Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2017, Az. GSSt 3/17

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2017, 7568

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:240717BGSST3.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 3/17
vom
24. Juli 2017
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Veröffentlichung:
ja

[X.] §§ 21, 49 Abs. 1

Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstver-schuldete [X.] die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Be-gehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen [X.] des Einzelfalls nicht festgestellt ist.

[X.], Beschluss vom 24.
Juli 2017-
GSSt 3/17 -
LG Osnabrück

-
2
-

in der Strafsache
gegen

wegen Totschlags

-
3
-
Der Große [X.] für Strafsachen hat durch die Präsidentin des Bundesge-richtshofs [X.], [X.] am [X.] Dr.
[X.]m, die Vorsitzende Richterin am [X.] Sost-Scheible, [X.] am [X.] Prof. Dr.
Graf und Dr.
[X.], [X.]in am Bundesge-richtshof Dr.
Schneider und [X.] am [X.] Prof. Dr. König, Prof. Dr.
[X.], [X.], [X.] und Gericke
am 24.
Juli 2017 beschlossen:
Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Um-stände kann eine selbstverschuldete [X.] die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des [X.] nicht festgestellt ist.

Gründe:
Die Vorlage betrifft eine Frage aus dem Bereich der Strafzumessung.
I.
1. In dem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das [X.] den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
1
2
-
4
-
a) Nach den von der [X.] getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte mit bedingtem Vorsatz seinen Mitbewohner durch Gewalteinwir-kung auf den Brust-
und Bauchbereich sowie gegen den Kopf, nachdem beide gemeinsam Alkohol konsumiert hatten. Das [X.] hat weder den Anlass der Tat noch den Grad der Alkoholisierung des Angeklagten festzustellen ver-mocht. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen,
dass der [X.] nicht ausschließbar auf Grund ei-ner mittelgradigen [X.] in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich ver-mindert war.
b) Die [X.] hat die Strafe dem Strafrahmen des §
212 Abs.
1 [X.] entnommen. Für einen benannten minder schweren Fall des Totschlags (§
213 Alternative
1 [X.]) hat sie keinen Anhaltspunkt gefunden. Einen sonsti-gen minder schweren Fall (§
213 Alternative
2 [X.]) hat sie sowohl unter Be-rücksichtigung allein der allgemeinen
Strafzumessungsgesichtspunkte als auch unter Hinzuziehung des wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zum [X.] angenommenen vertypten Milderungsgrundes des §
21 [X.] abge-lehnt. Von einer Strafrahmenmilderung nach den §§
21, 49 Abs.
1 [X.] hat das [X.] ebenfalls abgesehen. Es ist davon ausgegangen, dass dies im Fall einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit mög-lich sei, wenn diese auf verschuldeter [X.] beruht. Eine Alkoholkrank-heit oder -überempfindlichkeit
des Angeklagten, die ein Verschulden hinsicht-lich der [X.] ausgeschlossen hätte, hat die [X.] nicht [X.].
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die [X.] auf die Erwägungen zur Frage des Vorliegens eines unbenannten minder schweren Falles gemäß §
213 Alternative
2 [X.] Bezug genommen und sodann zuguns-3
4
5
-
5
-
ten des Angeklagten dessen durch die Alkoholisierung als konstellativem
Faktor beeinflusste affektive Aufladung in der [X.] mildernd berücksich-tigt.
Der Angeklagte
hat die Verurteilung mit der Revision umfassend [X.] und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet.
Der 3. Strafsenat hält die Entscheidung des [X.]s für rechtsfeh-lerfrei und beabsichtigt, dem Antrag des [X.] entsprechend die Revision des Angeklagten zu verwerfen. Er versteht die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil dahin, die [X.] habe die Strafrahmenver-schiebung in Ausübung tatgerichtlichen Ermessens abgelehnt. Das [X.] sei nicht davon ausgegangen, das selbstverantwortliche [X.] des [X.] vor der Tat führe von Rechts wegen regelmäßig zur Versagung der Strafrahmenmilderung. Dafür spreche zum einen der Umstand, dass die [X.] auf den Beschluss des [X.]s vom 2.
August 2012 (3
StR
216/12, [X.], 687, 688) verwiesen, dem sich erstgenannter Rechtssatz nicht ent-nehmen lasse. Sie nähmen gerade nicht auf das [X.]surteil vom 27.
März 2003 (3
StR
435/02, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
31) Bezug, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] in der Regel ausscheide, wenn die erhebliche Verminde-rung der Schuldfähigkeit des [X.] auf verschuldeter [X.] beruhe. Zum anderen habe das [X.] ausdrücklich seinen rechtlichen Ansatz derge-stalt umschrieben, dass bei verschuldeter [X.] die Versagung der Straf-rahmenverschiebung -
lediglich
-
"in Betracht kommt".
Der 3. Strafsenat ist der Auffassung, das Tatgericht übe sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs. 1 6
7
8
-
6
-
[X.] grundsätzlich nicht fehlerhaft aus, wenn es im Rahmen einer Gesamt-würdigung der schuldrelevanten Umstände die Versagung der Milderung allein auf den Umstand stütze, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des [X.] auf selbstverschuldeter [X.] beruhe. Gleiches gilt nach [X.] für die Entscheidung über die Annahme eines minder schweren Falles. Bereits das selbstverantwortliche [X.] des [X.] vor der Tat sei ein schulderhöhender Umstand, weil eine alkoholische [X.] gene-rell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt-
und Sexualdelikte, erhöhe. Dieses dem Alkoholrausch selbst innewohnende Risiko zähle zum Allgemeinwissen. Der Alkoholrausch stelle
somit erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der [X.] eine rechtswidrige Tat begehe, in der konkreten Rechtsgutsge-fährdung oder -verletzung realisiere. Insoweit habe das selbstverantwortliche [X.] Einfluss auf die [X.], auch wenn eine durch den [X.] bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Bege-hung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Umstände des Einzelfalls nicht festgestellt sei.
Der 3. Strafsenat hat deshalb bei den anderen Strafsenaten gemäß §
132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob diese an (gegebenenfalls) entgegen-stehender Rechtsprechung festhalten ([X.], Beschluss
vom
15.
Oktober 2015
-
3 [X.], [X.], 203).
Hierauf haben der 1., 2. und 5. Strafsenat mitgeteilt, ihre Recht-sprechung stehe der beabsichtigten Entscheidung des [X.] entgegen; sie hielten an dieser fest ([X.], Beschlüsse vom 10. Mai 2016 -
1 ARs 21/15; vom 7. November 2016 -
2 [X.], [X.], 70; vom 1. März 2016
-
5 ARs 50/15). Der 5. Strafsenat hat ausgeführt, ein Fall selbst zu verantwor-9
10
-
7
-
tender [X.] spreche in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzel-falls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht habe, und zur weiteren Begründung auf die [X.] in seinem Urteil vom 17. August 2004 (5 [X.], [X.]St 49, 239) Bezug genommen. Der 1. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass seine Rechtsprechung an diese Entscheidung anknüpfe, und sich -
soweit ersicht-lich
-
erstmals die vom 5.
Strafsenat aufgestellten Kriterien zur vorhersehbar signifikanten Risikoerhöhung zu eigen gemacht. Schulderhöhende Umstände könnten dann zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähig-keit verminderte [X.] aufwögen. Dies sei bei einer selbst verschuldeten [X.] ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht der Fall. Der [X.] hat darüber hinaus ausgeführt, die Auffassung des [X.] greife mit Blick auf den [X.] zu kurz und lasse insbesondere unberück-sichtigt, dass jede Schulderhöhung wenigstens einfache Fahrlässigkeit voraus-setze. Er hat weiter geäußert, nicht nachvollziehen zu können, wie eine Ge-samtwürdigung aller relevanten Gesichtspunkte ermessensfehlerfrei vorge-nommen worden sein könne, wenn das Tatgericht die Versagung der Strafrah-menmilderung allein und damit ausschließlich auf einen Umstand gestützt ha-be.
Der 4. Strafsenat hat die Anfrage dahin verstanden, dass nach Ansicht des [X.] die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] eine Ermessensentscheidung des Tatgerichts sei und im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung im Einzelfall die selbst verschul-dete [X.] die Versagung der Strafmilderung tragen könne, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straf-11
-
8
-
taten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt sei. Soweit der so verstandenen Anfrage seine bisherige Rechtsprechung ent-gegenstehe, halte er daran nicht fest. Im Rahmen der erforderlichen Gesamt-abwägung aller schuldrelevanten Umstände sei die selbst verschuldete [X.] ein -
neben anderen -
zu berücksichtigender Umstand. Feste Regeln, die das Tatgericht bei der Abwägung zu beachten, und Vorgaben, welches Gewicht es einzelnen Umständen beizumessen habe, befürworte der [X.] nicht (Beschluss vom 28. April 2016 -
4 ARs 16/15, [X.], 305
f.).
Der 3. Strafsenat hat daraufhin mit Beschluss vom 20.
Dezember 2016 (vgl. hierzu [X.], [X.], 184) unter Aufgabe seiner [X.] Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 1.
August 1975 -
3
StR
212/75, BeckRS 1975, 00206;
vom 28.
Oktober 1985 -
3
StR
189/85, [X.], 114, 115) dem Großen [X.] für Strafsachen wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 GVG und
wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §
132 Abs. 4 [X.] Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Kann der Tatrichter im Rahmen der nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände die Ermessensentscheidung, von einer Strafrahmenverschiebung abzusehen, rechtsfehlerfrei allein darauf
stützen, dass die erheb-liche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten auf von diesem verschuldeter [X.] beruht, auch wenn eine durch die [X.] bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönli-chen oder der situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht [X.] ist?
12
-
9
-
Der [X.] erachtet die Vorlage für zulässig und bean-tragt, im Sinne der Anfrage des [X.] zu entscheiden.
Der Angeklagte hat sich der Ansicht des 1., 2. und 5. Strafsenats ange-schlossen.
II.

