Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe) weit auseinanderklafften ([X.][X.]t
49, 239, 253; ebenso Fischer, [X.]tGB, 64.
Aufl., §
21 Rn.
25a), nimmt er schon im Ansatz nicht hinreichend Bedacht auf den
Regelungsgehalt des
§
21 [X.]tGB:
Die Vorschrift enthält eine bloße [X.]trafzumessungsregel; die erheblich verminderte [X.]chuldfähigkeit bildet hingegen keine selbständige dritte Kategorie im [X.]inne einer Zwischenform von [X.]chuldfähigkeit und [X.]chuldunfähigkeit ("Halb-zurechnungsfähigkeit"). Auch der vermindert [X.]chuldfähige ist schuldfähig im vollen [X.]inne des Wortes; denn er hätte das Unrecht seiner Tat erkennen und 47
48
-
25
-
sich dadurch entsprechend motivieren lassen können (vgl. [X.]/[X.]-Perron/Weißer, [X.]tGB, 29.
Aufl., §
21 Rn.
1).
Je schwerer indes eine potenzielle Rechtsgutsverletzung wiegt, desto höhere Anforderungen an deren Vermeidung darf die Rechtsordnung stellen. Diese normative Erwägung gilt zum einen für das vorwerfbar gefahrbegrün-dende [X.] durch den übermäßigen Alkoholkonsum (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2003 -
3
[X.]tR
435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschie-bung
31; [X.], N[X.]tZ 2003, 597, 598) und zum anderen für die [X.], die für den dadurch -
ausschließlich
-
in seiner [X.]teuerungsfähigkeit ein-geschränkten Täter rechtlich geboten ist (vgl. [X.], Urteile vom 16.
Januar 1962 -
5
[X.]tR 588/61, [X.].
[X.].
3
f. [unveröffentl.];
vom 29.
April 1997 -
1
[X.]tR
511/95, [X.][X.]t
43, 66, 77 [insoweit sowohl zum normativen Merkmal der Er-heblichkeit in §
21 [X.]tGB als auch zur Ermessensausübung bei der [X.]trafrah-menwahl]; [X.], N[X.]tZ 2003, 597, 598; M[X.]tz, [X.]tV 1998, 279, 284).
bb) Auch im Rahmen der [X.]trafzumessung im engeren [X.]inne ist die Be-rücksichtigung der verschuldeten Trunkenheit für sich als schuldrelevantes Merkmal zulässig. [X.]eine Anerkennung als eine der Grundlagen für die [X.] Ermessensentscheidung über die [X.]trafrahmenverschiebung nach §
21 [X.]tGB geht hiermit konform.
Wendet der Tatrichter wegen alkoholbedingter erheblich verminderter [X.]chuldfähigkeit des [X.] den nach §
49 Abs.
1 [X.]tGB gemilderten [X.]trafrah-men an, darf er nach allgemeiner Meinung bei der [X.]traffindung innerhalb dieses [X.]trafrahmens in die Abwägung strafschärfend den Umstand mit einbeziehen, dass der Täter den Zustand schuldhaft herbeigeführt hatte (vgl. [X.], [X.] vom 24.
März 1976 -
2
[X.]tR
101/76, [X.][X.]t
26, 311, 312; ferner [X.], Urteile vom 21.
Juli 1984 -
1
[X.]tR
330/84, N[X.]tZ 1984, 548; vom 9.
Februar 2000 49
50
51
-
26
-
-
3
[X.]tR
392/99, N[X.]tZ-RR 2000, 166, 168; Beschluss vom 2.
Juli 1985 -
1
[X.]tR 280/85, NJW 1986, 793, 794; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der [X.]traf-zumessung, 5.
Aufl., Rn.
1127; [X.] in [X.] [Hrsg.], Reform des [X.]ankti-onenrechts, 2001
[X.].
1, 43; [X.]/[X.]-[X.]tree/[X.], [X.]tGB, 29.
Aufl., §
46 Rn.
49). In diesem Zusammenhang ist -
soweit ersichtlich
-
die Forderung, die verschuldete Trunkenheit dürfe -
als Grundlage für einen gerechten [X.]chuldausgleich (§
46 Abs.
1 [X.]atz
1 [X.]tGB)
-
nur gewürdigt werden, wenn eine für den Täter vorher-sehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von [X.]traftaten auf
Grund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls festgestellt ist, noch nicht erhoben worden. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass insoweit [X.] (s. §
46 Abs.
1 [X.]atz
2 [X.]tGB) bemüht würden.
cc)
