Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. V ZB 5/05

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4040

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[X.]BESCHLUSS [X.]

vom 14. April 2005 in der Zwangsverwaltungssache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 788 Abs. 1

Aufwendungen des Gläubigers, deren Zweck nicht darin besteht, die [X.] der titulierten Forderung zu erreichen, stellen keine von dem Schuldner zu erstattenden notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung dar.

[X.], [X.]. v. 14. April 2005 - [X.] - LG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg - 2 -

- 3 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 14. April 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], Dr. [X.], Zoll und die Richterin [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 84. Zivilkammer
des [X.] vom 15. Dezember 2003 wird auf Kosten der Gläubiger zurückgewiesen. Der Gegenstandwert des [X.] beträgt 12.209,18 •. Gründe: [X.] Der Schuldner ist Miteigentümer des Grundstücks [X.]

in [X.]. Das Grundstück ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt. Der Mitei-gentumsanteil des Schuldners ist mit dem Sondereigentum an einer rund 146 qm großen Wohnung verbunden, die der Schuldner bewohnt. Am 25. August 2000 erwirkten die Gläubiger, die übrigen Mitglieder der [X.], wegen [X.] einen Titel gegen den Schuld-ner über 5.181,79 DM zuzüglich 5% Zinsen seit dem 13. Juli 2000. Aufgrund des Titels beantragten sie am 23. September 2000 die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums des Schuldners. Mit am 19. Oktober 2000 zugestelltem [X.]uß vom 12. Oktober 2000 ordnete das Amtsgericht die Zwangsverwal-tung an und bestellte einen Zwangsverwalter. - 4 -

Dieser forderte mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 den Schuldner auf, etwaige Vermietungserlöse an ihn zu überweisen. Da der Schuldner die [X.] selbst bewohnt, setzte der Zwangsverwalter den unentbehrlichen Wohn-raum fest und verlangte mit Schreiben vom 18. April 2001 von dem Schuldner für die Nutzung von 100 qm Wohnung eine monatliche Zahlung von 1.400 DM. Die Aufforderung blieb ohne Erfolg. Zur Deckung der Kosten der Verwaltung verlangte und erhielt der Verwalter von den Gläubigern in der Folgezeit [X.] in Höhe von insgesamt 12.146,80 •, die er im wesentlichen dazu [X.], das auf die Wohnung des Schuldners entfallende Wohngeld von mo-natlich 774,27 DM für den Zeitraum seit dem 1. Oktober 2000 an die [X.] zu bezahlen. Die Gläubiger haben die Festsetzung ihrer Vorschußzahlungen zuzüg-lich 62,38 • gerichtlicher Kosten des Zwangsverwaltungsverfahrens als Kosten der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubiger ist erfolg-los geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie den Festsetzungsantrag weiter. I[X.] Das [X.] führt aus, gem. § 788 Abs. 1 ZPO habe ein Schuldner nur die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zu tragen. Allein diese seien gem. §§ 788 Abs. 2, 103 Abs. 2 ZPO der Festsetzung zugänglich. Um derartige Kosten handele es sich bei den geltend gemachten Kosten nicht, zu-mal den Gläubigern bekannt gewesen sei, daß der Schuldner die Wohnung selbst bewohnt und die Zwangsverwaltung von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg geboten habe. - 5 -

Dies hält der Rechtsbeschwerde stand. II[X.] [X.] hat die von den Gläubigern beantragte Festset-zung zu Recht abgelehnt. Nach § 788 ZPO sind Aufwendungen eines [X.] nur dann beitreibungs- und damit festsetzungsfähig, wenn es sich bei den Aufwendungen um Kosten der Zwangsvollstreckung handelt und diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Daran fehlt es. 1. Soweit die Gläubiger mit ihren Vorschußleistungen das Ziel verfolgt haben, in Höhe der Wohngeldforderungen der Eigentümergemeinschaft für den Zeitraum ab der Anordnung der Zwangsverwaltung bei einer Zwangsversteige-rung des Wohnungseigentums ein Befriedigungsrecht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu erwerben, ist schon zweifelhaft, ob die Zahlungen überhaupt Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO darstellen (vernei-nend [X.]/[X.], ZPO, 22. Aufl., § 788 [X.]. 19). Auf keinen Fall jedoch sind sie notwendige Kosten der [X.], die der Schuldner zu erstatten hat. a) Der Begriff der Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 ZPO ist in der juristischen Literatur umstritten. Die herrschende Meinung setzt sich für eine enge Auslegung der Vorschrift ein. Danach sind unter den Kosten der Zwangsvollstreckung nur solche Aufwendungen zu verstehen, die unmittel-bar und konkret zum Zweck der Vorbereitung und Durchführung der Zwangs-vollstreckung gemacht werden ([X.][X.], 2. Aufl., § 788 [X.]. 10; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 788 [X.]. 2; [X.] in Voll-streckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 788 ZPO [X.]. 6; [X.]/ - 6 -