Die [X.] ist angesichts des sachlichen Anliegens des 3.
Strafsenats sprachlich nicht völlig eindeutig gefasst, soweit dort darauf abge-stellt wird, ob das Tatgericht seine Entscheidung über die [X.] nach §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] allein auf den Umstand einer vom Täter selbst verschuldeten [X.] stützen könne. Diese Formulierung kann -
wie die Ausführungen des 2. und des [X.] belegen -
dahin verstanden werden, dass es für die Entscheidung ausschließlich auf diesen bestimmten Gesichtspunkt ankommen soll. Dieser Sinngehalt ist vor dem Hintergrund der im hier relevanten Zusammenhang erforderlichen, auch vom 3. Strafsenat für rechtlich geboten gehaltenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Um-stände nicht plausibel. Die [X.] ist deshalb in Anlehnung an die diesbezüglichen Erwägungen des [X.] wie folgt neu zu fassen:

Kann im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensent-scheidung über die
Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände eine selbstverschuldete [X.] die Versagung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der 13
14
15
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-
persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist?
[X.].
Die Vorlegung ist gemäß § 132 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 GVG zulässig.
1. Sie betrifft die rechtlichen Maßstäbe, an denen sich die Ausübung des durch § 21 [X.] den [X.]n eingeräumten Ermessens auszurichten hat, und damit eine Rechtsfrage i.S.d. § 132 Abs. 2 GVG.
2. Der 3. Strafsenat kann die im Ausgangsverfahren eingelegte Revision nach seinem vertretbaren und deshalb vom Großen [X.] für Strafsachen hin-zunehmenden Verständnis der Gründe des landgerichtlichen Urteils nur dann verwerfen, wenn er -
abweichend von der aufrechterhaltenen Rechtsauffassung des 1., 2. und 5. Strafsenats (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) -
dem Tatgericht zubil-ligt, im Rahmen der nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] gebotenen Gesamtwürdi-gung aller schuldrelevanten Umstände die [X.] der zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit führenden [X.] zu berücksichtigen, ohne dass zusätzlich eine signifikante Erhöhung des Risikos strafbaren Han-delns auf Grund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalles festgestellt ist.
3. Die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage ist zudem von grundsätzli-cher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG); die ihr zugrunde liegende Konstellation 16
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18
19
-
11
-
prägt eine Vielzahl der Fälle, in denen über eine Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] zu entscheiden ist.
IV.