[X.]chließlich hat der Gesetzgeber die Entscheidung über die [X.]trafmil-derung bei erheblich verminderter [X.]chuldfähigkeit gerade mit Blick auf die [X.] dem tatrichterlichen
Ermessen überantwortet. [X.] bleiben kann hier, ob Überlegungen des historischen Gesetzgebers für einen Grundsatz sprechen, wonach im Fall
vorwerfbarer Alkoholisierung eine [X.]trafrahmenverschiebung regelmäßig abzulehnen ist (dagegen [X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
[X.]tR
93/04, [X.][X.]t
49, 239, 248
ff.; [X.], [X.]tV 2003, 527, 528; [X.]/[X.], [X.], 308, 309
f.). Jedenfalls steht die bis-herige Rechtsprechung des [X.] nicht in Übereinstimmung mit den gesetzgeberischen Vorstellungen (so [X.]surteil vom 27.
März 2003
-
3
[X.]tR 435/02, [X.]R [X.]tGB §
21 [X.]trafrahmenverschiebung
31; vgl. auch [X.], [X.] 1990, 417, 418).
Nach dem Willen des Gesetzgebers stellt die verschuldete Herbeiführung der alkoholbedingten erheblich verminderten [X.]chuldfähigkeit einen Umstand 52
53
-
27
-
dar, der im Rahmen der tatrichterlichen Ermessensentscheidung über die [X.]trafmilderung zu würdigen ist. Dass es dabei auf Fragen der -
konkret festzu-stellenden
-
Vorhersehbarkeit der in diesem Zustand begangenen Tat ankom-men soll, ist nirgends ersichtlich, ebenso wenig, dass trotz vorwerfbarer [X.] ohne Hinzutreten weiterer Umstände ein Milderungszwang bestehen soll. Im Einzelnen:
Mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der [X.]icherung und Besserung vom 24.
November 1933 (RGBl.
I, [X.].
995) wurde die verminderte
Zurechnungsfähigkeit in §
51 Abs.
2 [X.]tGB aF als fakultativer [X.]trafmilderungsgrund erstmals kodifiziert. Zur verschuldeten [X.] äußerte sich die amtliche Begründung des entsprechenden [X.] nicht (vgl. [X.] [X.]O, [X.].
13). Allerdings war
dieser Regelung der "Entwurf eines Allgemeinen Deutschen [X.]trafgesetzbuches" von 1927 [X.] (vgl. [X.]tenberg, [X.] 1997, 45, 47); dieser hatte den zwingenden Ausschluss der [X.]trafmilderung bei verschuldeter Trunkenheit mit dem Hinweis auf das [X.]chuldprinzip abgelehnt und stattdessen erstmals eine "Kann"-Vor-schrift vorgesehen. Zu der mit einer solchen Regelung verfolgten Intention [X.] sich die Begründung des Entwurfs dahin, dass er es "dem richterlichen Ermessen
(überlässt), zu entscheiden, ob und
inwieweit eine [X.], die die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließt, als strafmildernd zu berücksichtigen ist" ([X.]/[X.]/[X.]/[X.]
[Hrsg.], Quellen zur Re-form des [X.]traf-
und [X.]trafprozeßrechts, I.
Abt.:
Weimarer Republik, Bd.
1, 1995, [X.].
481, 495).
Die Reformarbeiten in der Nachkriegszeit führten dazu, dass an der fa-kultativen [X.]trafmilderung festgehalten und kein Milderungszwang eingeführt wurde, und mündeten letztlich in den seit dem 1.
Januar 1975 geltenden §
21 54
55
-
28
-
[X.]tGB. Zum Ermessen heißt es in der Begründung des Entwurfs eines [X.]trafge-setzbuches von 1962
(E
1962): Ob die [X.]chuld verringert ist, "beruht auf einer Gesamtwürdigung, bei der außer dem Grade der [X.]chuldfähigkeit auch andere Umstände zu berücksichtigen sind; so die [X.]umstände (...), aber auch [X.]chuldumstände vor der Tat (z.B. schuldhafte Herbeiführung der verminderten [X.]chuldfähigkeit). Daß die Milderung nur zugelassen und nicht vorgeschrieben ist, ermöglicht einen Ausgleich zwischen der Verminderung der [X.]chuldfähigkeit einerseits und erschwerenden [X.]chuldumständen andererseits bei der Gesamt-würdigung der [X.]chwere der [X.]chuld" (BT-Drucks. IV/650, [X.].
142
l.
[X.]p.; ebenso
-
wortlautidentisch
-
die Begründungen
