Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. IV ZR 318/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2736

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[X.]:[X.]:BGH:2017:081117BIVZR318.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 318/16
vom
8. November 2017
in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.] und Dr.
Bußmann

am 8. November 2017

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten ge-gen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 19. Oktober 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf deren Kosten mit Ausnahme der außer-gerichtlichen Kosten der Streithelferin, die diese selbst trägt, zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die Klägerin, die Möbel herstellt,
macht einen Leistungsanspruch aus einer Transportversicherung geltend.

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Im Jahre 2011 verschickte sie verschiedene Ausstellungsstücke per Lkw zu einer Möbelmesse nach [X.]. Mit der Durchführung des Transports war die Streithelferin der Beklagten beauftragt. Hierfür hatte die Klägerin
bei der Beklagten eine Transportversicherung in Form einer Ausstellungsversicherung abgeschlossen. Dieser Versicherung lagen "Allgemeine Bedingungen für die Ausstellungsversicherung ([X.] 1988) -
Fassung Januar 2008 -" der Beklagten (im Folgenden nur: [X.]) zugrunde, in denen es unter "2 Ausschlüsse" unter anderem heißt:

"2.1
Ausgeschlossen sind die Gefahren

2.1.3
der Beschlagnahme, Entziehung oder sonstiger Ein-griffe von hoher Hand;

2.2
Ausgeschlossen sind Schäden, verursacht durch

2.2.2
Fehlen oder Mängel der Verpackung;

"

Die Klägerin behauptet, die bei der Verladung ordnungsgemäß in speziell für den Transport angefertigten Kisten verpackten Exponate [X.] in [X.] angekommen, nachdem der [X.] Zoll [X.] aus den Kisten herausgenommen und anschließend lose in die Transportkisten "geschmissen"
und unzureichend verpackt zum [X.] verbracht habe. Hierdurch sei ein Schaden von 7.470

t-standen. Diesen Betrag nebst Zinsen verlangt die Klägerin von der [X.] ersetzt.

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Die Beklagte beruft sich auf die vorstehend zitierten [X.].

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr
stattgegeben.

I[X.] Das Berufungsgericht hat es als erwiesen angesehen, dass die versicherten Exponate bei der Aufgabe zum Transport unversehrt und ordnungsgemäß verpackt gewesen und beschädigt in [X.]
angekom-men seien.

Weiter hat es
ausgeführt, dass die Ausschlussklausel der Ziffer 2.1.3 [X.] nicht eingreife, weil der Schaden nicht bei der [X.] selbst entstanden sei. Ob die Beschädigungen an den Möbeln bereits beim "Hineinschmeißen" in die Kisten oder erst beim anschließenden Transport zum Messestand der Klägerin entstanden seien, sei unerheb-lich.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die die Wieder-herstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

II[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; der Rechtssache kommt -
an[X.] als das Berufungsgericht gemeint hat -
insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von
§
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

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1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. [X.] genügt es nicht, dass eine Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen abhängt. Erforderlich ist vielmehr, dass deren Auslegung über den konkreten Rechtsstreit hin-aus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder den beteiligten Verkehrs-kreisen umstritten ist (Senatsbeschluss vom 12. September 2012 -
IV ZR 64/11, VersR
2013, 300 Rn. 6 m.w.N.; st. Rspr.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat das [X.] die Auslegung der Ausschlussklausel bezüglich des "[X.] von hoher Hand" für grundsätzlich bedeutsam gehalten. Es zeigt aber nicht
auf, dass die Auslegung dieser Klausel
im vorgenannten Sinne umstritten ist.

Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Literatur geht einhellig davon aus, dass
es sich bei Klauseln in der Transportversicherung, die einen Ausschluss für Beschlagnahme, Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand vorsehen, in der letztgenannten Alternative um einen Auffangtatbestand handelt, der andere beschränkende Anordnungen der öffentlichen Gewalt (so [X.]/[X.] in Beckmann/Matusche-Beck-mann, [X.] 3. Aufl. §
38 Rn.
73; ähnlich [X.] in Bruck/[X.], [X.] 9.
Aufl.
[X.] 2003/2011 Ziff.
6 Rn.
145) und insbesondere hoheitliche Maßnahmen wie Blockaden oder Sperren um-fassen soll, die sich nicht unmittelbar gegen die transportierten Güter richten ([X.] in [X.]/de la Motte/[X.], Transportversicherungs-10
11
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6
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recht 2.
Aufl.
Volle Deckung Rn.
137; [X.]. in [X.] 2000
2.
Aufl. Ziff.
2.4.1.3 Rn.
197), so dass die bloße Beschädigung von Gütern an-lässlich einer Zollkontrolle von dem Ausschluss nicht erfasst wird, weil die Schäden dann nicht auf einem Hoheitsakt beruhen, sondern nur ge-legentlich der Zollkontrolle eingetreten sind ([X.], [X.] 2006, 7,
14; Enge/Schwampe, Transportversicherung 4.
Aufl. S.
64; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29.
Aufl. Ziff.
2 DTV-Gü [X.] Rn.
4).