Der Große [X.] für Strafsachen beantwortet die [X.] in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne.
1.
In Rechtsprechung und Literatur besteht für die Fälle der auf ver-schuldeter [X.] beruhenden erheblich verminderten Schuldfähigkeit des [X.] bei Tatbegehung keine Einigkeit über die Voraussetzungen, unter
denen der Tatrichter die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] ablehnen darf oder gar muss.
a)
Die Rechtsprechung des [X.]s entwickelte sich wie folgt:
[X.])
Unter Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs für die [X.] vom 10.
Januar 1950 (StS
427/49, OGHSt
2, 324) befand der Bun-desgerichtshof -
noch zur Vorgängerregelung des §
51 Abs.
2 [X.] aF
-
an-fänglich, dass in "der Regel die selbstverschuldete [X.] Anlaß sein (wird), die Strafe nicht zu mildern" (Urteil vom 2.
August 1951 -
3
StR
395/51, bei [X.] 1951, 657). Sodann beanstandete er indes eine die Straf-milderung ablehnende tatrichterliche Entscheidung, die damit begründet [X.] war, dass bei bestimmten Delikten grundsätzlich von der "Kann"-Vorschrift des §
51 Abs.
2 [X.] aF kein Gebrauch zu machen sei, soweit die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des [X.] auf "Angetrunkenheit" beruhe. Er monierte, dass der Tatrichter diese Möglichkeit jedenfalls hätte erwägen müs-sen (Urteil vom 10.
September 1953 -
2
StR
695/52, NJW 1953, 1760). In der 20
21
22
23
-
12
-
Folgezeit äußerte er sich weiterhin in der Tendenz ablehnend gegenüber einer Strafmilderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (Urteil vom 16.
Januar 1962
-
5
StR
588/61, [X.].
S.
4 [unveröffentl.]; zu weiteren ähnlichen Entscheidun-gen des [X.] aus den Jahren 1954 und 1960 vgl. [X.], [X.] 1990, 417, 418; [X.] in [X.] [Hrsg.], Reform des [X.], [X.], 2001, S.
1, 49
ff.).
bb)
In den 1970er Jahren änderte sich die Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs wesentlich. Mit Beschluss vom 24.
März 1972 (2
StR 413/71, bei [X.], [X.], 570) äußerte er die Auffassung, dem im Zustand erheb-lich verminderter Zurechnungsfähigkeit handelnden Täter dürfe allein der [X.] ursächliche übermäßige Alkoholkonsum "nicht zum Nachteil gereichen"; vielmehr müssten weitere auf die abzuurteilende Tat bezogene Umstände hin-zutreten. Als einen solchen Umstand erkannte er an, dass der Täter bereits früher unter Alkoholeinwirkung Straftaten begangen hatte und diesem daher bewusst war oder zumindest hätte bewusst sein können, dass er nach dem Alkoholkonsum zu Straftaten neigt (vgl. Beschlüsse vom 24.
März 1972
-
2
StR
413/71, [X.]O; vom 1.
August 1975 -
3
StR
212/75, BeckRS 1975, 00206; vom 26.
Juli 1977 -
1
StR
317/77, bei [X.], [X.] 1977, 982; ähnlich Urteil vom 21.
September 1971 -
5
StR
410/71, bei [X.], [X.], 16; Beschluss vom 14.
Oktober 1980 -
1
StR
498/80, BeckRS 1980, 02962).
In den Folgejahren präzisierte und verschärfte der [X.] die Anforderungen an das vorhersehbar die Neigung zu Straftaten begründende deliktische [X.], allerdings mit Unterschieden im Detail (vgl. Urteile vom 30.
Oktober 1986 -
4
StR
501/86, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschie-bung
3; vom 6.
Mai 1993 -
1
StR
136/93, NJW 1993, 2544, 2545; Beschlüsse vom 28.
Oktober 1985 -
3
StR
189/85, [X.], 114, 115; vom 13.
Juni 1986 24
25
-
13
-
-
2
StR
276/86, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
14; vom 7.
September 1989 -
4
StR
433/89, [X.]R [X.] §
21 Vorverschulden
1; vom 7.
Januar 2003 -
4
StR
490/02, [X.], 136, 137; ferner Urteile vom 6.
März 1986 -
4
StR
48/86, [X.]St
34, 29, 33; vom 29.
April 1997
-
1
StR
511/95, [X.]St
43, 66, 78; Beschlüsse vom 25.
Januar 1991
-
5
StR
600/90, [X.]R [X.] §
177 Abs.
2 Strafrahmenwahl
7; vom 16.
Februar 1993 -
5
StR 675/92, [X.], 355
f.).
cc)
Mit Urteil vom 27.
März 2003 (3
StR
435/02, [X.]R [X.] §
21 Straf-rahmenverschiebung
31) erklärte der 3. Strafsenat, er wolle an dieser Recht-sprechung nicht mehr festhalten. Er führte -
nicht tragend -
aus, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] in der Regel nicht in [X.] komme, wenn die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des [X.] auf verschuldeter [X.] beruhe. Insbesondere sei eine vorangegan-gene Straffälligkeit des [X.] unter Alkoholeinfluss in einem Ausmaß, dass dieser damit rechnen könne, unter Alkoholeinfluss ein der [X.] vergleich-bares Delikt zu begehen, nicht erforderlich.
dd)
Der 1. und der 2.
Strafsenat äußerten sich zunächst dem Grunde nach aufgeschlossen gegenüber einer Rechtsprechungsänderung (vgl. Urteile vom 9.
Juli 2003 -
2
StR
106/03, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschie-bung
32; vom 16.
September 2004 -
1
StR
233/04, [X.]R [X.] §
21 Strafrah-menverschiebung
36; vom 19.
Oktober 2004 -
1
StR
254/04, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
37; offen gelassen in den Beschlüssen vom 5.
August 2003 -
1
StR
302/03, bei [X.], [X.] 2004, 425
f.; vom 10.
September 2003 -
2
StR
304/03, bei [X.] [X.]O, S.
426).
Soweit es in der Folgezeit entscheidungserheblich darauf ankam,
folgten sie allerdings mit leich-ten Abwandlungen der zuvor entwickelten Ansicht (1. Strafsenat: Beschluss 26
27
-
14
-
vom 25.
März 2014 -
1
StR 65/14, [X.], 238, 239; vgl. ferner Be-schlüsse vom 23.
April 2013 -
1
StR 105/13, juris Rn.
9; vom 10.
November 2016 -
1
StR
501/16, juris Rn.
4; 2. Strafsenat: Urteile vom 15.
Februar 2006
-
2
StR
419/05, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
40; vom 24.
August 2016 -
2
StR
504/15, juris Rn.
24).
ee) Der 5.
Strafsenat pflichtete in einer ausführlich begründeten Grund-satzentscheidung (Urteil vom 17.
August 2004 -
5
StR
93/04, [X.]St 49, 239) dem Anliegen des [X.], zu einer Änderung der Rechtsprechung zu gelangen, prinzipiell bei. In der Sache entschied er sodann dahin, für die Ab-lehnung der Strafrahmenmilderung sei zwar nicht erforderlich, dass der Täter schon einmal unter Alkoholeinfluss vergleichbare Straftaten begangen habe. Auch müsse das [X.] nicht zu Vorstrafen oder einem Strafverfahren geführt haben. Die generelle Steigerung des Risikos der Begehung strafbarer Handlungen nach Alkoholgenuss reiche aber für sich allein nicht aus, um den Schuldgehalt der Tat zu erhöhen und schon deshalb die regelmäßige Ableh-nung einer Strafrahmenverschiebung bei selbstverschuldeter [X.] zu rechtfertigen. Diese komme vielmehr nur in Betracht, "wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Bege-hung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht" habe (vgl. im Einzelnen auch Urteile vom 11.
Juni 2008 -
5
StR
612/07, [X.], 619, 620; vom 29.
Oktober 2008 -
5
StR
456/08, [X.], 202, 203; vom 7.
Mai 2009 -
5
StR
64/09, [X.], 496, 497; Beschlüsse vom 13.
Januar 2010 -
5
StR
510/09, [X.], 234, 235; vom 10.
März 2010
-
5
StR
62/10, juris Rn.
10; Urteil vom 1.
Dezember 2011 -
5
StR
360/11, juris Rn.
26).
28
-
15
-