zum "Entwurf eines Allgemeinen Teils eines [X.]trafgesetzbuches nach den Beschlüssen der Großen [X.]trafrechtskom-mission in erster Lesung" von 1958 [E
1958]
und zum Entwurf
eines [X.]traf-gesetzbuches von 1960 [E
1960]; s.
hierzu [X.]tenberg, Verminderte [X.]chuld-fähigkeit, 1984, [X.].
176).
Durch die vorzugswürdige "elastischere" Ermessens-vorschrift erübrige sich eine Regelung über den zwingenden Ausschluss der [X.]trafrahmenmilderung bei selbstverschuldeten Bewusstseinsstörungen (vgl. BT-Drucks. IV/650, [X.].
142 r.
[X.]p.).
2.
Die Entscheidung über das Vorliegen des sonstigen minder schweren Falls des Totschlags im [X.]inne von §
213 Alternative
2 [X.]tGB nimmt der Tatrich-ter ebenfalls auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände vor, die nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. [X.], Urteil vom 16.
April 2015 -
3
[X.]tR
638/14, N[X.]tZ-RR 2015, 240 mwN). [X.]oweit er für die Prüfung den vertypten [X.] des §
21 [X.]tGB heranzieht, steht des-sen Gewichtung in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach dem Dafürhalten des [X.]s stellt es auch insoweit keinen Ermessensfehlgebrauch dar, wenn der Tatrichter nach Würdigung aller bedeutsamen Umstände den minder schweren Fall -
wie die [X.]trafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.]tGB
-
56
-
29
-
mit der Begründung verneint, der Angeklagte habe die schuldfähigkeitsmin-dernde Alkoholisierung verschuldet, ohne dass es auf Weiteres ankommt (für eine Übertragbarkeit des Maßstabs [X.], §
213 Rn.
14).
IV.
Der [X.] legt die streitige Rechtsfrage wegen Divergenz gemäß §
132 Abs.
2 [X.] und wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §
132 Abs.
4 [X.] dem Großen [X.] für [X.]trafsachen zur Entscheidung vor.
Die Zulässigkeit der Divergenzvorlage ist nicht von der noch ausstehen-den Antwort des 2.
[X.]trafsenats auf den
Anfragebeschluss des [X.]s vom 15.
Oktober 2015 abhängig. Gemäß §
132 Abs.
3 [X.] ist das mit negativem Ergebnis durchgeführte
Anfrageverfahren
zwar Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anrufung des Großen [X.]s
wegen Divergenz
(vgl. [X.], [X.]tPO,
26.
Aufl., §
132 [X.] Rn.
17; KK-Hannich, [X.]tPO, 7.
Aufl., §
132 [X.] Rn.
13). Ein
solches negatives
Ergebnis steht hier jedoch bereits fest, nachdem der 5.
[X.]trafsenat mit Beschluss vom 1.
März 2016 (5
ARs 50/15) und der 1.
[X.]traf-senat mit Beschluss vom 10.
Mai 2016 (1
ARs
21/15) an ihrer von der Anfrage abweichenden
Rechtsprechung festgehalten haben. Die zu beseitigende Diver-genz
besteht daher unabhängig von der Antwort des 2.
[X.]trafsenats. Aus Grün-den der Verfahrensbeschleunigung sieht der [X.] ausnahmsweise davon
ab, diese
Antwort
abzuwarten.
Für die Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Durchführung eines Anfrageverfahrens nicht erforderlich
(vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Juli 2016 -
G[X.][X.]t
1/16, [X.], 94, 95
f.). Nach Auffassung des [X.]s hat
die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung; die Vorlage dient
der [X.]icherung einer 57
58
59
-
30
-
einheitlichen Rechtsprechung
und der Fortbildung des Rechts (s. [X.] [X.]O, Rn.
36
f.).
Becker
Gericke
Tiemann

Berg
Hoch

Meta

3 StR 63/15

20.12.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. 3 StR 63/15 (REWIS RS 2016, 422)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 422

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

3 StR 63/15

1 StR 65/14

5 StR 510/09

3 StR 216/12

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