Hiervon
abweichende Rechtsprechung [X.] Gerichte
ist -
ab-gesehen von dem insoweit nicht näher begründeten erstinstanzlichen Ur-teil im vorliegenden Rechtsstreit -
ebenfalls nicht erkennbar.
An[X.] ent-schieden hat lediglich der [X.] Oberste Gerichtshof ([X.], 198). Dies schafft
jedoch
in Anbetracht der einhellig anderen Auf-fassung im Schrifttum zum [X.] Transportversicherungsrecht kei-nen grundsätzlichen Klärungsbedarf für eine Auslegung entsprechender Klauseln nach den Maßstäben der Senatsrechtsprechung.

2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die streitbefangenen Klauseln
rechtsfehlerfrei ausgelegt.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Be-rücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Senats-urteile vom 20. Juli 2016 -
IV ZR 245/15, [X.], 1184 Rn. 22; vom 23. Juni 1993 -
IV ZR 135/92, [X.], 83, 85; st. Rspr.).

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a) Ein solcher Versicherungsnehmer wird danach zunächst an-nehmen, dass die Regelung
in Ziffer 2.2.2 [X.] für Schäden aufgrund ei-ner fehlenden oder mangelhaften Verpackung allein daran anknüpft, ob die versicherten Güter bei ihrer Aufgabe zum Transport ordnungsgemäß verpackt waren (vgl. [X.] in [X.]/de la Motte/[X.], Transportversi-cherungsrecht 2.
Aufl. Volle Deckung Rn.
160 zu Ziff.
2.5.1.5 [X.] 2000/2008; [X.], [X.] 2012, 391, 398). Er wird dagegen nicht an-nehmen, dass ein erst während des versicherten Transports auftretender Verpackungsmangel zum Ausschluss führen soll, da die Versicherung gerade gegen alle Gefahren des Transports abgeschlossen worden ist (s. Ziffer 1.1 [X.]).

Daher kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob der Fahrer des Transports
pflichtwidrig gehandelt hat, indem er nicht für eine transportsichere Wiederverpackung nach der [X.] gesorgt hat.

b) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer
wird des
Weiteren davon ausgehen, dass der Ausschluss der Gefahren "sonstiger Eingriffe von hoher Hand" die Beschädigung transportierter Güter, die durch den unsachgemäßen Umgang mit den kontrollierten Gegenständen anlässlich einer Zollkontrolle durch Zollbeamte verursacht worden ist, nicht erfasst. Die Aufzählung "sonstiger" Eingriffe neben den Tatbeständen der Be-schlagnahme und Entziehung ist aus seiner Sicht vielmehr so zu verste-hen, dass nur solche Gefahren unter diesen [X.] fallen, bei denen die Anordnung der behördlichen Maßnahme selbst ursächlich für den eingetretenen Schaden ist, nicht jedoch eine nur anlässlich deren Durchführung begangene Sorgfaltspflichtverletzung, der kein hoheitlicher 16
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Charakter anhaftet. Insoweit ist in der Sache die vorstehend unter 1 dar-gestellte Literaturauffassung zutreffend.

Es kann danach, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, auch dahinstehen, ob die Beschädigung der Möbelstücke bereits bei der nicht sachgerechten Wiederverpackung nach der [X.] oder erst beim anschließenden Weitertransport entstanden ist.

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.03.2014 -
3-03 O 168/12 -

O[X.], Entscheidung vom 19.10.2016 -
7 [X.] -

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Meta

IV ZR 318/16

08.11.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. IV ZR 318/16 (REWIS RS 2017, 2736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2736

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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