ff)
Der 4.
Strafsenat schloss sich der Rechtsprechung des 5.
Strafsenats an und verneinte in Fällen, in denen der Angeklagte bislang niemals unter Al-koholeinfluss aggressiv (Urteil vom 15.
Dezember 2005
-
4
StR
314/05, [X.], 274, 275) bzw. nicht wegen eines Gewaltdelikts verurteilt war (Urteil vom 23.
Februar 2006 -
4
StR
444/05, [X.], 185, 186), eine signifikante Risikoerhöhung.
gg) Der 3. Strafsenat war nach seiner Entscheidung vom 27.
März 2003 nur mit Fallgestaltungen befasst, in denen die zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit führende [X.] vom Angeklagten jeweils nicht oder nur eingeschränkt verschuldet war (vgl. Urteil vom 12.
Juni 2008 -
3
StR
84/08, [X.], 258
f.; Beschlüsse vom 16.
Januar 2008 -
3
StR
479/07, [X.], 330; vom 2.
August 2012 -
3
StR
216/12, [X.], 687, 688).
b)
Im Schrifttum stieß die neuere Rechtsprechung des [X.], insbesondere die Entscheidung des 5.
Strafsenats vom 17.
August
2004, überwiegend auf eine positive Resonanz [X.], [X.],
64.
Aufl., §
21 Rn.
25, 25b; [X.]/[X.], 3.
Aufl., §
21 Rn.
28; [X.]/Safferling, [X.], §
21 Rn.
22; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5.
Aufl., Rn.
1016
ff.; LK/Schöch, [X.], 12.
Aufl., §
21 Rn.
52, 54
f. [X.]; noch weitergehend -
Anwendung der Grundsätze der actio libera in causa
-
SK-[X.]/[X.], 38.
Lfg., §
21
Rn.
4b; S/[X.]/Weißer, [X.], 29.
Aufl., §
21 Rn.
21; [X.], 4.
Aufl., §
21 Rn.
18; MüKo[X.]/Streng, 3.
Aufl., §
21 Rn.
26; vgl. auch [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
21 Rn.
41, 43). Die Entscheidung des [X.] vom 27.
März 2003 erfuhr dagegen nur vereinzelt Zustimmung (vgl. [X.], NStZ 2003, 597 sowie -
tendenziell
-
Detter, NStZ 2003, 471, 472), ganz überwiegend aber Wi-derspruch:
29
30
31
-
16
-
Die Berufung auf die Intentionen des historischen Gesetzgebers sei nicht zulässig, da diese gerade nicht zum
Inhalt der Norm geworden seien (vgl. [X.], [X.] 2004, 104, 106; [X.], [X.] 2003, 527, 528; [X.], [X.] 2004, 401, 405; [X.], Blutalkohol 2003, 449). Dem Willen des historischen [X.] könne heute ohnedies keine entscheidende Bedeutung [X.], weil er die Versagung der Strafrahmenmilderung als kriminalpolitisch motivierte Ausnahme von dem Grundsatz einer schuldangemessenen Bestra-fung verstanden habe, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mehr in Betracht komme (vgl. [X.], [X.], 1019; [X.]/[X.], [X.], 308, 310).
Die durch die [X.] bewirkte Reduzierung der Schuld, die in der Strafrahmenverschiebung zum Ausdruck komme, könne im Bereich der schwe-ren Kriminalität allein durch das selbstverantwortliche [X.] nicht ausgeglichen werden. Da nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] der Strafrahmen [X.] zur Höchst-
und Mindeststrafe herabgesetzt werde, gehe das Gesetz nämlich davon aus, dass sich das wegen der erheblich verminderten Schuldfä-higkeit abzuziehende "Schuldquantum" entsprechend der Schwere des Delikts vergrößere (vgl. [X.] [X.]O, S.
1019
f.; [X.] [X.]O, S.
530
f.).
Das Spannungsverhältnis zu §
323a [X.] sei gesetzlich angelegt in den streng voneinander zu unterscheidenden Bezugspunkten des strafrechtlichen Vorwurfs, dem [X.] einerseits und der Straftat andererseits (vgl. [X.], [X.] 2005, 15, 22; [X.] [X.]O, S.
404). Es könne im Bereich der mittleren Kriminalität dadurch aufgelöst werden, dass die Strafe wegen Voll-rausches durch den nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] gemilderten Strafrahmen der [X.]schtat nach oben begrenzt werde (vgl. [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, S.
529). Des Weiteren wurde es teilweise für notwendig erachtet, zur Angleichung auch 32
33
34
-
17
-
bei §
323a [X.] vorauszusetzen, dass der Täter seine [X.]schtat vorhersehen können müsse; die Deutung des Vollrauschtatbestandes als abstraktes [X.] und damit der [X.]schtat als objektive Bedingung der Strafbar-keit verstoße gegen das [X.] und sei mithin nicht haltbar (vgl. [X.] [X.]O, S.
530; [X.] [X.]O, S.
450; Streng, NJW 2003, 2963, 2965).
Schließlich könne die Sondervorschrift des §
7 [X.] nicht als Argument für die Versagung einer Strafrahmenmilderung dienen; denn sie sei allein den Besonderheiten des Wehrstrafrechts geschuldet und daher nicht verallgemei-nerungsfähig (vgl. [X.] [X.]O, S.
107; [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, S.
404; Streng [X.]O, S.
2964; [X.]/[X.] [X.]O, S.
310
f.). Die Vorschrift sei ihrerseits -
bei wortlautgetreuer Anwendung
-
nicht mit dem Grundsatz schuldangemessenen Strafens zu vereinbaren (vgl. [X.] [X.]O, S.
1020; [X.] [X.]O, S.
530).
2.
Den bisher vertretenen Auffassungen ist somit gemein, dass sie
-
sei es in Form einer Regelvermutung, sei es für bestimmte Gesichtspunkte
-
weitgehende inhaltliche Vorgaben für die Beantwortung der Frage machen, un-ter welchen Voraussetzungen eine Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs.
1 [X.] vorzunehmen ist bzw. zu unterbleiben hat. Sie werden damit dem Umstand, dass die betreffende Entscheidung nach den gesetzlichen
Vorgaben im pflichtgemäßen Ermessen der [X.] steht, nicht in ausreichendem Maße gerecht. Dessen eingedenk sind für die Beantwortung der [X.] folgende Erwägungen maßgebend:

