Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2014, Az. KRB 48/13

Kartellsenat | REWIS RS 2014, 8430

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KRB 48/13
vom
23. Januar 2014
in dem Kartellbußgeldverfahren
gegen

-
2
-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23.
Januar 2014 durch die Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck und Dr.
Raum sowie den Richter Prof. Dr. Strohn

beschlossen:

Die Beschwerde der [X.]n gegen den Durchsu-chungsbeschluss des 4.
Kartellsenats des [X.] vom 12.
April 2013 wird aus den Gründen des [X.] vom 10.
Juli 2013 als unbegründet verworfen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1.
Entgegen der Auffassung der Verteidigung ergibt sich
für die hier zu beurteilende Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbe-schlusses aus der mit der 8.
[X.]-Novelle neu eingefügten Be-stimmung des §
81a [X.] nichts anderes.
Sie verpflichtet [X.] Personen zur Auskunft und Herausgabe von Unterlagen, die für die Rechtsfolgenbemessung von Bedeutung sind. Die
Vorschrift,
die allerdings zum Zeitpunkt des Erlasses
des [X.] noch nicht in [X.] war, dient der
Klarstellung, dass juristische Personen insoweit nicht unter Be-rufung auf
den Grundsatz, dass niemand sich selbst belasten
muss,
im
Bußgeldverfahren ihnen nachteilige Auskünfte ver-weigern dürfen (vgl. BT-Drucks.
17/9852, S.
34
f.). Dies wird insbesondere durch die
Regelung des Absatzes
3 verdeutlicht, wonach für den Betroffenen als natürliche Person weiterhin ein -
3
-
entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht gilt, über das er auch zu belehren ist.

Hiervon zu trennen ist die Frage, wann sich die Verfolgungsbe-hörde
mit einem Auskunfts-
und Herausgabeverlangen begnü-gen muss
und wann sie eine Durchsuchungsanordnung ergrei-fen darf. Dies ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls.
[X.] ist dabei, inwieweit die [X.] sich auf die Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Wahrhaftigkeit der [X.] und der hinzu überlassenen Unterlagen verlassen [X.]. Dies hängt von der bisher gezeigten
Kooperation und
da-von
ab,
ob
und inwieweit
die benötigten Unterlagen konkreti-sierbar sind
oder lediglich abstrakt bezeichnet werden können. Steht
-
was insbesondere bei Informationen nach §
81a Abs.
1 Nr.
2 [X.] häufig der Fall sein wird
-
nicht von vornherein fest, welche Unterlagen vorhanden sind und benötigt werden,
wer-den bloße Auskunfts-
und Herausgabeverlangen häufig nicht ausreichen, weil die [X.] nicht einmal deren Vollständigkeit überprüfen können.
Damit stünde die Entschei-dung, was den [X.] zur Verfügung gestellt werden soll, in weitem Umfang im Belieben der [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
September 2008

2
BvR
1800/07 Rn.
26).

Im vorliegenden Fall konnte das [X.] ersichtlich die für die Ermittlung des kartellbedingten Mehrerlöses
notwen-digen Transaktionsdaten nicht näher konkretisieren. Hinzu kommt,
dass die [X.] bislang nicht kooperiert hat. Sie ist nicht geständig und hat auch das Entstehen eines Mehr-erlöses bestritten. Obwohl ihr aus dem Parallelverfahren be--
4
-
kannt
war, dass von den [X.]n dort die notwendi-gen Unterlagen freiwillig vorgelegt worden
waren, hatte sie [X.] entsprechende Bereitschaft bekundet. Bei einer solchen Sachlage musste sich das [X.] nicht auf ein Her-ausgabeverlangen beschränken.

2.
Es
wurde keine Durchsuchung bei nicht tatverdächtigen [X.] (§
103 [X.]) angeordnet. [X.] ist nämlich die Neben-betroffene, die durch ihre Organe oder durch die von diesen Beauftragten handelt. Aus der eigenständigen [X.] gemäß §
30 OWiG
ergibt sich zugleich, dass die juristi-sche Person wie ein Täter zu behandeln ist und damit auch Träger eines Tatverdachts sein kann ([X.]/[X.] in [X.]/Mestmäcker, [X.], 4.
Aufl., Vor §
81 Rn.
222; a.[X.] in Satzger/Schluckebier/[X.], [X.], §
102 Rn.
7). Insoweit sind diejenigen Personen, die in Funktionen in dem Unternehmen tätig sind, die im
Zusammenhang mit der Kartellordnungswidrigkeit stehen können, keine nicht tatver-dächtigen [X.] im Sinne des §
103
[X.].
Der Senat muss hier nicht entscheiden, wie weit der Kreis
der für die juristische Person handelnden Mitarbeitern gezogen werden darf, auf die sich entsprechende Durchsuchungsmaßnahmen erstrecken dürfen. Die im Durchsuchungsbeschluss vorgenommene [X.] auf den Personenkreis, der für "Aufsicht, Einkauf, Disposition, Kalkulation, Preisfestsetzung, Vertrieb und Control-ling verantwortlich ist", begegnet jedenfalls keinen Bedenken. Die Durchsuchung darf diese nach ihrer Funktion bestimmten [X.] einbeziehen, weil bei diesen auf-grund kriminalistischer Erfahrung die begründete Aussicht [X.], dass der Zweck der Durchsuchung erreicht werden kann,
-
5
-
ohne dass bereits
eine Beschuldigten-
(bzw. Betroffenen-)
Stellung in ihrer Person gegeben sein
muss
(vgl. [X.], [X.], 56.
Aufl., §
102
Rn.
3; [X.] in [X.], [X.],
2.
Aufl., §
102 Rn.
1).

Der hinreichende Verdachtsgrund liegt in dem Tatverdacht ge-gen die juristische Person, aus dem sich eine bestimmte Auffin-dewahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass sich
bei den für sie [X.] natürlichen Personen entsprechende Beweismittel [X.] lassen (vgl. [X.], NJW 2003, 2669, 2670).
Diese Vor-aussetzung beachtet die angefochtene Entscheidung. Die Er-streckung des [X.] auf die "dort befind-lichen Privaträume" der Mitarbeiter ist offensichtlich so zu [X.], dass der Durchsuchung auch ein privater Bereich der
-
6
-
mittelbar Verdächtigen in den Geschäftsräumen des [X.] unterliegt. Dies begegnet wegen des unmittelbaren [X.] mit der Tätigkeit dieses Personenkreises gleich-falls keinen Bedenken.

Meier-Beck
Raum
Strohn
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 12.04.2013 -
VI-4 Kart 7/10 (OWi) -

Meta

KRB 48/13

23.01.2014

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2014, Az. KRB 48/13 (REWIS RS 2014, 8430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8430

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

KRB 48/13 (Bundesgerichtshof)

Kartellbußgeldverfahren: Durchsuchungsbeschluss gegen Nebenbetroffenen zur Sanktionsbemessung


KRB 59/07 (Bundesgerichtshof)


KRB 86/20 (Bundesgerichtshof)

Kartellbußgeldsache: Festsetzung der Geldbuße gegen eine juristische Person im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge; Übergang der Zahlungsverpflichtung …


KRB 1/07 (Bundesgerichtshof)


KRB 2/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.