[X.], aaO, § 788 ZPO [X.]. 8 m.w.[X.]; [X.]/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., [X.]). Demgegenüber vertritt eine an-dere Auffassung einen weitergehenden Kostenbegriff, nach dem sämtliche Aufwendungen des Gläubigers erfaßt sind, die anläßlich der Zwangsvollstrek-kung entstanden oder kausal auf diese zurückzuführen sind ([X.]/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 788 [X.]. 3; [X.], [X.] 1989, 1, 10). Ungeachtet die-ser Unterschiede stimmen beide Auffassungen darin überein, daß nur solche Aufwendungen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO sind, deren Zweck darin besteht, die Befriedigung der titulierten Forde-rung zu erreichen ([X.], [X.] 1989, 1, 3). Hieran fehlt es, soweit die Aufwendungen des Gläubigers Maßnahmen außerhalb des Titels zum Ziel ha-ben ([X.][X.], aaO, § 788 [X.]. 14; Musielak/[X.], aaO, § 788 [X.]. 5; [X.], aaO, § 788 [X.]. 7 a.E.). Dem dürfte zuzustimmen sein. Mit § 788 ZPO soll dem Gläubiger ein vereinfachtes Verfahren zur Verfügung gestellt werden, um dessen [X.] auch hinsichtlich der Vollstreckungskosten zu ermöglichen. Die [X.] besteht darin, daß der Gläubiger zur Durchsetzung der Vollstreckungs-kosten nicht darauf angewiesen ist, eine erneute Klage wegen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erheben (Rosen-berg/Gaul/Schilken, aaO, [X.]). Die Vollstreckungskosten können vielmehr ohne größeren Aufwand entweder vom Vollstreckungsorgan "zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch" beigetrieben oder aber von dem Vollstreckungsgericht festgesetzt werden. Eine von dem Prozeßgericht zuvor zu treffende Kostengrundentscheidung fordert das Gesetz - anders als im Erkenntnisverfahren - nicht. Entscheidend hierfür ist, daß die Verpflichtung des Schuldners, die Vollstreckungskosten zu tragen, aus dem [X.] 7 -

zip folgt. Danach hat der Schuldner die Vollstreckungskosten schon deshalb zu tragen, weil er durch die Nichterfüllung des titulierten Anspruchs die Entste-hung dieser Kosten veranlaßt hat ([X.][X.], aaO, § 788 ZPO [X.]. 1; Musielak/[X.], aaO, § 788 ZPO [X.]. 1; [X.]/[X.], aaO, § 788 ZPO [X.]. 4; [X.]/Gaul/Schilken, aaO, [X.]). Die Rechtfertigung hierfür ergibt sich aus der Weigerung des Schuldners, den vollstreckbaren [X.] zu erfüllen. Der Titel in der Hauptsache stellt die Grundlage auch für die Festsetzung der Vollstreckungskosten dar [X.], Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung, 1881, Begründung zu § 646 [X.]; vgl. [X.], [X.], 17. Aufl., [X.]. [X.]. 40; [X.]/Stöber, aaO, § 788 ZPO [X.]. 18). Daraus folgt indessen, daß die Beitreibung bzw. Festsetzung nach § 788 ZPO nur für solche Aufwendungen offen steht, die auf die Durchsetzung des titulierten Anspruchs gerichtet sind. Verhält es sich so nicht, greift das [X.] nicht ein. Maßgeblicher Anlaß für die Aufwendungen des [X.] ist in diesem Fall nicht die Weigerung des Schuldners, die titulierte Forde-rung zu erfüllen, sondern ein Verhalten des Schuldners außerhalb des [X.]. Damit aber sind die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren zum Ausgleich der Aufwendungen des Gläubigers gem. § 788 ZPO nicht erfüllt. b) So liegt es, soweit die Gläubiger mit ihren Vorschußzahlungen, das Ziel verfolgt haben, für die laufenden, nicht titulierten Wohngeldforderungen in der Versteigerung des Wohnungseigentums die [X.] von § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu erreichen. Ob eine solche Sicherungsmöglichkeit tatsächlich [X.], wurde zum Zeitpunkt der Vorschußleistungen in der Rechtsprechung der - 8 -