Die tatgerichtliche Ermessensentscheidung nach den §§
21, 49 Abs.
1 [X.] ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Bei Anwendung der insoweit geltenden Maßstäbe ist das Absehen von der Strafmilderung nicht allein deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Tatgericht im Rahmen der vorzuneh-35
36
37
-
18
-
menden Gesamtwürdigung
aller schuldrelevanten Umstände maßgeblich [X.] abgestellt hat, dass der Angeklagte die [X.] selbst verschuldete; dies gilt auch, wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder
situativen [X.] nicht festgestellt ist. Denn das selbstverschuldete [X.] stellt einen schulderhöhenden Umstand dar, der bereits für sich genommen die aufgrund der erheblichen Verminderung der Fähigkeit des [X.], das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, herabgesetzte [X.] kompensieren kann. Dies folgt insbesondere aus den allgemein bekannten Folgen des Alkoholkonsums sowie seiner Bewertung im sonstigen Bereich der Strafzumessung, einem Vergleich zum Regelungsgehalt der §
323a [X.], §
122 OWiG und steht mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang. Im Ein-zelnen:
a) Bei §
21 [X.] handelt es sich um einen Schuldminderungsgrund, an den eine Strafzumessungsregel anknüpft
(h.M., vgl. LK/Schöch,
[X.],
12.
Aufl., §
21 Rn.
1 [X.]; [X.], [X.], 64.
Aufl., §
21 Rn.
2; S/[X.]/Weißer, [X.], 29.
Aufl., §
21 Rn.
1; [X.]/[X.], 3.
Aufl., § 21 Rn. 1; [X.], [X.] 2005, 15, 18, 21 [X.]; [X.], Alkohol als Strafmil-derungsgrund, in: [X.], Reform des [X.], 2001, S.
40; aA -
Strafzumessungsgrund: [X.], NStZ
2003, 597 ff.; BeckOK-[X.]/[X.], 33.
Ed., [X.]. zu §
21). Der vermindert schuldfähige Täter ist für seine Tat ver-antwortlich und wird deshalb für sie bestraft. Mit der Möglichkeit der Strafmilde-rung trägt §
21 [X.] indes der Tatsache Rechnung, dass normabweichende psychologische Zustandsbilder es einem Schuldfähigen erheblich schwerer machen können, sich normgerecht zu verhalten (vgl. LK/Schöch, [X.]O, §
21 Rn.
1 [X.]; [X.]/Kühl, [X.], 28.
Aufl., §
21 Rn.
1; S/[X.]/Weißer, [X.]O, §
21 Rn.
1; [X.], [X.]O, §
21 Rn.
2), weswegen die vom Gesetz für den 38
-
19
-
Regelfall vorgesehene Strafe möglicherweise das schuldangemessene Straf-maß übersteigt.
Der Schuldgehalt der Tat
bestimmt sich allerdings nicht allein nach dem Grad der Schuldfähigkeit des [X.], sondern nach den gesamten für die [X.] relevanten Umständen des Einzelfalls. Es ist möglich, dass die Tat trotz verminderter Schuldfähigkeit des [X.] ihrem Schuldgehalt nach immer noch schwerer wiegt als der denkbar leichteste Regelfall, der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Regelstrafdrohung eines Delikts vorgeschwebt hat. Dem trägt die Vorschrift des §
21 [X.] Rechnung, indem sie lediglich eine [X.] Strafmilderung vorsieht (vgl.
BT-Drucks. IV/650, S.
142 linke Spalte). Die von Teilen der Literatur vertretene Gegenauffassung, nach der eine Versagung der Strafrahmenverschiebung das [X.] missachte und §
21 [X.] deshalb -
entgegen dem Gesetzeswortlaut
-
in eine zwingend anzuwendende Milderungsvorschrift umgedeutet werden müsse (vgl. S/[X.]/Weißer, [X.]O, §
21 Rn.
19, 21; [X.], [X.], 5.
Aufl., 1977, [X.]. 1, S.
529; [X.]häuser, [X.], 2.
Aufl., 1975, S.
778 Fn.
23; [X.], Straf-recht [X.]
Bd.
I, 2.
Aufl., 1976, S.
165; Lenckner, in [X.]/[X.], Handbuch der forensischen Psychiatrie, 1972, Bd.
I, S.
129 ff.; [X.], [X.], 2.
Aufl., 1991, 18.
Abschn. Rn.
33; [X.]tenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, S.
180
ff.), überzeugt vor diesem
Hintergrund nicht. Denn die verminderte Schuldfähigkeit verringert die [X.] nicht in allen Fällen so stark, dass der weniger gewichtige Schuldgehalt im Normalstrafrahmen nicht zutreffend erfasst werden kann (LK/Schöch, [X.]O, §
21 Rn.
40; vgl. auch [X.], [X.]O, S.
1, 66
ff.).
b) Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach den §§
21, 49 Abs.
1 [X.] entscheidet das Tatgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermes-39
40
-
20
-
sen auf Grund einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall bedeutsamen [X.]. Dabei folgt aus dem für die Regelung des § 21 [X.] wesentlichen Schuld-prinzip auch, dass die tatgerichtliche Ermessensentscheidung, ob eine Straf-milderung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] vorzunehmen oder zu versagen ist, nach dem Schuldgehalt der Tat, also unter Berücksichtigung aller [X.] Umstände des Einzelfalls, zu treffen ist (vgl. [X.], Urteile vom 10.
November 1954 -
5
StR 476/54, [X.]St
7, 28, 30
f.; vom 11.
Juni 2008
-
5
StR 612/07, NStZ
2008, 619, 620, und vom 24.
August 2016 -
2
[X.], [X.]O, 40, 42; Beschlüsse vom 4.
September 1992 -
2
StR 380/92, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung 24; vom 7.
Januar 2003 -
4
StR 490/02, NStZ-RR
2003, 136; vom 23.
Juni 2010 -
2
StR 222/10, NStZ-RR
2010, 336; vom 7.
September 2015 -
2
StR 350/15, [X.]O). Diese in ständiger Rechtsprechung durch den [X.] vertretene Auffassung wird in der Literatur über-wiegend geteilt (vgl.
insb. LK/Schöch, [X.]O, §
21 Rn.
1 [X.]; LK/Jähnke, [X.], 11.
Aufl., §
21 Rn.
18; [X.], 3.
Aufl., §
21 Rn.
20
ff.; [X.], [X.]O,
§
21 Rn.
20; [X.]/[X.], [X.]O, § 21 Rn. 16
ff.; [X.], [X.], Bd.
I, 4.
Aufl., 2006, §
20 Rn.
41; [X.]/Weigend, Lehrbuch des Straf-rechts, Allgemeiner Teil, 5.
Aufl., 1996, S.
443 f.; [X.], Strafzumessungsrecht, 2.
Aufl., 1974, S.
524
ff.). Auch nach dem Standpunkt des Bundesverfassungs-gerichts verstößt die Versagung der Milderung trotz Vorliegens der Vorausset-zungen des §
21 [X.] selbst bei Anwendung der lebenslangen Freiheitsstrafe
nicht gegen das [X.], wenn die Strafe wegen beträchtlich schulderhö-hender Umstände verhältnismäßig ist ([X.], Beschluss vom 25. Oktober 1978 -
1
BvR 983/78, [X.]E
50, 5).
Demgegenüber dürfen schuldindifferente Faktoren, insbesondere Präventionserwägungen, bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nicht berücksichtigt werden ([X.], [X.]O, §
21 Rn.
21; LK/Schöch, [X.]O, §
21 Rn.
44; [X.], 4.
Aufl., §
21 Rn.
30; [X.]/[X.], [X.]O; [X.], [X.]O, §
20 Rn.
39). Deshalb könnten -
21
-
Überlegungen, die etwa an die "sittliche Schuld"
der Selbstintoxikation anknüp-fen (vgl. [X.]tenberg, [X.]
1997, 45, 47) oder generalpräventiv das Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft von der Gefährlichkeit des Alkoholkonsums stärken sollen, eine Versagung der Strafrahmenmilderung von vornherein nicht tragen (vgl. [X.], [X.]O, §
21 Rn.
21 [X.]).
c) Von diesen Maßgaben ausgehend ist es Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen ent-
und belastenden Umstände festzustellen, einer wertenden Betrachtung zu unterziehen und gegeneinander abzuwägen (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
April 2016 -
4
ARs 16/15, [X.], 305 [X.]). Welchen Umständen es [X.] Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlas-sen (vgl. [X.], Urteile vom 2.
August 2012 -
3
StR
132/12, [X.], 336
f.; vom 24.
August 2016 -
2
StR
504/15, juris Rn.
23). Ihm steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. [X.], Urteile vom 19.
Oktober 2004
-
1
StR
254/04, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
37; vom 15.
Februar 2006 -
2
StR
419/05, [X.]O; vom 24.
August 2016 -
2
StR
504/15, [X.]O). Die Wertungen des Tatgerichts, insbesondere die Gewichtung der für und gegen eine Strafrahmenverschiebung sprechenden Umstände des Einzel-falls, sind in der Revisionsinstanz allein auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hat es die für die Beurteilung wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend er-mittelt und berücksichtigt (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
StR
93/04, [X.]O, S.
241), so kann das Revisionsgericht nur beanstanden, dass es gesetz-lich vorgegebene Wertungsmaßstäbe missachtet oder eine gerechtem Schuldausgleich nicht mehr entsprechende Strafe verhängt hat.
41
-
22
-

d) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist im Rahmen der [X.] im Ausgangspunkt Bedacht darauf zu nehmen, dass auf Grund der er-heblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Schuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist ([X.], Urteile vom 10.
November 1954 -
5
StR
476/54, [X.]St
7, 28, 30; vom 24.
August 2016 -
2
StR
504/15, [X.]O Rn. 24; Beschluss vom 7.
September 2015 -
2
StR 350/15, juris Rn.
4). Um dem Prinzip zu genü-gen, dass die Strafe das Maß der Schuld nicht überschreiten darf, erfordert die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 [X.] schulderhöhende Umstände, die diese Schuldminderung kompensieren (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Mai 2016 -
1
ARs 21/15 [X.]; [X.], [X.]O, §
20 Rn.
37 ff.; [X.]/Mutzbauer, NStZ
1993, 561, 562). Es ist im Grundsatz aner-kannt und wird auch durch den vorlegenden [X.] nicht in Zweifel gezogen (vgl. [X.] Rn.
29 ff.), dass sich die auf einer Gesamtabwägung beruhende Ermessensentscheidung des Tatgerichts an diesem Kompensati-onsgedanken auszurichten hat (st.
Rspr.;
vgl.
[X.], Urteile vom 17.
August 2004 -
5
[X.], [X.]O;
vom 15.
Februar 2006 -
2
StR 419/05, [X.]O; vom 26.
Mai 2004 -
2
StR 386/03, NStZ
2004, 619; [X.], [X.]O,
§
21 Rn.
22; [X.]/[X.], [X.]O, § 21 Rn. 28; [X.], [X.]O, §
21 Rn.
18; je-weils [X.]).
Das Ausmaß der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach §
49 Abs.
1 [X.] lässt dabei erkennen, dass der Gesetzgeber die [X.] als ty-pischerweise beträchtlich verringert ansieht, wenn der Täter vermindert schuld-fähig war. Hieraus folgt, dass es für die Verweigerung der Milderung eines be-sonderen Grundes bedarf, der umso gewichtiger sein muss, je gravierender sich die Beibehaltung des Regelstrafrahmens auswirkt (vgl.
[X.], Beschluss vom 4.
September 1992 -
2
StR 380/92, [X.]O; vom 25.
Oktober 1989 -
2
StR 350/89, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung 18 [X.]; LK/Jähnke, [X.], 11.
Aufl., §
21 Rn.
19; [X.]/[X.], [X.]O, § 21 Rn. 18).
42
-
23
-
Dies führt jedoch nicht dazu, dass die tatgerichtliche Ermessensent-scheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] ohne Weiteres dann als rechtsfehlerhaft zu bewerten ist, wenn das Tatgericht von der Strafmilderung maßgeblich deshalb absieht, weil der Angeklagte die [X.] selbst verschuldete. Denn das selbstverantwortliche [X.] des [X.] vor der Tat stellt für sich allein einen schulderhöhenden Umstand dar, der im Rahmen der Ermessensausübung nach §
21 [X.] regel-mäßig Berücksichtigung finden darf, ohne dass dies von einzelfallbezogenen Feststellungen dazu abhängig ist, ob sich auf Grund der jeweiligen persönli-chen oder situativen Verhältnisse das Risiko der Begehung von Straftaten in-folge der Alkoholisierung (für den Täter) vorhersehbar signifikant erhöht hatte.
[X.])
Dass bereits allein das selbstverantwortliche [X.] des [X.] vor der Tat einen schulderhöhenden Umstand darstellt, ergibt sich aus Fol-gendem:
(1) Durch den Alkoholmissbrauch versetzt sich der [X.]de in einen Zustand, der durch Enthemmung (vgl. [X.], Urteile vom 15.
Februar 2006 -
2
StR
419/05, [X.]O; vom 24.
August 2016 -
2
[X.], [X.]O, Rn.
24 [Senkung der Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten]), Verminderung von Einsichts-
und Urteilsvermögen sowie Ver-schlechterung von Körperbeherrschung und Reaktionsfähigkeit gekennzeichnet ist. Davon, dass Alkoholkonsum eine solche enthemmende Wirkung hat, geht auch § 21 [X.] aus; andernfalls könnte die akute [X.] nicht als krankhafte seelische Störung zu einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen. Mit der Intoxikation treten hirnorganische Veränderungen ein, die [X.] z.B. erhöhte Reizoffenheit und Antriebssteigerung bedingen und auf [X.] (vgl. [X.], 43
44
45
-
24
-
[X.]O, S.
121; [X.]/[X.], Forensische Psychiatrie, 4.
Aufl., S.
148 f.;
[X.]/[X.], in: [X.]/[X.] [Hrsg.] Alkohol und Schuldfähigkeit S.
182 f.); andererseits können Benommenheit und Müdigkeit auftreten. Mit der Herabsetzung der geistigen und körperlichen Kräfte kann jedenfalls ein trügeri-sches Gefühl erhaltener oder gar gesteigerter Leistungsfähigkeit einhergehen. Dieser Zustand bedingt eine erhöhte Gefährlichkeit des [X.]n, der sich gegenüber seiner Umwelt häufig in ihm sonst wesensfremder Weise verhält (vgl. [X.], Urteile vom 2.
Mai 1961 -
1
StR
139/61, [X.]St
16, 124, 125; vom 22.
August 1996 -
4
StR
217/96, [X.]St
42, 235, 243; vom 27.
März 2003
-
3
StR
435/02, [X.]R [X.] §
21 Strafrahmenverschiebung
31). Daneben [X.] statistische Daten (vgl. etwa Polizeiliche Kriminalstatistik, Jahrbuch 2015, [X.]) und zahlreiche wissenschaftliche Studien jedenfalls, dass insbesondere Alkoholkonsum und Gewalt oft gemeinsam auftreten (vgl. etwa die Übersicht bei [X.]/[X.], Alkohol und Gewalt, S. 5 ff.).
Vor diesem Hintergrund haben weite Teile der Rechtsprechung -
darun-ter alle Strafsenate des [X.]s (vgl. etwa [X.], Urteile vom 7.
Mai 1957 -
5
StR 127/57, [X.]St
10, 247, 251; vom 2.
Mai 1961 -
1
StR 139/61, [X.]St
16, 124, 125; vom 22. August 1996 -
4 [X.], [X.]St 42, 235, 242; vom 27.
März 2003 -
3
StR 435/02, [X.]O; vom 17. August 2004 -
5 [X.], [X.]O, [X.]; vom 15.
Februar 2006
-
2
StR 419/05, [X.]O; vom 24. [X.] 2016 -
2 [X.], [X.]O Rn. 24 ff.; Beschluss vom 6.
November 1996

