Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2013, Az. 3 StR 282/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2007

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Gegenstand

Strafzumessung: Berücksichtigung von zulässigem Prozessverhalten zu Lasten eines Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2013 wird

a) das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe III. 3 und III. 4 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das Urteil aufgehoben,

aa) im Fall III. 1 der Urteilsgründe; insoweit bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten;

bb) mit den zugehörigen Feststellungen im gesamten verbleibenden Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, sexueller Nötigung in drei Fällen und sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] im [X.] 1 hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat insoweit zwar festgestellt, dass der Angeklagte die damals dreizehnjährige Schulfreundin seiner Stieftochter veranlasste, sein Geschlechtsteil in den Mund zu nehmen. Ein solches Verhalten erfüllt aber nur dann den subjektiven Tatbestand der § 176 Abs. 1 und § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn der Täter bezüglich des kindlichen Alters seines Opfers zumindest bedingt vorsätzlich handelt (LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176 Rn. 19 mwN). Hierzu hat die [X.] keine Feststellungen getroffen. Dass der Angeklagte bei Begehung der Tat im Mai 2009 und damit rund sieben Monate vor dem 14. Geburtstag des Mädchens jedenfalls mit der Möglichkeit rechnete, dass das Tatopfer noch nicht vierzehn Jahre alt war, und dies billigend in Kauf nahm, lässt sich weder der Schilderung des äußeren Sachverhalts noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen.

3

Das Urteil war deshalb insoweit aufzuheben. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Sachverhalt können allerdings aufrechterhalten bleiben.

4

2. Hinsichtlich der Fälle III. 2, 5 und 6 der Urteilsgründe hat der Strafausspruch keinen Bestand. Die [X.] hat insoweit zuungunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Geschädigte sich [X.] nicht nur mehrfachen polizeilichen Vernehmungen und den Explorationsgesprächen für das aussagepsychologische Gutachten stellen musste, sondern auch der Zeugenvernehmung durch die Kammer. Die Vernehmungen der Geschädigten sowie deren Glaubhaftigkeitsbegutachtung, die durch Besonderheiten in ihrer Persönlichkeit veranlasst war, waren jedoch nur deshalb erforderlich, weil der Angeklagte die Tat bestritten hat. Hierzu war er befugt. Ein zulässiges Prozessverhalten des bestreitenden Angeklagten darf aber nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2000 - 2 StR 401/00, [X.]R StGB § 176 Abs. 1 Strafzumessung 4; vgl. auch Beschluss vom 13. Juni 2000 - 4 StR 179/00, [X.], 74 f.). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die rechtsfehlerhafte Berücksichtigung der genannten Umstände bei den Einzelstrafen in den verbleibenden Fällen III. 2, 5 und 6 zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, war das Urteil in den Einzelstrafaussprüchen und damit auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufzuheben.

5

Der neue Tatrichter wird unter Berücksichtigung seiner Entscheidung im [X.] 1 sowie der erfolgten Einstellungen den Schuldspruch insgesamt neu zu fassen haben.

Becker                         Pfister                           Schäfer

                Gericke                        [X.]

Meta

3 StR 282/13

15.10.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mönchengladbach, 18. Januar 2013, Az: 32 KLs 2/12

§ 46 StGB, § 176 Abs 1 StGB, § 136 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2013, Az. 3 StR 282/13 (REWIS RS 2013, 2007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2007

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 320/18

3 StR 332/13

3 StR 272/13

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