Instanzgerichte unterschiedlich beurteilt (bejahend [X.], [X.], 225; [X.], [X.], 635; [X.], [X.]. [X.] 2001, 335; [X.], [X.], 156; ablehnend [X.], Rpfleger 1998, 482; [X.], [X.], 626; O[X.], [X.], 627; [X.], Rpfleger 2000, 80; [X.], Rpfleger 2001, 92; LG [X.]urg, [X.], 395). Mittlerweile hat der [X.] mit Urteil vom 10. April 2003 ([X.] 154, 387, 391) die Frage dahin entschieden, daß Leistungen des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers nur dann Vorrang genießen, wenn diese sich im Einzelfall objekterhaltend oder -verbessernd ausgewirkt haben. c) Andererseits zielen die Vorschußzahlungen auch darauf ab, die Zwangsverwaltung als Vollstreckungsmaßnahme überhaupt zu ermöglichen, weil diese sonst aufgehoben werden kann (§ 161 Abs. 3 [X.]). Ob sie deswe-gen nicht doch als Vollstreckungskosten anzusehen sind, kann jedoch offen bleiben, weil sie insoweit jedenfalls nicht notwendig waren. 2. Auch soweit die Gläubiger an den Zwangsverwalter Vorschüsse ge-leistet haben, die von dem Verwalter nicht zur Zahlung von Wohngeld an die Eigentümergemeinschaft verwendet worden sind, scheidet die Festsetzung gegen den Schuldner aus. Auch hier fehlt es an der Voraussetzung, daß der Aufwand der Gläubiger zur Vollstreckung gegen den Schuldner notwendig war, § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Notwendigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme ist nach dem Stand-punkt des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme zu bestimmen. [X.] ist, ob der Gläubiger bei verständiger Würdigung der Sachlage die Maß-nahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich - 9 -

halten durfte ([X.], [X.]. v. 18. Juli 2003, [X.] 146/03, NJW-RR 2003, 1581; [X.]. v. 10. Oktober 2003, [X.] 183/02, [X.] 2004, 24 f.). Daran fehlt es, wenn die Zwangsvollstreckungsmaßnahme für den Gläubiger erkenn-bar aussichtslos ist. So verhält es sich insbesondere, wenn frühere [X.] fruchtlos verlaufen sind und keine Hinweise auf Änderungen in den Vermögensverhältnissen des Schuldners bestehen (Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 788 [X.]. 7; [X.], aaO, § 788 [X.]. 7; [X.]/Jonas/ Münzberg, aaO, § 788 [X.]. 26; [X.]/Stöber, aaO, § 788 [X.]. 9a; jeweils m.w.[X.]). a) Gemessen daran sind die von den Gläubigern geleisteten Vorschüsse nicht nach § 788 Abs. 2 ZPO festsetzungsfähig. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] war den Gläubigern, als sie den [X.] auf Zwangsverwaltung stellten, bekannt, daß der Schuldner über kein Vermögen mit Ausnahme der von ihm bewohnten Wohnung verfügte und deren Vermietung nicht in Betracht kam. Damit war die Zwangsverwaltung von [X.] an nicht geeignet, zur Befriedigung der titulierten Forderung zu führen (Armbrüster WE 1999, 14, 19). Im Hinblick auf die Vorschußzahlungen der Gläubiger tritt hinzu, daß die erste Zahlung erbracht worden ist, nachdem ein anderweitiger Vollstreckungsversuch fruchtlos verlaufen war und die Gläubiger erfahren hatten, daß der Schuldner von Sozialhilfe lebt. b) Entsprechendes gilt, soweit die Gläubiger die Festsetzung der [X.] Kosten des Zwangsverwaltungsverfahrens gegen den Schuldner beantragen. Dieses Verfahren war von Anfang an offensichtlich nicht geeignet, zur Befriedigung der Gläubiger zu führen. Soweit der Zwangsverwalter später aufgrund der Größe der Wohnung angenommen hat, daß einzelne Räume für den Hausstand des Schuldners entbehrlich seien (§ 149 Abs. 1 [X.]) und der - 10 -

Schuldner für die Nutzung dieser Räume Entgelt zu leisten habe, war [X.], daß der Schuldner einem Zahlungsverlangen nachkommen würde. Die Annahme, ein Wohnungseigentümer, der monatlich 774,27 DM Wohngeld nicht zahlen kann, sei bereit und in der Lage, monatlich 1.400 DM als Entgelt für die Nutzung eines Teils seiner Wohnung an einen Zwangsverwalter zu [X.], ist durch nichts gerechtfertigt. Die Gläubiger berufen sich selbst auf einen Erfahrungssatz, nach welchem "die Nichtzahlung der laufenden Haus-gelder damit einher (gehe), daß der Schuldner generell zahlungsunfähig" sei. Für die Möglichkeit, einzelne Räume zu vermieten, ist nichts ersichtlich. [X.] haben die Gläubiger auch nicht behauptet. II[X.] [X.] ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.]
Zoll [X.]

Meta

V ZB 5/05

14.04.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. V ZB 5/05 (REWIS RS 2005, 4040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4040

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