-
5
ARs 59/96, NStZ-RR
1997, 163, 165) -
und strafrechtlichen Literatur (vgl. etwa [X.], [X.]
1990, 417, 419 f.; [X.], [X.]O, S.
83 f.; [X.]tenberg, [X.]
1997, 45; [X.], [X.]
1996, 196; [X.], [X.]
1968, 215, 218
f.) als allgemeinkundigen Erfahrungssatz gefolgert, eine alkoholische [X.] erhöhe generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt-
und Sexualdelikte. Allerdings wird in der Rechtsprechung auch [X.]
-
25
-
hen, dass es trotz verbreiteten hohen Alkoholkonsums "nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat" kommt (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2004 -
5
StR
93/04, [X.]O, S.
242).
In der Wissenschaft herrscht bei anhaltender Forschung mittlerweile
eine gewisse Einigkeit darüber, dass alkoholassoziierte Gewaltkriminalität
auf einer komplexen Interaktion verschiedener biologischer, psychologischer und [X.] Faktoren beruht (vgl. [X.]/[X.], FortschrNeu-rolPsychiatr
2012,
441
f., 447; [X.]/[X.], [X.]O, S.
22; [X.], [X.]O, S.
120; [X.]/[X.], [X.]O). Ob der [X.]sch zu deliktischem Verhalten führt, hängt zudem nicht allein von dem [X.]den ab, namentlich dessen Prädispositionen in der Persönlichkeit, sondern auch von häufig gleichsam zu-fälligen situativen Umständen (vgl. schon [X.], Urteil vom 29.
Oktober 1957
-
5
StR
483/57, [X.] 1958, 28; [X.], [X.], 215, 218
f.; vgl. auch [X.]/[X.], [X.]O, S.
154; [X.]/[X.], [X.]O, 441, 445). Die [X.] Befunde sowie die hohe Komorbidität von anti[X.] Persönlich-keitsstörung und Substanzmissbrauch relativieren somit zwar die Vorstellung einer direkten kriminogenen Wirkung von Alkohol (vgl. [X.]/[X.], [X.]O), beseitigen sie jedoch nicht. Die Wirkungen starken Alkoholgenusses sind nicht sicher vorauszuberechnen (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
StR
78/50, [X.]St
1, 124, 126; vom 27.
März 2003 -
3
StR
435/02, [X.]O).
Das so beschriebene dem Alkoholkonsum selbst innewohnende Risiko zählt zum Allgemeinwissen. Es ist selbst Menschen von geringer [X.] in aller Regel bekannt (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Mai 1957 -
5
StR
127/57, [X.]St
10, 247, 251). [X.] weiß oder kann zumindest wissen, dass er mit seiner [X.] [X.] für unbestimmtes rechtliches Versagen (vor allem) gegenüber unerwartet auftretenden Anforderungen öffnet" ([X.] 47
48
-
26
-
[X.]O, S.
220; ebenso [X.] [X.]O, S.
83). Der Alkoholkonsum stellt somit für jedermann erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der [X.]de eine rechtswidrige Tat begeht, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder Rechtsgutsverletzung rea-lisiert (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2003 -
3
StR
435/02, [X.]O). Geht jemand dieses allgemeinkundige Risiko einer [X.] vorwerfbar ein, sind bereits allein dadurch das Handlungsunrecht seiner im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangenen Tat sowie die [X.] signifikant erhöht. Das gilt
nicht zuletzt im Verhältnis zu demjenigen Täter, der etwa auf-grund eines neurologischen oder hirnorganischen Defekts in einem nicht vor-werfbaren Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit handelt.
(2) Hiermit ist die Ansicht, die [X.] sei bereits dem Grunde nach davon abhängig, inwieweit der Täter infolge persönlicher Vorerfahrungen oder situativer Umstände einen -
zusätzlichen
-
Anhalt für die Gefahr eigenen deliktischen Verhaltens hat, nicht vereinbar. Derartige Gesichtspunkte sind zwar geeignet, das Maß der Schuld zu beeinflussen; sie sind indessen nicht konstitutiv für deren Begründung. Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwen-den, eine Schulderhöhung setze wenigstens Fahrlässigkeit in Bezug auf die Straftat als geringste Schuldform und damit die objektive und subjektive Vor-hersehbarkeit und [X.] während des [X.]s
voraus. Dieser Gesichtspunkt würde, wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat, im Ergebnis einen eigenständigen Pflichtwidrigkeitszusammen-hang zwischen dem [X.] und dem konkreten tatbestandlichen Un-recht im Sinne eines originären Fahrlässigkeitsvorwurfs konstituieren. Dies stünde im Widerspruch zu der fortbestehenden strafrechtlichen Verantwortlich-keit des [X.], der die Straftat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähig-keit begeht. Die schuldrelevante Berücksichtigung eines nicht im gesetzlichen 49
-
27
-
Tatbestand normierten Umstands setzt jedoch allein voraus, dass dieser vom Täter mit der Folge seiner Zurechenbarkeit zu verantworten ist. Dies zeigt sich etwa in der Regelung des § 46 Abs. 2 [X.], der zahlreiche [X.] benennt, die nicht mit dem strafbarkeitsbegründenden Handeln selbst in einem Beziehungszusammenhang stehen müssen. Hinzu kommt, dass die genannte Auffassung den Betrachtungswinkel auf die enthemmende und hierdurch teilweise aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ein-schränkt. Damit lässt sie einen wesentlichen Teil rauschbedingter Gefahren-quellen, insbesondere die herabgesetzte Beherrschung körperlicher und geisti-ger Kräfte, außer Betracht. Diese hindert den Betrunkenen vielfach, den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachzukommen, was sich in einer Vielzahl denkbarer strafrechtlich relevanter Verfehlungen niederschlagen kann (vgl. schon Begründung zu § 351 [X.] im
Entwurf eines Strafgesetz-buches von 1960 [[X.]], BT-Drucks. [X.]/2150 S. 498 und im
Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 [[X.]], BT-Drucks. IV/650 S. 537).
(3) Damit steht im Einklang, dass nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s auch im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne die Berücksichtigung der verschuldeten [X.] für sich als schuldre-levantes Merkmal zulässig ist, ohne dass dies von einer darüber hinausgehen-den subjektiven Beziehung zu der später begangenen Tat abhängig ist. [X.] das Tatgericht etwa wegen alkoholbedingter erheblich verminderter Schuld-fähigkeit des [X.] den nach §
49 Abs.
1 [X.] gemilderten Strafrahmen an, darf es nach allgemeiner Meinung bei der Straffindung innerhalb dieses Straf-rahmens in die Abwägung strafschärfend den Umstand mit einbeziehen, dass der Täter den Zustand schuldhaft herbeigeführt hatte (vgl. [X.], Beschluss vom
24.
März 1976 -
2
StR
101/76, [X.]St
26, 311, 312; ferner [X.], Urteile vom 21.
Juli 1984 -
1
StR
330/84, [X.], 548; vom 9.
Februar 2000
50
-
28
-
-
3
StR
392/99, [X.], 166, 168; Beschluss vom 2.
Juli 1985 -
1
StR 280/85, NJW 1986, 793, 794; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5.
Aufl., Rn.
1127; [X.] in [X.] [Hrsg.], Reform des [X.], 2001, [X.], S.
1, 43; S/[X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
46 Rn.
49). In diesem Zusammenhang ist -
soweit ersichtlich
-
die Forderung, die verschuldete [X.] dürfe -
als Grundlage für einen gerechten Schuldaus-gleich (§
46 Abs.
1 Satz
1 [X.])
-
nur gewürdigt werden, wenn eine für den Täter vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzel-falls festgestellt ist, noch nicht erhoben worden. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass insoweit berücksichtigungsfähige [X.]
(s. §
46 Abs.
1 Satz
2 [X.]) bemüht würden.
(4)
Dass es sich bei dem selbstverantwortlichen [X.] um ein tatschuldrelevantes Merkmal handelt, entspricht im Übrigen den den Regelun-gen des §
323a [X.] und des § 122 OWiG zugrundeliegenden Wertungen. Die Vorschriften lassen Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Beurteilung zu, dass es sich bei dem schuldhaft herbeigeführten [X.]sch nicht um eine sozialadäquate, wertneutrale Erscheinung handelt, sondern dass ihm als offenkundigem [X.] ein Unwert anhaftet, der geeignet ist, das Ob und das Wie strafrechtlicher Sanktionen zu bestimmen:
Im Hinblick auf die allgemeine Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des schwer [X.]n hat der Gesetzgeber das Sich-in-einen-[X.]sch-Versetzen in
§
323a [X.] und §
122 OWiG als ein selbständiges, rechtlich [X.] sanktionswürdiges Unrecht tatbestandlich normiert. Er hat lediglich die [X.] des schuldhaften [X.]s durch die Einfügung einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit bzw. der Bußgeldbewehrung dahin eingeschränkt, 51
