Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2017, Az. V ZB 7/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9207

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[X.]:[X.]:BGH:2017:220617BVZB7.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 7/17
vom

22. Juni 2017

in der [X.]sa[X.]he

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 22. Juni 2017
dur[X.]h die Vorsitzende Ri[X.]hterin Dr.
Stresemann, die Ri[X.]hterinnen Dr.
[X.] und [X.] und
die Ri[X.]hter Dr.
Kazele und Dr.
Hamdorf

bes[X.]hlossen:

Auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerde wird festgestellt, dass der Bes[X.]hluss des [X.] vom 8. November 2016 und der Bes[X.]hluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 9.
Dezember 2016 den Betroffenen in seinen Re[X.]hten verletzt haben.

Geri[X.]htskosten werden in allen Instanzen ni[X.]ht erhoben. Die zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste 2012 na[X.]h [X.] ein. Das [X.] lehnte seinen Asylantrag im Jahre 2013 ab, forderte ihn zum Verlassen der [X.]
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auf und drohte ihm die Abs[X.]hiebung na[X.]h [X.] an. Seine gegen diesen Be-s[X.]heid geri[X.]htete Klage wies das Verwaltungsgeri[X.]ht mit Urteil vom 20.
Juni
2016 zurü[X.]k. Am 7. November 2016 versu[X.]hte der Betroffene, von [X.] kommend als Beifahrer in einem PKW auf der Bundesautobahn A
93 na[X.]h [X.] einzureisen. Kurz hinter der Landesgrenze wurde er an einer Grenzkontrollstelle der beteiligten Behörde an der Tank-
und [X.] kontrolliert. Ihm wurde die Einreise in das [X.] verweigert.

Das Amtsgeri[X.]ht hat auf Antrag der beteiligten Behörde mit Bes[X.]hluss vom 8. November 2016 Haft zur Si[X.]herung der Zurü[X.]kweisung des Betroffenen bis längstens 10. Mai 2017 angeordnet. Seine Bes[X.]hwerde hat das [X.] mit der Maßgabe zurü[X.]kgewiesen, dass die Haft längstens bis zum 6. Mai 2017 angeordnet wird. Mit seinem Re[X.]htsmittel beantragt der Betroffene die Aufhe-bung der Bes[X.]hwerdeents[X.]heidung im Umfang der Zurü[X.]kweisung seiner Be-s[X.]hwerde sowie die Feststellung, dass ihn die Bes[X.]hlüsse des Amtsgeri[X.]hts und des [X.]s in seinen Re[X.]hten verletzt haben. Die Behörde beantragt die Zurü[X.]kweisung des Re[X.]htsmittels.

II.

Das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht meint, der Betroffene sei auf Grund der ni[X.]ht unmittelbar vollziehbaren Zurü[X.]kweisungsents[X.]heidung zu Re[X.]ht na[X.]h § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] in Haft genommen worden. Die Einreiseverweigerung sei zu Re[X.]ht erfolgt, weil der Betroffene ni[X.]ht über den für eine Einreise erfor-derli[X.]hen Titel verfügt habe. Die [X.] sei verhältnismäßig, da anderenfalls die Gefahr bestünde, dass der Betroffene si[X.]h der Zurü[X.]kweisung na[X.]h [X.] ni[X.]ht stellen und untertau[X.]hen werde. Hierfür spre[X.]he sowohl 2
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seine Weigerung, an einer Passersatzbes[X.]haffung mitzuwirken, als
au[X.]h der Umstand, dass er na[X.]h eigenen Angaben bei seiner Einreise im Jahre 2012 eivergebli[X.]h aufgewendet wäre, wenn der Betroffene na[X.]h [X.] zurü[X.]kkehrte.

III.

Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und au[X.]h im Übrigen zulässige Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist begründet. Der Betroffene ist dur[X.]h den die Haft anordnenden Bes[X.]hluss des Amtsgeri[X.]hts und die Bes[X.]hwerdeents[X.]heidung des [X.]s in seinen Re[X.]hten verletzt. Es fehlt bereits an einem zulässigen Haftantrag.

1. Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzli[X.]hen Anforde-rungen an die Begründung entspri[X.]ht. Erforderli[X.]h sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepfli[X.]ht, zu den Abs[X.]hiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderli[X.]hkeit der Haft, zu der Dur[X.]hführbarkeit der Abs[X.]hiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des [X.] knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die ri[X.]hterli[X.]he Prüfung des Falls wesentli[X.]hen Punkte an-spre[X.]hen. Fehlt es daran, darf die beantragte [X.] ni[X.]ht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Bes[X.]hlüsse vom 31. Januar 2013 -
V [X.], [X.] 2013, 130 Rn.
15, vom 9.
Oktober 2014 -
V [X.], [X.] 2015, 39 Rn.
6, vom 22. Oktober 2015 -
V [X.], [X.] 2016, 108 Rn.
15 und vom 30. März 2017 -
V [X.], juris
Rn.
6).
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2. Dana[X.]h war der Haftantrag der beteiligten Behörde mangels hinrei-[X.]hender Angaben zu der erforderli[X.]hen Dauer der Haft (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr.
4 FamFG) unzulässig.

a) In dem Antrag wird ausgeführt, dass für die Passersatzbes[X.]haffung, an
der der Betroffene ni[X.]ht mitwirke, dur[X.]h das zuständige Referat der beteilig-ten Behörde die nötigen Unterlagen besorgt und bei der pakistanis[X.]hen [X.] eingerei[X.]ht werden müssten. Dana[X.]h würden diese na[X.]h [X.] ver-sandt, um dort über die Fingerabdrü[X.]ke die zugeteilte Personalnummer zu er-fahren.
Erst mit dieser könne die Bots[X.]haft einen Pass ausstellen. Na[X.]h Anga-ben des zuständigen Referats dauere die Passbes[X.]haffung in [X.] na[X.]h [X.] könne mit der Flugbu[X.]hung begonnen werden, die vorliegend nur als Char-ter-
bzw. Frontexabs[X.]hiebung mögli[X.]h sei. Mit einer Bestätigung des Fluges sei innerhalb eines Monats zu re[X.]hnen.

b) Diese Ausführungen sind vor dem Hintergrund, dass die Haft ni[X.]ht nur in Verfahren der Abs[X.]hiebungshaft na[X.]h § 62 Abs. 1 Satz 2 [X.], sondern allgemein na[X.]h dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf die kürzest mögli-[X.]he Dauer zu bes[X.]hränken ist (Senat, Bes[X.]hluss vom 10. Mai 2012

V
ZB
246/11, [X.] 2012,
225 Rn. 10), unzurei[X.]hend (vgl. Senat, Bes[X.]hluss vom 12. Oktober 2016 -
V [X.], juris Rn. 7; Bes[X.]hluss vom 31.
März 2017
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V [X.], juris Rn. 2; Bes[X.]hluss vom 1. Juni 2017 -
V [X.], zur [X.] bestimmt). Die Angabe einer Hö[X.]hstdauer (r-derli[X.]hkeit der Haftdauer für den konkreten Antrag ni[X.]ht begründen, weil
ni[X.]ht erkennbar wird, ob es si[X.]h bei der Dauer von fünf Monaten um den Regel-
oder um einen seltenen Ausnahmefall handelt. Variiert die Dauer der Passersatzbe-s[X.]haffung für das betreffende [X.] bei Anwendung desselben Verfahrens, 6
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ist die Behörde daher gehalten, in dem Haftantrag den Zeitraum anzugeben, den sie na[X.]h den allgemeinen Rahmenbedingungen und den konkreten Um-ständen im Fall des Betroffenen voraussi[X.]htli[X.]h benötigen wird.

[X.]) Der Mangel wurde im weiteren Verfahren ni[X.]ht geheilt, da weder die Haftri[X.]hterin no[X.]h das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht ergänzende Feststellungen zur erfor-derli[X.]hen Dauer der Haft getroffen haben. Das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht hat zwar den erforni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h, dass diese von den Angaben im Haftantrag abwei[X.]hende [X.] auf einer ergänzenden Sa[X.]haufklärung beruht. Zudem hätte der [X.] zu etwaigen ergänzenden Angaben der Behörde persönli[X.]h angehört werden müssen (st. Rspr.; vgl. Senat, Bes[X.]hlüsse vom 16. Juli 2014

V
ZB
80/13, [X.] 2014, 384 Rn. 21 ff., vom 11. Februar 2016

V
ZB
24/14, juris Rn.
9 und vom 15. September 2016 -
V [X.], juris Rn.
9).

9
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IV.

Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Bes[X.]hwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann [X.] [X.]

Kazele Hamdorf

Vorinstanzen:
[X.], Ents[X.]heidung vom 08.11.2016 -
1 [X.] 149/16 -

LG [X.], Ents[X.]heidung vom 09.12.2016 -
4 T 3893/16 -

10

Meta

V ZB 7/17

22.06.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2017, Az. V ZB 7/17 (REWIS RS 2017, 9207)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9207

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V ZB 20/12

V ZB 127/13

V ZB 79/15

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V ZB 74/17

V ZB 39/17

4 T 3893/16

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