52
-
29
-
dass ein "folgenloser" [X.]sch keine Sanktion nach sich ziehen soll. [X.] wird derjenige wegen der [X.] mit Strafe oder Geldbuße sanktioniert, der in diesem Zustand in rechtswidriger Weise einen Straf-
oder Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht und hierfür nicht bestraft oder mit Geldbuße belegt werden kann, weil er infolge des [X.]sches schuldunfähig war bzw. nicht vorwerfbar gehandelt hat oder dies zumindest nicht auszuschließen ist (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
StR 78/50, [X.]St
1, 124, 125; vom 2.
Mai 1961 -
1
StR
139/61, [X.]St
16, 124, 125
f.; vom 1.
Juni 1962
-
4
StR
88/62, [X.]St
17, 333, 334; vom 26.
Oktober 1965 -
1
StR
394/65, [X.]St
20, 284, 285; vom 22.
August 1996 -
4
[X.], [X.]St
42, 235, 242
f.; Beschlüsse vom 18.
August 1983 -
4
StR 142/82, [X.]St
32, 48, 55
f.; vom 17.
Oktober 1991 -
4
StR
465/91, [X.]R [X.] §
323a Abs.
2 Strafzumes-sung
5; KK/Rengier, OWiG, 4.
Aufl., §
122 Rn.
8 [X.]).
Vor diesem Hintergrund erklärt sich zwanglos, dass der Gesetzgeber das [X.] im Grundsatz als Unrecht bewertet, die Straf-
oder Ahnd-barkeit indes davon abhängig gemacht hat, ob bzw. in welchem Umfang sich die für die Rechtsgüter Dritter oder die Allgemeinheit gesteigerte Gefahr, die von einem [X.]n ausgeht, tatsächlich in einer konkreten rechtswidrigen Tat niedergeschlagen hat. Weder für die Straftat nach §
323a [X.] noch für die Ordnungswidrigkeit nach §
122 OWiG ist indes vorausgesetzt, dass sich der Täter im Zeitpunkt des
[X.]s bewusst war oder hätte bewusst sein können, dass er im [X.]sch zur Begehung von Straftaten oder ordnungswidri-gem Verhalten neige (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 1951 -
4
StR
78/50, [X.]St
1, 124, 125; vom 23.
November 1951 -
2
StR
491/51, [X.]St
2, 14, 18; vom 2.
Mai 1961 -
1
StR 139/61, [X.]St
16, 124, 127; Beschlüsse vom 15.
Oktober 1956 -
GSSt
2/56, [X.]St
9, 390, 394; vom 17.
Oktober 1991
-
4
StR
465/91, [X.]R [X.] §
323a Abs.
2 Strafzumessung
5;
53
-
30
-
Bohnert/Krenberger/[X.], OWiG, 4.
Aufl., §
122 Rn.
2, 14; [X.]/[X.], OWiG, 16.
Aufl., §
122 Rn.
7a; KK/Rengier, [X.]O, Rn.
25; [X.]/Kühl, [X.], 28.
Aufl., §
323a Rn.
14 [X.]; s. aber auch zu vielen abweichenden Stimmen in der Literatur MüKo[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
323a Rn.
57
ff. [X.]).
Die in den § 323a [X.], § 122 OWiG enthaltene Wertung ist schließlich nicht darauf zu reduzieren, dass einem [X.]sch nur dann strafrechtlich erhebli-ches Unrecht innewohnt, wenn er zumindest nicht ausschließbar zur völligen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führt (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2004 -
5 [X.], [X.]O, [X.]). Der hierauf begrenzte Anwendungsbereich der genannten Normen ist nicht Ausdruck eines nur beschränkten Straf-
und Rege-lungsbedürfnisses. Denn die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines nur erheb-lich vermindert schuldfähigen [X.] besteht fort. Hieraus folgt, dass es inso-weit einer gesonderten tatbestandlichen Erfassung des dem vorwerfbaren [X.]sch innewohnenden [X.] nicht bedarf.
bb)
[X.] steht im Einklang mit dem Willen des [X.]. Dieser hat die Entscheidung über die Strafmilderung bei erheblich ver-minderter Schuldfähigkeit gerade mit Blick auf die verschuldete [X.] dem tatrichterlichen Ermessen überantwortet. Im Einzelnen:
Der "Entwurf eines [X.]" von 1927 (vgl. [X.] und Preußischer St[X.]tsanzeiger vom 27.
November 1933; [X.]tenberg, [X.] 1997, 45, 47) hatte den zwingenden Ausschluss der Strafmilderung bei verschuldeter [X.] mit dem Hinweis
auf das [X.] abgelehnt und stattdessen erstmals eine "Kann"-Vor-schrift vorgesehen. Zu der mit einer solchen Regelung verfolgten Intention [X.] sich die Begründung des Entwurfs dahin, dass er es "dem richterlichen Ermessen (überlässt), zu entscheiden, ob und inwieweit eine selbstverschulde-54
55
56
-
31
-
te [X.], die die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließt, als strafmil-dernd zu berücksichtigen ist" ([X.], [X.]. Wahlperiode 1924/27, Nr. 3390, Begründung S. 15; abgedruckt in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [Hrsg.], Quellen zur Reform des Straf-
und Strafprozeßrechts, I.
Abt.: [X.], Bd.
1, 1995, S.
495). Mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohn-heitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.
November 1933 (RGBl.
I, S.
995) wurde die verminderte Zurechnungsfä-higkeit in §
51 Abs.
2 [X.] aF als fakultativer Strafmilderungsgrund erstmals kodifiziert.
Die [X.] in der Nachkriegszeit führten dazu, dass an der fa-kultativen Strafmilderung festgehalten und kein Milderungszwang eingeführt wurde, und mündeten letztlich in den seit dem 1.
Januar 1975 geltenden §
21 [X.]. Zum Ermessen heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Strafge-setzbuches von 1962 (E
1962): Ob die Schuld verringert ist, "beruht auf einer Gesamtwürdigung, bei der außer dem Grade der Schuldfähigkeit auch andere Umstände zu berücksichtigen sind; so die [X.]umstände (...), aber auch Schuldumstände vor der Tat (z.B. schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit). Dass die Milderung nur zugelassen und nicht vorgeschrieben ist, ermöglicht einen Ausgleich zwischen der Verminderung der Schuldfähigkeit einerseits und erschwerenden Schuldumständen andererseits bei der [X.]" (BT-Drucks. IV/650, S.
142; ebenso
-
wortlautidentisch
-
die Begründungen zum "Entwurf eines Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuches nach den Beschlüssen der [X.] in erster Lesung" von 1958 [E
1958, veröffentlicht vom Bundesministe-rium der Justiz, Begründung S. 30 f.]
und zum Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 [E
1960, [X.]. 270/60, S. 134]; s. hierzu [X.]tenberg, [X.] Schuldfähigkeit, 1984, S.
176). Durch die vorzugswürdige "elastischere" 57
-
32
-
Ermessensvorschrift erübrige sich eine Regelung über den zwingenden Aus-schluss der Strafrahmenmilderung bei selbstverschuldeten Bewusstseinsstö-rungen (vgl. BT-Drucks. IV/650, S.
142; ferner E 1958, [X.]O, Begründung S. 31; [X.], [X.]. 270/60, S. 134).
cc) Zusammenfassend kommt es nach alldem nicht mehr entschei-dungserheblich darauf an, ob mit dem vorlegenden [X.] anzunehmen ist, für die hiesige Lösung stritten weitere Gesichtspunkte, darunter etwa die Regelung des § 7 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2016 -
3 [X.], juris Rn. 43 ff.). Das Tatgericht überschreitet aus den dargelegten Gründen [X.] nicht die Grenzen des ihm bei der Entscheidung über eine Strafrah-menmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] eingeräumten Ermessens, wenn es im Rahmen der Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände in den Blick nimmt, dass der Angeklagte die [X.] selbst verschuldet hat. Ihm obliegt die Bewertung, ob das Gewicht dieses Umstands nach den Um-ständen des Einzelfalls hoch genug ist, um die aufgrund der erheblich vermin-derten Einsichts-
oder Steuerungsfähigkeit verringerte [X.] aufzuwiegen. An feste Regeln ist es dabei nicht gebunden.
58
-
33
-
3.
Da die Entscheidung -
zumindest auch -
auf den spezifischen Auswir-kungen des Alkoholkonsums und der allgemeinen Kenntnis hierüber beruht, ist davon abzusehen, die dargelegten Grundsätze der Anregung des [X.] folgend auf alle anderen Fälle vorwerfbarer [X.]schzustände zu erstrecken (vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. August 2004 -
5 [X.], [X.] 2005, 19).
[X.]

[X.]m

Sost-Scheible

Graf

[X.]

Schneider

König
[X.]

[X.]

Quentin

Gericke

59

Meta

GSSt 3/17

24.07.2017

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2017, Az. GSSt 3/17 (REWIS RS 2017, 7568)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7568

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 63/15

1 ARs 21/15

2 ARs 386/15

5 ARs 50/15

4 ARs 16/15

2 StR 504/15

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